Der elektronische Rechtsverkehr ist nicht das einzige Projekt, mit dem wir in Rheinland-Pfalz im EDV-Bereich vorne liegen. Herr Kollege Creutzmann hat die Stichworte schon genannt. Elektronisches Grundbuch, Insolvenzen im Internet, das gesamte Landesrecht im Internet, barrierefreier Internetzugang und die Rechtsprechungsübersicht sind die weiteren Stichworte. Für all diese Bereiche gilt, sobald die bundesgesetzliche Ermächtigung vorhanden war, haben wir in RheinlandPfalz die Umsetzung im Land angegangen.
Herr Kollege Baldauf, vielleicht eine kleine Aufklärung: Die bundesgesetzliche Rechtsänderung, um überhaupt diesen elektronischen Rechtsverkehr zu ermöglichen, gab es erst im Jahr 2001, und zwar am Ende dieses Jahres. (Beifall bei SPD und FDP)
Herr „Juristenkollege“, das Stichwort heißt „Gesetzgebungskompetenz“. Die hat der Bund und nicht wir. Wir können im Land nur dann weitermachen, wenn wir die Gesetzgebungskompetenz im Bund wahrgenommen haben.
Meine Damen und Herren, es sind nicht nur effektivere Arbeitsabläufe, die wir durch diese neue Entwicklung haben, sondern es ist – dies ist ganz wichtig – auch ein Mehr an Bürgerfreundlichkeit und Bürgerservice. Wenn ein Anwalt künftig den Verfahrensstand via Internet erfahren, eine Akte via Internet einsehen kann, und das bei Tag und Nacht, oder wenn Gesetze in aktueller Fassung vom Schreibtisch abgefragt werden können, dann ist das ein Service, der nicht hoch genug einzuschätzen ist.
Auch hier noch einmal eine kleine Aufklärung für den Kollegen von der CDU: Wenn jetzt die Möglichkeit besteht, den Verfahrensstand via Internet abzurufen oder die Akten einzusehen, so handelt es sich um etwas, was Hamburg bislang noch nicht hat.
Die Fachgerichtsbarkeiten sind bei uns in RheinlandPfalz, was die Hard- und Software anbetrifft, mittlerweile hervorragend ausgestattet. Aber wir als SPD-Fraktion wissen sehr wohl, dass dort, wo Licht ist, sich auch gelegentlich Schatten befindet, und der Schatten ist bei uns – dies ist klar – die Ausstattung der ordentlichen Gerichtsbarkeit.
Herr Kollege Baldauf, wir benötigen nun einmal die ordentliche Software, die im Länderverbund entwickelt wird. Erst dann, wenn wir diese haben und diese funktioniert, macht es Sinn, die Arbeitsplätze der ordentlichen Justiz mit Computern auszustatten.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Man muss nicht Prophetin sein, um vorauszusagen, dass auch der Rechtsverkehr in Zukunft papierlos verlaufen wird. Deshalb ist es mehr als gut, dass wir in Rheinland-Pfalz auf diesem Gebiet bisher bestens aufgestellt sind. Wir hoffen, dass auch die Anwaltschaft das neue Projekt bezüglich des elektronischen Rechtsverkehrs rege annehmen wird.
Meine Damen und Herren, ich habe einmal in alten Plenarprotokollen geblättert; denn archäologische Ausgrabungen sind heute besonders modern. Ich habe einmal nachgeschaut, wie es war, als das Finanzministerium die Möglichkeit geschaffen hat, Steuererklärungen elektronisch an das Finanzamt übermitteln zu können. Dazu habe ich gar keine Aktuelle Stunde gefunden. Das ist doch wohl ein Versäumnis dieser SPD. Vielleicht können Sie das noch nachholen. Es scheint sich einzubürgern, dass eine Aktuelle Stunde immer dann stattfindet, wenn es darum geht, etwas sehr Schönes, aber eigentlich Selbstverständliches einzuführen, oder – wie
Zu welcher Sache denn? Ich bitte Sie. Das ist eine Sache, zu der man einen Satz sagen kann. Soll ich diesen einen Satz sagen?
Meine Damen und Herren, es ist klar, dass es niemanden in unserem Kreis gibt, der es nicht begrüßen würde, was in Koblenz gemacht wurde.
Das ist eine Neuerung, die sich auch in den anderen Gerichten ausbreiten wird. Wichtig ist natürlich, dass das Ganze mit einem System passiert, das die Leute normalerweise kennen.
