Protokoll der Sitzung vom 01.07.2004

Meine Damen und Herren, ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Debatte um das Landesmediengesetz in erster Beratung beendet. Es wurde vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Medien und Multimedia – federführend – und an den Rechtsausschuss zu überweisen. – Ich sehe keine Gegenstimmen. Dann wird so verfahren.

Meine Damen und Herren, ich möchte Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüßen, und zwar Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Lehrerseminar, Richterinnen und Richter des Verwaltungsgerichts Koblenz unter der Leitung des Präsidenten des Verwaltungsgerichts, Herrn Horst Pinkemeyer, Hörerinnen und Hörer der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer und Bürgerinnen und Bürger aus dem Wahlkreis Diez. Ihnen allen ein herzliches Willkommen im rheinlandpfälzischen Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich rufe nun Punkt 11 der Tagesordnung auf:

Entlastung der Landesregierung und des Rechnungshofs für das Haushaltsjahr 2002

dazu: Entlastung der Landesregierung Rheinland-Pfalz für das Haushaltsjahr 2002 Antrag der Landesregierung – Drucksache 14/2742 –

Entlastung des Rechnungshofs Rheinland-Pfalz für das Haushaltsjahr 2002 Antrag des Rechnungshofs – Drucksache 14/2775 –

Jahresbericht 2003 Unterrichtung durch den Rechnungshof – Drucksachen 14/2900/3127 –

Stellungnahme der Landesregierung zum Jahresbericht 2003 des Rechnungshofs (Drucksache 14/2900) Unterrichtung durch die Landesregierung – Drucksachen 14/3097/3226 –

Kommunalbericht 2003 Unterrichtung durch den Rechnungshof – Drucksache 14/3085 –

Beschlussempfehlung des Haushaltsund Finanzausschusses – Drucksache 14/3240 –

Für die Berichterstattung erteile ich Herrn Abgeordneten Hans-Josef Bracht das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte über das Ergebnis der Beratungen des Haushalts- und Finanzausschusses und der Rechnungsprüfungskommission zum Rechnungshofsbericht 2002 berichten und beginne mit einer guten und mit einer schlechten Nachricht.

(Zuruf von der Regierungsbank)

Herr Minister, die schlechte Nachricht zuerst:

Meine Damen und Herren, die Haushaltslage im Jahr 2002 entwickelte sich – mit den Worten des Rechnungshofs – „Besorgnis erregend“, man könnte auch sagen, dramatisch. Die laufenden Einnahmen – insbesondere die Steuereinnahmen – brachen ein. Um 840 Millionen Euro blieben die laufenden Einnahmen hinter den laufenden Ausgaben zurück. Zur Deckung musste die Regierung zusätzliche Kredite aufnehmen. Die Höhe der Kredite blieb zwar im Rahmen der Bewilligung, wenn man die Restkreditermächtigung aus dem Vorjahr hinzunimmt, aber im Haushaltsvollzug überschritt die Landesregierung – ich glaube, erstmals – die Kreditobergrenze, und zwar um 545 Millionen Euro, also gut eine halbe Milliarde Euro. In dieser Höhe überstiegen die neuen Schulden die Ausgaben für Investitionen.

Ich will gar nicht darauf eingehen, wie das verfassungsrechtlich zu bewerten ist; denn das ist durchaus strittig. Haushaltspolitisch ist das alarmierend. Das zeigen auch die weiteren Zahlen:

Die Nettokreditaufnahme am Kreditmarkt ohne Landesbetriebe erhöhte sich im Jahr 2002 auf 1,5 Milliarden Euro. Mit Landesbetrieben waren es etwa 1,65 Milliarden Euro.

Die Kreditfinanzierungsquote des Landeshaushalts stieg von 6,2 % im Jahr 2001 auf 13,4 % und hat sich damit von einem Jahr zum anderen mehr als verdoppelt.

Im Landtag wurde bereits 2002 über den laufenden Haushaltsvollzug heftig gestritten.

Unter anderem hatte die Opposition einen Nachtragshaushalt gefordert. Ich will das an dieser Stelle nicht vertiefen, sondern nur darauf hinweisen, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unter Hinweis auf diese Auseinandersetzungen der Entlastung der Landesregierung im Haushalts- und Finanzausschuss ihre Zustimmung versagte.

Meine Damen und Herren, es ist auch kein Zufall, dass die Konferenz der deutschen Rechnungshöfe vor diesem Hintergrund vorschlägt und fordert, die Einnahmen vorsichtiger zu schätzen. Ein aktuelles Beispiel aus der Bundespolitik sind die Einnahmen aus der Steueramnestie. Auch sie waren viel zu optimistisch angesetzt.

Meine Damen und Herren, das Ziel, die Einnahmen vorsichtiger zu veranschlagen, sollte insbesondere dann gelten, wenn sich vor der Verabschiedung eines Haushalts herausstellt, dass das Wirtschaftswachstum deutlich niedriger ausfällt als mit der letzten Steuerschätzung angenommen.

