Protokoll der Sitzung vom 06.11.2002

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist für einen neuen Parlamentarier interessant, ein Stück Lobbyismus einmal live mitzubekommen.

(Kramer, CDU: Er hat für unsere Fraktion gesprochen!)

Ich habe mich gerade gefragt, ob Herr Bischel als Funktionär des Deutschen Beamtenbundes oder als Mitglied des Landtags gesprochen hat.

(Beifall der SPD – Zurufe der Abg. Dr. Gölter und Kramer, CDU)

Bei der ersten Beratung des vorliegenden Gesetzentwurfs herrschte sowohl im Ausschuss als auch im Plenum Einmütigkeit darüber, dass die Angleichung des Landesbeamtengesetzes an das geänderte Bundesrecht notwendig ist und die gesellschaftlichen Veränderungen eine Neuregelung erfordern. Unterschiedlicher Auffassung war und ist man nur in der Frage, wie zukünftig die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die Inanspruchnahme von Wahlleistungen geregelt werden soll.

Dem Vorschlag der Landesregierung, zur Erhaltung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Wahlleistungen einen Eigenbeitrag der Beamtinnen und Beamten einzuführen, stimmten im Innenausschuss die Fraktionen der SPD, FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu. Nur die CDU-Fraktion machte verfassungsrechtliche Bedenken bei der vorgesehenen Koppelung der Beihilfegewährung für Wahlleistungen an die Zahlung eines monatlichen Eigenbeitrags geltend. Dem Wunsch der CDU-Fraktion entsprechend, die sich auch auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtags berief, wurde vor zwei Monaten eine Anhörung durchgeführt.

Meine Fraktion sieht sich in ihrer Rechtsauffassung durch diese Anhörung bestätigt. Wesentlich waren für uns dabei die Ausführungen der Sachverständigen Frau Professorin Dr. Böhm, die überzeugend darlegte, dass durch die geplante Gesetzesänderung die ärztliche Grundversorgung in keiner Weise angetastet wird. Das Land greift durch dieses Gesetz auch nicht in das verfassungsrechtlich garantierte Alimentationsprinzip ein.

Wir haben uns ausgiebig mit dem vorliegenden Gesetzentwurf beschäftigt und sind zu der Überzeugung gekommen, dass die von der Landesregierung vorgesehene Regelung die unter den gegebenen Umständen beste Lösung für die Beamtinnen und Beamten darstellt. Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass die CDUFraktion die andere mögliche Alternative, nämlich eine völlige Abschaffung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Wahlleistungen, der vorliegenden Regelung vorziehen würde.

(Beifall der SPD – Pörksen, SPD: Sehr wahr! – Zuruf von der SPD: Bei denen weiß man nie!)

In bisher acht, also der Hälfte aller Bundesländer, ist eine solche Abschaffung bereits erfolgt. Diese Lösung wäre sicher alles andere als sozial ausgewogen.

Im Rahmen der Anhörung haben wir anhand eines konkreten Fallbeispiels erfahren, dass eine private Versicherung für Wahlleistungen die Betreffenden ein Vielfaches – bei der Anhörung war sogar die Rede von einem zehnfach höheren Betrag – des von der Landesregierung angedachten Betrags von 13 Euro kosten würde.

(Beifall bei der SPD)

Jede Frau und jeder Mann, unabhängig von ihrem sozialen Status, haben ein Recht auf eine gleichwertige medizinische Grundversorgung. Die allgemeinen Krankenhausleistungen sind auch in unserem Gesundheitssystem für alle Bürgerinnen und Bürger gewährleistet. Der Staat kommt voll seiner Fürsorgepflicht gegenüber den Beamtinnen und Beamten nach.

(Beifall der SPD)

An dieser Stelle muss wohl auch darauf hingewiesen werden – dies kann man nicht oft genug tun –, dass die

gesetzlich Versicherten, also der so oft zitierte „normale Arbeitnehmer“, nicht in den Genuss solcher Wahlleistungen kommt.

(Beifall der SPD)

Wer über den beschriebenen Rahmen der Grundversorgung hinaus Wahlleistungen in Anspruch nehmen möchte, der sollte auch in angemessener Weise einen eigenen Beitrag dazu leisten. Das ist nach unserem Verständnis nicht mehr als billig.

Diese Ansicht wird auch voll gestützt durch die Ausführungen von Frau Professorin Dr. Böhm in der Anhörung, die diesbezüglich auf entsprechende Gerichtsentscheidungen verwiesen hat. Danach ist die Beihilfefähigkeit von Wahlleistungen verfassungsrechtlich nicht notwendig.

