Protokoll der Sitzung vom 01.07.2004

(Beifall der SPD)

Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:

Landesmediengesetz (LMG) Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 14/3235 – Erste Beratung

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Staatssekretär Stadelmaier das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Medienpolitik und Medienrecht gehören zu den zentralen Kompe

tenzen, die die Länder in Deutschland innehaben. Sie sind vielleicht die umfassendsten, weil sie von dem Regionalen bis weit in den Regelungsbereich auf europäischer Ebene reichen.

Die deutschen Länder haben immer wieder die Kraft gefunden, wesentliche Grundsätze der Medienlandschaft in einheitliche Staatsverträge zu fassen. Sie konnten dies auch deshalb in überzeugender Weise tun, weil sie entschlossen waren, zentrale Fragen gemeinsam anzugehen und in den Ländern die Fragen zu regeln, die jedes einzelne von ihnen besser regelt. Sie können es deshalb, weil aus den Landesmediengesetzen, aus der Diskussion beispielsweise in diesem Landtag, auch innovative gesetzgeberische Kraft erwächst.

Mit diesem Entwurf legt die Landesregierung ein Mediengesetz vor, das modern ist, Orientierungen für künftige Entwicklungen gibt und europatauglich ist. Das Landesmediengesetz schafft einen einheitlichen rechtlichen Rahmen für den privaten Rundfunk, die Presse, die Medien- und teilweise die Teledienste. Es vereinheitlicht dort, wo es derzeit möglich ist. Es dient dem Abbau von Regelungen und größerer Transparenz. Es reagiert auf die zunehmende Konvergenz der Medien. Bewährtes wird nicht vorschnell über Bord geworfen.

Meine Damen und Herren, damit ist dieser Gesetzentwurf zukunftssicher.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ein wesentliches Anliegen der Landesregierung ist es, einen europarechtskonformen Gesetzentwurf vorzulegen. Wie Sie wissen, hat ein privater Hörfunkveranstalter (Radio Energy) aus Anlass der Vergabe der dritten UKW-Hörfunkkette in Rheinland-Pfalz (zugunsten Radio Rockland) ein Vertragsverletzungsverfahren der EUKommission gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen Rundfunklizenzen in Rheinland-Pfalz in Gang gebracht. Die Kommission hat dies zum Anlass genommen, konkrete Rügen in Bezug auf unser Landesrundfunkgesetz zu erheben. Den Bedenken der Kommission wird durch den vorliegenden Gesetzentwurf weitgehend Rechnung getragen. Der Ministerpräsident und ich haben dies gegenüber der Kommission, insbesondere Herrn Kommissar Bolkestein, verdeutlichen können.

So werden die Bestimmungen über die Verlängerung einer Lizenz um weitere zehn Jahre, die gesetzliche Forderung bei einem neu hinzutretenden Programm nach einer wesentlich anderen Ausrichtung und die Berücksichtigung von Standortaktivitäten für Rundfunkveranstalter bei der Lizenzierung entfallen.

Aufrechterhalten wird jedoch bei Knappheit der Übertragungskapazitäten als Auswahlkriterium die kulturelle und regionale Vielfalt. Dies ist für uns zentral. Dies berührt unser Selbstverständnis als selbstbewusste eigenstaatliche Region. Hier müssen wir gegenüber Brüssel stark bleiben.

(Beifall bei SPD und FDP)

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf § 2 des Gesetzentwurfs hinweisen. Er enthält eine Bestimmung, wonach die Landesmedienanstalt bei der Auslegung dieses Gesetzes einer europarechtskonformen Auslegung zu folgen hat.

Dies alles zeigt, wie weit gesetzgeberische Handlungsspielräume auch bei vermeintlich landesbezogenen Sachverhalten mit dem Europarecht mittlerweile verzahnt sind. Ich meine, der Gesetzentwurf bietet eine gute Basis, die Kommission dazu zu bewegen, das Vertragsverletzungsverfahren nicht weiterzuverfolgen, dies nicht zuletzt im Interesse der gegenwärtigen Lizenz eines großen Hörfunkanbieters in Rheinland-Pfalz, meine Damen und Herren.

Meine Damen und Herren, ein weiterer wichtiger Punkt, den ich hervorheben möchte, ist die Bestimmung zur Belegung der Kabelnetze mit anlogen Programmen. So sieht der Rundfunkstaatsvertrag bereits jetzt vor, dass in digitalen Kabelanlagen ein Drittel der Kapazität von Kabelnetzbetreibern frei belegt werden kann, ein weiteres Drittel mit Vorlagen der Landesmedienanstalten belegt ist und ein Drittel aus digitalen Must-CarryProgrammen besteht. Bei der Belegung mit analogen Programmen sehen jedoch die meisten Landesmediengesetze in Deutschland noch eine Vollbelegung durch die Landesmedienanstalt vor. Dies wird gerade unter dem europarechtlichen Blickwinkel und der entsprechenden Telekommunikationsrichtlinie in Zweifel gezogen. Nicht zuletzt werden berechtigte Interessen der Kabelnetzbetreiber geltend gemacht.

