Wir hoffen insbesondere auch im Betreuungsrecht, dort massive Sparbemühungen letztendlich auch bei uns im Landeshaushalt zu sehen. Die Auswirkungen werden wir sehen.
Eine kurze Bemerkung zum Stichwort „Öffentlichkeitsarbeit der Regierungs-Broschüren“. Diesbezüglich hat die Opposition auch in vielen Bereichen auf die Landesregierung eingehauen: Das diene nur der Selbstdarstellung, sei überflüssig und viel zu teuer.
Ich möchte genau die Broschüren des Justizministeriums ganz aktuell zum Nachbar- oder zum Lebenspartnerrecht ansprechen. Ich kann nur aus meinem eigenen Erfahrungskreis Bürgerbüro sagen, das sind Schriften,
die nachgefragt und von Interesse sind. Deshalb ist das keine Selbstdarstellung der Landesregierung, sondern es ist notwendiges Informationsmaterial und kein rausgeschmissenes Geld.
Gestalten statt nur verwalten, das macht die Landesregierung auch im Justizhaushalt, trotz der dargelegten Schwierigkeiten. Vonseiten der Opposition kam – ich sage es noch einmal – und kommen keine Vorschläge, was besser zu machen sei. Es ist das ständige Schimpfen – das kennen wir schon – die letzten drei Jahre. Es kommt nichts Konkretes.
Ich meine, wir sind in Rheinland-Pfalz auch im Justizbereich auf einem guten Weg. Ich möchte Herrn Justizm inister Mertin stellvertretend für die Landesregierung, für seine Arbeit und für diesen vorgelegten Haushalt danken.
Meine Damen und Herren! Frau Reich, ob man für diesen Haushalt wirklich danken soll, da bin ich gar nicht überzeugt.
Herr Baldauf hat schon von der Überlastung der Richter gesprochen, von der Überbelegung der Justizvollzugsanstalten (JVA), und vor allem – darauf will ich näher eingehen – gibt es ständig, gerade im Justizhaushalt, diese überplanmäßigen Ausgaben auch im Jahr 2003. Im Ganzen kamen über 8 Millionen Euro zusammen.
Man kann sagen, das sind Dinge, die in einem Jahr unvorhergesehen passieren. Aber nichts davon ist im nächsten Jahr eingestellt. Glauben Sie denn, dass Sie die im nächsten Jahr nicht brauchen, wenn Sie in diesem Jahr 8 Millionen überplanmäßig gebrauchen?
Vielen Dank. Es ist immer nett, wenn Sie mich auf solche Kleinigkeiten hinweisen. Das machen eigentlich immer nur die Lehrerinnen und Lehrer, aber es ist nett, wenn auch ein Ministerpräsident so etwas einmal macht.
Für den Haushalt dieses Jahres wird so getan, als hätte es diese überplanmäßigen Ausgaben im letzten Jahr überhaupt nicht gegeben. Es wird einfach nicht darauf eingegangen. Das zeigt, es fehlt an allen Ecken und Kanten in diesem Justizhaushalt 2004.
Meine Damen und Herren, das ist gesellschaftspolitisch nicht ohne Schaden. Ein Rechtsstaat ist nicht nur daran zu messen, dass die Rechtswegsgarantie eingehalten wird, sondern es muss auch in überschaubarer Zeit zu Entscheidungen kommen. Oft ist für die Menschen die lange Dauer eines Gerichtsverfahrens beinahe noch schwerer zu ertragen, als wenn es dann letztendlich zu einer Ablehnung kommt.
Zum Beispiel Strafverfahren im Bereich der Wirtschaftskriminalität. Die Verfahrensdauer von der Aufnahme des Ermittlungsverfahrens bis zum erstinstanzlichen Urteil, ganz zu schweigen bis zum rechtskräftigen Urteil, ist in den meisten Fällen viel zu lang. Ich erinnere nur an das Beispiel in Kaiserslautern.
