Protokoll der Sitzung vom 09.09.2004

(Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, Frau Grützmacher, das ist so, wenn Sie auch staunen.

Damit entfallen auf einen durchschnittlichen DreiPersonen-Haushalt mit 3.500 Kilowattstunden Jahresverbrauch rund 40 % seines Strompreises auf Steuern, Abgaben und Umlagen.

Ohne diese dramatische Steigerung der Steuern, Abgaben und Umlagen wäre der durchschnittliche Strompreis eines Drei-Personen-Haushaltes heute nicht nur wesentlich geringer als im Jahr 1998,

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Woher wissen Sie das?)

er wäre sogar dank der Liberalisierung am Strommarkt um 14 % niedriger, die uns eine Entlastung von 20 Milliarden Euro gebracht hat und der durch die Steuern und Abgabenbelastung wieder mit mehr als 12 Milliarden Euro belastet wurde, meine Damen und Herren.

Herr Kollege Dr. Braun, ich sage immer, man kann regenerative Energien sicher über den Strompreis fördern. Das ist sicherlich möglich. Wenn man dieses Instrument aber überzieht, wie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dies immer tun, darf man sich natürlich nicht wundern, dass

diese Kosten auch in den Strompreis eingehen und einen Teil der Strompreiserhöhungen ausmachen.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sagen Sie einmal, wie viel das ausmacht!)

Ich werde im zweiten Teil meiner Rede noch näher darauf eingehen, was zu tun ist, um die Strompreiserhöhungen zu begrenzen. Frau Kollegin Thomas, ich möchte Ihnen sagen, die angekündigten Erhöhungen der Preise für Strom und Gas würden Mehrkosten für den privaten Haushalt in Höhe von 105 Euro jährlich verursachen. Wenn man die Steuerreform, die zum 1. Januar 2005 in Kraft treten soll, was wir alle hoffen, berücksichtigt, würde ein Vier-Personen-Haushalt um 60 Euro entlastet werden. Wir sehen also, dass das, worüber wir reden, dramatisch ist. Das heißt, wir würden den Menschen weiterhin Kaufkraft entziehen. Dies halten wir für falsch.

(Beifall der FDP und der SPD – Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So ein Quatsch!)

Für die Landesregierung spricht Herr Staatssekretär Eymael.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Ich möchte einige Anmerkungen zur Entwicklung der Strompreise machen. Es ist einiges bereits gesagt worden. Die staatlichen Belastungen sind in den vergangenen Jahren gewachsen, insbesondere die Förderung erneuerbarer Energien, letztlich durch die Novellierung des EEG zum 1. August 2004. Die Mehrkosten für die Verbraucher betrugen nach Angaben des Verbandes der Stromwirtschaft schon 2003 rund 1,9 Milliarden Euro. Die Belastung hat sich damit seit dem In-Kraft-Treten des EEG mehr als verdoppelt. RWE weist im Übrigen ebenfalls auf diesen Umstand hin.

Die wesentliche Ursache für die gestiegene Belastung der Netznutzung ist das von mir eben zitierte EEG, das am 1. August 2004 novelliert worden ist. Es verursacht nämlich höhere Netznutzungsentgelte im Hochspannungsnetz. Deswegen steigen voraussichtlich die Netznutzungsentgelte im Bereich des RWE zum 1. Januar 2005. Diese Entwicklung wird sich voraussichtlich auf die Preise der Endkunden auswirken. Entsprechende Preisanträge müssen bis zum 1. Oktober 2004 gestellt werden, wenn die Erhöhung der allgemeinen Tarife zum 1. Januar wirksam werden soll.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich rede nicht den höheren Strompreisen das Wort, ganz im Gegenteil. Wir werden als Strompreisgenehmigungsbehörde sehr genau darauf schauen, wie die Preiserhöhungen begründet werden. Die Entwicklung steigender Preise für die Netznutzung durch erneuerbare Energien

wird im Übrigen – das deutet sich in den Verlautbarungen verschiedener Energieversorger an – bundesweit stattfinden.

Dies wirkt sich auf den Wirtschaftsstandort Deutschland negativ aus. Industrieverbände verweisen auf die nachteilige Wirkung steigender Strompreise und auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie. In den energieintensiven Unternehmen, so schätzen Manager der Industrie heute, sind durch die hohen Strompreise über 6.000 Arbeitsplätze in Gefahr. Damit wird dem Wirtschaftsstandort Deutschland vielleicht auch aus ideologischen Zielen Schaden zugefügt.

Meine Damen und Herren, deswegen gilt für mich der Leitsatz: So viel Staat wie nötig, so viel Markt wie möglich. – Dies muss auch im Energiebereich die Leitlinie sein. Deswegen müssen wir – darauf ist schon mehrfach hingewiesen worden – bei dem neuen Energiewirtschaftsgesetz sehr genau darauf achten, wie es ausgestaltet wird. Es ist klar, dass die Märkte für Strom und Erdgas mit dem natürlichen Monopol im Bereich der Netze einer Kontrolle bedürfen. Es kommt darauf an – die Diskussion findet gerade statt –, die Regulierung möglichst zielgenau und effizient auszugestalten. Die Netze müssen wirksam und effizient reguliert werden.

Ansonsten brauchen wir Wettbewerb in den Energiemärkten. Das ist die beste Wirtschaftspolitik und letztlich auch der beste Verbraucherschutz.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tun Sie einmal etwas dafür!)

Wir haben heute im liberalisierten Strommarkt Wettbewerb beim Verkauf des produzierten Stroms. Die Leipziger Strombörse EEX schafft ein hohes Maß an Transparenz. Die Preise, die sich dort bilden, sind Ausdruck von Angebot und Nachfrage. Übrigens sind die Preise höher geworden.

Der Wettbewerb für die leitungsgebundenen Energieträger Strom und Erdgas funktioniert aber noch nicht so, wie wir uns dies alle wünschen. Im Bereich der Netze muss es Verbesserungen geben. Die Ausgestaltung der Regulierung ist entscheidend für die Funktionsfähigkeit der Märkte für leitungsgebundene Energien.

Meine Damen und Herren, welche Ziele haben wir in der Energiepolitik? – Sicherheit – das hat der Fall Trier gezeigt –, Preiswürdigkeit und Umweltverträglichkeit. Um dies zu erreichen, müssen die Wettbewerbsbedingungen in den Energieversorgungsnetzen gestärkt werden.

Hierzu hat die Bundesregierung mit dem Entwurf eines neuen Energiewirtschaftsgesetzes nun einen Vorschlag vorgelegt, der sich derzeit in der Beratung im Bundesrat befindet. Rheinland-Pfalz wird sich im Zusammenhang klar positionieren. Auch für die Netze gilt, so viel Staat wie nötig, so viel unternehmerische Freiheit wie möglich. Nach meiner Auffassung müssen die Länder die Kompetenz für die Netzregulierung im Verteilungsbereich erhalten.

Eine überbordende Regulierung mit einer Mammutbehörde muss vermieden werden. Deshalb sind beispiels

weise Eingriffe über das durch EU-Recht vorgeschriebene Maß hinaus zu vermeiden. Deswegen müssen die Länder in die Umsetzung des Gesetzes eingebunden werden. Das ist einerseits durch die besondere Missbrauchsaufsicht über die Preise der Grundversorgung für Verbraucher gegeben, es darf aber auch keine übermäßige Regulierung der Netze geben.

Deswegen setzt sich Rheinland-Pfalz für die Beteiligung der Länder an der Netzregulierung ein. Eine sachgerechte und effiziente Regulierung der Netze wird auch zu funktionierendem Wettbewerb um die Stromkunden führen. Wir müssen genauso darauf achten, dass unsere Energieversorgung sicher bleibt. Allein niedrige Preise dürfen nicht das Ziel sein. Preisgünstigkeit, Umweltverträglichkeit und Sicherheit sind gleichwertig zu beachten.

Mir wurde der Umweltschutz in Form der Förderung erneuerbarer Energien in den vergangenen Jahren zu sehr in den Vordergrund gestellt. Wir müssen jetzt auch wieder die Energiepreise und die Sicherheit der Energieversorgung stärker beachten; denn die Energieversorgung ist vor allen Dingen ein Bestandteil der Daseinsvorsorge und ein wichtiges Rückgrat der wirtschaftlichen Entwicklung. Wir wollen eine positive wirtschaftliche Entwicklung in diesem Land.

(Beifall der FDP und bei der SPD)

Herr Dr. Braun, bitte.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ein solches Blabla haben wir selbst aus dem Wirtschaftsministerium selten gehört, Herr Eymael.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Können Sie vielleicht in einigen Worten später einmal zusammenfassen, was Sie gesagt haben? – Wir wollen sichere Netze, wir wollen günstige Preise, wir wollen Liberalisierung, wir wollen aber die Konzerne nicht so sehr überwachen.

Ich habe Sie eigentlich aufgefordert, heute dazu Stellung zu nehmen, wie Sie als Landesregierung diese ungerechtfertigte Abzocke der Stromkonzerne beurteilen!

(Zurufe von der SPD)

Sie haben kein einziges Wort dazu gesagt. Sie haben sich in ein Blabla gerettet, das wirklich einer politischen Diskussion völlig unwürdig ist, Herr Eymael.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Kuhn, FDP)

Herr Kuhn, Herr Creutzmann hat es nicht viel besser gemacht. Aber er ist zum Glück nicht in der Regierung. Das hätte ein FDPler, der eine liberale Politik vertreten möchte, auch anders sagen können, vor allem, wenn es

darum geht, beim neuen Energiewirtschaftsgesetz die Preisaufsicht entsprechend zu gestalten. Wenn Sie Konkurrenz haben wollen – ich dachte, Liberale wollen zumindest Konkurrenz innerhalb der Marktwirtschaft haben –, dann müssten Sie dafür eintreten und klar sagen, dass Sie den Bayernvorschlag innerhalb des Bundesrats unterstützen. Wenn Sie das hier eindeutig erklären, bin ich damit zufrieden, aber nicht diese „Herumgeeierei“. Das bringt in der politischen Diskussion überhaupt nichts. Sie müssen sich da schon festlegen, Herr Eymael.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hartloff, SPD: Sie wissen, was das für die kleinen Stadtwerke bedeutet?)

Herr Wirz – Herr Eymael hat es auch gesagt –, was Sie hier an Scheinargumentation mit dem EEG, also mit den erneuerbaren Energien, aufmachen, ist völlig falsch. Innerhalb des letzten Jahres sind die Einspeisung der erneuerbaren Energien und die dafür gezahlten Preise kaum gestiegen. Wir haben eine Steigerung des Strompreises über die erneuerbaren Energien von 2003 auf 2004 um nicht einmal 0,5 %.

(Creutzmann, FDP: Von 1998 bis 2004!)

Ich habe nicht Ihre Zahlen kritisiert. Die Zahlen seit 1998 stimmen ja.

(Creutzmann, FDP: Ach ja!)

Aber es ist die zweite Preiserhöhung in diesem Jahr, gegen die wir uns wenden. Diese Preiserhöhung ist ungerechtfertigt. Sie kann so nicht begründet werden.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hat damit doch auch gar nichts zu tun!)

Auch die Ökosteuer bzw. die Stromsteuer darauf ist nicht gestiegen. Die Konzessionsabgabe ist nicht gestiegen. Auch die Mehrwertsteuer ist in diesem Zeitraum nicht gestiegen. Alle Argumentationen, die Sie hier vorgebracht haben, brav dem Konzern nachgebetet, Herr Wirz, stimmen nicht. Sie stimmen nicht. Dann informieren Sie sich doch bitte auch einmal kritisch und versuchen nicht nur, die Stromkonzernangaben und -argumentationen nachzubeten.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Frau Mohr, SPD)

Ich sage ganz deutlich, ich habe in diesem Parlament erwartet, dass das Parlament den Verbrauchern den Rücken stärkt, nicht nur den normalen Endverbrauchern und Haushaltsverbrauchern, sondern auch den Industrieverbrauchern. Das können wir nur, indem wir deutlich sagen,