Protokoll der Sitzung vom 09.07.2003

(Beifall bei SPD und FDP)

So tritt an die Stelle der bisherigen Detailfinanzierung erstmals eine Globalfinanzierung. Einzeltitel können als gegenseitig deckungsfähig und Mittel zur Selbstbewirtschaftung veranschlagt werden. Es wird die Möglichkeit geschaffen, die Hochschulhaushalte aus dem Landeshaushalt auszugliedern, dies bei Wahrung des Budgetrechts des Parlaments.

Frau Thomas, Sie haben mit Ihrem Änderungsantrag gefordert, dass die Ausgliederung des Hochschulhaushalts noch einmal extra vom Landtag beschlossen werden sollte. Ich denke, das ist nicht notwendig. Das ist in § 103 geregelt, in dem es heißt: „Bei der Ausgliederung der Hochschulhaushalte sind geeignete Informationsund Steuerungsinstrumente anzuwenden, die im Landeshaushaltsgesetz im Einzelnen festzulegen sind.“ Damit haben wir ein parlamentarisches Begleitverfahren. Das ist im Gesetzentwurf schon so vorgesehen. Wir brauchen nicht zwei federführende Ausschüsse, sondern einen federführenden und einen beratenden.

Wir von der SPD begrüßen es, dass neben der Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen auch die Leistungstransparenz der Hochschulen mit dem vorliegenden Gesetz gestärkt wird. Sie werden zu einer regelmäßigen Evaluation ihrer Arbeit in Forschung und Lehre, in der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und auch in der Erfüllung des durch das Gesetz gestärkten Auftrags zur Gleichstellung von Frau und Mann verpflichtet.

Solche Regelungen dienen auch den Studierenden in Rheinland-Pfalz, in deren Interesse auch die Beratung durch Professorinnen und Professoren festgeschrieben wird.

In der wissenschaftlichen Ausbildung wird die internationale Vergleichbarkeit der Studiengänge verbessert. Bachelor- und Masterstudiengänge und ein Leistungspunktsystem werden als weiteres Regelangebot eingeführt. Dadurch wird den Hochschulen die Möglichkeit eingeräumt, ihre Internationalisierung voranzutreiben.

Meine Damen und Herren, für die SPD-Fraktion war es wichtig, in der fraktionsinternen Beratung die Anregungen aus der parlamentarischen Anhörung und aus den Gesprächen mit hochschul- und gesellschaftspolitischen Akteuren zu berücksichtigen. Im hier vorliegenden Änderungsantrag finden sich einige uns gegenüber vorgebrachte Anregungen wieder. Letztendlich sind wir dafür schon gelobt worden. Ich erinnere mich an Ihre lobenden Worte im Ausschuss in der vergangenen Woche,

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Fleißig nachgearbeitet!)

in dem Sie über das, was wir dort eingebracht haben, ganz begeistert waren.

Ich muss Sie enttäuschen. Ich finde es toll, dass Sie sich um das Rechtsgutachten bemüht haben. Ich habe auch im Ausschuss gesagt, dass wir dieses Rechtsgutachten durchgelesen und mit dem verglichen haben, was wir an Änderungsanträgen eingebracht haben. Nichtsdestotrotz haben wir aber nicht Ihr Rechtsgutachten gebraucht, sondern wir haben uns schon im Vorhinein mit diesem Gesetzentwurf beschäftigt und auseinander gesetzt.

(Beifall bei SPD und FDP – Frau Kohnle-Gros, CDU: Ihr seid ja Spitze! – Lelle, CDU: Das Argument ist aber mehr als schwach!)

Ich finde es auch Spitze.

Ich möchte jetzt einige Punkte unseres Änderungsantrags herausgreifen, und zwar

1. die Änderung der Rechtsform einer Hochschule: Staatliche Hochschulen sind traditionellerweise staatliche Anstalten und rechtlich selbstständige Kooperationen. In dem Gesetz wird die Möglichkeit der Änderung der Rechtsform einer Hochschule geregelt. Dabei sind privatrechtliche Rechtsformen nicht ausgeschlossen.

Wir wollen festschreiben, dass diese Änderung der Rechtsform nur durch Gesetz vollzogen werden kann. In dieser bildungs- und wissenschaftspolitisch zentralen Frage scheint uns das angebracht zu sein.

