Protokoll der Sitzung vom 16.05.2002

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Creutzmann das Wort.

(Jullien, CDU: Jetzt kommt die Erleuchtung!)

Herr Jullien, wenn ich es schaffe, bei Ihnen immer eine Erleuchtung herbeizuführen, dann ist das immer hervorragend.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es scheint mir doch bei den Redebeiträgen so zu sein, dass noch wenige in den Gesetzentwurf hineingeschaut haben. Es wurde nämlich vom Herrn Kollegen Dr. Gölter beklagt, der Stellenplan sei nicht mehr zustimmungspflichtig. Wenn man das nur ein bisschen liest, dann gibt es eine Begründung. Dort heißt es: „Die Beschlusskompetenz des Verwaltungsrates in § 8 Abs. 2 Nr. 7 wird neu gefasst. Der bisher auf den Voranschlag der Verwaltungskosten einschließlich des Stellenplanes bezogene Beschluss des Verwaltungsrates wird auf den Erfolgsplan und eine mittelfristige Finanz- und Geschäftsplanung erstreckt. Hiermit wird die durch die sechste Sparkassenrechtsnovelle bezweckte Stärkung des Verwaltungsrates fortgeführt.“ Das heißt, es soll keine Einschränkung stattfinden. Ich gehe nachher noch näher darauf ein.

Herr Braun, wir wären normalerweise gar nicht verpflichtet – darin haben Sie Recht –, das Gesetz vor der Sommerpause zu verabschieden. Das ist ein Entgegenkommen an einen der Gewährträger. Dafür – ich werde in meiner Rede darauf eingehen – haben wir versucht, den einen Gewährträger zu etwas zu bewegen. Das ist auch gelungen.

Meine Damen und Herren, die vor uns liegende siebte Novelle des Sparkassengesetzes transferiert die Grundsätze der Verständigung mit der EG-Kommission vom 17. Juli 2001, wonach die Gewährträgerhaftung in Zukunft bei den rheinland-pfälzischen Sparkassen und der Landesbank und die mit einer Anstalt des öffentlichen Rechts verbundene Anstaltslast im Sinne einer normalen marktwirtschaftlichen Eigentümerbeziehung zwischen Trägern und Kreditinstituten ersetzt werden.

Der vor uns liegende Gesetzentwurf beschränkt sich grundsätzlich auf die Umsetzung dieser Forderung der EG-Kommission, sodass ich sicher bin, dass es auch in Zukunft noch Änderungen des Sparkassengesetzes geben wird, um die Zukunftsfähigkeit der rheinlandpfälzischen Sparkassen, aber auch der Landesbank Rheinland-Pfalz zu sichern und weiter auszubauen.

Aufgrund der uns aus Basel II drohenden Verschärfung der Solvabilitätsklausel wird es notwendig sein, die Eigenkapitalbasis der Sparkassen und der Landesbank – ich betone das ausdrücklich – zu stärken, um für den rheinland-pfälzischen Mittelstand auch in Zukunft durch diese Institute ausreichend Kredite zur Verfügung stellen zu können.

Sparkassen und Landesbank müssen deshalb ihre Eigenkapitalbasis dringend verbreitern, was nur durch mehr Gewinne oder durch eine Erhöhung des Dotationskapitals geschehen kann. Da die rheinlandpfälzischen Kommunen kaum in der Lage sein dürften, ihren Sparkassen neues Eigenkapital zuzuführen, wird es in Zukunft notwendiger denn je sein, dass die Sparkassen ausreichende Gewinne erwirtschaften, die zu einer Erhöhung der Eigenkapitalbasis herangezogen werden.

