Protokoll der Sitzung vom 08.09.2004

Aufgrund des großen Reformschritts kann das Ergebnis einzelbetrieblich durchaus Schwierigkeiten bereiten. Deshalb sind gerade im Milchbereich gezielte und eventuell flankierende Maßnahmen vonnöten, um den Anpassungsprozess in der Milchwirtschaft zu erleichtern.

Wie Herr Minister Bauckhage bereits ausführte, profitieren die rheinland-pfälzischen Bauern von der EUAgrarreform, weil ab dem Jahr 2005 16,9 Millionen Euro jährlich an EU-Mitteln zusätzlich in unser Land Rheinland-Pfalz fließen.

Hinsichtlich der Umsetzung der Agrarreform muss man aus liberaler Sicht darauf achten, dass das Entkopplungsmodell einfach und transparent gestaltet wird. Keineswegs dürfen mit dieser Reform ein Mehr an Bürokratie und Kontrolle in der deutschen Landwirtschaft eingeführt werden. Nationale Alleingänge, die die deutschen Bauern in Europa einseitig benachteiligen, müssen unterbleiben.

Langfristig von hervorragender Bedeutung für die rheinland-pfälzische Landwirtschaft ist – das erscheint mir sehr wichtig –, dass durch die EU-Agrarreform Konformität mit dem WTO-Reglement erreicht wird. Das war bisher nicht der Fall. So konnte Anfang August dieses Jahres der Streit über die Liberalisierung des Agrarhandels beigelegt werden.

(Beifall der FDP)

Das, was folgt, ist sehr wesentlich. Durch die Umwandlung der bisherigen Tier- und Flächenprämien, die der nach WTO-Kriterien unter Kürzungsdruck stehenden so genannten „Blauen Box“ (Bluebox) zugeordnet sind, hin zu von der Produktion entkoppelten Direktzahlungen wurde die zukünftige EU-Agrarpolitik den WTO-Regeln entsprechend umgestaltet. Da diese Direktzahlungen von der WTO als nicht handelsverzerrend angesehen werden, können diese in der nicht unter Kürzungsdruck stehenden so genannten „Grünen Box“ (Greenbox) eingeordnet werden.

Dementsprechend wurde mit der EU-Agrarreform langfristig die Förderung der rheinland-pfälzischen Landwirtschaft auf sichere Beine gestellt. Bisher lagen wir mit der WTO im Konflikt. Hier ist jetzt Klarheit geschaffen worden. Wir sind mit der WTO konform. Das sollten wir nach draußen auch unserer Landwirtschaft weitersagen. Wir haben jetzt ein ganz großes Stück Sicherheit in dieser Hinsicht erreicht.

(Beifall der FDP und der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Agrarbericht. Ich denke, auch hier wiederholen zu müssen, dass die rheinland-pfälzische Landwirtschaft generell gut aufgestellt ist. Das zeigen die Ergebnisse des Agrarberichts 2004.

So konnten die landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe in unserem Bundesland von dem negativen Bundestrend abgekoppelt werden. Während in Deutschland der durchschnittliche Gewinn je Haupterwerbsbetrieb im Wirtschaftsjahr 2002/2003 im Vergleich zum Vorjahr um 20 % gesunken ist, stieg der Durchschnittsgewinn in den rheinland-pfälzischen Haupterwerbsbetrieben um 7,4 % auf 32.662 Euro an.

Das darf man einmal sagen, auch wenn es den Landwirten näher liegt, eher tiefzustapeln. Lasst uns auch das einmal öffentlich aussprechen und akzeptieren und froh sein, dass wir in Westdeutschland an zweiter Stelle liegen.

Damit erzielen die Bauern und Winzer in unserem Bundesland im Durchschnitt das zweitbeste Betriebsein

kommen aller Kollegen in den westdeutschen Flächenländern. Das ist ein Ergebnis, das aufgrund der historisch bedingten Wettbewerbsnachteile für RheinlandPfalz von besonderer Wichtigkeit ist und nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.

Weinbau und Landwirtschaft haben hierbei mit unserem Landwirtschafts- und Weinbauminister, Herrn Hans-Artur Bauckhage, einen starken Fürsprecher.

