Protokoll der Sitzung vom 15.03.2002

Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Entschließung – – Drucksache 14/855 –

Anträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Entschließungen – – Drucksachen 14/858 bis 14/898, 14/903 bis 14/909, 14/912 bis 14/918 –

Finanzplan des Landes Rheinland-Pfalz für die Jahre 2001 bis 2005 Unterrichtung durch die Landesregierung – Drucksache 14/506; Vorlage 14/575 –

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf:

Einzelplan 04 – Ministerium der Finanzen –

Einzelplan 12 – Hochbaumaßnahmen und Wohnungsbauförderung –

Einzelplan 20 – Allgemeine Finanzen –

dazu:...tes Landesgesetz zur Änderung des Landesgesetzes zur Ausführung des Gesetzes über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 14/617 – Zweite Beratung

dazu: Beschlussempfehlung des Haushaltsund Finanzausschusses – Drucksache 14/807 –

Senkung der Gewerbesteuerumlage Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 14/476 –

Beschlussempfehlung des Haushaltsund Finanzausschusses – Drucksache 14/577 –

Ich erteile Herrn Abgeordneten Bracht das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Guten Morgen. Wir alle wünschen der neuen Ministerin alles Gute bei der Arbeit für die Menschen in uns erem Land.

Meine Damen und Herren, können Sie sich auch noch so gut an die Bauernweisheit erinnern, die uns der Herr Finanzminister in den vergangenen Jahren mehrfach vorgehalten hat, immer dann, wenn er uns beruhigen und ermahnen wollte, wir sollten nicht voreilig Gericht über die Finanzpolitik dieser Regierung halten? Er hat gesagt: „Am Abend werden die Hühner gezählt.“

Herr Minister, die Bauern in der Eifel, im Hunsrück und anderswo haben regelmäßig ihre Hühner gezählt. Sie haben ihre Hühnerschar im Hühnerstall abends, bevor die Nacht eingebrochen ist, auf Vollständigkeit hin überprüft. Das machen Sie mit der Haushaltsrechnung bei den Landesfinanzen auch alle Jahre.

Der Unterschied zwischen Ihnen und dem Eifelbauern besteht darin, dass der Eifelbauer, wenn die Hühner abends vollzählig waren, Vorsorge getroffen hat, damit

der Fuchs in der Nacht keine Chance hat, die Hühner aus dem Stall zu hohlen. Er hat das Hühnerloch des Hühnerstalls zugemacht, und am anderen Morgen waren alle Hühner noch da.

Herr Minister, Sie zählen zwar alle Jahre die Millionen des Landes, aber Sie sorgen nicht vor. Sie lassen das Hühnerloch – sprich das Ausgabenloch – auf und wundern sich, dass die Millionen nur so verschwinden und die Schulden steigen.

(Beifall bei der CDU)

Sie mögen zwar Eifeler Bauernsprüche kennen, aber die Weisheit, um die richtigen Schlüsse für das Regierungshandeln daraus zu ziehen, haben Sie und die Regierung offensichtlich nicht. Stattdessen halten Sie sich lieber an die Lehrsätze des Herrn SPD-Fraktionsvorsitzenden Mertes,

(Mertes, SPD: Das ist auch richtig so!)

der schon mehrfach verkündet hat, was Sparen nach SPD-Manier heißt, nämlich „das Geld nur noch mit einer Hand aus dem Fenster hinauszuwerfen“.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister, wir haben die Hühner, sprich die Millionen, bei diesen Haushaltsberatungen gezählt. Der Landesrechnungshof, die Landeszentralbank und viele andere mehr haben sie gezählt. Alle kommen zu anderen Ergebnissen und insbesondere zu anderen Bewertungen als Sie.

Der Gipfel dieser Feststellungen ist die Tatsache, dass Sie entgegen all Ihrer Sprüche, einen Paradigmenwechsel in der Finanzpolitik einleiten zu wollen, sparen zu wollen – Herr Ministerpräsident, ich sehe Sie jetzt noch hier stehen, als Sie vor zwei Jahren gesagt haben: „Das sind wir den Menschen schuldig“ –, in diesem Jahr den Menschen in diesem Land die höchste Neuverschuldung in der Geschichte des Landes zumuten zu wollen, obwohl Sie vorher die Kommunen schon maßlos geschröpft haben.

(Beifall der CDU)

Das Traurige an der ganzen Sache ist – das haben wir meines Wissens noch gar nicht so ausreichend beleuchtet –, dass die maßlose Kreditaufnahme im Kernhaushalt und darüber hinaus in den Landesbetrieben sowie in den Anstalten noch längst nicht das ganze Ausmaß des finanzpolitischen Problems darstellt. Das würde man erst sehen, wenn man auch die anderen Vorbelastungen aufzählt, wie Restschulden aus Mietkaufmaßnahmen in Höhe von 670 Millionen, Kapitalres tschulden im Krankenhausbau in Höhe von 464 Millionen, beim Schulbau in Höhe von 310 Millionen.

Der Gipfel ist: Die Verpflichtungsermächtigungen des Landes haben sich mittlerweile auf 4,5 Milliarden DM aufgebaut. Allein im vergangenen Jahr waren es zusätzlich 1,3 Milliarden DM. Die Landtagswahl lässt grüßen.

Meine Damen und Herren, die Ursache hierfür liegt in der Politik. (Schwarz, SPD: Lesen Sie einmal Ihre Anträge durch!)

Herr Schwarz, das müssen Sie sich schon selbst zuschreiben lassen.

Sie sind aber nicht nur nicht bereit, dieses Problem zu erkennen, sondern Sie sind offensichtlich auch nicht bereit, für sich und für das Land zu realisieren, was die Zusagen von Herrn Eichel in Brüssel für Rheinland-Pfalz bedeuten. Das Ergebnis ist eindeutig. Da gibt es keinen Spielraum. Die Bundesregierung hat sich verpflichtet, das gesamtstaatliche Defizit bis 2004 nahe Null zu bringen.

Es muss einen nationalen Stabilitätspakt oder Vergleichbares geben. Ich füge hinzu: Im Interesse unserer Kinder ist das auch richtig so.

(Beifall der CDU – Staatsminister Mittler: Erzählen Sie das einmal Herrn Stoiber!)

Meine Damen und Herren, in Kenntnis dieser Tatsachen ist es Pflicht dieses Parlaments zu handeln. Einen Haushalt, der nicht haltbar ist, darf man so nicht beschließen.

Wir als Parlament und Sie als Mehrheitsfraktionen werden unserer Verantwortung nicht gerecht, wenn wir in diesem Wissen den Landeshaushalt so verabschieden, wie er uns jetzt vorliegt.

Wir dürfen als Parlament – hier geht es auch um unser Selbstverständnis – nicht Ausgabenermächtigungen und Verpflichtungsermächtigungen beschließen, die das Land weiter in das finanzpolitische Chaos und Desaster führen.

Sie tun so, als ob Sie weiter im Geld schwimmen, oder steht dahinter das Ziel, nach der Bundestagswahl zur Problemlösung einfach einmal wieder die Steuern zu erhöhen?

(Zuruf des Abg. Itzek, SPD)

Mit uns ist das nicht zu machen.

(Mertes, SPD: Ihr habt nichts zu sagen!)

Deshalb haben wir eine Verschiebung der Verabschiedung und eine Überarbeitung des Entwurfs gefordert, was Sie mit der Begründung abgelehnt haben, wir seien mit dem Angebot eines Stabilitätspakts zu spät gekommen.

(Mertes, SPD: Und zu unehrlich!)

Herr Ministerpräsident, erstens ist es nie zu spät, dazuzulernen und Konsequenzen zu ziehen. Zweitens ist das wohl die dümmste Ausrede, die Sie sich ausdenken konnten, um unseren Vorschlag abzulehnen.

(Beifall der CDU)

Sie haben sogar jetzt noch Zeit.

(Hartloff, SPD: Sie haben ein halbes Jahr Zeit gehabt, einen solchen Vorschlag zu unterbreiten!)

Die Verabschiedung ist erst nachher vorgesehen. Daher haben Sie sogar jetzt noch Zeit, unser Angebot anzunehmen. (Zuruf des Ministerpräsidenten Beck)

Herr Ministerpräsident, hören Sie doch einfach zu.

Das ist nur eine Frage des Wollens und eine Frage des Verantwortungsbewusstseins, das Ihnen offensichtlich fehlt.

Meine Damen und Herren, wir meinen, Sie werden Ihrer Verantwortung mit diesem Haushalt nicht gerecht. Statt mit kreativem Elan Sparmöglichkeiten zu suchen, versuchen Sie über Nebenhaushalte und andere verschlungene Finanzierungswege die maßlose weitere Verschuldung und den Eingang aller möglichen Verpflichtungen zu vertuschen. Anstatt mit Kreativität und Mut mit der Aufgabenkritik zu beginnen, eröffnen Sie zahllose neue Fördertatbestände oder satteln bei anderen drauf.

Anstatt realistisch bei den Einnahmen zu kalkulieren, schönen Sie den Haushalt durch unrealistische Einnahmepositionen. Ich nenne als Beispiel aus dem Einzelplan 12 die Einnahmen aus einem möglichen Verkauf des ehemaligen Standorts Koblenz-Oberwerth der Koblenzer Universität. Mit 18 Millionen Euro haben Sie diesen Verkauf eingesetzt. Diese Einnahmen sind für einen Verkauf eingesetzt, obwohl Sie jetzt schon versuchen, weil Ihnen über Jahre hinweg ein Verkauf nicht gelungen ist, das Objekt zu vermieten. Sie unterstellen eine völlig unrealistische Einnahme.