Deshalb begrüßt die FDP-Fraktion, dass die Novellierung des jetzigen Sparkassengesetzes den Vorstand dazu verpflichtet, vor Beginn eines Geschäftsjahres einen Erfolgsplan aufgrund einer mittelfristigen Finanzund Geschäftsplanung aufzustellen. Darüber hinaus begrüßen wir auch den nach § 20 Abs. 2 neu hinzugefügten Absatz 3, der wie folgt lautet: „Ausschüttungen auf das Stammkapital können unter Berücksichtigung des auf der Grundlage der mittelfristigen Finanz- und Geschäftsplanung festgestellten Eigenkapitalbedarfs erfolgen.“

Meine Damen und Herren, diese Vorschrift soll verhindern, dass in guten Geschäftsjahren voreilig Ausschüttungen vorgenommen werden, wenn auch schon absehbar ist, dass aufgrund der darauf folgenden Geschäftsjahre aufgrund der mittelfristigen Erfolgsplanung wieder Einbußen stattfinden.

Meine Damen und Herren, man kann diese Klausel so oder so auslegen. Man kann sagen, es ist eine Einschränkung der Souveränität des Verwaltungsrats und des Vorstands – das wäre das Negative –, man traut den kommunalen Selbstverwaltungen zu wenig über den Weg. Man kann natürlich auch sagen, wir müssen es schaffen, dass die Sparkassen in Zukunft verstärkt Gewinne in ihr Eigenkapital einstellen, damit wir auch in der Lage sind, das Wachstum, das die Sparkassen brauchen, auch bewerkstelligen zu können. Neben der Einbehaltung der Gewinne ist natürlich auch eine Stärkung der Sparkassen insgesamt durch freiwillige Vereinbarungen oder auch durch freiwillige Fusionen angebracht. Wir sind überzeugt, dass dadurch hohe Synergiepotenziale erzielt werden können. Wir haben gerade heute – das ist das allerneuste – erfahren, dass die Sparkassen Worms und Alzey eine Fusion planen. Wir halten dies für richtig, weil wir darin hohe Synergiepotenziale sehen. Diese hohen Synergiepotenziale führen zu mehr Effizienz und damit auch tendenziell zu einer Verbesserung der Erträge und damit zu einer Stärkung des Eigenkapitals.

Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion begrüßt des Weiteren die mit den Eignern der Landesbank Rheinland-Pfalz vereinbarten Zusicherungen in Bezug auf die Entwicklung der Westdeutschen Immobilienbank, die ihren Hauptsitz in Mainz hat. Im Zuge der Novellierung des Sparkassengesetzes ist es gelungen, die WestLB dazu zu bewegen, eine Bestandsgarantie für den Hauptsitz der Westdeutschen Immobilienbank in Mainz mindestens bis zum Ende des Jahres 2007 abzugeben. Damit verbunden ist, dass die Geschäftsleitung und die weiteren Kernbereiche am Standort Mainz bleiben und der Personalstand in etwa – es ist klar, dass man das nicht garantieren kann – gehalten wird.

Für diese Arbeitsplatz sichernde Zusage möchte ich mich für die FDP ausdrücklich bei der Landesregierung und bei dem federführenden Wirtschaftsministerium bedanken. Wichtig wird sein, dass die Westdeutsche Immobilienbank in den nächsten Jahren ihre strukturellen Defizite beseitigt, um auch in Zukunft bei der Immobilienfinanzierung wettbewerbsfähig zu bleiben und damit einen Beitrag zur Sicherung dieses Standorts zu leisten.

Was die Landesbank Rheinland-Pfalz betrifft, ist es nach Auffassung der FDP-Fraktion erforderlich, auch ihre Eigenkapitalbasis zu stärken, um dadurch ihr bisher sehr gutes Rating erhalten zu können. Dies könnte dadurch geschehen, dass das Sparkassengesetz entweder eine vertikale Fusionsmöglichkeit einzelner Sparkassen mit der Landesbank eröffnet, es wäre aber genauso gut denkbar – dies sollte sich die Sparkassenorganisation als Zusammenschluss der Sparkassen gut überlegen –, ob sie nicht in der Lage ist, den 50 %igen Anteil, den die WestLB und die SüdwestLB halten, zu übernehmen. Auch dies wäre eine Möglichkeit, Synergien zur Stärkung der Sparkassen in Rheinland-Pfalz zu verwirklichen.

