Protokoll der Sitzung vom 21.01.2004

Meine Damen und Herren, auf Deutsch und so, wie es die Damen und Herren am besten verstehen: Nur der Starke kann sich einen schwachen Staat leisten, und nur der Reiche einen armen Staat. – Wenn wir dafür sorgen wollen, dass künftig staatliche Leistungen auch angeboten werden, dann müssen wir kritisch prüfen, wo wir etwas ändern müssen, aber wir müssen zur gleichen Zeit sagen, wie wir es finanzieren wollen.

Lassen Sie mich deutlicher zu Themen des Haushalts kommen. Es ist – da sind wir sicher – Aufgabe des Haushalts, die Güter zu schaffen, die in einer demokratischen Gesellschaft nicht privat geschaffen werden können: Innere und äußere Sicherheit, ökonomische und soziale Sicherheit, technologische und ökologische Sicherheit.

Meine Damen und Herren, zur Teilhabe am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben ist Bildung die zentrale Voraussetzung und, dass Menschen ihr Leben in eigener Verantwortung wahrnehmen können. Es liegt an uns, diese Talente tatsächlich zur Geltung bringen zu lassen.

Deshalb ist Bildung und Wissenschaft ein zentrales Aufgabenfeld der Landespolitik und nicht des Markts.

Wir bejahen den Gedanken von mehr Wettbewerb in diesem Bereich. Ich persönlich bejahe dies sogar sehr.

Ich bin der Meinung, je mehr sie Verantwortung an Schulen und Universitäten lassen und diese selbst machen lassen, desto besser wird es werden.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, Frau Ministerin, den Satz habe ich erst vor kurzem gehört, aber er ist so gut, dass man ihn wiederholen muss: Die Wettbewerbsfähigkeit von Staaten beginnt nicht in Fabrikhallen und Forschungslaboren, sie beginnt im Klassenzimmer.

(Beifall bei SPD und FDP)

Dies hat ein Unternehmer gesagt. Ford hat sonst durchaus Sachen geschrieben, die wir nicht unbedingt wiederholen wollen. Aber Henry Ford war der festen Überzeugung, dass er seinen Arbeitern so viel zahlen muss, dass sie sich ein Auto von Ford leisten können.

Meine Damen und Herren, in Niedriglohngruppen hätten sich diese Leute ihr Auto nie leisten können. Das kann ich Ihnen sagen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn denn die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes im Klassenzimmer beginnt, gehen wir zur Bildungspolitik. Da merken und behaupten wir, zuverlässiger wie bei dieser Landesregierung wird es kaum sein. Wir haben ein Wahlversprechen gegeben.

Meine Damen und Herren, dieser Begriff ist schon denunziert. Er ist mit allem belegt, was es an Schlechtem gibt. Wir halten ein Wahlversprechen. Wir haben gesagt, wir wollen 300 Ganztagsschulen. Wir haben jetzt sozusagen 238 im Rohr, und die 300 machen wir in diesem Jahr voll.

Meine Damen und Herren, das ist Zuverlässigkeit.

(Beifall der SPD und des Abg. Kuhn, FDP)

Das gilt auch für die Finanzierung. Da können Sie uns tausendmal Schulden vorwerfen und über Subventionen reden. Ich sage Ihnen eines: Ich habe überall zu diesem Neuen Ja gesagt, es ist eine Subvention, 150 Millionen Euro für Kindertagesstätten auszugeben, und ich will, solange ich politisch die Mehrheit dafür habe, dass wir dieses Geld genau dafür ausgeben werden. Wir werden keinen Millimeter kürzen, und kein Standardöffnungsgesetz wird das ermöglichen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Ihnen irgendeiner erzählt, der Träger, die Träger von Kindergärten wären nicht in der Lage, mit veränderten Situationen zurechtzukommen, dem kann ich nachher meine E-Mail-Anschrift als Ortsbürgermeister geben. Wir sind Träger eines Kindergartens. Wir kommen mit den Problemen zurecht, und zwar, indem wir diesen Standard halten, den wir heute bei Kindern brauchen, die schwieriger sind als vor 20 Jahren. Wir sind

nicht bereit, in dieser Frage nur einen Millimeter Veränderung zuzulassen, was auch gar nicht geht.

(Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)

Meine Damen und Herren, wenn richtig ist, dass wir 30 Millionen Euro für den Ausbau von Kindertagesstätten ausgeben und eine höhere Bedeutung dem vorschulischen Lernen beimessen, wie sollen wir dann zur gleichen Zeit in der Lage sein, das Personal zu reduzieren? Wo gibt das einen Sinn?

Alle, die mir raten, sagen, alles, was du nicht vor dem sechsten Lebensjahr sozusagen angelegt hast, kannst du im achten, neunten und zehnten Lebensjahr nicht mehr produzieren. Also werden wir das in unseren Kindertagesstätten machen.

Ich weiß, die CDU hatte einen Parteitag, und der Vorsitzende musste sich ganz schön anstrengen, seine Partei zu überzeugen. Der Mund wird gespitzt. Aber wir haben die CDU-Basis in der Kommunalpolitik. Die Bürgermeister der CDU laufen uns die Türen ein, damit wir ihnen Ganztagsschulen organisieren.

Meine Damen und Herren draußen im Land, wir danken Ihnen für diesen Vertrauensbeweis.

(Beifall der SPD und bei der FDP)

Nach der Bildung gehen wir direkt den nächsten Schritt zu Forschung und Wissenschaft. Wir sind in keiner einfachen und rosigen Lage. Zum Teil stimmen die Beschreibungen des Kollegen Böhr, was die Größe von Seminaren, den Andrang und die Finanzierungsmöglichkeiten anbelangt. Aber als Bild ist mir das berühmte „Butter bei die Fische“ zu simpel.

Wenn wir tatsächlich 3 % des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Innovation investieren wollen, dann müssen wir auch sagen, wie wir von den 2,5 % auf die 3 % kommen. Es kann nicht nach dem Motto gehen, „das ist gut, und das wäre wünschenswert“. Wenn wir Staatsaufgaben haben, von denen wir überzeugt sind, dass sie die Priorität sind und die Zukunft beschreiben, dann müssen wir auch bereit sein zu sagen, wo das herkommt.

Lieber Werner Kuhn, das bedeutet für unser Land, dass die Forschungshaushalte ab 2005 zwischen 8 % und 10 % steigen müssen.

(Kuhn, FDP: Ja!)

Diese Entente cordiale zwischen uns kann ich auch in Bildungsfragen deutlich machen. Meine Damen und Herren, das ist doch ganz deutlich.

(Beifall bei SPD und FDP)

Die 10 % werden wir nicht nur aus Ackerrandstreifen streichen. Das hätten wir beim Umweltministerium oder

beim Sozialministerium machen können, indem wir die Fragen des zweiten Arbeitsmarkts streichen.

(Bracht, CDU: Aber eben auch!)

Aber eben auch: Natürlich, darüber kann man reden.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Sie haben alle so ein furchtbar kurzes Gedächtnis. Ich verstehe das eigentlich gar nicht, weil man normalerweise sagen müsste, eben hatten wir noch 600 Millionen Euro, die das Land betreffen werden, wenn das Merz-Konzept 1 zu 1 durchgeführt wird.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Eben hatten wir noch 27 Milliarden Euro, die wir weniger haben, wenn das Herzog-Konzept kommt. Eben hatten wir noch 17 Milliarden Euro bei den Kindergartenzuschlägen. Dann ruft jemand aus der CDU-Fraktion solche Dinge nach vorn. Ich weiß nicht, haben Sie in der Schule beim Rechnen nicht mitgemacht?

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, diese Fragen, wie wir uns eren Staat finanzieren, denen sind wir weniger, aber Sie ganz eindeutig bislang ausgewichen. Diese Debatte wird, wenn dieser Haushalt verabschiedet wird, zu führen sein.

(Dr. Rosenbauer, CDU: Sie wollen doch gar keine Debatte!)

Was ist die Aufgabe des Staates, und was sind die Aufgaben, die wir finanzieren wollen? Es muss genau markiert werden, das wollen wir nicht und das wollen wir nicht. Da können wir mit so Sachen wie ROFU Kinderland – dies war das Beispiel – hier vorn einen schönen Gag landen. Den wünsche ich Ihnen, und ich glaube auch, dass Sie ihn verdient haben.

Meine Damen und Herren, wir haben uns darum gekümmert und mit Kontakten über das Bundesfinanzministerium dafür gesorgt, dass das berühmte Corpus Delicti am Ende so eingestuft worden ist, wie es aus Sicht des Unternehmers einzustufen sein sollte.

Diesen Brief mit den 70 Leuten aus der Importabteilung habe ich auch bekommen. Diesmal war ich allerdings nicht bereit, mich zu engagieren.

Meine Damen und Herren, es gibt eine Schmerzgrenze. Wenn jemand darum bittet, wenn er glaubt, es gäbe ein Fehlverhalten einer Behörde, dann helfen wir ihm. Aber es kann nicht so sein, dass die ökonomischen Bedingungen für einen Unternehmer bei der Einfuhr bestimmter Stoffe, die nicht in Deutschland hergestellt worden sind und wo wir ein Recht darauf haben, dass untersucht wird, was da drin ist, anders gestaltet werden als für andere. Können das Kinder in den Mund nehmen? Darf man damit spielen? Auch das gehört zur Realität. Dann wird uns vorgeworfen, wir wären Bürokraten.

Wenn morgen bei irgendeinem Gummispielzeug herauskommt, dass Kinder zu Schaden gekommen sind, dann werden Sie diese Landesregierung an das Kreuz schlagen und sagen, ihr macht nichts, ihr kontrolliert nichts, ihr arbeitet nichts, ihr gebt nur Geld aus, ihr macht nur Schulden. Genau das wird kommen. Deshalb meine ich, es ist zum Teil heuchlerisch, was vorgetragen worden ist.

(Beifall der SPD, der FDP und des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich springe jetzt ein bisschen, weil ich feststelle, dass mir die Zeit davonläuft.

Meine Damen und Herren, wir kommen zum Geld und zum Haushalt. Natürlich ist wortreich bewiesen worden, warum wir angeblich nicht in der Lage wären, mit uns erem Geld zurechtzukommen. Wir haben 2003 rund 350 Millionen Euro weniger gehabt. Wir haben 2004 470 Millionen Euro weniger.