Hartnäckig bleibt der Haushalts- und Finanzausschuss bei der Forderung, den Investitionsbegriff genauer zu definieren; denn so manches, was als Investition veranschlagt wird, verdient diese Bezeichnung nicht. So sehr wir dafür Verständnis haben, dass nicht nur diese Regierung, sondern auch die Regierungen bundesweit in der jetzigen Situation wenig Neigung zeigen, den Investitionsbegriff einzuengen: Hier müssen Lücken geschlossen werden, allein um der Verschuldung langfristig zu begegnen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe die Aussagen des Rechnungshofs, die Beschlüsse dieses Hauses in den Entlastungsverfahren der letzten Jahre und die Beschlussempfehlungen, die Ihnen der Haushalts- und Finanzausschuss heute vorlegt, verglichen. Ich habe festgestellt, fast gebetsmühlenartig wiederholt der Landtag jedes Jahr den Appell,

die Neuverschuldung mit dem Ziel zu verringern, einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, – eine strengere Ausgabendisziplin zu wahren, – die Ausgaben nicht stärker steigen zu lassen als die Einnahmen

und so weiter und so fort.

Was ist davon erreicht worden? Die Zahlen, die ich eingangs genannt habe, sprechen für sich. Ich zitiere: „Die Verschuldung der öffentlichen Haushalte“ – so haben es die Rechnungshöfe formuliert – „hat bedrohliche Ausmaße angenommen.“ Der ausgeglichene Haushalt ist in weite Ferne gerückt. Was bleibt, ist vor allem das Prinzip Hoffnung, die Hoffnung nämlich, dass die Konjunktur irgendwann anspringt, oder, wie wir vonseiten des Bildungsministeriums gehört haben, die merkwürdig anmutende Hoffnung auf eine „DemographieDividende“ in Gestalt frei werdender Mittel durch den Rückgang der Schülerzahlen.

Meine Damen und Herren, das ist aber eindeutig zu wenig.

Der Haushalts- und Finanzausschuss war in dieser Woche in Brüssel. Die Europäische Union, so erfuhren wir dort, darf keine Kredite aufnehmen.

(Zurufe von der SPD)

Das zeigt, es geht auch ohne Defizite und Schulden.

Meine Damen und Herren, auch für Rheinland-Pfalz muss es bei dem Ziel bleiben, aus der Schuldenfalle herauszukommen. Aber das wird schwieriger mit jedem Tag, an dem die Neuverschuldung weiter wächst.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Sie fragen sich vielleicht zu Recht, was für eine gute Nachricht jetzt noch kommen kann. Sie lautet: Zwar verschlechtert sich die Haushaltslage weiter, aber zurzeit etwas langsamer als in anderen Ländern, auch wenn Vergleiche vor allem wegen Auslagerungen, dem Pensionsfonds und sonstigen Nebenhaushalten oder zum Beispiel auch den besonderen Erbschaftsteuereinnahmen in diesem Jahr mit Fragezeichen behaftet sind, kann man das immerhin als einen kleinen Lichtblick ansehen. Wir werden im nächsten Entlastungsverfahren sehen, wie sich das in Zahlen auswirkt.

Meine Damen und Herren, in den konkreten Fällen, die wir im diesjährigen Entlastungsverfahren unter die Lupe genommen haben, kam der Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung, kurz LBB, wiederholt zur Sprache. Was Abrechnungen und Vertragsgestaltungen angeht, läuft in dem Landesbetrieb noch lange nicht alles „rund“. Aber dafür gibt es aktuell noch viel gravierendere Beispiele als die, die wir in der Rechnungsprüfungskommission behandelt haben. Deshalb will ich mir Einzelheiten ersparen.

Auch noch nicht „rund“ läuft das so genannte „Black Box“-Verfahren, mit dem die Steuerverwaltung automatisch fragwürdige Steuererklärungen herauszufiltern versucht. Ein solches Verfahren mag hilfreich sein, weil die Personalknappheit dazu zwingt, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Aber jedenfalls zu dem Zeitpunkt, als der Rechnungshof das Verfahren prüfte, hielt es nicht, jedenfalls noch nicht, was sich die Finanzverwaltung davon versprach. Das ist im Hinblick auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung durchaus problematisch. In der Beschlussempfehlung zu diesem Punkt haben deshalb zwei Mitglieder der Rechnungsprüfungs

kommission eine deutlich schärfere Formulierung gefordert, als die Mehrheit sie verabschiedet hat.

Meine Damen und Herren, was die Zusammenlegung der beiden Hochschulstandorte in Kaiserslautern angeht, hat der Rechnungshof mit beachtlichen Argumenten Zweifel an der Wirtschaftlichkeit angemeldet; denn die vorhandenen Standorte liegen nur 800 Meter auseinander.