(Beifall der FDP und der SPD)

Durch die zielgerichtete Förderung unserer heimischen Landwirtschaft – der Minister hat sich bereits dazu geäußert; er will sie in ihren wesentlichen Teilen und Strukturen beibehalten – im Hinblick auf eine nachhaltige Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene haben sich die Einkommen der landwirtschaftlichen Betriebe über die letzten Jahre betrachtet erhöht. Meine Aussage will ich mit zwei Zahlen belegen. Betrug im Wirtschaftsjahr 1993/1994 der durchschnittliche Gewinn eines Haupterwerbsbetriebs in Rheinland-Pfalz noch umgerechnet 20.700 Euro, so stieg dieser bis zum Wirtschaftsjahr 2002/2003 auf 32.662 Euro an.

Die positive Entwicklung in Rheinland-Pfalz im Wirtschaftsjahr 2002/2003 ist vor allem durch gestiegene Erlöse im Weinbau und im Bundesvergleich nur geringe Erlöseinbußen im Ackerbau bedingt. Der Weinbau hat ein ganzes Stück dazu beigetragen. In Rheinland-Pfalz kommt dem Weinbau – das wissen wir alle – als größtem Weinbau treibenden Bundesland eine ganz besondere Bedeutung zu. In Rheinland-Pfalz erreichten die weinbaulichen Haupterwerbsbetriebe 2002/2003 im Durchschnitt einen Gewinn von 32.284 Euro. Dies entspricht einem Anstieg gegenüber dem Vorjahr um 15 %.

Dieser Gewinnanstieg ist vor allem durch einen Anstieg der Fassweinpreise bedingt gewesen. Weiterhin dürfte zur positiven Einkommensentwicklung bei den Weinbaubetrieben der steigende Anteil roter Rebsorten bei der Weinvermarktung beitragen.

Zwischen den wichtigsten Weinbaugebieten in unserem Land bestehen jedoch signifikante Unterschiede hinsichtlich der durchschnittlichen Gewinnhöhe. Lagen die Gewinne in den Anbaugebieten Pfalz und Rheinhessen mit 40.300 Euro bzw. 37.700 Euro weit über dem Bundesdurchschnitt, so betrug der Gewinn im Anbaugebiet Mosel-Saar-Ruwer lediglich 21.000 Euro.

Bedingt dürfte dies vor allen Dingen durch die unterschiedlichen Betriebsgrößen und auch Vermarktungsstrukturen sein. Auch der Anteil roter Rebsorten ist hier erheblich niedriger als in den beiden südlichen Anbaugebieten.

Meine Damen und Herren, die Entwicklung ab 2003 lässt aber auch für die Mosel hoffen. So boomt zurzeit der Rieslingabsatz und gerade der Moselriesling auf den internationalen Märkten. Das freut mich ganz besonders. Hier trägt die Kampagne des Weinbauministeriums

hinsichtlich einer Profilschärfung beim Riesling Früchte. Darüber sprachen wir in der Vergangenheit.

(Beifall der FDP)

Problematisch war jedoch im dargestellten Wirtschaftsjahr die Entwicklung in den Milchvieh haltenden Betrieben. Gerade die Höhengebiete in der Eifel sind auf eine rentable Milchviehhaltung angewiesen. Es ist sehr schädlich, wenn die Lebensmitteldiscounter weiterhin einen unnötigen Preisdruck auf die Molkereien ausüben.

Umso wichtiger ist, dass zumindest in der EUAgrarreform die Milchquote bis 2015 verlängert wurde. Da die Milchviehbetriebe in der Eifel in der Regel über eine gute Grünlandausstattung verfügen, bleibt nur zu hoffen, dass über die neue Grünlandprämie die Preisabschläge bei Butter und Magermilchpulver in etwa kompensiert werden können.

Von besonderer Bedeutung für die Höhengebiete in unserem Land ist auch die Ausgleichszulage.

(Billen, CDU: Jawohl!)

Von allen Instrumenten der einzelbetrieblichen Förderung hat sie in den von der Natur benachteiligten Gebieten unseres Landes die größte Breitenwirkung.