Die Landesregierung hat sich deshalb entschlossen, auch im analogen Bereich für die Kabelnetzbetreiber bei der Belegung von Kabelnetzen mit analogen Angeboten eine Kapazität von bis zu fünf Kanälen vorzusehen. Die künftige Landeszentrale für Medien und Kommunikation bestimmt dann „nur“ – in Anführungszeichen – über die Kapazität von noch 27 Kanälen. Dort sind die für Rheinland-Pfalz gesetzlich bestimmten öffentlich-rechtlichen Kanäle und die Offenen Kanäle verbindlich vorgegeben. In dem anderen Bereich wird von der Landesmedienanstalt nach Programmgruppen vorgegeben, aus denen der Kabelnetzbetreiber auswählen kann. Also auch hier bestehen Freiräume.

Damit sind wir meines Erachtens in Rheinland-Pfalz gut gerüstet, möglichen europarechtlichen Einwänden zu begegnen; denn auch das Kabelbelegungsregime in Deutschland wird von der EU-Kommission aufmerksam verfolgt und ist Gegenstand eines bereits älteren Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Bundesrepublik Deutschland noch aus dem Ende der 90er-Jahre.

Meine Damen und Herren, ich bin mir sicher, dass uns andere Länder auf diesem Weg folgen werden. Dies gilt im Übrigen auch für das nunmehr vorgesehene Entbündelungsverbot, das private wie öffentlich-rechtliche Veranstalter schützt.

Neu im Gesetzentwurf ist eine Bestimmung zur Transparenz für Beteiligungen bei periodischen Druckwerken. Die Leserinnen und Leser sollen künftig auch ohne den Weg zum Gericht die Möglichkeit des Einblicks in diejenigen Angaben erhalten, die im Handelsregister einzu

tragen sind. Dies ist angemessen, auch wenn diese Bestimmung weit hinter dem zurück bleibt, was Rundfunkveranstalter gegenüber der KEK – der Kommission, die die Konzentration im Rundfunkbereich kontrolliert – öffentlich zu machen haben.

Meine Damen und Herren, wer künftig Rundfunk veranstalten will, bedarf einer Zulassung durch die neue LMK. Mit dieser Zulassung kann ein Anbieter Übertragungskapazitäten beantragen, kurz: ein so genanntes Führerscheinmodell. – Seine Begründung liegt in der unterschiedlichen Entwicklung der Übertragungswege. Wie bisher wird eine Zulassung für die Dauer von maximal zehn Jahren erteilt. Danach wird neu ausgeschrieben. Um dem Rundfunkveranstalter Rechts- und Planungssicherheit zu gewährleisten, kann der Antrag und das Verfahren der Zulassung in deutlichem Abstand zur Zulassung gestellt bzw. durchgeführt werden.

Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich Sie auf die Offenen Kanäle und ihre Weiterentwicklung verweisen. Sie haben sich oft zu einem beachteten Teil der lokalen Medienlandschaft in Rheinland-Pfalz entwickelt. Sie werden von einem großen bürgerlichen Engagement getragen. Die Landeszentrale für Medien und Kommunikation erhält die Möglichkeit, sie zu Medienkompetenznetzwerken weiterzuentwickeln. Wir wollen die Bündelung lokaler und regionaler Ressourcen, um das Angebot der Medienkompetenz da zu erweitern, wo es sinnvoll ist. Aber auch der andere Weg wird ausdrücklich benannt. Dort, wo lange Zeit der Bildschirm durch ein Standbild geprägt ist, ist die Frage zu beantworten, ob der jeweilige Offene Kanal fortbestehen soll. Meine Damen und Herren, dies geschieht nicht zuletzt auch aus unserer Verpflichtung zum sparsamen Umgang mit Gebührengeldern.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf stellt ein wohl abgewogenes und austariertes Regelungssystem für die Medien in Rheinland-Pfalz bereit. Er ist zukunftssicher und kann flexibel auf neue Entwicklungen reagieren. Zwölf Jahre nach der letzten Novellierung des Landesrundfunkgesetzes war es deshalb meines Erachtens an der Zeit, ein solches Gesetz auf den Weg zu bringen. Ich hoffe deshalb, dass wir die Beratungen zu dem Gesetzentwurf nach der Sommerpause zügig durchführen können, sodass der Gesetzentwurf möglichst bald in Kraft treten kann.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, als Gäste begrüße ich SPDMitglieder und Freunde der SPD Wittlich und Mitglieder der Deutschen Steuergewerkschaft, Ortsverband Kusel. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Gölter das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zehn Minuten geben nicht die Möglichkeit, alles das, was anzusprechen wäre, anzusprechen. Deshalb möchte ich einige Anmerkungen machen.