Die Erwiderung der Landesregierung zu diesem Punkt ließ übrigens zu wünschen übrig; denn sie warf dem Rechnungshof zu Unrecht vor, auf ihre Argumente nicht eingegangen zu sein.

Immerhin haben die Hinweise des Rechnungshofs bereits dazu geführt, die geplanten Flächen deutlich zu reduzieren. Im Übrigen wird die Frage der Zusammenlegung noch einmal baufachlich und auf die Wirtschaftlichkeit hin überprüft.

Meine Damen und Herren, Verselbstständigung von staatlichen Einrichtungen gilt als ein Mittel der Verwaltungsmodernisierung. Aber sie birgt auch Gefahren. Öffentliche Einrichtungen, die weitgehend selbstständig wirtschaften, neigen zum Beispiel dazu zu vergessen, dass sie das Geld der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes verwalten. Darunter leiden Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.

Was die Landeszentrale für private Rundfunkveranstalter – LPR – angeht, ist in diesem Punkt Besserung in Sicht, und zwar im Bereich der Anstalt selbst, im Bereich der Aufsicht und durch das neue Landesmediengesetz, das wir vorhin diskutierten. Die Hinweise des Rechnungshofs haben also – nach einigem Hin und Her auch in diesem Hause – zu einem letztlich ausgesprochen positiven Ergebnis geführt. Ein Dank gilt allen Beteiligten. Auch der Wissenschaftliche Dienst des Landtags hat mit seinem Gutachten zur Behandlung der LPR im parlamentarischen Entlastungsverfahren seinen Beitrag geleistet.

Die landeseigene Investitions- und Strukturbank – ISB – war ebenfalls des Öfteren recht freigiebig. Sie finanzierte beispielsweise eine Stiftungsprofessur und zahlreiche so genannte Sponsoringmaßnahmen wie den Kauf von VIP-Dauerkarten für die Bundesligaspiele eines Fußballvereins. Mit dem Auftrag der ISB, Wirtschaftsförderung zu betreiben, hat das nichts zu tun.

(Vizepräsident Creutzmann übernimmt den Vorsitz)

Eine besondere Form der „Wirtschafts“-Förderung ist auch die Beteiligung der ISB an dem Weinrestaurant „Lindenlife“ in Berlin. Das Restaurant macht Verluste, die das Land über die ISB mit finanziert. Es ist ein Restaurant, das, Herr Wirtschaftsminister – ich sehe ihn leider nicht –, zwar aus der ZDF-Serie „Sabine“ wohlbekannt ist, ein darüber hinausgehendes, wichtiges Landesinteresse an dieser kostenträchtigen Beteiligung ist aber nur schwer zu begründen. Ihr Nutzen ist ganz offensichtlich begrenzt.

Das Wirtschaftsministerium hat angekündigt, dass die ISB sich von dieser Beteiligung trennen wird.

Politisch gravierender ist, dass die ISB eigene Förderprogramme aufgelegt hat, die vom Landtag im Haushalt so nicht bewilligt waren. Überschüsse der ISB wanderten in einen Sonderfonds. Der Landtag kann im Rahmen der Haushaltsbewilligung über diese Finanzmittel – es sind Landesmittel – nicht mehr unmittelbar entscheiden. Deshalb muss die Transparenz der Eigenprogramme und der Jahresüberschüsse der ISB erhöht werden. Darüber hinaus forderte eine Minderheit in der Rechnungsprüfungskommission, dass die Fraktionen dieses Hauses eine Vertretung in den Aufsichtsgremien der ISB erhalten – eine Konstruktion, die sich beispielsweise bei Landesstiftungen und dem LBB bewährt hat.

Im Landesuntersuchungsamt sind – im Zuge der Verwaltungsreform – zwölf Behörden zusammengefasst worden. Es ist dem Geschäftsbereich des Umweltministeriums angegliedert, aber das Personal ist weiterhin drei Ministerien und dort zusätzlich bis zu fünf unterschiedlichen Kapiteln des Einzelplans zugewiesen. Das Nebeneinander von halbherziger Zentralisierung und einem Durcheinander dezentraler Zuständigkeiten hat zu einer Reihe von Problemen geführt, die der Rechnungshof im Einzelnen aufgezeigt hat.

Aufgabenstellung, Aufbau- und Ablauforganisation des Landesuntersuchungsamts müssen dringend verbessert werden. Die Vertreterin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hielt zusätzlich organisatorische Konsequenzen auf der Ebene der Ministerien für notwendig.

Die Altersteilzeit für Lehrerinnen und Lehrer ist keineswegs kostenneutral. In der Praxis wird meist das Modell der Blockteilzeit gewählt. Das heißt, erst wird Vollzeit für 70 % des Gehalts gearbeitet. Danach kommt die vorzeitige Freistellung, ebenfalls für 70 % der Bezüge. Das bedeutet zweierlei: