Protokoll der Sitzung vom 13.03.2002

(Beifall der SPD und der FDP – Licht, CDU: So einfach kann man es sich m achen!)

Die Agenda 21, wie sie in Rio de Janeiro verabschiedet worden ist, verlangt insbesondere die Beteiligung von zwei Gruppen: die der jungen Menschen und die der Frauen. Insbesondere die Landfrauen spielen vor Ort und über die Landesverbände eine aktive und motivierende Rolle. Lebensentwürfe von Frauen und ihre Erwartungen an kommunale Infrastruktur wie Verkehr, Versorgung, Wohnen, Schulen, Kindergärten und Freiflächen sowie an die Gemeindeentwicklung insgesamt werden in einem nie dagewesenen Umfang diskutiert.

Dies ist Gleichstellungspolitik vor Ort. Darin steckt die Chance, ganz natürlich und selbstverständlich zu einem umfassenden Politikansatz eines Gender Mainstreaming zu kommen. Nachhaltigkeit und Gender Mainstreaming, welche verlangen, alle Organisationen, Entscheidungen, Prozesse und Ressourcen unter dem Gesichtspunkt der Geschlechtergerechtigkeit und der Auswirkungen auf Männer und Frauen zu diskutieren, sind keine Gegensätze, sondern sie ergänzen sich. Wir wollen die Forderung insbesondere in solche Projekte lenken, die diese Ansätze unterstützen. Es gibt auch ein sehr erfreuliches ressortübergreifendes Engagement mit Frauenministerin Doris Ahnen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Naturschutz ins 21. Jahrhundert zu bringen, ist programmatischer Schwerpunkt in unserem Haus. Der Naturschutz des 20. Jahrhunderts hatte zweifellos Erfolge. Er stößt aber fast systemimmanent – Herr Dr. Braun, ob Sie es glauben oder nicht – an seine Grenzen, wo er ausschließlich auf den Schutz durch Verzicht auf Nutzung setzt. Sie haben das eben wieder mit dem Stichwort des originären Umweltschutzes bestätigt, der Naturschutz quasi verstaatlicht und mit einem hohen Maß an Bürokratie einhergeht. Nicht die Nutzung, sondern der Rückzug der Landwirtschaft aus der Fläche und die Zunahme von Brachen stellen uns vor eine neue ökologische Herausforderung im Natur- und Artenschutz.

(Beifall bei SPD und FDP – Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Unterstellen Sie mir nicht solchen Quatsch!)

Ein moderner Naturschutz muss ein Interesse an der Bewirtschaftung haben. Naturschutz durch Nutzung ist sicherlich ein Thema.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das wissen wir doch!)

Naturschutz in der Fläche braucht die Landwirte, die Winzer und die Waldbauern. Mit über 13 Millionen Euro fördern wir im Doppelhaushalt eine umweltverträgliche Landwirtschaft. Es gilt – ganz im Sinn der Nachhaltigkeit –, den Naturschutzansatz mit den ökonomischen

und sozialen Interessen der in der Fläche tätigen Landwirte, der Winzer, aber auch der Waldbauern zu verknüpfen. Im Interesse des Naturschutzes gilt es, Bündnisse zwischen Landespflege und den Produzenten zu knüpfen. In diesem Sinn wird der Naturschutzdialog von uns fortgesetzt werden.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich komme zum Stichwort „Verbraucherschutz“. BSE ist zum Synonym einer agrarindustriellen Landwirtschaftspolitik, überwiegend der Europäischen Union, geworden, in der der einzelne Landwirt oft mehr Opfer als Täter war. Mit einem ganzen Maßnahmenpaket – vom Verbot der Tiermehlverfütterung über Entfernung von Risikomaterial aus dem geschlachteten Rind bis zur Testung aller Tiere ab 24 Monaten – haben wir das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher wiederhergestellt.

