Protokoll der Sitzung vom 15.11.2001

Für die Erhaltung der dezentralen, kommunalen Trinkwasserversorgung Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/381 –

Auch in diesem Fall ist man übereingekommen, den Antrag ohne Aussprache an die Ausschüsse zu überweisen, und zwar an den Ausschuss für Umwelt und Forsten – federführend –, an den Ausschuss für Europafragen, an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr und an den Innenausschuss. – Das ist dann so beschlossen.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Braun zur Geschäftsordnung das Wort.

Frau Präsidentin, wir sind übereingekommen, dass wir eine Anhörung zu diesem Thema durchführen werden. Ich kündige an, dass wir die anderen Ausschüsse in den federführenden Ausschuss einladen werden. Das nur zur Klarstellung.

Ich rufe jetzt Punkt 16 der Tagesordnung auf:

Die Zukunft der Europäischen Union – Bürgernähe, Handlungsfähigkeit, Legitimation und Transparenz der erweiterten EU steigern Antrag der Fraktionen der SPD und FDP – Drucksache 14/392 –

Die Fraktionen haben eine Redezeit von fünf Minuten vereinbart.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Schiffmann das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! In einem vorhergehenden Tagesordnungspunkt ist vom Brückenbau gesprochen worden und davon, die Menschen zueinander zu bringen.

Zielsetzung unseres Antrags ist es, zur nächsten Regierungskonferenz der Europäischen Union Ziele zu beschreiben und zu definieren, die die Europäische Union den Menschen näher bringen. Es soll eine bürgernahe Europäische Union geschaffen werden.

Europa steht in diesen Zeiten vor den wohl tiefgreifendsten Veränderungen seit den Beschlüssen zur Schaffung der Wirtschafts- und Währungsunion. Es sind noch gerade 46 Tage, bis der Euro Wirklichkeit wird. Die einheitliche europäische Währung wird das Bewusstsein der Menschen in Europa und ihr Verhältnis zur Europäischen Union tiefgreifend im Alltagsleben verändern.

Es sind noch vier Wochen bis zum Europäischen Rat von Laeken, der nach den Vorgaben der Regierungskonferenz von Nizza Art, Weg und Umfang der Vertragsrevision des europäischen Vertragswerks festlegen soll, die dann von der nächsten Regierungskonferenz im Jahr 2004 beraten und beschlossen werden soll.

Im nächsten Jahr werden die Verhandlungen über die Erweiterung der EU um wohl 10 europäische Staaten abgeschlossen werden. Nach dem jüngsten Erweiterungsbericht, den Kommissar Verheugen in dieser Woche vorgestellt hat, ist fest damit zu rechnen, dass die Beitrittsverhandlungen bis zum Jahr 2003 abgeschlossen werden und 2004, zum Zeitpunkt der nächsten Regierungskonferenz, die Europäische Union nicht mehr 15 Staaten, sondern mindestens 25 Staaten umfasst. Die Europäische Union wird dann, was die Fläche anbelangt, um 50 % und, was die Bevölkerung anbelangt, um ein Drittel größer sein.

In einem rasanten Prozess vollziehen sich auf anderer Seite in der Europäischen Union unter dem Eindruck der Ereignisse vom 11. September eine Integration und eine Vergemeinschaftung von Aufgaben und Politiken im gemeinsamen Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik und der gemeinsamen Innen- und Rechtspolitik, die über Jahre hinweg als letzte Bastionen einzelstaatlicher Souveränität gegen Vergemeinschaftung verteidigt wurden und jetzt unter dem Druck der Verhältnisse gemeinschaftlichen Handelns neu definiert werden.

Kurzum, am Ende all dieser Prozesse wird sich in zwei bis drei Jahren das Gesicht Europas grundlegend verändert haben. Die Frage wird sein, ob es uns gelingt, neben der Wirtschaftsunion, der Währungsunion mit dem Euro bis zum Jahr 2004 auf der Regierungskonferenz auch eine politische Union geschaffen zu haben. Dieser Weg ist nicht ohne Gefahren und Herausforderungen auch für die Regionen. Die Regionen, das heißt, auch die deutschen Länder, müssen sich frühzeitig in diesen Prozess einschalten und Ziele definieren, mit denen sie in diese Verhandlungen gehen.