Ich habe bei einer ganzen Reihe von Gelegenheiten im Plenum, im Ausschuss, aber auch in der LPR die Landesregierung gebeten, das Gesetz, das in den Grundstrukturen aus den 80er-Jahren stammt, zu novellieren. Ich bin froh darüber, dass diese Novelle vorliegt, weil das Gesetz in seiner Fülle, auch in der Tatsache, dass alle geltenden Bestimmungen aus den Staatsverträgen zitiert worden sind, doch etwas breit und etwas schwierig anzuwenden war, auch weil das Gesetz bei der Lizenzierung vor dem Hintergrund der 80er-Jahre einen Gesichtspunkt in den Vordergrund gestellt hat, sehr stark dominant in den Vordergrund gestellt hat, nämlich die Pluralität der Antragsteller. Es hat dann immer wieder zum Sammeln von Handwerksmeistern, Gewerkschaftsfunktionären, Pfarrern beider Konfessionen, Sportvereinsvorsitzenden usw. geführt und dann die entsprechenden Chancen entsprechend verändert. Das ist jetzt anders.

Etwas überraschend für mich, und ich gebe zu, immer noch etwas gewöhnungsbedürftig, obwohl ich in dieses Gesetz oft hineingeschaut habe, ist die Tatsache, dass die Landesregierung jetzt integriert ein Gesetz für die gedruckten und die elektronischen Medien vorgestellt hat. Es gibt also kein Pressegesetz mehr und kein Rundfunkgesetz. Begründet wird das mit der Konvergenz der Medien, wobei das ein breiter Streit darüber ist, wie weit die Konvergenz der Medien wirklich gediehen ist. Es handelt sich doch um sehr unterschiedliche Medienprodukte. Es ist also in der Tat gewöhnungsbedürftig.

Meine Damen und Herren, ich darf auf einen meiner Liebslingssätze zurückkommen. Den habe ich von Johann Nepomuk Nestroy, dem großen Wiener Volksschriftsteller aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, ein großer Aphoristiker: „Der Fortschritt hat es so an sich, dass er in der Regel kleiner ist, als er aussieht.“ – Das aber nur am Rande.

Meine Damen und Herren, was die Presse betrifft, denke ich, werden wir auch vor dem Hintergrund der Anhörung über die Offenlegung der Beteiligungsverhältnisse an den Zeitungen noch einmal reden müssen. Wie weit das hilft, wie weit das möglicherweise auch verunklart, das ist sicher ein interessantes und spannendes Thema.

Meine Damen und Herren, was wir, die CDU-Fraktion, bei diesem Gesetzentwurf vermisst haben, ist eine Regelung aus den Mediengesetzen Baden-Württembergs, Hessens und Nierdersachsens, dass sich nämlich politi

sche Parteien grundsätzlich nicht an Tageszeitungen und an Rundfunkanstalten beteiligen dürfen.

(Beifall der CDU – Dr. Schiffmann, SPD: Ha, ha!)

Herr Ministerpräsident, jetzt schaue ich die FDP an. Das wäre ein Thema für die Lordsiegelbewahrer der bürgerlichen Freiheitsrechte gewesen, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU – Dr. Schiffmann, SPD: Ha, ha! – Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Aber auch hier sind meine Hoffnungen, die ich gelegentlich immer noch in die FDP setze, erneut schnöde enttäuscht worden.

(Dr. Schiffmann, SPD: Wir machen ein verfassungsfestes Gesetz! – Ministerpräsident Beck: Wir wissen, was Eigentumsrechte sind!)

Herr Ministerpräsident, lassen Sie mir doch meinen Spaß. Es muss ab und zu im Landtag noch einen gewissen Spaß geben, und wenn ich selbst Nestroy bemühe, werde ich wohl auch den Bürgersinn der FDP ansprechen dürfen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Rundfunk, die Lizenzvergabe: Der Herr Staatssekretär hat darauf hingewiesen, wir haben eine ganz unterschiedliche Entwicklung. Wir haben bei den digitalen Satellitenkapazitäten, bei den digitalen Kabelplätzen, beim Internet eine Fülle von Frequenzen. Wir haben in den analogen Bereichen, UKW, traditionelle Kabelanlagen, nach wie vor beschränkte Frequenzen.

Deshalb halte ich – auch das ist ein neuer Weg, vielleicht im ersten Augenblick ein bisschen gewöhnungsbedürftig – das, was als Führerscheinmodell bezeichnet worden ist, für einen praktikablen Weg, in den §§ 24 und 25 die Zulassung zu regeln und in § 30 im Einzelnen die Vergabe, wobei ich es außerordentlich begrüße – es hat auch eine gewisse Veränderung vom ersten Entwurf bis zum Kabinettsbeschluss gegeben –, dass Gesichtspunkte, die die Programm- und die Anbietervielfalt unterstreichen, in den endgültigen Text aufgenommen worden sind.

Zustimmung zu dem, was bei der Kabelbelegung analoger Programme gesagt worden ist, meine Damen und Herren. In der Grundstruktur ist es das bisherige Verfahren der LPR, wo wir bereits geschichtet nach Körben vorgegangen sind, ein Verfahren, das sich mit Kompetenzen der Kabelnetzbetreiber als sehr gerichtsfest erwiesen hat.

Eine kurze Bemerkung zu einer weitreichenden Veränderung: Herr Staatssekretär Stadelmaier hat auf die europäische Position hingewiesen, meine Damen und Herren. Die weitreichende Veränderung bezüglich der Dauer der Lizenzen im Rundfunk. Wir hatten bislang