Wir wissen, wenn dies nicht geschieht, dass wir tendenziell ein schlechteres Rating bei der Landesbank bekommen werden, was in der Refinanzierung in etwa 0,5 % bis 0,7 % mit allen Auswirkungen für die Finanzierung der mittelständischen Unternehmen bedeutet, die die Landesbank genauso betreut.

Meine Damen und Herren, die vor uns liegende siebte Novelle zum Sparkassengesetz transferiert die Grundsätze der EU-Kommission in unser Recht. Sie beschränkt sich eigentlich nur darauf, wenn man von einigen kleinen Nuancen absieht. Wir meinen, wir werden in Zukunft immer wieder eine Novellierung des Sparkassengesetzes brauchen, weil die Fortentwicklung in diesem Bereich, im Kreditwesen, so rasch fortschreiten wird, dass wir den Sparkassen durch das Sparkassengesetz die Möglichkeiten eröffnen müssen, für den rheinland-pfälzischen Mittelstand weiterhin zinsgünstig Kredite geben zu können.

Lassen Sie mich abschließend noch eine Bemerkung machen. Basel II wird immer als negatives Szenario hingestellt. Basel II eröffnet aber auch die Chance, für gut geführte mittelständische Unternehmen dafür zu sorgen, dass sich ihre Kredite verbilligen können. Basel II ist auch eine Chance. Ob Basel II in dieser Form überhaupt kommen wird, ist noch die andere Frage. Bedauerlicherweise stellen sich heute die Kreditinstitute schon darauf ein, das heißt, sie tun so, als wäre Basel II schon auf dem Markt. Entsprechend verhalten sie sich in ihren Kreditvergaben. Dies ist zu bedauern. Ich weiß nicht, ob sich die Großbanken einen Gefallen getan haben, sich aus dem Kreditgeschäft der mittelständischen Unternehmen zurückzuziehen. Sie werden das – davon bin ich überzeugt – noch sehr bedauern. Vorstände großer Bankkonzerne beeilen sich, immer wieder zu versichern, dies sei nicht der Fall, obwohl die Zahlen eine völlig andere Sprache sprechen.

Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei FDP und SPD)

Meine Damen und Herren, ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die erste Beratung des Landesgesetzes zur Änderung des Sparkassengesetzes beendet.

Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr – federführend –, an den Innenausschuss und an den Rechtsausschuss zu überweisen. Dagegen erheben sich keine Einwände. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

Beförderung von Kindern in Kindergärten Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksachen 14/579/699/745 –

Die Fraktionen haben sich auf eine Redezeit von fünf Minuten verständigt. Ich erteile Frau Abgeordneter Hammer das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Beförderung von Kindern, für die kein Kindergartenplatz in Wohnortnähe zur Verfügung steht, ist bekanntlich Pflichtaufgabe der Städte und Landkreise nach dem Kindertagesstättengesetz.

Über die Art der Beförderung hat das Land keine Regelung getroffen. Diese Entscheidung trifft das jeweilige Jugendamt. Die Jugendämter sind bisher davon ausgegangen, dass die Aufsichtspflicht auf dem Weg zum und vom Kindergarten den Eltern der betroffenen Kinder obliegt. Aus diesem Grund wurde in der Regel bisher seitens der Kreise keine Aufsicht in Kindergartenbussen eingerichtet.

Auch die Landesregierung hat in der Vergangenheit mehrfach die Position vertreten, die Aufsichtspflicht der Eltern gelte grundsätzlich bis zur Übergabe der Kinder an die Kindertagesstätte.