(Glocke der Präsidentin)

Ich bin gleich fertig. Für die kleinen und mittleren Milchviehbetriebe hat sie eine enorme einkommensstabilisierende Wirkung. Deshalb ist auch von Bedeutung, dass die Ausgleichszulage im Rahmen des WTOReglements in der „Grünen Box“ eingeordnet wird.

Meine Damen und Herren, ich komme zum letzten Satz. Gestatten Sie mir, dass ich zum Schluss meiner Rede Herrn Landwirtschaftsminister Bauckhage und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern

(Zurufe von der CDU)

den Dank der FDP-Fraktion für die geleistete hervorragende Arbeit im Rahmen der Verhandlungen zur Umsetzung der EU-Agrarreform in Deutschland aussprechen möchte. Ich weiß, um welche Arbeit es sich in der Vergangenheit gehandelt hat. Es war enorme Mehrarbeit. Gestatten Sie, diesen Dank übermitteln zu dürfen. Ich bin mir sicher, dass wir in Rheinland-Pfalz mit der Umsetzung der Agrarreform gut leben können und damit für die Zukunft unserer Landwirtschaft die richtigen Weichen gestellt haben.

Danke schön.

(Beifall der FDP und der SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Billen das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei aller Lobhudelei und bei allem, was so gut läuft, ist man hier bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass jeden Tag in Rheinland-Pfalz vier Betriebe ihre Tore schließen? Aufgrund der hervorragenden wirtschaftlichen Situation tun die das wahrscheinlich. Manche beschreiben das auch als so genannten Strukturwandel. Vier Haupterwerbsbetriebe pro Tag schließen. Herr Dr. Geisen, ich habe gedacht, Sie hätten den grünen Bericht der Landwirtschaftskammer komplett hier zitiert. Das hatten Sie vergessen.

Also nicht nach dem Motto hier verfahren: Es geht uns allen gut, es geht uns so gut, dass die Bauern im Geld schwimmen, und wir brauchen nur noch die Strukturen einigermaßen zu gestalten. – Jetzt kommen wir einmal ein Stück herunter. Richtig ist, dass gemeinsam mit dem Land Rheinland-Pfalz und den Bundesländern ein Stück gegen den Bund, wenn wir ehrlich sind, aber dann im Kompromiss die so genannte Kombilösung durchgesetzt worden ist.

(Staatsminister Bauckhage: Sonnleitner!)

Sonnleitner auch dagegen.

Ich bin ohnehin nicht der Meinung wie Sie, dass immer die Verbände Recht haben. Dazu gibt es unterschiedliche Auffassungen.

Das Kombimodell hat einen großen Vorteil. Es führt im Endergebnis zu weniger Bürokratie, aber erst im Endergebnis, und es führt zu der Flächenprämie. Also unabhängig von dem, was man auf der Fläche bewirtschaftet, gibt es für die Bewirtschaftung der Fläche – man würde es dem Verbraucher besser erklären: Zum Erhalt der Kulturlandschaft – eine Prämie, ein Entgelt. In der Zwischenzeit, bevor wir so weit sind, steigt die Bürokratie, steigt die Verwaltung. Das hat mit der Verwaltungsmodernisierung in Rheinland-Pfalz – das ist für meine Begriffe in Ihrer Regierungserklärung absolut fehl am Platz – überhaupt nichts zu tun. Sie wissen, dass die Verwaltung steigt. Auch die Auflagen werden steigen. Es gibt mehr Verwaltungsaufwand. Wir werden dann zu dem Verhältnis kommen, das jetzt schon schlimm genug ist, dass pro aktivem Bauer irgendwann ein Kontrolleur, ein Verwaltungsbeamter, daneben steht. Da wollen wir nicht hin. Aber im Endergebnis spart es Verwaltung und spart wahrscheinlich auch Kontrolle, aber leider erst im Endergebnis.

Jetzt kommt der Punkt, worüber hier am wenigsten diskutiert wird.