In diesem Zusammenhang habe ich eine Frage an Sie, Herr Mertin. Ich habe gelesen, dass das neue System 140.000 Euro Lizenzgebühren gekostet hat. Vielleicht können Sie uns über die Zahlen aufklären. Besonders interessiert mich darüber hinaus die Frage, ob andere Angebote mit anderen Systemen eingeholt worden sind. Wie haben sie sich im Vergleich zu dem System, für das man sich jetzt entschieden hat, verhalten?
Meine Damen und Herren, natürlich ist es gut, wenn der Rechtsanwalt in Zukunft von seinem Büro aus rund um die Uhr sich in laufende Verfahren einklinken und wenn er Prozessakten einsehen kann. Darüber hinaus ist es natürlich gut, wenn Gesetze im Internet stehen usw. Das spart Zeit, Geld und hoffentlich auch Papier. Das ist also – wie wir GRÜNEN zu sagen pflegen – ressourcenschonend und nachhaltig. Insofern begrüßen wir das natürlich.
Allerdings kann der Anwalt nur dann darauf zurückgreifen, wenn er es mit dem Oberverwaltungsgericht zu tun hat. Herr Mertin, Sie selbst haben gesagt, dass es noch Jahre dauern werde, bis die schöne neue Welt des elektronischen Rechtsverkehrs auch die Amts- und Landgerichte erreicht. Das ist natürlich bedauerlich; denn bei diesen Gerichten wird in diesem Bereich die meiste Arbeit geleistet.
Ich möchte gern wissen, wie denn nun ein solcher Masterplan aussieht. Soll es bei diesem Pilotprojekt bleiben? Ist das Jahr 2009 ein Datum, das Sie anstreben? Einem Zeitungsartikel habe ich Ihre Äußerung entnommen, dass es für diese Umsetzung in den Land- und Amtsgerichten leider noch nicht die entsprechende Software gibt. Auch das wäre wichtig zu wissen.
Meine Damen und Herren, zum Schluss noch ein Wort, um eine Perspektive aufzuzeigen und um etwas Inhaltliches zu sagen. Diese offensichtliche Faszination der elektronischen Modernisierung in der Justiz sollte uns aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es bei der inhaltlichen Modernisierung in der Justiz in RheinlandPfalz ziemlich hapert. In enger Verzahnung mit der Justiz steht derzeit der Strafvollzug. Deshalb muss ich darauf zurückkommen. Die steigende Zahl von Strafgefangenen immer nur mit mehr Gefängnissen aufzufangen, ist meines Erachtens keine Zukunftsaussicht.
Es gibt Bundesländer, die damit ganz anders umgehen. Ich rede nun von einer inhaltlichen Modernisierung der Justiz. Seit vielen Jahren wird dafür geworben, dass Ersatzfreiheitsstrafen nicht mehr im Gefängnis abgesessen werden, wenn sie nicht bezahlt werden können. Es wird dafür geworben, dass Ersatzfreiheitsstrafen viel stärker eingesetzt werden und dadurch die Zahl der Strafgefangenen pro Einwohner sehr viel geringer ist.
Meine Damen und Herren, die technische und elektronische Modernisierung der Justiz ist schön und gut. Dagegen hat niemand etwas. Wir warten auf eine inhaltliche Modernisierung.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Baldauf, Sie fragten, weshalb diese Aktuelle Stunde sinnvoll sei. Sie ist sinnvoll, weil ein Kontrapunkt gesetzt werden muss hinsichtlich der Stimmung, die Sie so gern verbreiten. Sie verbreiten doch so gern, dass die Justiz in Rheinland-Pfalz richtig hinterwäldlerisch organisiert wäre usw. Deshalb muss man natürlich jede Gelegenheit nutzen, sie selbst vorzuführen; denn dem ist natürlich nicht so, Herr Kollege.