Ich kann auch sagen, wir haben den Landwirten, den Kammern und der Tierseuchenkasse angeboten, dauerhaft 1 Million Euro zur Verfügung zu stellen, um die BSE-Folgekosten für die Betroffenen abzumildern. Ich bin zuversichtlich, dass wir erst recht nach den jüngsten Gesprächen mit dem Präsidenten der Landwirtschaftskammer dahin kommen, dass die Tierseuchenkasse und ihre Gremien möglichst bald die entsprechenden Beschlüsse fassen.

Der Haushalt unseres Ministeriums setzt einen klaren Schwerpunkt auf Dienstleistungen und Ressourcen für den Verbraucherschutz und die Verbrauchersicherheit. Das Vertrauen in die pflanzlichen und tierischen Produkte unserer Landwirte ist im Übrigen auch ein Schlüssel für die Zukunftschancen unserer Landwirtschaft insgesamt.

Lassen Sie mich noch ein Wort zu dem Thema „Elektrosmog“ sagen. Die Diskussionszeit reicht heute sicher nicht aus, um dies umfassend zu diskutieren. Ich gebe jeder Rednerin und jedem Redner Recht, es ist ein Thema, weil es auch als Thema in der Bevölkerung gesehen wird. Nur zu messen, bedeutet keine Sicherheit. (Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nichtmessen aber auch nicht!)

Herr Dr. Braun, ich habe jetzt erstmals verstanden, was Sie sich unter einem Messprogramm vorstellen. Dass Sie dort messen wollen, wo Menschen Befürchtungen haben, dass sie einer extrem hohen hochfrequenten Strahlenexposition oder Exposition elektromagnetischer Wellen ausgesetzt sind, ist richtig, Herr Dr. Braun. Genau dies tun wir. Dies machen die Messtrupps des Landesamtes für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht.

(Beifall bei SPD und FDP)

Wir gehen den Wünschen nach. Ich gebe Ihnen in vielen Punkten Recht und teile auch die Sorgen, die manche Menschen haben.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Deshalb sind sie doch berechtigt!)

Nur, ich möchte nicht durch ein irgendwie geartetes Messprogramm den Anschein erwecken, als würden die Menschen mehr durch die UMTS-Antennen belastet als tatsächlich vielleicht durch Handys, durch Computer oder durch Haushaltsgeräte, die in der unmittelbaren Nähe wesentlich höhere Belastungen haben. Wir müssen dort ehrlich miteinander umgehen und eine umfassende Verbraucherinformation machen. Das ist durch ein Messprogramm so nicht darzustellen. Wir werden aber Sie, das Parlament und die Ausschüsse, weiter mit diesem Thema von unserer Seite aus beschäftigen.

Nicht eine Frage des Verbraucherschutzes, sondern der Tiergesundheit ist die Schweinepest bei Haus- und Wildschweinen. Die Landesregierung ist sich der bedrohlichen Situation der Schweine haltenden Landwirte durchaus bewusst. Es wurde eine Reihe von tierseuchenrechtlichen und jagdlichen Maßnahmen getroffen, um die Schweinepest sowohl bei Haus- als auch bei Wildschweinen zu bekämpfen. Die Impfung des Schwarzwildes in der Eifel und im Hunsrück trägt dazu bei, den Infektionsdruck, der von den Wildschweinen ausgeht, zu reduzieren. Die Summen sind genannt worden. Pro Jahr sind 1,5 Millionen Euro veranschlagt, um ein europaweites einmaliges Impfprogramm auf die Beine zu stellen. Ich möchte mich ausdrücklich bei allen bedanken, die vor Ort dazu beitragen, dies auch tatsächlich in der Fläche umzusetzen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Es geht auch nicht nur um die Frage der finanziellen Hilfe. Das Wichtigste vor Ort ist, dass wir gemeinsam alle Anstrengungen unternehmen, dort, wo jeder und jede Verantwortung hat. Das sind in einem hohen und noch besseren Maß die Bauern im Sinn einer Vorsorge vor einer Übertragung der Infektion in ihren Ställen. Das sind die Jäger, wenn es darum geht, tatsächlich die Wildschweinbestände zu reduzieren. Das sind ebenso der Kreis mit seiner Infrastruktur und die Kreisveterinärämter mit einer noch zu verbessernden Aufklärungspolitik vor Ort.