2. Modernisierung der Hochschulgremien und Leitungsstrukturen: Die gewünschte und immer wieder vorgetragene größere Autonomie der Hochschulen macht andere Gremien- und Leitungsstrukturen notwendig. Die zentrale Neuerung hierbei ist die Einrichtung eines Hochschulrates, dessen Schaffung wir sehr begrüßen. Hier wird der Intention gefolgt, dass sich der Staat aus der Detailsteuerung zurückzieht und externer Sachverstand mit einbezogen wird. Der Hochschulrat ist mit weit reichenden Kompetenzen versehen und führt externe Mitglieder aus den Bereichen des Wirtschaftslebens, der Wissenschaft und den verschiedenen Feldern des öffentlichen Lebens mit den Mitgliedern der Hochschule zusammen. Die Hochschulräte sollen die Hochschulen in ihren internen Entscheidungsprozessen unterstützen und dabei besonders externen Sachverstand nutzen.

In der Anhörung ist vorgetragen worden, dass das teilweise zu Loyalitätsproblemen oder Interessenkollisionen führen könnte. Dem begegnen wir in unserem Änderungsantrag durch die Regelung, dass mit der Wahl eines Senatsmitglieds in den Hochschulrat dieses automatisch die Senatsmitgliedschaft verliert.

Der Vorschlag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Auswahl und Einsetzung der Hochschulratsmitglieder durch den Landtag vorzunehmen, bringt unseres Erachtens weder mehr Hochschulnähe noch mehr Hochschulautonomie. Mit ihrem Vorschlag, kleinere Hochschulräte zuzulassen, also mit vier Mitgliedern, nehmen die GRÜNEN billigend in Kauf, dass bestimmte Gruppen der Gruppenuniversität auf der Strecke bleiben. Das ist unserer Ansicht nach nicht wünschenswert.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Von vier bis acht! – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Bei vier kriegt man dort nie einen Student hinein! – Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dann nimmt man halt sechs!)

3. Gebührenfreiheit und Studienkonto: Mit dem rheinland-pfälzischen Studienkontenmodell wird ein gebührenfreies berufsqualifizierendes Erststudium bei konsekutiven Studiengängen bis zum Master-Abschluss garantiert. Der Grundsatz der Gebührenfreiheit ist uns besonders wichtig. So wollen wir die Konturen und die Qualität des Bildungsguthabens für Studierende im Rahmen des Studienkontenmodells noch deutlicher machen. Deshalb haben wir in dem Gesetzentwurf ein Studienguthaben von grundsätzlich 200 Semesterwochenstunden festgeschrieben. Der für das Erststudium nicht verbrauchte Teil des Guthabens kann als Weiterbildungskonto in Anspruch genommen werden.

Weiterhin gilt, dass wir nach einer Übergangszeit von einer regelmäßigen pauschalen Abbuchung vom Studienkonto zu einer Abbuchung übergehen wollen, die die Studien- und Prüfungsleistungen zugrunde legt, die die Studierenden tatsächlich von der Hochschule in Anspruch nehmen.

Darüber hinaus wollen wir den Erlass, in dem dann die Details zum Studienkonto geregelt werden – wie den Abbuchungsmodus, die Gebührenhöhe oder eben auch die Berücksichtigung von individuellen Lebensentwürfen junger Menschen durch Bonusregelungen –, mit der Zustimmung des Landtags belegen.

4. Landeskommission für duale Studiengänge: Die vermehrte Einrichtung dualer Studiengänge an den Fachhochschulen ist ein herausragendes Reformziel des neuen Gesetzes für die rheinland-pfälzischen Hochschulen. Die gleichzeitige Ausbildung in Bereichen wie Wirtschaft, Technik oder Sozialwesen und in einer Hochschule im Wechsel von Studien- und Praxisphasen stellt eine zeitgemäße Verbindung von Ausbildung und Praxis sowie von Bildungs- und Beschäftigungssystem dar.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Die zur Umsetzung dieses Ziels erforderliche Landeskommission sollte unserer Ansicht nach möglichst breit alle betroffenen Bereiche widerspiegeln. Deswegen haben wir hier jetzt in unseren Änderungsantrag hineingeschrieben, dass weitere Kammern- und auch Arbeitnehmervertretungen dieser Landeskommission angehören sollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, das heute zur Abstimmung anstehende Landeshochschulgesetz ist ein weiterer wichtiger Schritt zur Festigung und Modernisierung der rheinland-pfälzischen Hochschullandschaft. Unser Änderungsantrag ergänzt es. Wir werden beiden zustimmen.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Klären Sie noch einmal meine zwei Fragen!)

(Beifall der SPD und der FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht nun Frau Abgeordnete Thomas.

(Bischel, CDU: Ich habe mich drei Mal gemeldet!)

Pardon.

(Kramer, CDU: Jetzt hat er neun Minuten!)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Abgeordneten Bischel das Wort.

Herr Präsident, meine verehrten Damen und Herren! Ich will noch eine kurze Kurzintervention nach der Rede der Frau Kollegin Schleicher-Rothmund anbringen. Zu der einen Passage, die sie gebracht hat, dass die CDU praktisch noch keine Hochschulpolitik gemacht habe, darf ich sie versichern, obwohl ich sie nicht in ihrer parteipolitischen Überzeugung tangieren will, die CDU hat schon Hochschulpolitik gemacht, da haben Sie noch nicht daran gedacht, in den Landtag zu gehen. Das aber nur am Rande, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU – Mertes, SPD: Originell ist das!)

Originell! Ich habe jetzt auf den Zwischenruf des Kollegen Mertes gewartet, und er kam auch prompt, aber er war diesmal substantiell nicht so, dass ich darauf eingehen muss, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Ich komme zum zweiten Punkt. Frau Kollegin, Sie haben von diesem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes

gesprochen. Vor wenigen Tagen stand das im Rechtsausschuss noch einmal zur Diskussion.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Gestern!)

Sie haben ausgeführt, dass Sie schon vorher alles gewusst haben, was in diesem Gutachten steht. Das mag sein, Sie haben das aber offensichtlich so verborgen gehalten, dass das niemand mitbekommen hat. Ich habe natürlich meine Zweifel, dass das so ist, wie Sie das ausführen.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: In unserem Arbeitskreis sind Sie nicht eingeladen, Herr Kollege!)

Frau Kollegin Brede-Hoffmann, das ist richtig. Hätten Sie das gemacht, hätte ich mich darüber gefreut, und ich wäre sogar in Ihren Arbeitskreis gekommen, aber offensichtlich ist das jetzt nur eine Ausrede.

Meine Damen und Herren, die Frau Kollegin hat gesagt, Sie hätten alles gewusst, was in dem Gutachten steht. Wenn es tatsächlich so gewesen wäre, hätte sich die SPD als regierungsfragende Fraktion es doch überhaupt nicht leisten können, einen solchen Gesetzentwurf der Landesregierung entgegen zu nehmen, wo das überhaupt nicht drin stand. Sie haben es also nicht gewusst.

(Beifall der CDU)

Es war die Intervention der CDU, dass hier jetzt rechtsstaatliche Grundsätze beachtet werden, wie sie auch in dem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes zum Ausdruck kommen.

(Vizepräsident Creutzmann übernimmt den Vorsitz)

Im Übrigen will ich noch eines hinzufügen, meine Damen und Herren. Auch diese Regelung, wie sie jetzt vorgesehen wird, dass es einen Vorbehalt der Zustimmung des Landtags für eine Rechtsverordnung der Landesregierung gibt, ist – wir haben es gehört – einmalig in Rheinland-Pfalz. Das gab es in Rheinland-Pfalz noch nie. Beim Bund gab es das schon manchmal, wie wir von der Regierung gehört haben. Das mag sein, aber jedenfalls konnte nicht gesagt werden, wie es in anderen Ländern ist.

Meine Damen und Herren, aber unabhängig von dieser Tatsache ist es – ich will es einmal zurückhaltend form ulieren – wenig überzeugend, dass wir als Landtag und die anderen Landtage in Deutschland sich darum bem ühen, Kompetenzen im Gesetzgebungsverfahren zu erhalten und gegen den Bund, die EG usw. kämpfen, um die Zuständigkeit der Landtage zu erweitern, und hier wird in einer Situation ohne Not ein ausschließliches Recht des Landtags, wichtige Dinge gesetzgeberisch zu beschließen, an die Regierung abgegeben, die dann eine Rechtsverordnung machen soll. Das ist keine gute Politik.