Protokoll der Sitzung vom 05.12.2002

führen wir vor leeren Rängen. Aber trotzdem möchte ich einige Beiträge dazu leisten.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das „Handelsblatt“ titelt heute: „Kanzler sagt Nein zur Vermögensteuer“. Der Kanzler begründet dies auch, indem er sagt, wenn die Vermögensteuer nicht auf das Betriebsvermögen erhoben wird, wird sie nichts bringen.

Frau Thomas, in dem gleichen Artikel heißt es:

„Die grüne Finanzpolitikerin Christine Scheel begrüßte Schröders Äußerung: „Wir lehnen eine Substanzbesteuerung ab“, sagte sie dem Handelsblatt.“

(Dr. Altherr, CDU: Recht hat sie!)

Hubertus Schmoldt, der Vorsitzende der IG BCE, lehnt eine Vermögensteuer ab.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das wundert uns aber!)

Frau Thomas, ich stehe an der Seite von Herrn Schmoldt.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Der will Sie aber gar nicht haben!)

Die FDP-Landtagsfraktion steht an der Seite der IG BCE. Wir finden Frau Scheel und den Bundeskanzler an unserer Seite. Herr Dr. Deubel lächelt, wir sind in guter Gesellschaft.

Ich möchte nun noch einige Sachbeiträge bringen, um die Fehler zu korrigieren.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was war das denn vorher, Herr Creutzmann?)

Die Belastung des Einkommens sowie die auf Grundund Kapitalvermögen muss in der Nähe einer hälftigen Teilung liegen. Bei einem unterstellten Ertrag von 5 % nimmt ein Vermögensteuersatz von 1 % bereits 20 % der Erträge in Anspruch. Dazu kommt noch die Versteuerung dieser Kapitalerträge mit dem individuellen Einkommensteuersatz. Der Halbteilungsgrundsatz, der zur Aussetzung der Vermögensteuer führte, wird immer noch weit verfehlt. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen.

Herr Jullien hat es schon zitiert: Herr von Weizsäcker weist Ihnen nach, dass die Einführung der Vermögensteuer in fünf Jahren zu einem geringeren Wirtschaftswachstum um 2 %, das heißt also, zu geringeren Einnahmen für diesen Staat, führen würde, Frau Thomas.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das weist er nicht mir nach!)

Nun frage ich Sie: Kann es sinnvoll sein, eine Steuer einzuführen, die per se zu einem geringeren Einkommen für den Staat führt? – Das kann es doch nicht sein. Ma

chen Sie sich doch bitte immer erst sachkundig, bevor Sie uns immer die Hämmer an den Latz knallen.

Im „Spiegel“, der sicherlich ein interessantes Blatt ist, war diese Woche zu lesen, 20 % der Einkommensteuerzahler zahlen mit über 40.000 Euro zwei Drittel der Lohn- und Einkommensteuer. Das heißt, diejenigen, die man stark belasten kann, die werden auch stark belastet, und das ist in Ordnung.

Wenn Sie die Vermögensteuer einführen, ist dies nur beim Betriebsvermögen sinnvoll. Meine Damen und Herren, die Vermögensteuer ist eine Substanzsteuer, das müssen Sie wissen. Die Vermögensteuer auf das Betriebsvermögen ist nicht sachgerecht, da die steuerliche Leistungsfähigkeit eines Unternehmens sich nur am Gewinn oder Ist-Ertrag, nicht jedoch am Betriebsvermögen messen lässt. Eine Vermögensteuer auf das Unternehmensvermögen als Soll-Ertragsteuer verfehlt die wirkliche Leistungsfähigkeit umso mehr, je mehr der Soll-Steuerertrag vom Ist-Ertrag abweicht. Eine Vermögensteuer auf das Betriebsvermögen von Kapitalgesellschaften führt zu einer Doppelbelastung durch die Besteuerung beim Unternehmen sowie beim Anteilseigner. Meine Damen und Herren, das sind doch die Probleme, vor denen wir stehen. Das muss man doch einmal sachgerecht abhandeln.

Die Vermögensteuer nach deutschem Zuschnitt stellt eine Ausnahme im internationalen Vergleich dar. Soweit in den wichtigen Industrieländern überhaupt eine Vermögensteuer erhoben wird, ist die Belastung aufgrund sehr hoher Freibeträge, niedriger Sätze oder Befreiung bestimmter Vemögensarten, insbesondere von Betriebssteuern deutlich niedriger. Für die deutschen Unternehmen wäre die Wiedereinführung dieser Steuer ein weiterer erschwerender Faktor im internationalen Wettbewerb.

Herr Brüderle hat Recht, aber nicht in einem Fall: Es sind nicht 50 % des Aufkommens, die als Verwaltungskosten anfallen. Darüber gibt es seriöse Untersuchungen, die von einem Drittel ausgehen. Herr Itzek, Sie wissen doch genau, in den neuen Bundesländern gibt es gar keine Einheitswerte. Sie müssten erst ermittelt werden. Wenn Sie der Vermögensteuer folgen, wie es die Länder vorschlagen, müssten Sie die Einheitswerte weiter permanent aktualisieren. Sie wollen doch weg von den Einheitswerten. Sie wollen an die Verkehrswerte herangehen. 80 % der Verkehrswerte sollen besteuert werden. Dann müssen Sie die Verkehrswerte permanent aktualisieren, meine Damen und Herren. Das ist doch der Punkt.

Ich sage Ihnen noch ein Weiteres: Die Erhebung der Vermögensteuer auf Privatvermögen lässt sich nicht gleichmäßig gestalten. Die Finanzbehörden sind jedenfalls mit verhältnismäßigen Mitteln nicht in der Lage, für eine gleichmäßige Vermögenserfassung des Privatvermögens zu sorgen. So können etwa die in der Privatsphäre aufbewahrten Wertsachen nur bei strafrechtlichen Durchsuchungen erfasst werden. Die Verschaffung von Vermögen ins Ausland bleibt weiterhin möglich. Die

Finanzgerichte werden nicht bereit sein, eine solche ungleichmäßige Besteuerung hinzunehmen.

(Glocke der Präsidentin)

Es gibt also keinerlei sachliche Gründe für die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Eine Gerechtigkeitsteuer ist völlig abwegig. Es gibt keine sachlichen Gründe, die Vermögensteuer wieder einzuführen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall der FDP und der SPD)

Das Wort hat Herr Staatssekretär Dr. Deubel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mir wäre es auch lieber, wenn der Minister oder der Ministerpräs ident anwesend sein könnten. Aktuelle Stunden müssen aber natürlich auch aktuelle Ereignisse berücksichtigen. Der Vermittlungsausschuss ist ein aktuelles Ereignis. Wenn man den Minister dabei haben möchte, muss man flexibel genug sein, die Aktuelle Stunde auf einen Zeitpunkt zu legen, an dem nicht gerade der Vermittlungsausschuss tagt. So einfach ist das.

(Beifall bei SPD und FDP)

Der Sachverhalt war bekannt. Flexibilität war nicht gegeben. Also müssen Sie mit mir vorlieb nehmen. So einfach ist das.

(Frau Schmidt, CDU: Einfach ist das nicht!)

Meine Damen und Herren, das Hauptproblem bei allen Steuern auf Vermögen in Deutschland, also noch Grundsteuer, Erbschaftsteuer und die nicht erhobene Vermögensteuer, die nicht abgeschafft, sondern lediglich ausgesetzt ist, hat das Bundesverfassungsgericht in zig Urteilen immer wieder verdeutlicht. Es kann nicht angehen, dass Vermögen völlig uneinheitlich erfasst wird. Das war bei der Vermögensteuer der Hauptpunkt, der moniert wurde, dass nämlich Geldvermögen zu 100 % und Immobilienvermögen bzw. Grundvermögen teilweise nur zu 10 % erfasst wurden. Das ist mit Recht vom Bundesverfassungsgericht verworfen worden. Jeder weiß auch, dass das mit Recht geschehen ist. So weit die Aufgabenstellung.

Diese Aufgabenstellung gilt aber nicht nur für die Vermögensteuer, sondern sie gilt auch für die Erbschaftsteuer und die Grundsteuer. Die Erbschaftsteuer wird das nächste Opfer einer solchen Diskussion sein, wie wir sie heute wieder erlebt haben, die nämlich zwischen den Ländern im Rahmen des Föderalismus in ähnlicher Weise geführt wird. Jeder hat Recht, und es ist nicht möglich, sich auf eine Basis zu einigen, die schlussendlich zu einer verfassungsrechtlich konformen Lösung bei der Erhebung zunächst einmal der Erb

schaftsteuer, irgendwann einmal auch der Grundsteuer führt. Das, was wir bei der Grundsteuer betreiben, ist auch nichts anderes.

(Itzek, SPD: So ist es!)

Dort, wo die Einheitswerte noch gelten, nämlich hier im Westen, ist eine völlige Ungleichheit der Besteuerung gegeben, je nachdem, ob man Glück oder Pech mit der Fortschreibung der Einheitswerte hat. In den neuen Ländern ist ein anderes System eingeführt worden, das etwas günstiger ist. Zwischen den Ländern laufen seit Jahren Diskussionen und Verhandlungen, wie die Grundsteuer verfassungsfest gemacht werden kann. Das klappt aber nicht im Föderalismus.

Es liegt daran, dass bei den 16 Ländern, von denen ich nicht nur A- und B-Länder nehmen möchte, denn es ist nicht nur eine A-/B-Problematik, jedes für sich so lange eine eigene Meinung hat, bis in Karlsruhe wieder einmal festgestellt worden ist, dass die nächste Steuer kippt. Dies wird in absehbarer Zeit bei der Erbschaftsteuer der Fall sein.

Ich kann nur dringend empfehlen, die Zuspitzung auf Glaubensbekenntnisse lieber zu lassen. So läuft im Moment die Diskussion bei der Vermögensteuer. Man sollte insbesondere nicht einer Landesregierung ein Glaubensbekenntnis abverlangen.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Eine Haltung!)

Man sollte dies nicht zu einem Zeitpunkt machen, an dem überhaupt keine Entscheidung anliegt, sondern zu dem politische Diskussionen in Parteien und in gesellschaftlichen Gruppierungen geführt werden. Innerhalb der Gruppierungen erfolgt dies sehr differenziert, siehe bei den GRÜNEN Pro und Kontra, siehe bei der CDU Pro und Kontra.

(Itzek, SPD: Bei der SPD auch!)

Es gibt gewichtige Stimmen, die sagen: Führt doch die Vermögensteuer wieder ein.

(Itzek, SPD: Die Länder Baden-Württemberg und Bayern!)

Dann mögen die Länder selbst entscheiden. Auch bei der FDP gibt es übrigens diese Stimmen im Rahmen der Gesamtthematik „Steuerföderalismus und Steuerwettbewerb“. Dort wird durchaus expliziert die Forderung aufgestellt, zum Beispiel die Vermögensteuer für den Föderalismus und für den Wettbewerb zwischen den Ländern freizugeben.

Bei der SPD ist heute dargestellt worden, der Kanzler sagt Nein, was auch relativ einfach ist; denn es ist keine Bundessteuer.

(Mertes, SPD: So ist das! – Keller, CDU: Er hat nichts zu sagen!)

Auf der Ebene der Ministerpräsidenten und der Länder gibt es zurzeit ein differenziertes Bild. Dies gilt auch für

Mitglieder der Landesregierung hier im Land. Zwischen dem Finanzminister und dem Ministerpräsidenten gibt es allerdings keine unterschiedliche Auffassung. Es wird zwar immer wieder behauptet, es ist aber nicht so. Der Ministerpräsident sagt, vom Grundsatz her ist eine Vermögensteuer sinnvoll. Der Finanzminister sagt: Wenn ich mir aber den Bundesrat und die Blockadehaltung der CDU-Länder anschaue, dann ist das vergebliche Liebesmüh.

(Schmitt, CDU: Er hat es schon anders gesagt! Da waren wir dabei!)