Es sind auch wir – wir stehlen uns nicht aus der Verantwortung –, indem wir zum Beispiel Ressourcen für solche Impfungen zur Verfügung stellen. Erst zusammen werden wir, wenn alles greift, eine Chance haben, diese Situation tatsächlich in einem absehbaren Zeitraum – ich spreche hier nicht von Monaten, sondern wahrscheinlich von Jahren – zu bewältigen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, das berufliche, aber besonders das persönliche Schicksal dieser Menschen und ihrer Familien hat uns tief berührt. Herr Billen, in diesem Punkt braucht kaum noch jemand eine Aufklärung. Der Ministerpräsident war vor Ort. Ich war in den letzten Monaten ebenfalls zweimal dort. Die Signale sind heute Morgen in der Erklärung des Ministerpräsidenten ganz deutlich gemacht worden. Wir werden die Menschen mit ihren Problemen nicht allein lassen.

Ich bedanke mich auch ausdrücklich für die Unterstützung aus den Reihen der Koalition und für die zusätzliche Mittelbereitstellung.

(Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie wollten es doch erst nicht! – Lewentz, SPD: Das war jetzt unnötig! – Billen, CDU: Danke!)

Herr Billen, wir haben gesagt, wir lassen die Menschen nicht allein. Wir helfen ihnen und unterstützen sie. Wir haben mittlerweile ein Paket geschnürt, welches die Bauern und auch die Vertreter der Verbände kennen. Der Ministerpräsident hat heute Morgen in seiner Rede, genauso wie eben Monika Fink, noch einmal Akzente deutlich gemacht. Herr Billen, ich möchte mich zu dem, was Sie gesagt haben, gar nicht groß äußern.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Billen, CDU: Schade!)

Unser Paket wird auch in Abstimmung mit dem Landwirtschaftsressort so sein, dass es das Beihilferecht nicht verletzt. Damit wäre letztendlich niemandem, schon gar nicht den Bauern, gedient.

(Beifall bei SPD und FDP)

Herr Billen, ansonsten steht Ihre Aufgeregtheit hier am Pult in einem eklatanten Gegensatz zu Ihrem bisherigen Engagement in dieser Frage.

(Keller, CDU: Wer war hier aufgeregt?)

Sie sind als Abgeordneter weder in meinem Haus noch im Hause des Kollegen Bauckhage in dieser Frage vorstellig geworden. Man muss aufpassen, ob man nicht gegebenenfalls – in meiner Heimat sagt man – das Maul hält und vom Rednerpult geht.

(Beifall der SPD und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ich komme zu einem weiteren Thema. Es geht um das Thema „Kulturlandschaften und regionale Räume“. Es sind die Kulturlandschaften, die unsere Regionen prägen. Dort wird Umwelt erlebbar. Es gibt Werbekampagnen, zum Beispiel wie „Die Region schmecken“. Diese verbinden Vermarktung regionaler Produkte mit Lebensqualität. Sie fördern die Identität in den Regionen und mit den Regionen. Wir wollen auch von unserem Ressort her die Regionen stärken, indem wir Kulturlandschaften erhalten und fördern, indem wir die Landwirte und Winzer auch in den Grenzertragsflächen unterstützen. Beispielhaft sei das Mittelrheinprogramm genannt. Es unterstützt im Übrigen den Anspruch, den Mittelrhein als UNESCO-Weltkulturerbe auszuschreiben.

Mit den Landwirten, den Winzern und den Kommunen beiderseits des Rheins werden Maßnahmen zum Erhalt der hochattraktiven Landschaft, der Natur und der Artenvielfalt verbunden mit wirtschaftlicher Entwicklung und touristischer Infrastruktur und Angebote entwickelt. Solche Projekte bieten die Chance, das Verständnis zwischen Natur, Land- und Forstwirtschaft zu fördern.