Es mangelt an genügend qualifizierten Ermittlerinnen und Ermittlern und an Richterinnen und Richtern im Bereich der Wirtschaftskriminalität. Wir haben diesen Mangel schon des Öfteren festgestellt und kritisieren auch an diesem Punkt die falsche Prioritätensetzung der Landesregierung.
Meine Damen und Herren, die Konsequenz ist wichtig. Der landläufige Spruch, der immer gesagt wird, die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen, gewinnt gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine sehr unangenehme Aktualität, die wir nicht akzeptieren sollten.
Bei Überschreitung von Gerichts- und Verfahrenslaufzeiten von vier bis sechs Jahren winkt, so hat es das Verfassungsgericht entschieden, ein Strafrabatt für Wirtschaftskriminelle. Nicht nur die Einzelfallgerechtigkeit bleibt dabei auf der Strecke, sondern auch die Gleichheit vor dem Gesetz wird strukturell infrage gestellt. Meine Damen und Herren, diesbezüglich müssen Sie handeln, Herr Justizminister.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal feststellen, dass es in Rheinland-Pfalz auch eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Korruptionsbekämpfung nicht gibt. Das fehlt. In anderen Bundesländern hat man damit gute Erfahrungen gemacht.
Das heißt, dass dort gut ausgestattete und mit allen Schlichen der Korruption vertraute Staatsanwaltschaften große Erfolge aufweisen. Das Beispiel Frankfurt sei nur angeführt. Das geht immer noch weiter. Dort hat sich in
Ich bin dabei nicht so blauäugig und glaube, dass wir keine Korruption in Rheinland-Pfalz haben, aber sie wird nicht entdeckt, weil es eine solche Schwerpunktstaatsanwaltschaft im Bereich Korruptionsbekämpfung nicht gibt.
Meine Damen und Herren, dafür beschäftigt sich dann der Justizminister lieber mit Sprayern, setzt eine Denunziationsprämie aus und kann noch nicht einmal den Schaden beziffern, der in Rheinland-Pfalz dadurch verursacht wird.
Herr Mertin, wir fordern Sie auf, dass Sie Ihre Prioritätensetzung ändern und damit auch Korruption in Rheinland-Pfalz wirksam bekämpfen.
Ein weiteres Beispiel ist die Bekämpfung der Kleinkriminalität im Drogenbereich bzw. die Kriminalisierung von Marihuana- und Haschischkonsum. Wir treten – das wissen Sie – schon seit langem für eine Entkriminalisierung in diesem Bereich ein; denn in einer liberalen Gesellschaft sollte der Konsum von Haschisch genauso straffrei wie der der legalen Drogen, Tabak, Alkohol und Tabletten sein, die in ihrer Wirkung auf die Gesellschaft – das wissen wir – und auf den Einzelnen oft viel gefährlicher und einschneidender sind.
Meine Damen und Herren, mit einer Entkriminalisierung von Kleinstkriminalität könnten auch Massenverfahren mit geringem volkswirtschaftlichen Schaden reduziert und die Justiz und im Übrigen natürlich auch die Polizei entlastet werden. Leider treffen wir bei der FDP nicht auf viel Verständnis. Sie sind mehr für Strafverschärfung und Kriminalisierung dieser Kleinkriminellen.
(Creutzmann, FDP: Das stimmt doch gar nicht! Erzählen Sie doch nicht so einen Quatsch, Frau Grützm acher!)
Meine Damen und Herren, in die Verantwortung des Justizministers fällt auch noch ein zweiter Bereich, auf den ich zu sprechen komme. In die Verantwortung des Justizministers fällt auch der Strafvollzug. Auch hier – das haben wir schon gehört – gibt es leider keine Entspannung. Die Überbelegung der einzelnen Justizvollzugsanstalten ist noch immer vorhanden, obwohl gerade die neue JVA Rohrbach fertiggestellt und belegt wurde.