Ein aktuelles Urteil des Oberverwaltungsgerichts Koblenz hat diesbezüglich eine neue Situation geschaffen; denn nach Auffassung des OVG in seinem Urteil vom 27. November 2001 umfasst die Verpflichtung der Jugendämter auch eine Aufsichts- und Sicherungspflicht für die Kinder während der Beförderung.

Das heißt, die nur kostenfreie Mitfahrgelegenheit in einem Verkehrsmittel, ohne für die Sicherheit der Kinder Sorge zu tragen, genügt nicht. Das Gericht hat sich allerdings zu den Vorkehrungen, die getroffen werden müssen, im Detail nicht geäußert. Diese sind sicherlich vom Alter und von der Anzahl der zu befördernden Kinder abhängig.

Meine Damen und Herren, vom Urteil sind die Kreise ganz unterschiedlich betroffen. Landesweit dürften aber

weit über 10.000 Kinder von der Beförderung betroffen sein. Ein genauerer landesweiter Überblick liegt der Landesregierung nicht vor.

Ganz unterschiedlich sind die örtlichen Lösungen. Einige befördern die Kinder grundsätzlich im ÖPNV, andere grundsätzlich nicht. Teilweise fahren die Kinder im Schülerverkehr mit, zum Teil in so genannten freigestellten Linien, das heißt, Linien ausschließlich für die Kindergartenkinder. Die Wegstrecken betragen bis zu 15 Kilometer, die Fahrzeit beläuft sich auf bis zu 45 Minuten.

Ebenfalls sehr unterschiedlich ist die Ausstattung der Verkehrsmittel allgemein sowie hinsichtlich zusätzlicher entsprechender Sicherheitseinrichtungen. Einzelne Kreise geben Sitzplatzgarantien und gewährleisten einen Ein- und Ausstieg nur durch die vordere Tür der Fahrzeuge. Aus anderen Kreisen liegen dazu gar keine Informationen vor.

In der Regel werden die Kinder während der Fahrt nicht beaufsichtigt. Eine Begleitung in den Bussen jedenfalls ist in der Regel nicht gewährleistet.

Eins ist nach diesem Urteil klar: Die Kreise sind jetzt vor neue Herausforderungen gestellt. Im Interesse guter Lösungen sollte das Land die Kreise bei der Bewältigung unterstützen.

(Beifall der CDU – Mertes, SPD: Mit Geld?)

Ich komme gerade dazu, Herr Mertes.

In den Kreisen wünscht man sich zunächst einheitliche Kriterien für die Umsetzung des Urteils.

(Schmitt, CDU: So ist das!)

Die Aussagen der Landesregierung, die kommunalen Aufgabenträger hätten ihre Aufsichtspflicht in geeigneter kindgerechter Weise wahrzunehmen, ist wenig hilfreich. Die Verlautbarung, ich zitiere: „Das Land hat hierüber keine Regelung getroffen und strebt dies auch nicht an“, genügt uns nicht.

(Schmitt, CDU: So ist das!)

Auch die Kreise brauchen Rechtssicherheit.

(Beifall der CDU)

Was ist kindgerechte Beförderung?

(Schwarz, SPD: Das ist dummes Zeug!)

Welches sind die Kriterien für kindgerechte Beförderung? (Mertes, SPD: Wir brauchen keine Bevormundung aus Mainz; in Simmern wissen wir das selbst!)

Dies fordern wir in erster Linie ein. Wenn diese Kriterien formuliert sind, bleibt noch genügend Freiraum für die

Träger von Jugendämtern, Regelungen nach örtlichen Gegebenheiten zu treffen.

Neben diesen Problemen – darauf will ich auch hinweisen – gibt es selbstverständlich auch erhebliche finanzielle Konsequenzen für die Kreise. Sind bisher schon Beförderungskosten von jeweils mehreren 100.000 DM bis zu über 1 Million DM angefallen, wird in den Landkreisen jetzt von zusätzlichen Kosten von 100.000 Euro bis zu mehreren 100.000 Euro im Jahr ausgegangen.

(Glocke der Präsidentin)