Das grenzüberschreitende Biosphärenreservat Nordvogesen/Pfälzerwald wird ebenfalls regionaler Entwicklungsschwerpunkt sein. Das größte zusammenhängende Waldgebiet Europas bietet einen hoch attraktiven Naturhaushalt, der auch Lebensraum für viele wilde Tierarten ist. Sie wissen, dass Luchs und Wanderfalke dort wieder angesiedelt worden sind. Zusammen mit den regionalen und ortstypischen Bildern, den Burgen und Schlössern sowie den Felsformationen ist ein großes Potenzial für Tourismus und Wertschöpfung in der Region vorhanden. Wir wollen es auch mit unsern Projekten stärker erschließen und entwickeln.

(Beifall der SPD und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es ist schon gesagt worden, der Umwelthaushalt ist ausgesprochen investitionsstark und liegt mit 36 % deutlich über dem Gesamthaushalt. Förderschwerpunkt ist weiterhin der Bau von Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsmaßnahmen. Wir wollen das Ziel, den ländlichen Raum vollständig mit leistungsfähigen Abwasserbeseitigungsanlagen zu versorgen, möglichst bald umsetzen.

Der zweite Investitionsschwerpunkt ist der Hochwasserschutz. Auch in diesen Projekten stecken Chancen für die betroffenen Regionen, wie bei dem Modellvorhaben „Ingelheimer Aue“ beispielhaft vorgestellt wurde. Unter umfassender Beteiligung wurde ein Entwicklungskonzept entworfen, welches naturnahe Oberflächenwasser, Überschwemmungsräume und lebendige Biotope mit Erlebnisflächen und umweltverträglicher Erschließung verbindet. Das geschieht beispielsweise durch Radwege. So entsteht eine einzigartige Auenlandschaft und eine touristische Attraktion.

Ich wünsche, dass dieses Modell auch im weiteren Verlauf der Hochwasserschutzmaßnahmen am Oberrhein Schule macht. Zum Hochwasserschutz haben wir uns, nicht nur in den internationalen Abkommen mit unseren Nachbarländern, verpflichtet. Hochwasserschutz bedeutet auch mehr Sicherheit für die betroffenen Menschen entlang des Rheins, aber auch der Mosel, der Saar, der Lahn, der Sieg und der Nahe. Er funktioniert nur, wenn Oberlieger in Solidarität mit Unterliegern handeln. Jeder Oberlieger weiß, dass er auch irgendwo Unterlieger ist.

(Beifall der SPD und bei der FDP)

Ich werbe für die Akzeptanz für die Hochwasserschutzprojekte vor Ort. Die beträchtlichen Mittel werden nicht nur eingesetzt zur Minimierung von Hochwasserschäden durch Stärkung der Hochwasserrückhaltefunktion oder durch Wiederbelebung von flussauetypischer Biotopstruktur, sondern gehen auch einher mit der Verbesserung der Erholungsfunktion und der nachhaltigen Sicherung einer raumverträglichen Landwirtschaft. Im Rheinauenprogramm, das mit intensiver Beteiligung vor Ort umgesetzt wird, steckt eine Entwicklungschance für die Gemeinden am Oberrhein.

Meine Damen und Herren, nachhaltige Umweltpolitik ist Teil einer modernen Entwicklung unseres Landes. Dies wird auch unterstrichen durch die Projekte des Ministeriums auf dem Gebiet der Ökoeffizienz und der Entwick

lung regenerativer Energien. Ich will die Diskussion nicht wiederholen. Windkraft ist eine regenerative Energie.

(Beifall bei SPD und FDP)

Insbesondere Biomassen, wie der nachwachsende Rohstoff Holz, bieten erhebliche Potenziale, um CO2neutral eine klimaverträgliche und nachhaltige Energieversorgung zu entwickeln.

Der Oberrheingraben hat enorme Potenziale an Geothermie, mit der emmissionsfrei Strom und Wärme erzeugt werden kann. Wir haben die Chance, gemeinsam mit den Energieversorgern und der Industrie, mit Unterstützung der Bundesregierung und der Europäischen Union, die Vorderpfalz zur Referenzregion für Geothermie in Deutschland zu machen. Diese Chance wollen wir zusammen mit unseren französischen Nachbarn nutzen.

(Beifall bei SPD und FDP)