Abschließend kann ich also für die SPD-Fraktion feststellen, dass wir die vorliegende Regelung für die beste der möglichen Lösungen halten und daher diesem Gesetzentwurf unsere Zustimmung geben.

Herr Bischel, ich möchte zum Schluss noch eine Bemerkung machen. Sie haben so schön gesagt, dies bringe nicht viel und spare nicht viel ein, höchstens die Hälfte. Das ist alles relativ. Wenn Sie mich sehen, ist die Hälfte schon recht viel.

(Heiterkeit bei der SPD – Beifall der SPD und der FDP)

Es spricht nun Frau Abgeordnete Grützmacher.

Wenn man bei mir die Hälfte sieht,

(Pörksen, SPD: Dann ist es nichts mehr!)

wäre es natürlich nicht ganz so viel. Alles ist relativ.

Meine Damen und Herren! Herr Bischel, Sie haben dies heute in einer ganz anderen Weise begründet, als Sie es im Ausschuss begründet haben. Im Ausschuss haben Sie grundsätzliche verfassungsrechtliche Fragen dargelegt. Vielleicht hat Sie nun die Anhörung davon überzeugt, dass diese verfassungsrechtlichen Fragen doch nicht so entscheidend sind, wie Sie sich das vorher vorgestellt haben.

(Bischel, CDU: Das ist doch Quatsch!)

Man kann natürlich grundsätzlich darüber reden. Das ist auch richtig. Schließlich geht es um die Frage, wieviel Beweglichkeit im öffentlichen Dienst verfassungsrechtlich möglich ist. Heißt das, alles, was momentan im öffentlichen Dienst den Beamten zusteht, ist unantastbar, und in dem Moment, in dem es geändert wird, ist es

verfassungsrechtlich nicht mehr möglich? – Meine Damen und Herren von der CDU, das kann es doch nicht sein.

Wenn Sie einerseits sagen, wie Sie es heute begründet haben, es komme zu wenig dabei heraus, und es bringe gar nichts, aber andererseits wieder sagen, dass diese 13 Euro ein ganz einschneidender Eingriff für manche Beamte und Beamtinnen darstellen, dann kommt mir das auch sehr gegensätzlich vor, und ich kann es nicht so richtig verstehen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, Sie müssen doch sehen, die Wahlleistungen für Beamte und Beamtinnen sind in anderen Bundesländern ganz abgeschafft worden. Vor dem BVG ist eine Klage dagegen anhängig, und auch vor den Verfassungsgerichten im Saarland und in Hamburg gibt es Klagen gegen die vollständige Streichung der Wahlleistungen. Aber das wurde von den Verfassungsgerichten in Hamburg und im Saarland abgelehnt, weil man dort gesagt hat – das haben wir auch aus der Anhörung erfahren –, dass die Beihilfe eben kein grundsätzlicher Bestandteil des Beamtentums ist und deswegen auch nicht in dieser verfassungsmäßigen Art und Weise geschützt ist.

Meine Damen und Herren, ich finde, wir sollten noch einmal deutlich sagen, dass es bei dieser Gesetzesänderung nicht um die Krankenhausleistungen an sich geht. Die Grundversorgung für Beamte und Beamtinnen wird natürlich auch weiterhin nicht angetastet. Es geht vielmehr um Wahlleistungen, von denen auch der Kollege Klöckner gerade ganz richtig sagte, dass sie anderen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen nicht zur Verfügung stehen. Ich glaube, gerade im Zuge der Gleichbehandlung, zu der, wie ich finde, auch ein Arbeitgeber wie die Landesregierung gegenüber ihren Beamten verpflichtet ist, ist auch in diesem Bereich eine Einsparung gerechtfertigt. Es ist richtig, dass auch Beamte und Beamtinnen ihren Teil dazu beitragen. Ich denke, wenn Sie mit den betroffenen Personen und nicht nur mit Ihren Funktionären darüber sprechen, werden Sie auch Verständnis für diese Neuregelung finden. Deswegen sage ich, dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dieser Änderung des Gesetzes zustimmt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es spricht nun Herr Abgeordneter Hohn.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Juni dieses Jahres wurde das Landesgesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften in zweiter Lesung verabschiedet, wobei mit Beschluss des Innenausschusses Artikel 1 Nr. 17 des Gesetzentwurfs ausgeklammert wurde. Über diesen ausgeklammerten Teil des Gesetzentwurfs wurde im September eine Anhörung durchgeführt.

Thematisch betrifft der ausgeklammerte Teil die Gewährung von Beihilfen für so genannte Wahlleistungen. Demnach ist beabsichtigt, die Beihilfefähigkeit von Chefarztbehandlungen und Unterbringung in Zweibettzimmern von der monatlichen Zahlung eines Eigenbetrags – gedacht sind 13 Euro pro Beihilfeberechtigten – abhängig zu machen.

Aus finanzpolitischer Sicht ist die Erhebung eines Eigenbetrags der Beamtinnen und Beamten unumgänglich, da durch diese Einsparungen zugunsten des Landeshaushalts erreicht werden können. Auch die beamtenrechtliche Beihilfe muss deshalb Änderungen unterworfen werden, zumal bereits das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, dass der Aspekt der sozialen Gerechtigkeit auch im Rahmen der Beihilfegewährung ein legitimes Bemessungskriterium darstelle, wenn gespart werden muss.

Meine Damen und Herren, die Gegner der geplanten Änderung im rheinland-pfälzischen Beihilferecht berufen sich im Wesentlichen und auch nahezu einhellig auf verfassungsrechtliche Bedenken. Die monatliche Zahlung eines Eigenbetrags als Gegenleistung für die Beihilfefähigkeit von so genannten Wahlleistungen stehe im Widerspruch zu dem beamtenrechtlichen Fürsorgeprinzip. Dass dies nicht so ist, hat die eingangs erwähnte Anhörung ganz klar zum Ausdruck gebracht.

Ich erlaube mir, mich auf die Ausführungen von Frau Professorin Dr. Böhm zu beziehen, die das beabsichtigte Eigenbeitragsmodell unter rechtlichen Gesichtspunkten bewertet und selbst für juristische Laien wie mich mehr als deutlich aufgezeigt hat, dass Bedenken gegen die geplanten Regelungen aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht durchgreifen.

Gestützt hat Frau Professorin Dr. Böhm ihre Argumentation auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Pflegeversicherung. Nach diesem bestünde keine spezielle verfassungsrechtliche Verpflichtung, Beihilfe in den bislang üblichen Formen oder in bestimmter Höhe zu gewähren.

Meine Damen und Herren, wir wollen mit den Änderungen im Beihilferecht die Wahlleistungen nicht gänzlich abschaffen. Wir wollen sie von der monatlichen Zahlung eines Eigenbetrags abhängig machen.

Worin liegt also der Verstoß gegen verfassungsrechtliche Grundsätze, wenn eine völlige Streichung der Wahlleistungen möglich ist? Ich möchte noch einmal in Erinnerung rufen, dass es Bundesländer gibt, die genau dies, nämlich die völlige Abschaffung der Wahlleistungen, vollzogen haben.

Wenn ich richtig informiert bin, handelt es sich um die Hälfte aller Bundesländer. In diesen Ländern werden die Beihilfeberechtigten zur Absicherung der Kosten für die Inanspruchnahme von Wahlleistungen auf private Zusatzversicherungen verwiesen. Meine Damen und Herren, genau dies wollen wir nicht.

Drei der Länder haben die Abschaffung von Wahlleistungen beklagt. Eine letztinstanzliche Entscheidung in den anhängigen Verfahren steht jedoch bislang noch

aus. Abschlägig entschieden wurde eine Eilentscheidung aus Brandenburg, wonach das Ziel der Haushaltskonsolidierung persönlichen Belastungen von Beamtinnen und Beamten durch freiwillige und hundertprozentige Wahlleistungsabsicherung in einer privaten Zusatzversicherung vorginge.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch in aller Kürze auf einen weiteren Punkt eingehen, wonach die Einführung eines Pflichtbeitrags geplant sei. Dies ist nicht so. Es geht doch lediglich um die Frage, ob man eine Chefarztbehandlung und eine Unterbringung im Zweibettzimmer in Anspruch nehmen möchte oder nicht.

Wer dies will, den kostet es 13 Euro im Monat. Wer sich mit der Unterbringung in Mehrbettzimmern und der Behandlung durch den Stationsarzt begnügt, dem bleiben die Zusatzzahlungen erspart. Dies ist ein Stück Wahlfreiheit, meine Damen und Herren. Keiner wird gezwungen, die 13 Euro monatlich zu zahlen.

Dies ist der Knackpunkt. Was soll diesbezüglich verfassungswidrig sein? Wir werden diesem Gesetz zustimmen.