Herr Minister, ich wollte Ihnen aber noch sagen: Das ist natürlich kein Kulturlandschaftsprogramm mit den Prämien, wie Sie das darstellen. Ein Kulturlandschaftsprogramm ist etwas ganz anderes. Dabei reden wir von ganz anderen Punkten. Hier reden wir von einer Flächenprämie. Sie könnten noch sagen: Mit der Ausgleichszulage – ich habe zur Kenntnis genommen, dass diese verbindlich für den nächsten Haushalt wieder zugesagt ist – sattle ich in den strukturbenachteiligten Gebieten noch etwas drauf zum Erhalt der flächen

deckenden Bewirtschaftung. Aber ein Kulturlandschaftsprogramm ist das bei weitem nicht. Da stellen wir uns doch etwas ganz anderes vor. Darüber müssten wir dann gesondert diskutieren.

Wenn Sie sagen: Die Freiheit der Bauern nimmt zu, – dann ist das so nicht richtig. Die Freiheit des Bauern bestand auch jetzt anzubauen, was er wollte. Er hat seinen Anbau nur danach ausgerichtet,

(Staatsminister Bauckhage: Nach der Förderung; ist doch ganz klar!)

wo es denn mehr Geld gibt. Das war nicht immer – da haben Sie vollkommen Recht – sinnvoll. Aber Frau Kiltz hat natürlich mit einer Bemerkung auch Recht. Das habe ich Ihnen eben schon gesagt. Es kommt natürlich auch zu dem Ergebnis, dass, wenn man gute Böden hat, und die Mehrfachbenutzung macht, die man jetzt mehr oder weniger mit 8 % stilllegen muss, das nicht so ganz besonders sinnvoll am Markt ist. Aber wenn man dann die schlechten Strukturen, die wir haben – damit meine ich auch die Bodenordnung –, ein Stück abschreibt und sagt: Wir bewirtschaften nur noch dort, wo es optimalen Sinn macht, und in den anderen Gebieten machen wir Pflege, – dann ist das nicht das Ziel der CDU-Fraktion. Das Ziel der CDU-Fraktion ist und bleibt eine flächendeckende Landbewirtschaftung und kann nicht sein, zu sagen: Ein Großteil der Fläche wird einfach nur gepflegt. – Dann kommt man zu dem Punkt der CrossCompliance-Richtlinie. Der ist ganz entscheidend. Wenn wir nämlich bei den Cross-Compliance-Richtlinien vergessen zu sagen, die Fläche muss bewirtschaftet werden, und sagen, nur eine Mulchmähung reicht, dann sind wir im Endergebnis dort, wo wir sicher nicht hin wollen. Dann sind wir nämlich da, dass es den goldenen Mulcher gibt. Den wollen wir nicht. Wir wollen eine Bewirtschaftung. Es gibt die Möglichkeit der flächendeckenden Bewirtschaftung.

Zur Zuckermarktordnung, glaube ich, ist eigentlich alles gesagt. Ich bin dabei auch ähnlich hoffnungsfroh wie Herr Minister Bauckhage.

Bei der Tabakmarktordnung muss man natürlich sagen: Wenn es so bleibt, wie es jetzt beschlossen ist, dann kann man sagen, im Moment sind es keine Brüche, aber im Endergebnis ist der Tabakbauer nicht mehr in der Lage, in Rheinland-Pfalz wirtschaftlich Tabak anzubauen. Das hat meine Kollegin bereits gesagt. Der Bruch kommt dann im Jahr 2006 und nicht im Jahr 2004 oder im Jahr 2005. Also muss man dort noch etwas tun.

Frau Kiltz, Herr Minister, wenn hier die Marktnähe zu den Ballungsräumen angeführt wird, dann müssen Sie bereit und in der Lage sein, zur Kenntnis zu nehmen, wie die Vermarktungsstrukturen landwirtschaftlicher Produkte in Deutschland, EU-weit, weltweit laufen. Dann wissen Sie, dass die Marktnähe zu den Ballungsräumen nur dann Sinn macht, wenn man Direktvermarktung durchführt. Denen helfe ich damit. Allen anderen helfe ich damit nicht, weil ich eine ganz andere Vermarktungsstruktur habe. Frau Kiltz kann das hier 100 Jahre beten. Der Großteil der Verbraucher kauft die Lebensmittel dort, wo er sie am preiswertesten aus seiner Sicht bekommt. Darum ist auch die Diskussion über manche