Protokoll der Sitzung vom 13.03.2002

Meine sehr verehrten Damen und Herren, trotz angespannter Haushaltslage sind im Entwurf des Landeshaushalts Ausgaben für wichtige politische Vorhaben veranschlagt. Beispielhaft nenne ich Ausgaben für die Ganztagsschule, die ganztägige Kinderbetreuung sowie die Innere Sicherheit. Politischer Gestaltungsspielraum in Zeiten knapper Kassen setzt voraus, dass die Verwaltung ihre Ressourcen möglichst wirtschaftlich nutzt. Eines der Mittel, die zu diesem Ziel führen sollen, ist die Neuorganisation von Teilen der Landesverwaltung als Landesbetriebe. Diese Landesbetriebe rechnen kaufmännisch und arbeiten nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen.

Wie Ihnen bekannt ist, wurden im Haushalt die entsprechenden Voraussetzungen für den Landesbetrieb Straßen und Verkehr, den Quasi-Landesbetrieb Forsten und das Hochschulflächenmanagement an drei Hochschulen geschaffen.

Ein weiteres, aus meiner Sicht wichtiges Instrument im Bereich der Verwaltung ist der Leistungsauftrag nach § 7 b der Landeshaushaltsordnung. Mit ihm können der Verwaltung im Haushaltsplan bestimmte Ziele vorgegeben werden, die den Umfang, die Kosten, die Qualität oder die Wirkung der Verwaltungsleistung beschreiben. Dieses neue Instrument wurde bei der Reform der Landeshaushaltsordnung vor zwei Jahren geschaffen. Es soll dazu beitragen, Steuerungsdefizite auszugleichen, die durch Budgetierung und Flexibilisierung entstehen können; denn damit kann neben dem finanziellen Input auch der Output der Verwaltung gesteuert werden.

Ich freue mich deshalb, dass der Haushalts- und Finanzausschuss vier derartige Leistungsaufträge in den Haushaltsplan eingefügt hat. Damit wird dieses Instrument in Rheinland-Pfalz erstmals praktisch erprobt, und es ist in den kommenden Jahren weiterzuentwickeln und weiter zu verbessern. Ich habe die Bitte, dass sich alle Fraktionen daran beteiligen, dies entsprechend zu unterstützen.

Als neues Steuerungsinstrument hat sich auch die Budgetierung bewährt. Sie wird deshalb fortgesetzt und ausgeweitet. Mit der Budgetierung notwendigerweise verbunden ist die Flexibilisierung der Ansätze durch die erweiterte Deckungsfähigkeit und Übertragbarkeit.

Bei den Beratungen zeigte sich an mehreren Stellen, dass unter der Flexibilisierung im Einzelfall natürlich auch die Transparenz bzw. die Haushaltsklarheit und -wahrheit leiden kann, wenn beispielsweise bei einem Titel keine ausreichenden Ausgaben ausgewiesen werden, weil diese im Rahmen des Deckungskreises auf Kosten anderer Titel erwirtschaftet werden müssen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung unterrichtet den Landtag während des Haus

haltsvollzugs durch ihre halbjährlichen Budgetierungsberichte sowie im Rahmen der Rechnungslegung über die Ergebnisse der Budgetierung. Darüber hinaus sollte die Transparenz, soweit im Einzelfall erforderlich, aber auch im Haushaltsplan selbst künftig noch besser gewährleistet sein.

Neu im Haushaltsplan waren auch die Kapitelvorworte, die Aufgaben und Rechtsgrundlagen der Verwaltung beschreiben. Meiner Ansicht nach tragen auch sie zu mehr Transparenz bei und gestalten den Haushalt für alle verständlicher.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dem Haushalts- und Finanzausschuss lagen über 450 Änderungsanträge der Fraktionen vor. Die Fraktion der CDU verfolgte mit ihren Anträgen das Ziel, die Ausgaben insgesamt deutlich zurückzuführen und die Neuverschuldung um 10 % zu verringern. Insbesondere forderte sie den Abbau von Personal sowie die Reduzierung der Ansätze zur Förderung des Arbeitsmarkts, der unternehmensbezogenen Wirtschaftsförderung sowie des sozialen Wohnungsbaus.

Ferner sprach sie sich gegen eine zusätzliche Verschuldung des Landesbetriebs Straßen und Verkehr aus. In geringem Umfang wollte sie Mittel zugunsten der Familienhilfe, der Bildung und Ausbildung, der Wissenschaft und der Inneren Sicherheit umschichten.

Auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN forderte mit ihren Änderungsanträgen, das Ausgabenvolumen insgesamt zurückzuführen. Neue Schwerpunkte wollte sie im Bereich der öffentlichen Verkehrsmittel, der Förderung neuer Energien und im Naturschutz setzen. Auch für Schule, Hochschule und Weiterbildung, den Verbraucherschutz und die Integration von Zuwanderern beantragte sie Mehrausgaben. Diese sollten im Wesentlichen durch Umschichtungen zulasten der Wirtschafts- und Technologieförderung sowie des Straßenneubaus finanziert werden.

Keiner der Anträge der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fand im Ausschuss die notwendige Mehrheit. Angenommen wurden die Anträge der Fraktionen der SPD und FDP. Allerdings brachten einige Anträge der Opposition das gleiche Anliegen und die gleiche Zielsetzung zum Ausdruck. Deshalb kam es bei einigen Beschlüssen zu einstimmigen Annahmen oder zur Zustimmung zumindest einer der Oppositionsfraktionen.

Ich hebe in diesem Zusammenhang ganz besonders die einstimmige Annahme des Antrags zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz hervor. Der Ausschuss bewilligte Mittel für ein Dokumentations- und Begegnungshaus in der Gedenkstätte des KZ Hinzert, und er verstärkte die Ansätze zur Betreuung insbesondere jugendlicher Besucher in den Gedenkstätten Osthofen und Hinzert.

Die angenommenen Änderungen, die der Haushaltsund Finanzausschuss beschloss, sind in der Ihnen vorliegenden Beschlussempfehlung dargestellt. Ich möchte deshalb nur zu einigen Schwerpunkten in den Einzelplänen Anmerkungen m achen:

Im Einzelplan 02 – Ministerpräsident, Staatskanzlei und Landesvertretung – wurden Mittel in Höhe von 65.000 Euro im Jahr 2002 und 90.000 Euro im Jahr 2003 neu für die entwicklungspolitische Arbeit in Rheinland-Pfalz eingestellt.

Der Ausschuss schuf mit den Stimmen von SPD, CDU und FDP im Einzelplan 03 – Ministerium des Innern und für Sport – die Voraussetzungen, um den Ausbau des Bruchwegstadions in Mainz in den kommenden zehn Jahren mit jährlich jeweils knapp 770.000 Euro zu unterstützen. Ebenfalls mit den Stimmen der CDU erhöhte der Ausschuss die Ausgaben für die Unterstützung der kommunalpolitischen Schulung von Gemeindebediensteten. Außerdem verdoppelte er den Ansatz des Landespräventionsrats, um zusätzliche Projekte der Kriminalprävention unterstützen zu können. Darüber hinaus wurden Schwerpunkte bei einer Vielzahl von Ansätzen gebildet, die das ehrenamtliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz unterstützen.

Die wesentliche Änderung im Einzelplan 04 – Ministerium der Finanzen – war der Leistungsauftrag für die Steuerverwaltung. Er enthält Zielvorgaben für die Leistungen und die Qualität der Steuerverwaltung sowie Maßnahmen, um diese zu erreichen. Er beschreibt Indikatoren, mit deren Hilfe gemessen werden kann, inwieweit die Ziele erreicht wurden. Natürlich wird es darum gehen, diese Indikatoren mit der Zeit weiter zu verfeinern und zu differenzieren.

Der Ausschuss stellte im Einzelplan 05 – Ministerium der Justiz – mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen neue Stellen zur Entlastung der Bewährungshelferinnen und helfer zur Verfügung. Die Oppositionsfraktionen hatten hierzu vergleichbare Änderungsanträge vorgelegt.

Im Einzelplan 06 – Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit – wurde ein Titel zur Förderung der Betreuung für demente Pflegebedürftige neu aufgenommen. Er ist jährlich mit 240.000 Euro dotiert.

Im Einzelplan 08 – Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau – wurden mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, CDU und FDP die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Ortsumgehung Bernkastel-Kues/Wehlen bereits in diesem Jahr begonnen werden kann. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen wurden im Übrigen Mittel zur Förderung begabter Jugendlicher in der beruflichen Aus- und Fortbildung mit 100.000 Euro pro Jahr bereitgestellt sowie die Mittel zur Förderung von zukunftsorientierten Schlüsseltechnologien um 150.000 Euro jährlich aufgestockt. Damit sollen auch Maßnahmen im Bereich der Medienwirtschaft gefördert werden.

Im Landwirtschaftsbereich schuf der Ausschuss die Möglichkeit, im Jahr 2002 Investitionen zur Prävention von Tierseuchen in Höhe von insgesamt 50.000 Euro zu fördern. Diese Mittel sind allerdings Teil eines Gesam tpakets zur Bekämpfung der Schweinepest, für das auch Ansätze im Einzelplan 14 bereitstehen.

Mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, CDU und FDP verstärkte der Ausschuss die Titel für Zuschüsse an Frauenhäuser und Frauennotrufe im Einzelplan 09

Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend –. Die beiden Oppositionsfraktionen hatten ebenfalls beantragt, diese Mittel zu erhöhen.

Außerdem stellte der Ausschuss jährlich 100.000 Euro zusätzlich für die Qualitätsförderung im Kindertagesstättenbereich zur Verfügung und erhöhte die Mittel zur Förderung der Jugendarbeit, einschließlich der Jugendsozialarbeit.

Im Schulbereich wurde ein Leistungsauftrag für Fortbildung der Lehrer in den modernen Kommunikationstechniken formuliert, was mich sehr freut. Außerdem wurden Zuschüsse für die Förderung hochbegabter Kinder in Höhe von jährlich 100.000 Euro beschlossen.

Der Einzelplan 12 – Hochbaumaßnahmen und Wohnungsbauförderung – erbrachte den größten Teil der Einsparung zur Gegenfinanzierung der vom Ausschuss beschlossenen zusätzlichen Ausgaben. Beim Härteausgleich im sozialen Wohnungsbau können jährlich zwischen knapp 4 und 3,7 Millionen Euro eingespart werden.

Auch der Einzelplan 14 – Ministerium für Umwelt und Forsten – trägt insbesondere im Jahr 2003 mit Einsparungen von fast 1,9 Millionen Euro zur Gegenfinanzierung der vom Ausschuss beschlossenen Mehrausgaben bei. Reduziert wurden insbesondere die Ansätze für Darlehen zur Förderung von Abwasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen. Erhöht wurden die Titel für die Umsetzung der Agenda 21, Rio Plus 10, für die Förderung von ehrenamtlichen Tierschutz-Initiativen sowie naturnaher Lebensräume um jeweils jährlich 50.000 Euro.

Für den Bereich Landesforsten, der künftig wie ein Landesbetrieb geführt wird, wurde ein Leistungsauftrag neu eingefügt. Damit verband der Ausschuss die größere wirtschaftliche Eigenverantwortung mit zusätzlichen inhaltlichen Vorgaben für die Arbeit der Forstverwaltung.

Der Einzelplan 15 – Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur – hat mit zusätzlichen Ausgabenermächtigungen von über 2,2 Millionen Euro im Jahr 2002 und fast 3,7 Millionen Euro im Jahr 2003 weitaus am meisten von den Umschichtungen aufgrund der Beschlüsse des Haushalts- und Finanzausschusses profitiert. Einig waren sich alle Fraktionen darin, die Mittel zur Kinderbetreuung an den Hochschulen anzuheben. Mit den Stimmen des größten Teils der Vertreter der CDU-Fraktion beschloss der Ausschuss eine Erhöhung dieses Ansatzes um jährlich 30.000 Euro.

Die Zustimmung der CDU fand auch ein neuer Titel für Zuschüsse, mit denen der Isis-Tempel in der Mainzer Innenstadt im Rahmen einer touristischen Anlage erhalten werden soll.

Im Übrigen setzte der Ausschuss einen finanziell bedeutenden Schwerpunkt in der so genannten Exzellenzförderung der Hochschulen. Für den Bereich der Weiterbildung beschloss der Ausschuss einen weiteren Leistungsauftrag und stellte neue Mittel von jährlich 100.000 Euro zur Förderung der Weiterbildung von Migrantinnen und Migranten zur Verfügung.

Angehoben wurden außerdem die Ansätze zur Filmförderung, wobei der Ausschuss einen Teil der Mittel sperrte und die Aufhebung der Sperren von der Zustimmung des Landtags nach einer Konzepterarbeitung abhängig machte. 1 Million Euro zusätzlich sah der Ausschuss ferner zur Förderung der Musikschulen vor.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies war eine Übersicht über die wesentlichen Änderungen im Bereich der Einzelpläne.

Der Ausschuss empfiehlt dem Landtag die Annahme des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Drucksache 14/505 – und der Einzelpläne, die ich eben dargestellt habe, unter Berücksichtigung der sich aus der Ihnen vorliegenden Beschlussempfehlung – Drucksache 14/800 – ergebenden Änderungen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall im Hause)

Ich bedanke mich bei der Frau Berichterstatterin und eröffne die Aussprache.

Ich rufe dazu auf: Einzelplan 02 – Ministerpräsident und Staatskanzlei, Landesvertretung –

Das Wort hat der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Christoph Böhr.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Ende dieser Haushaltsberatungen steht Ernüchterung. Außerdem steht am Ende der Beratungen der letzten Wochen Besorgnis hinsichtlich der weiteren finanzpolitischen und haushaltspolitischen Entwicklung in Rheinland-Pfalz. Dies hat seinen Grund in einer Reihe von Tatsache, die zu leugnen sich bis heute einige sehr bemühen, von denen ich aber glaube, dass sie sich, wenn man den Tatsachen ins Auge blickt, nicht länger leugnen lassen. Sie lassen sich in einer Einsicht zusammenfassen, die in der Tat für diejenigen, die im Land Rheinland-Pfalz die Verantwortung für die Haushaltspolitik der letzten zehn Jahre getragen haben, eine außerordentlich bittere Einsicht ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, finanzpolitisch sind wir in Rheinland-Pfalz am Ende. Wir stehen unmittelbar vor einer Haushaltsnotlage. Diese zeichnet sich heute schon ab. Das, was sich am Horizont drohend abzeichnet, müsste eigentlich in diesem Doppelhaushalt seinen Niederschlag gefunden haben.

(Beifall der CDU)

Ich habe eben gesagt, wir sind in Rheinland-Pfalz finanzpolitisch am Ende. Genauer müsste man natürlich sagen, die Landesregierung in Rheinland-Pfalz ist finanzpolitisch am Ende. (Beifall der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Ergebnis der verunglückten Haushaltswirtschaft der Landesregierung trifft uns alle, diejenigen, die in diesem Hause in unterschiedlichen Rollen Verantwortung tragen, die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. Da es uns alle trifft, war das für uns Grund und Anlass, in dieser schwierigen Situation als größte Oppositionsfraktion der Regierung die Hand zur Zusammenarbeit zu reichen. Die Situation ist im Übrigen nicht nur im Land RheinlandPfalz schwierig. Das gebe ich gern zu. Das ist im Bund und in anderen Ländern auch der Fall.

Wir meinen, es tut Not, jetzt sofort umzusteuern in der Finanzpolitik des Landes. Spätestens jetzt ist ein solches Umsteuern notwendig. Wenn die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen die Kraft dazu haben, diesen Prozess des Umsteuerns zu beginnen, dann wird die Union ihre Mitwirkung an dieser Operation nicht versagen.

(Beifall der CDU)

Wir sind der Meinung, es ist auch Teil unserer Verantwortung. Nun ist bis heute nicht zu erkennen, dass die Landesregierung diese Kraft besitzt.

Wir werden aller Voraussicht nach am Freitag einen Doppelhaushalt verabschieden, der so tut, als ob es diese Tatsachen und Einsichten der letzten Wochen und Monate nicht gäbe. Es wird geradezu bis heute von vielen beharrlich geleugnet, dass es überhaupt ein Problem in der Finanzpolitik gibt.

(Beifall der CDU)

Gleichzeitig hat die Suche nach den Schuldigen begonnen. Wahrscheinlich gibt es doch ein Problem, sonst würde man nicht jetzt schon beginnen, nach den Schuldigen zu suchen. Der Herr Finanzminister schickt seinen Staatssekretär ins Gefecht. Das habe ich vor ein paar Tagen in der „Rheinpfalz“ gelesen. Er erledigt brav seine Auftragsarbeit. Herr Finanzstaatssekretär, ich schätze Ihre finanzpolitische Kompetenz viel zu hoch ein, als dass ich davon ausgehe, dass das, was Sie gesagt haben, auch Ihrer wirklichen Überzeugung entspricht. Deswegen will ich das nicht weiter kommentieren.