diese 102 Millionen Euro, die wir zu sparen vorschlagen, führen auch nicht zu Empörungswellen in RheinlandPfalz.
Aber es ist der Beweis dafür, dass noch Luft in diesem Haushalt ist und die Aussage, wir seien am Ende mit all unseren Möglichkeiten, nicht zutrifft. Wenn man will, kann man auch aus diesem Haushalt noch Luft heraus lassen, aber man muss es wollen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Sparen hat eine kurzfristige und eine mittelfristige Dimension. Kurzfristig: Wo können Sie sparen? – Herr Kollege Mertes hat vorhin darauf hingewiesen, natürlich beim Personal. Wo denn sonst?
Wir haben viele Gespräche hinter uns, bei denen wir uns sozusagen über die Handlungsmöglichkeiten innerhalb der Landespolitik verständigt haben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich beim Personal, und auch – weil uns das gleich um die Ohren geschlagen wird, ich bin mir da ganz sicher – bei der Inanspruchnahme von Förderprogrammen.
Wenn ich irgendein Projekt habe, für das mir die Europäische Union oder irgendein Topf 50 % gibt, aber die Kehrseite der Medaille ist, dass ich zu jedem Euro, der mir aus Brüssel gegeben wird, aus eigener Kraft einen Euro beisteuern muss und ich diesen Euro zwingend nur über Pump beisteuern kann, dann muss ich auch die Konsequenz ziehen und sagen, dann nehme ich diese Programme nicht zu 100 % in Anspruch; denn ich muss meine Verschuldung irgendwie begrenzen.
Da gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten, nicht leichten Herzens. Die Landesregierung sagt immer, die Opposition mache es sich ganz einfach, schlage 200 und 250 Stellen zum Sparen vor, keine Ahnung, wie das gehen solle. Als wenn wir das leichten Herzens mit einem Federstrich machen würden. Nicht leichten Herzens, aber Ihre Alternative zu diesen Vorschlägen ist, gar nichts zu machen, Herr Ministerpräsident.
Angesichts dieser Alternative, gar nichts zu machen, schlage ich vor, wenn auch schweren Herzens, die Einsparmöglichkeiten, die dieser Landeshaushalt bis zur Stunde immer noch bietet, dann auch wirklich auszuschöpfen und wahrzunehmen. Das ist dann immer noch der bessere Weg.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mittelfristig natürlich durch Strukturreform. Wir leisten uns zu viel öffentliche Verwaltung. Dafür steht mein Beispiel mit dem grünen Pfeil für Rechtsabbieger, das ich schon mehrfach gebracht habe. Ändern Sie es doch bitte, dass in jedem einzelnen Fall die oberste Landesstraßenverwaltung aufgrund der Aktenlage entscheiden muss, ob es denn einen solchen grünen Pfeil für Rechtsabbieger geben darf oder nicht.
Es sind tausend Kleinigkeiten. Aber diese tausend Kleinigkeiten fallen den Menschen zur Last bis hin zu den großen Fragen – ich habe jetzt von den kleinen landespolitischen gesprochen –, 7.000 neue zusätzliche Stellen für die Bekämpfung der Schwarzarbeit in den Privathaushalten, meine sehr verehrten Damen und Herren. So entsteht eine neue Mammutbehörde, die jetzt überprüfen soll, ob die Putzfrauen schwarz oder weiß beschäftigt sind.
Diese Politik hat uns an den Abgrund geführt. Deswegen warne ich dringend davor, diesen Weg der weiteren Verbürokratisierung unserer Gesellschaft voranzuschreiten. Gehen Sie in die andere Richtung und beschneiden Sie den bürokratischen Wust, der sich in unserer Gesellschaft breit gemacht hat.
2. Ein zweiter Punkt betrifft Ihre wichtige Rolle im Bundesrat, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Regierung. Ich glaube, dass wir heute alle vor einer alles entscheidenden Frage stehen, nämlich der Frage, ob wir im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit punkten können.
Ich weiß auch und werde das der Landesregierung deshalb nie zum Vorwurf machen, dass das mit landespolitischen Mitteln ausgesprochen schwierig ist. Aber im Bundesrat gibt es eine ganze Reihe von Diskussionsvorschlägen, die uns auf diesem Weg weiterbringen könnten.
Wir schaffen es nicht mit den Mitteln des zweiten Arbeitsmarkts. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir schaffen es auch nicht durch eine andere Verteilung von Arbeit. Wir schaffen es weder mit Hartz I noch schaffen wir es mit Hartz II, sondern wir schaffen es nur, wenn es uns gelingt, im Niedriglohnbereich wieder eine Verlebendigung vorzunehmen. Da liegt genau unser Hauptproblem.
Herr Kollege, ich bin gerade dabei. Dann muss man allerdings zuhören, Herr Franzmann. Das ist furchtbar schwer. Sie plappern und plappern und plappern, sperren sich die Ohren zu, und wenn man etwas erklärt hat, schreien Sie: „Erklären Sie es einmal“. Ich erkläre es nur einmal; denn für die meisten reicht es auch einmal.
Das geht nur, wenn ein Arbeitsverhältnis im unteren Einkommensbereich ein Leben in eigener Verantwortung und in eigener Selbstbestimmung wieder ermöglicht. Dafür brauchen wir ein ganz anderes Steuerrecht im Eingangsbereich. (Zurufe von der SPD: Ah, jetzt kommt es!)
Wir brauchen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt. Das hat nichts mit dem Abbau von Schutzrechten zu tun, sondern es ist die Voraussetzung für den Zuwachs von Beschäftigung in unserer Gesellschaft.
Ach du meine Güte. Herr Kollege, wissen Sie, ich setze eigentlich voraus, dass jemand, der dafür bezahlt wird, dass er in der Politik tätig ist, sich im Jahr 2004 mit der Frage auch schon einmal ein bisschen intensiver beschäftigt hat, als es offenbar bei Ihrem Zwischenruf zum Ausdruck gekommen ist. Das Thema „Arbeitslosigkeit“ taugt nicht besonders dafür, dilatorisch von links vom Tisch gewischt zu werden, finde ich.
3. Ich nenne einen dritten Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Machen Sie mehr für die Sicherheit in Rheinland-Pfalz. Entschließen Sie sich wenigstens zur Aufstockung auf die 300 Polizeianwärter.
Das geht übrigens durch Umschichtung. Das ist wirklich kein großes Problem, das durch Umschichtung zu finanzieren. Der Altersdurchschnitt der rheinland-pfälzischen Polizei entwickelt sich nicht gut. Sie selbst haben in Ihrem eigenen Koalitionsvertrag diese 300 festgeschrieben.
Handeln Sie in dem Punkt nicht nach dem Motto: Nach uns die Sintflut. – Das Gleiche gilt für die Situation der Kommunen.
4. Das ist der vierte Punkt, den ich nenne, liebe Kolleginnen und Kollegen: Geben Sie der kommunalen Selbstverwaltung in Rheinland-Pfalz eine Überlebenschance. Es wäre doch ein Zeichen des guten Willens, wenn Sie sich beispielsweise vornehmen würden, in zwei Haushaltsjahren den Rückstau, der sich bei den Schulbaumitteln gebildet hat, aufzulösen. Das ist eine überschaubare Größenordnung.
Sie können doch nicht im Ernst die Kommunen als Ihre Sparkasse missbrauchen, bei der Sie sich Ihre nicht ausgewiesenen Kredite beschaffen. Das mit dem Verstetigungsdarlehen ist schön und gut, aber es ist doch nicht mehr als eine Galgenfrist für die Kommunen.
Keine Kommune hat davon etwas auf Dauer. Natürlich haben Sie ein bisschen Aufschub. Aber die Probleme holen die Kommunen doch genauso ein, wie sie das Land einholen. Diese Entwicklung kann so nicht weitergehen.
Wenn Sie sich die Kurve bei den Kassenkrediten der kommunalen Gebietskörperschaften ansehen: 100 Millionen stark im Jahr 1993. Wir liegen jetzt bei 1,7 Milliarden Euro Kassenkrediten der Kommunen. Das Ende ist absehbar.
5. Der letzte Punkt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Geben Sie der Bildung eine Zukunft. Die Universitäten sind wirklich am Ende. Sie fühlen sich im Stich gelassen. Es ist auch wohl so, dass sie sich an der Grenze der Unterfinanzierung bewegen.
Ich habe meinen Augen und meinen Ohren nicht getraut, als ich gestern Nachmittag zur Kenntnis nahm, dass der
(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hat uns auch gewundert! Das stimmt, da haben Sie Recht!)
das Land sei an der Grenze der Unterfinanzierung bei den Universitäten und Fachhochschulen. Ich bin aus allen Wolken gefallen.
Jetzt muss der eine oder andere aus der Koalitionsfraktion seine Rede umschreiben; denn das ist bisher zutiefst bestritten worden.
Jetzt wird 24 Stunden vor dieser Debatte heute aus den Reihen der Koalition ein zusätzliches 100-MillionenEuro-Programm für die Hochschulen gefordert, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Lieber Herr Kuhn, eines ist natürlich richtig. Deswegen will ich das gar nicht kritisieren. Der Zeitpunkt ist vielleicht nicht der beste. Übrigens fordern Sie es vorsorglich für den nächsten Haushalt 2005/2006, ein ganz neuer Stil bei Haushaltsberatungen. Das nächste Mal werden wir unsere Haushaltsanträge dann auch gleich für den übernächsten Haushalt formulieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Koalition selbst sagt, das Land sei an der Grenze der Unterfinanzierung bei den Universitäten und den Fachhochschulen. So ist es. Die Universitäten und Fachhochschulen brauchen nicht Geld zur Ausbildung künftiger Nobelpreisträger, sondern sie brauchen Geld, um ihre ganz normale Grundlast wieder fahren zu können.
Das ist die Aufgabe, die sich in den nächsten Jahren stellt. Deswegen meine herzliche Bitte, lassen Sie diese Struktur nicht kaputtgehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir stehen am Ende der Haushaltsberatungen. Das, was uns in diesem Landeshaushalt für das Jahr 2004 vorgelegt wird, ist nicht dazu angetan, unsere Erwartungen zufrieden zu stellen.
Das, was notwendig wäre und was getan werden müsste, was wir auf das Schmerzlichste in diesem Haushalt vermissen, setzt allerdings einen politischen
Willen zur Gestaltung voraus. Ich fürchte, dieser Wille zur politischen Gestaltung ist ermattet. Jedenfalls lässt der Landeshaushalt 2004 keinen anderen Schluss zu.