Mit dem neuen System können Berufungen, Berufungserwiderungen und weitere Schriftsätze sowie Zustellungen elektronisch erfolgen. Für den Rechtsanwender, insbesondere für den Rechtsanwalt, ist es besonders erfreulich, dass er innerhalb von zwei Minuten die Bestätigung erhält, ob sein Schriftsatz eingegangen ist oder nicht. Das ist hinsichtlich dessen, was bisher möglich war, ein beachtlicher Fortschritt. Das ist aber nicht allein der Mehrwert, um den es geht, sondern es geht darum, dass es dieses System ermöglicht, die Akteneinsicht elektronisch durchzuführen und eine Verfahrensstandsauskunft elektronisch zur Verfügung zu stellen, was bisher so nirgendwo möglich ist. Herr Kollege Baldauf, das ist sogar schon im Vorgriff so geplant, damit auch
das, was vielleicht ab dem Jahr 2005 möglich ist, nämlich die „Elektronische Akte“, mit dieser Software bereits durchgeführt werden kann. Insofern sind wir der Gesetzgebung schon ein Stück voraus, indem wir die technischen Möglichkeiten jetzt schon zur Verfügung stellen.
Frau Kollegin Grützmacher, Sie haben nach der Anbieterseite gefragt. Die Summe, die Sie genannt haben, ist zutreffend. Sie betrifft die Lizenz für alle Gerichtsbarkeiten, also für die gesamte Justiz. Es gibt nur diesen einen Anbieter, der es als Standardsoftware anbietet. Wir haben zwar auch mit anderen Anbietern verhandelt, aber niemand war in der Lage, dies als Standardsoftware anzubieten. Deshalb wurde der Vertrag mit diesem Anbieter abgeschlossen.
Wir haben Wert darauf gelegt, dass der Anwender nicht an diese Systemsoftware gebunden ist. Derjenige, der das von seiner Anwaltskanzlei oder von irgendeiner Verwaltung aus nutzt, kann jede Software benutzen, die in der Lage ist, E-Mails zu versenden. Das System beim Gericht wandelt diese E-Mails dann um. Die Anwender sind somit nicht an das System des Gerichts gebunden. Die Anwender sind also völlig frei, welche Software sie nutzen. Für uns war es aber der einzige Anbieter, der dies als Standardsoftware angeboten hat. Dies ist in der Regel preiswerter als Eigenentwicklungen, und daher sind die Mittel sinnvoll eingesetzt worden.
Herr Kollege Baldauf, Sie haben natürlich – das habe ich auch erwartet – die ordentliche Gerichtsbarkeit erwähnt. Das ist nämlich Ihr Lieblingsstück. Es bleibt aber dabei, dass wir den Vorgaben des Rechnungshofs folgen, nicht eigene Software zu entwickeln, sondern es gemeinsam mit anderen zu tun. Dabei gibt es nennenswerte und sehr beachtlich vorangekommene Entwicklungen, so zum Beispiel auch von Bayern, zu denen wir derzeit tendieren. Wir hoffen, dass diese im Laufe dieses Jahres einsatzfähig werden. Dem würden wir beitreten und das Programm einführen, sobald es vorliegt. Deshalb werden die Gerichte sukzessive im Rahmen der Möglichkeiten derzeit mit Computern ausgestattet. Wenn ich es richtig im Kopf habe, sind bereits rund 1.000 Arbeitsplätze bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit und den Staatsanwaltschaften – das ist ein durchaus beachtlicher Betrag – mit entsprechenden PC ausges tattet, sodass, wenn die Software da ist, diese sofort eingeführt werden kann.
Für die ordentliche Gerichtsbarkeit ist wichtig, dass das Modellprojekt, das jetzt beim Oberverwaltungsgericht erprobt wird, selbstverständlich dann sofort bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit mit eingeführt werden kann. Die Software wird dies ermöglichen und damit auch der ordentlichen Gerichtsbarkeit dann sofort den elektronischen Rechtsverkehr ermöglichen.
Frau Kollegin Grützmacher, es ist, wenn die Projektphase abgelaufen ist, geplant, dies auch in den anderen Stufen der Verwaltungsgerichtsbarkeit und bei der übrigen Fachgerichtsbarkeit einzuführen, sodass dann überall elektronisch mit dem Gericht verkehrt werden
Das wird nicht so lange dauern. In dem Moment, in dem der Probelauf nach einigen Wochen und Monaten abgeschlossen ist und man festgestellt hat, dass das funktioniert, ist es möglich, dies in der Fachgerichtsbarkeit überall einzuführen, weil die Gerichte die gleiche moderne Software haben wie das Oberverwaltungsgericht. Nur bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit muss gewartet werden, bis wir eine entsprechende Software haben. Herr Kollege Baldauf, Sie können sich darauf verlassen, sobald diese da ist, beginnen wir mit der Einführung bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit.