Protokoll der Sitzung vom 24.01.2002

Herr Schmitt, die hohe Zahl der eingegangenen Anregungen – Herr Schmitt, vielleicht können Sie kurz zuhören – zeigt doch, dass eine breite öffentliche Diskussion stattgefunden hat und die Information vor Ort gegeben war, um diese Diskussion überhaupt führen zu können. Was an diesem Verfahren mit dem Wort "Gutsherrenart“ kritisiert werden kann, das kann ich nun wirklich nicht verstehen. Vielmehr muss man doch sagen, dass vonseiten des Umweltministeriums alles unternommen wurde, um vollständig zu informieren und eine rechtzeitige öffentliche Beteiligung zu gewährleisten.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich noch kurz etwas zur künftigen Nutzung der Vogelschutzgebiete sagen. Die landwirtschaftlichen Aspekte wird meine Kollegin, Frau Ebli, ansprechen. Auch die CDU sollte wissen, dass der Europäische Gerichtshof als grundlegendes Kriterium zur Auswahl der Vogelschutzgebiete ihre Eignung für die Erhaltung der infrage kommenden Arten festgelegt hat. Andere Erfordernisse und Wünsche sind im Zusammenhang mit der Prüfung beabsichtigter Pläne und Projekte zu berücksichtigen. Das heißt aber auch, dass die Entwicklung der Kommunen weiterhin gewährleistet bleibt.

(Beifall des Abg. Schweitzer, SPD)

Pläne und Projekte, die erhebliche Beeinträchtigungen eines Vogelschutzgebiets verursachen können, müssen zwar auf ihre Verträglichkeit mit den betroffenen Vogel

schutzgebieten geprüft werden, bestehen aber trotz erheblicher Beeinträchtigungen keine zumutbaren Alternativen, und besteht ein zwingendes öffentliches Interesse für ein Projekt, so darf es dennoch gegen entsprechenden Ausgleich zugelassen werden.

(Beifall bei der SPD)

Auch in diesem Fall besteht kein Anlass, der Panikmache, die Sie seit Monaten betreiben, zu folgen und Angst zu haben, dass sich Kommunen nicht weiterentwickeln können.

(Zuruf des Abg. Schnabel, CDU)

Außerdem wissen Sie nicht, was Sie wollen. Einmal behaupten Sie, es würden zu viele Vogelschutzgebiete ausgewiesen. Dann sind Sie gegen Windkraft. Dann behindern Vogelschutzgebiete die Windräder. Sie wissen doch gar nicht, was Sie wollen. Sie sollten sich einmal auf eine grundlegende Linie einigen.

(Beifall bei der SPD)

Anstatt bei diesem Thema sachgemäß mitzuarbeiten, holen Sie alles aus der polemischen Klamottenkiste heraus, was Ihnen nur einfällt, und versuchen wieder einmal, nur die alten Schlachten zu kämpfen.

In Ihrem Antrag ist davon die Rede, dass die Kommunen stranguliert würden. Das sind die alten Schlachten, die Sie kämpfen wollen. Ihre Vorgehensweise zeigt, dass Sie immer noch nicht die Bedeutung von Umweltpolitik verstanden haben. Stattdessen sehen Sie in ihr nur ein Kampfinstrument zur politischen Profilierung. Das ist eine Ohrfeige in das Gesicht aller Frauen und Männer in diesem Land, die sich für den Erhalt der Umwelt einsetzen. (Beifall bei der SPD)

Die SPD-Fraktion unterstützt die durch europäisches Recht gebotenen Aktivitäten der Landesregierung. Wir tragen das bisherige Verfahren mit; denn wir betreiben Umweltpolitik im Dialog.

Ihnen gebe ich zum Abschluss folgenden Rat: Kaufen Sie sich ein bisschen frische Farbe, und geben Sie Ihrem Hasenstall einen frischen Anstrich.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD – Jullien, CDU: Die Rede sollten Sie bei der Landtagsfas tnacht halten!)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Braun das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Naturschutz ist ein zu wichtiges Thema, um es in die billige Polemikecke abgleiten zu lassen.

Natürlich betrifft es die Leute vor Ort, wenn Vogelschutzgebiete ausgewiesen werden und sie nicht wissen, was das für ihr Umfeld bedeutet. Kommunale Räte, Bauern, Ornithologen und Umweltschützer sind veruns ichert, wenn es zu solchen Missverständnissen, wie anscheinend im Landkreis Ahrweiler und anscheinend auch bei Ihnen, kommt.

Herr Schmitt, ich habe das Hin und Her bei Ihnen mit den Windkraftanlagen beobachtet. Was ist denn nun mit diesem Gebiet? Das muss natürlich geklärt werden. Seit über 20 Jahren ist klar, dass EU-Vogelschutzgebiete ausgewiesen werden sollen.

Meines Wissens gibt es so lange noch nicht einmal das Umweltministerium in Rheinland-Pfalz. Die SPD stellt die Umweltministerin erst seit zehn Jahren. Vielleicht hätten Sie damals schon mit der CDU Vogelschutzgebiete genauer kartieren können. Es ist klar und definiert, welche Art von Gebieten unter Schutz gestellt werden sollen.

Jetzt haben Sie vonseiten der CDU ein Dilemma.

(Schmitt, CDU: Nein!)

Doch, Herr Schmitt. Sie wollen Lobbyismus für die Bäuerinnen und Bauern betreiben. Wenn Sie Lobbyismus für die Bäuerinnen und Bauern betreiben – das haben wir bei der FFH-Richtlinie auch schon die ganze Zeit diskutiert –, müssen Sie doch einerseits den Naturschutz und andererseits die Landwirtschaft miteinander vereinbaren. Wir versuchen immer wieder, bei FFHGebieten, bei Naturschutzgebieten und Vogelschutzgebieten gleichermaßen zu sagen, dass die Landwirtschaft – natürlich nicht in ihrer normalen konventionellen Art allein, sondern durch Vertragsnaturschutz usw. – auf der gleichen Fläche wie der Vogelschutz und der Naturschutz Platz hat. Genau das versuchen Sie immer zu hintertreiben. Das verunsichert natürlich die Bauern vor Ort. Das wird dazu führen, dass nämlich – – –

Herr Schmitt, hören Sie zu; denn das ist bestimmt wichtig. Herr Jullien, ich glaube, Sie können auch etwas lernen. (Jullien, CDU: Das geht an Herrn Kollegen Schmitt! Gegenüber Ihnen bin ich lernresistent!)

Nein, Sie müssen nicht lachen; denn ich halte Herrn Jullien für lernfähig.

Im Moment stellt sich doch die Frage, wie wir den Bauern vor Ort durch eine schnelle und fachkundige Ausweisung von Vogelschutzgebieten helfen können. Wir haben auch schon die Erfahrung gemacht, dass man vor Ort sieht, dass eine Kartierung stattgefunden hat, die problematisch ist. Dann kann man sich doch zusammensetzen und sagen: Wenn das Vogelschutzgebiet auf der einen Straßenseite nicht geht und man sich vor Ort einig ist, schafft man eine Ausgleichsfläche auf der anderen Straßenseite.

(Jullien, CDU: Wenn aber der Vogel auf der anderen Straßenseite bleibt, was macht man dann?)

Der Vogel ist so intelligent, dass er etwas flexibler ist als manchmal die CDU.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Natürlich erkennen die Vögel ihren Lebensraum und können kleinräumig ausweichen, Herr Jullien. Dann ist doch beiden geholfen.

(Zuruf des Abg. Schnabel, CDU – Lelle, CDU: Es werden Dinge gesagt, die nicht stimmen!)

Sie könne dadurch aber den Landwirten helfen; denn – das steht auch in der Antwort auf Ihre Große Anfrage – solange die Vogelschutzgebiete nicht ausgewiesen sind,

(Frau Ebli, SPD: Die haben Sie gar nicht gelesen!)

wird es problematisch mit den EU-Zuschüssen. Genau diese EU-Zuschüsse benötigen wir doch für das FULProgramm. Für den Vertragsnaturschutz und für die Stabilisierung der Einkommen der Bäuerinnen und Bauern vor Ort benötigen wir diese Zuschüsse. Sie wissen, Rheinland-Pfalz ist das einzige Land, in dem die Einkommen der Bäuerinnen und Bauern gesunken sind. Dann brauchen wir – ich sage das in Richtung Landesregierung – mehr Vertragsnaturschutz, der allerdings auch höher entlohnt werden muss. Ich nenne das Beispiel Nordrhein-Westfalen. Dann könnte man die Gelder aus der EU sehr gut verwenden und gleichzeitig auch den Naturschutz- und Vogelschutzgedanken voranbringen.

Jetzt aber noch zum Antrag der SPD: Herr Fuhr, Sie haben sehr schön gesagt, man hätte sich vor Ort bestimmt bemüht. Ich glaube aber nicht, dass man mit Fug und Recht behaupten kann, das Umweltministerium hätte vor Ort aufgeklärt.

(Fuhr, SPD: Natürlich!)

Dafür sind doch gar nicht die Kapazitäten vorhanden.

(Fuhr, SPD: Es sind Großveranstaltungen gemacht worden!)

Ja, drei oder fünf Großveranstaltungen. Das Umweltministerium ist doch der Auffassung – das steht auch in der Antwort auf die Große Anfrage –, dass es noch gar nicht am Zug ist, sondern es eine Liste gibt, die von Ornithologen erstellt wurde. Das Landesamt hat wohl aber eine Liste erstellt. Ich gehe davon aus, dass das Ministerium dafür auch verantwortlich ist.

Die SPD hat einen Antrag gestellt, den man sich auch hätte sparen können. Sie wollten aber offenbar nicht ohne Alternative den CDU-Antrag ablehnen. Ich lese einmal vor, was im Antrag der SPD und FDP steht: „Der Landtag bekennt sich zu der allen EU-Mitgliedstaaten obliegenden Verpflichtung zum Aufbau eines europaweiten Schutzgebietes Natura 2000.“ Man braucht doch keinen Antrag, in dem man feststellt, dass man Gesetze

und Ausführungsbestimmungen der EU beachtet. Sie führen dann aber noch aus, was alles gemacht werden muss. Das ist richtig und gut so, aber es muss ohnehin gemacht werden.

Wenn Sie Zweifel haben, ob die Landesregierung das macht, ist der Antrag natürlich berechtigt. Ich gehe aber davon aus, dass die Landesregierung sich an die Gesetze hält und diese Gesetze auch umsetzen wird. Insofern werden wir auch Ihrem Antrag nicht zustimmen, weil es eine Selbstverständlichkeit ist, dass die Landesregierung möglichst zügig die Vogelschutzgebiete ausweist. Es ist wichtig, alle Kräfte darauf zu konzentrieren, möglichst bald die Vogelschutzgebiete auszuweisen.

Herr Schmitt, dann würde ich empfehlen, dass Sie den Widerstand, den Sie vor Ort leisten, und die Verunsicherung der Bevölkerung aufgeben

(Schmitt, CDU: Welche Widerstände?)

und versuchen, konstruktiv mitzuarbeiten. Das würde den Bäuerinnen und Bauern vor Ort und den Gemeinden meiner Meinung nach gut tun, weil man natürlich auch ein Pfund zum Wuchern für den Tourismus, den Naturschutz und für die Bauern hat, wenn man weiß, man kann eine Nutzung mit dem Schutz der Natur und den Vogelschutzgebieten vereinbaren.

Ich weise Sie noch darauf hin, dass Ihr Abgeordneter im Europaparlament, Werner Langen, eine Anfrage an die EU-Kommission gestellt hat, in der er nachgefragt hat, wie der Stand der Ausweisung von Vogelschutzgebieten ist.

(Schmitt, CDU: Ich kenne sogar die Antwort!)

Die zuständige EU-Umweltkommissarin Margot Wallström antwortet, dass von Rheinland-Pfalz aus bisher nur sechs Vogelschutzgebiete mit 428 Hektar gemeldet wurden und Rheinland-Pfalz ein Land ist, das auf jeden Fall möglichst bald nachmelden muss, weil sonst die EU-Mittel nicht gewährleistet sind. Sie wissen das. Herr Langen hat auch versucht, Druck zu machen, dass mehr gemeldet wird. Reden Sie doch mit Ihren Abgeordneten im EU-Parlament. Vielleicht kommen Sie dann zu einer fruchtbareren Diskussion als der, die Sie hier führen.

Vielen Dank.