Nach langen Vorverhandlungen ist es gelungen, von dem üblichen Prozess der Regierungskonferenz mit Ergebnissen, die allgemein umstritten sind, wie beispielsweise im Vertrag von Nizza, wegzukommen und einen Konvent zur Ausarbeitung eines Vorschlags für die nächste Regierungskonferenz zu vereinbaren. Diese Konventlösung hat sich bei der Ausarbeitung der Europäischen Grundrechtscharta bewährt.

Nach dem gegenwärtigen Stand werden in diesem Konvent die einzelstaatlichen Parlamente mit jeweils zwei Mitgliedern sowie die Europäische Kommission und das Europäische Parlament vertreten sein. Einer der beiden Vertreter der deutschen Parlamente wird ein Vertreter des Bundesrats sein. Im Lichte dieser Mitwirkung haben wir versucht, in unserem Antrag die Ziele für die Ländermitwirkung zu definieren. Die Europäische Union muss bürgernäher und vor dem Hintergrund der Erweiterung auf 25 Staaten handlungsfähiger werden. Sie muss ihre demokratische Legitimation und die Transparenz

ihrer Entscheidungswege auch gegenüber den Bürgern deutlich steigern.

(Beifall der SPD und der FDP)

Das Programm für den Konvent ist in Umrissen in dem Vertrag von Nizza geregelt. In Laeken wird es darauf ankommen – ich habe von dem Prozess der Vergemeinschaftung gesprochen –, dieses mit in den Versuch einzubinden, ein Verfassungswerk für Europa zu entwickeln, in dem auch diese weiteren Bereiche klar definiert sind und regeln, wer für was zuständig ist.

(Glocke der Präsidentin)

Die Kompetenzabgrenzung wird ein zentraler Punkt der nächsten Regierungskonferenz sein. Insbesondere aus der Sicht der Länder werden wir die Frage der Abgrenzung und der Neudefinition dieser Kompetenzen aufmerksam verfolgen. Nachdem angedacht ist, dass insbesondere parallel zum Konvent eine breite Debatte in der europäischen Öffentlichkeit stattfinden soll, ist auch dieser Landtag aufgerufen, sich in diese Arbeiten, die in eineinhalb Jahren abgeschlossen werden, voll einzubringen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Schreiner das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Antrag liest sich gut und könnte aus unserem Grundsatzprogramm sein. Die CDU-Fraktion ist dafür, dass es Regierungsprogrammatik im Land sein soll, schon ein bisschen enttäuscht. Das ist ein bisschen zu viel Bundespolitik. Das ist uns ein bisschen zu dünn.

Die Begriffe Bürgernähe, Handlungsfähigkeit, Legitimation und Transparenz sind schöne Worte. Handlungsfähigkeit misst man nicht an schönen Worten, sondern an Taten. Ich will das an drei Beispielen erklären.

Mit dem heutigen Antrag entdecken Sie die Agrar- und Strukturpolitik. Das ist hervorragend. Als die Landesregierung in Berlin bei den Beschlüssen der Agenda 2000 1999 hätte Handlungsfähigkeit in den Punkten der Agrar- und Strukturpolitik beweisen können und wo Sie als Regierungsfraktion ihre Landesregierung, die uns immer noch in Europa über den Bundesrat vertritt, in die Pflicht hätten nehmen können, sind die Interessen von Rheinland-Pfalz nur unter „ferner liefen“ gelaufen.

(Beifall bei der CDU)

Ich erlaube mir, da so etwas immer schnell in Vergessenheit gerät, Ihnen allen in Erinnerung zu rufen, was das für Rheinland-Pfalz bedeutet hat. In folgenden Landkreisen – ich erlaube mir, sie vorzulesen – hat das

zur Folge gehabt, dass sie nicht mehr EU-Fördergebiete sind. Es handelt sich um die Landkreise Birkenfeld, Cochem-Zell, der Rhein-Hunsrück-Kreis, BernkastelWittlich, Bitburg-Prüm, Daun, Trier-Saarburg, der Donnersbergkreis und Kusel – bei den letzten beiden mit Ausnahmen einzelner Ortsgemeinden.

(Zuruf der Abg. Frau Morsblech, FDP)

Das waren alles Gegenden, in denen wir mit europäischen Mitteln Agrar- und Strukturpolitik bis zur Agenda 2000 machen konnten. Plötzlich ging es nicht mehr.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Beck – Hartloff, SPD: Sie wissen, dass das mit der Entwicklung dieser Gebiete zusammenhängt!)

Wir fragen uns schon, inwiefern vielleicht ein Antrag nicht mit schönen Worten, sondern mit Taten besser ausgesehen hätte.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben selbst das Konvent angesprochen.

Herr Schiffmann, interessanterweise haben Sie schon zurückgerudert. Sie haben gar nicht mehr die Formulierung gebraucht, die in Ihrem Antrag steht, dass Mitglieder der Landtage im Konvent sein sollen. Sie haben jetzt „für den Bundesrat“ geschrieben. Das glaube ich Ihnen. Es werden zwei Menschen aus Deutschland sein. Ich weiß nicht, ob es immer gleich Landtagsabgeordnete sein werden.

Herr Ministerpräsident, wenn Sie es schaffen, dass ein Mitglied des rheinland-pfälzischen Landtags Mitglied dieses Konvents wird, werden wir den Hut ziehen.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Beck)

Herr Schiffmann, Sie haben in diesem Punkt schon zurückgerudert. Ich erlaube mir, weil es gerade so aktuell und das Wort Transparenz ein schönes Wort ist und gut klingt, aus der aktuellen Diskussion doch noch einmal ein Thema aufzugreifen, über das wir uns auch im letzten Europa-Ausschuss unterhalten haben, nämlich über Transparenz, Bürgernähe und Offenheit.

Der Landtag von Rheinland-Pfalz wählt auf Vorschlag der Landesregierung für den Ausschuss der Regionen Frau Morsblech. Die CDU hat zugestimmt. Das ist nämlich Usus. Wir lesen als Abgeordnete eine Woche später, dass Frau Morsblech – man hört freiwillig – auf ihr Mandat verzichten darf, damit ein Mitglied der SPD nachrücken kann. Wir würden so etwas einen Kuhhandel nennen. Die Probleme der Koalition werden auf dem Rücken dieses Parlaments ausgetragen. Das ist keine Transparenz und nicht offen.

(Beifall der CDU)

Zum Thema Probleme in der Koalition muss ich sagen: Sie sollten jetzt erst einmal intern das klären, was Frau

Klamm im Europa-Ausschuss erklärt hat, nämlich dass das sogar noch eine persönliche Verbesserung ist.

(Zuruf der Abg. Frau Klamm, SPD)

Die Handlungsfähigkeit einer Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen misst sich in Taten und nicht in schönen Worten. Der Antrag versucht Augenwischerei, statt die Landesregierung in die Pflicht zu nehmen. Die Landesregierung vertritt das Land Rheinland-Pfalz und seine Interessen in Berlin und in Europa. Wir werden Ihnen nicht den Gefallen tun, den Antrag abzulehnen. Man kann eigentlich nichts finden, was nicht auch in unserem Grundsatzprogramm stehen könnte. Wir werden Ihnen auch nicht den Gefallen tun, dem Antrag zuzustimmen; denn dafür ist er nicht konkret genug. Wir werden uns enthalten.

Vielen Dank. (Beifall der CDU)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Kollegen Dr. Schiffmann das Wort.

Herr Kollege Schreiner, Sie verwechseln das, was eigentlich jetzt auf der Agenda steht.

(Ministerpräsident Beck: Vor allen Dingen die Dimensionen!)