Nur ein paar Zahlen von unseren letzten Besuchen, den Besuchen der Strafvollzugskommission zum Beispiel in Trier. Die JVA in Trier hat 185 Haftplätze. Sie sind dauerhaft mit steigender Tendenz überbelegt: 2001 194 Gefangene durchschnittlich, 2002 207 Gefangene durchschnittlich und 2003 223 Gefangene durchschnittlich.
Ebenso waren bei unserem Besuch in der Jugendstrafanstalt in Wittlich die 169 Haftplätze mit 219 Gefangenen belegt.
Meine Damen und Herren, bei dieser Überbelegung gerade bei Jugendlichen hat eine wirkungsvolle Umsetzung des Strafvollzugsgesetzes sowie auch das im Strafvollzugsgesetz vorgeschriebene Behandlungskonzept kaum eine Chance. Gerade bei Jugendlichen ist aber so etwas sehr entscheidend, weil wir in diesem Alter noch sehr viele Einwirkungsmöglichkeiten haben und Jugendliche vielleicht davon abhalten können, eine kriminelle Karriere einzuschlagen.
Meine Damen und Herren, um zu einer gewissen Entspannung der Lage beizutragen, hat die Strafvollzugskommission bei ihrem Besuch einen sehr pragmatischen Vorschlag gemacht. Uns fiel auf, dass sowohl in Trier als auch in der Jugendstrafanstalt in Wittlich die Plätze im offenen Vollzug nicht belegt sind. Deshalb haben wir vorgeschlagen – dies ist wohl inzwischen auch vom Justizministerium weitergeleitet worden –, dass alle Verurteilten, die zu einer so genannten Ersatzstrafe verurteilt werden – das heißt, sie müssen ins Gefängnis, weil sie ihre Geldstrafe nicht bezahlen können –, jetzt doch gleich in den offenen Vollzug eingewiesen werden sollen; denn wenn sie ihre Geldstrafe hätten bezahlen können, wären sie auch gleich freigelassen worden. Also muss von diesen Menschen keine Gefährdung ausgehen, sodass sie auch sofort in den offenen Vollzug eingewiesen werden können, meine Damen und Herren.
Dies war ein kleiner Anstoß, aber ich bin der Meinung, dass Rheinland-Pfalz noch weit darüber hinaus eine viel konsequentere Politik der verantwortbaren Haftvermeidung und -verkürzung betreiben könnte. Das zeigen zum Beispiel Vergleichszahlen mit anderen Bundesländern. Im Bundesdurchschnitt kommen auf 100.000 Einwohner ungefähr 100 Gefangene, in anderen Bundesländern gibt es andere Zahlen. Schleswig-Holstein zum Beispiel hat nur 60 Gefangene pro 100.000 Einwohner unterzubringen, in Rheinland-Pfalz sind es im Durchschnitt nahezu 100.
Wenn wir auf das Verhältnis von Schleswig-Holstein kämen – ich glaube nicht, dass der Unterschied darin besteht, dass die Menschen in Schleswig-Holstein weniger kriminell oder in Rheinland-Pfalz stärker kriminell sind –, so wäre unsere Überbelegung schlagartig verschwunden. Wir bräuchten 40 % weniger Personal- und Sachkosten, und die Chance, effektive Resozialisierungsarbeit zu leisten, wäre viel größer.
Wir kennen die Nachteile der Überbelegung: Arbeitsund Ausbildungskapazitäten reichen nicht, Therapie-, Sport- und Freizeitangebote fehlen. Die Arbeitslosigkeit nimmt überhand, und nicht sinnvoll ausgefüllte Freizeit bestimmt den Alltag. Wir wissen von unseren Besuchen mit der Strafvollzugskommission in den Justizvollzugsanstalten, dass vor allem die subkulturellen Beziehungen verstärkt werden.