Protokoll der Sitzung vom 15.11.2001

(Glocke der Präsidentin)

Meine verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns das Thema objektiv behandeln.

Verehrte Damen und Herren der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, seien Sie in Ihren Diskussionen und in Ihren Entscheidungen so offen, dass Sie ehrlich und anständig durchgeführte rechtliche Verfahren mit allen Möglichkeiten der Gegenvorstellungen und Einwendungen auch akzeptieren. Dazu sind wir bereit. Aber ich sage noch einmal, wir wollen das Glück der Menschen in diesem Bereich, und wir wollen auch die Zukunftsperspektiven beachten.

Herr Bischel, Sie müssen zum Schluss kommen.

Frau Kiltz, ich habe leider nicht mehr die Zeit, auf Ihre falsche Argumentationen, was das Kulturerbe betrifft usw., einzugehen. Aber das werde ich Ihnen gern bei

Gelegenheit noch einmal darstellen; denn hier liegen Sie falsch. (Beifall der CDU)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Braun das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Bischel, das war nun eine sehr verliebte Rede von Ihnen, sehr verliebt in Ihr Projekt, das Sie seit 20 Jahren begleiten. Aber Sie müssen auch sehen, was vor 20 Jahren richtig war, muss nicht jetzt richtig sein. Sie werden wahrscheinlich fähig sein, dies in 20 Jahren auch noch zu sagen; denn der Bau kommt nicht voran. Dies wissen Sie doch aus Ihrer eigenen Erfahrung. Dann bitte ich Sie, bevor Sie hier ideologisch triefend den GRÜNEN vorwerfen, sie wären nicht offen, seien Sie doch bitte selbst einmal offen. Seien Sie offen dafür, dass es eine Fährverbindung geben kann, die nicht teurer ist als eine Mautbrücke, die einerseits die Natur schützt und andererseits 24 Stunden, rund um die Uhr, betrieben werden kann. Dann hätten wir doch alle Vorteile, die Sie wollen: dass die Menschen zueinander kommen können, die Natur erhalten bleibt, und wir hätten sogar den Vorteil, dass dort weitere Fähren nördlich und südlich der geplanten Brücke erhalten werden können. Das ist das eine.

Das Zweite ist, und das haben Sie, Herr Bischel, im Ausschuss schon gesagt – – –

(Unruhe im Hause)

Frau Präsidentin, vielleicht können Sie ein wenig für Ruhe sorgen.

(Glocke der Präsidentin)

Darf ich ein bisschen um Ruhe bitten? – Danke.

Herr Bischel, Sie haben im Ausschuss schon erwähnt, dass Sie alternativ für eine Brücke ein Tunnelprojekt bevorzugen würden. Auch darüber ließe sich diskutieren. Aber wenn man sich vorher informiert, weiß man, dass ein Tunnelprojekt dreimal so teuer kommen wird als eine Brücke. Wenn nun die Mautbrücke 5 DM pro Überfahrt kostet, würde dies 15 DM ausmachen.

Sie wissen doch auch, dass das nicht gehen wird. Ins ofern streuen Sie doch den Leuten, die auf der einen Seite im Rheingau und auf der anderen Seite in Rheinland-Pfalz zusammenkommen wollen, Sand in die Augen, statt sofort für Verbesserungen im Fährverkehr zu sorgen, damit die Leute zueinander kommen können. Es

gibt auch einen wirtschaftlichen Aspekt. Es gibt Leute, die auf die andere Seite fahren, um einkaufen zu können und den Tourismus fördern. Sie fordern jetzt, das Problem und diese Sorgen, die die Leute haben, in die Zukunft zu verschieben.

Sie wissen genauso gut wie wir, dass, bis die Brücke gebaut werden könnte, mehr als zehn Jahre ins Land gehen. Warum wollen Sie jetzt nicht sofort initiativ werden, den Fährverkehr verstärken, die Leute zueinander bringen, die Natur erhalten und vielleicht dann auch noch den Mittelrhein als Weltkulturerbe fördern? – Das alles ist in unserem Antrag mit enthalten. Machen Sie doch mit.

Herr Bischel, Sie können nach 20 Jahren vielleicht Ihre Meinung ändern und dabei etwas gewinnen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Creutzmann, Entschuldigung. Herr Bischel hat noch die Möglichkeit, hierauf zu antworten.

Lieber Herr Dr. Braun, Ihre Behauptung, dass ich in dieser Frage nicht offen wäre, ist wohl nicht zutreffend. Das habe ich vorhin gerade erklärt. Vielleicht haben Sie nicht zugehört oder wollen es nicht zur Kenntnis nehmen.

Wenn Sie kommen und sagen, dass wir einen Fährbetrieb aufrechterhalten oder einen Fährbetrieb einrichten könnten, der eine Brücke ersetzen könnte, dann liegen Sie völlig falsch. Sie haben die Diskussion mit den Leuten vor Ort nicht geführt und haben insbesondere offensichtlich auch nicht genau untersucht, was ein Fährbetrieb bedeutet.

Der Fährbetrieb wird niemals eine Brücke ersetzen können. Fragen Sie einmal die Mainzer, ob die TheodorHeuss-Brücke durch einen Fährbetrieb ersetzt werden könnte.

(Beifall der CDU)

Ähnlich ist das in Bingen auch. Meine Damen und Herren, dann ist das Thema an sich schon erledigt.

Aber wenn Sie mit dem Weltkulturerbe argumentieren, dann bitte ich Sie einmal genau zu lesen, was die UNESCO in diesen Fragen sagt. Diese sagt, selbstverständlich muss es auch möglich sein, in einem solchen Gebiet etwas Neues zu wagen. Es geht nicht, auf eine solches Gebiet die „Käseglocke“ zu hängen und dann darf sich nichts mehr bewegen und entwickeln. Nein, das Gegenteil ist der Fall.

Meine Damen und Herren, hier, wo diese Rheinbrücke stehen soll, beginnt überhaupt noch nicht das Gebiet

des Weltkulturerbes, sondern die Rheinbrücke liegt unmittelbar davor.

Hier streuen Sie den Menschen Sand in die Augen und wollen mit einem solchen Argument gegen eine Rheinbrücke sprechen.

Meine Damen und Herren, das ist unseriös. Seriös ist, dass man genau untersucht, ob eine solche Brücke aus allen Gesichtspunkten und aus allen rechtlichen Überlegungen möglich ist. Dann wird die Entscheidung getroffen. Ich sage Ihnen, sollten Natur- und Umweltschutz so gravierend betroffen sein, dann muss eine andere Lösung gefunden werden.

Meine Damen und Herren, Sie glauben doch nicht im Ernst, dass dann, wenn die Brücke in den letzten Kriegstagen 1945 von den Nazis nicht gesprengt worden wäre und sie heute noch da wäre, sich dort Natur- und Umweltschutz im gleichen Maße entwickelt hätten, wie es auch heute der Fall ist. Das sage ich Ihnen. Wir haben Beispiele in Rheinland-Pfalz, wo sich Naturschutz, Umweltschutz und Vogelpopulationen neben den Autobahnen entwickelt haben, wie Sie es sich gar nicht vorstellen können.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich noch eines zu Frau Kiltz sagen.

Meine Damen und Herren, wir haben und ich selbst schon 1982 auf einem Parteitag der CDU in Lahnstein dafür gefochten, dass eine Rheinbrücke kommt, als diese damals vorgesehene Autobahnbrücke „gestorben“ ist. Jawohl, wir wollten die Autobahnbrücke auch nicht haben. Aber wir wollten gegebenenfalls die alte Hindenburgbrücke wieder aufgebaut oder in unmittelbarer Nähe eine andere Brücke gebaut haben.

(Staatsminister Zuber: Aber nicht mit diesem Namen!)

Das muss nicht dieser Standort sein. Der kann auch etwas verschoben werden.

(Glocke der Präsidentin)

Damit treten die Gesichtspunkte des Umweltschutzes, des Naturschutzes und des Vogelschutzes in den Hintergrund, wenn ich diese Brücke um wenige Meter oder einige Meter mehr verschiebe.

Meine Damen und Herren, die Sache hat eine realistische Chance. Diese realistische Chance müssen wir in dieser Zeit wahrnehmen und dürfen sie nicht zerreden.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Creutzmann das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte den Eindruck, dass zwei Verliebte eine Rede gehalten haben, zum einen der Kollege Bischel, der in den Tunnel verliebt ist, obwohl er weiß, dass niemand da sein wird, der den Tunnel je finanzieren wird, nicht aus öffentlichen Geldern und kein Privater, weil die Mautgebühr zu hoch sein würde.

(Zurufe von der CDU)

Bitte etwas mehr Ruhe.

Zum anderen der Kollege Dr. Braun, der in seine Fähre verliebt ist, die 24 Stunden in Betrieb gehen soll. Ich stelle mir vor, wer da nachts noch überfähren soll. Vielleicht stehen auf der einen Seite Kollegin Frau Kiltz und auf der anderen Seite Kollege Dr. Braun, und sie ruft dann „Hol über“. So ist die Politik. So stelle ich mir das vor.

Meine Damen und Herren, zur Sache selbst. Wenn man den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN liest, fällt sofort auf, dass der Antrag wenig Substanz und viel Ideologie beinhaltet.

Die Landesregierung wird aufgefordert, „alle Maßnahmen zu unterlassen, die die Aufnahme des Mittelrheintals als UNESCO-Weltkulturerbe gefährden“. Kann mir jemand aus diesem Parlament erklären, was diese Placebo-Aussage bewirkt und welche konkreten Aktionsfelder die Landesregierung eröffnen soll?

Darüber hinaus wird die Landesregierung aufgefordert, „gemeinsam mit den betroffenen Gebietskörperschaften die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen damit die vorhandenen Verkehrswege bzw. Verkehrsmittel besser genutzt und dabei die Betriebszeiten der Fährbetriebe kostengünstig ausgeweitet werden können“. Meine Damen und Herren, soll die Landesregierung dafür sorgen, dass in Zukunft mehr Autos mit der Fähre fahren und mehr Menschen öffentliche Verkehrsmittel benutzen? Wie soll sie das machen? Es macht wenig Sinn, Anträge zu formulieren, die von der Landesregierung überhaupt nicht umgesetzt werden können.

Verkehrsuntersuchungen und Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen der Rheinbrücke zwischen Bingen und Rüdesheim kommen zu dem Ergebnis, dass – ich zitiere aus dem Gutachten, das Sie und Frau Kiltz kennen müssten – „die Einführung einer hoch effizienten Fähre zwischen Bingen und Rüdesheim fast keine Verhaltensänderungen“ bewirken würde. Damit ist klar, dass, wer eine Brücke zwischen Rheinland-Pfalz und Hessen schlagen will, dies nicht mit einer Rheinfähre tun kann, sondern allenfalls mit einer Rheinbrücke. Ich zitiere Seite 17 des Gutachtens:

(Zuruf der Abg. Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)