Protokoll der Sitzung vom 20.01.2005

Ich möchte das Wort von Herrn Marz von gestern aufgreifen, dass es schon ein ungewöhnlicher Vorgang ist, den wir erleben. Es geht im Kern darum – wenn man die Überschrift unseres Antrags liest –, dass wir wollen, dass die Mitwirkungsrechte der Parlamente in diesem europäischen Prozess gesichert werden.

Der Ausschuss der Regionen ist unser Sprachrohr auf europäischer Ebene für die Regionen. Da gab es eine Vereinbarung zwischen der Landesregierung und dem Parlament, dass man gesagt hat, der eine Vertreter des Landes im Ausschuss der Regionen kommt von der Landesregierung – da vertrat uns Herr Klär – und der andere kommt vom Parlament, da haben Sie uns vertreten, da hat uns Frau Morsblech bis zur Hälfte der Legislaturperiode vertreten. Sie haben die Arbeit sehr gut gemacht.

Sie hatten natürlich Informationsvorsprung als Vertreter im Ausschuss der Regionen. Wir haben uns als Oppos ition gefreut, dass Sie uns auf dem kleinen Dienstweg immer über E-Mails informiert haben über die Arbeit, die Sie vor Ort gemacht haben. Wir hoffen, dass das genauso bleibt. Ich gehe einmal davon aus, dass Sie auch als Vertreter der Landesregierung, als zweiter Vertreter der Landesregierung, uns weiterhin gut informieren werden.

(Zuruf des Abg. Dr. Schiffmann, SPD)

Es ist aber so, Sie haben 100 Kollegen. Ich möchte es schon gesagt haben als Abgeordneter, dass ich mich gefreut hätte, wenn auch ein Mitglied des rheinlandpfälzischen Landtags nach wie vor im Ausschuss der Regionen unser Land hätte vertreten können.

(Beifall der CDU)

Einen letzten Gedanken möchte ich in der ersten Runde noch ansprechen, der in dem Zusammenhang für meine Begriffe sehr wichtig ist und vielleicht viel zu wenig aus deutscher Sicht beleuchtet wird. Warum ist dieser europäische Prozess gut für die Bundesländer?

Warum wollen wir als Bundesland Rheinland-Pfalz, wollen die 15 anderen Bundesländer, dass dieser Prozess fortgesetzt und vertieft wird?

Sie haben schon den Bogen zur Föderalismusdebatte geschlagen. Wir sind als Landesparlamentarier davon überzeugt, dass Föderalismus eine gute Sache ist.

Es gibt einen Wettbewerb der Ideen auf Bundesebene. Wir sind näher an den Bürgern, als es ein nationales Parlament immer sein kann.

Wir haben es in Deutschland schon schwer, für Föderalismus einzutreten, insbesondere wenn wir mit unseren Kollegen aus dem Bundestag reden.

(Dr. Schiffmann, SPD: Geht es bei Ihnen auch so?)

Es geht bei uns genauso. Das ist parteiübergreifend.

Wir haben es auch noch auf europäischer Ebene schwer. Viele europäische Nationalstaaten sind sehr stark auf Einheitlichkeit hin ausgerichtet gewesen und sind es noch.

Der deutsche Weg, einen Staat föderativ aufzubauen, ist in dem einen oder anderen Staat immer mit sehr großer Skepsis beobachtet worden.

Die Europäische Union ist ein Motor der Regionalisierung der Politiken innerhalb der europäischen Staaten gewesen.

Wenn wir uns anschauen, wie mit einfachen Dingen, wie Förderprogrammen, Initialzündungen gelegt worden sind in ursprünglich sehr zentralistischen Staaten, regionale Strukturen zu entwickeln, und welche hervorragenden Ansprechpartner wir als Bundesländer auf einmal auf regionaler Ebene in anderen, ursprünglich zentralistisch regierten europäischen Staaten haben, dann ist das eine wichtige Grundlage für unsere Föderalismusdiskussion in der Bundesrepublik Deutschland.

Wenn ich mir anschaue, wie zum Beispiel in einem Staat wie Großbritannien durch die Europäische Union durch das, was dort grundgelegt worden ist, eine Gesetzgebung Fuß gegriffen hat, dass es eine Devolution gibt, dass regionale Strukturen entstehen und wir auf einmal als Gesprächspartner ein schottisches Parlament haben, das sehr selbstbewusst auftritt und an der Spitze der regionalen Parlamente vehement für Europa und für die

Regionen in Europa gefochten hat, dann haben wir plötzlich Gesprächspartner gefunden.

Wir sind nicht mehr mit den deutschen Bundesländern allein auf europäischer Ebene, wenn es um Regionen geht, im Gegenteil, es ist ein großes Konzert regionaler Politiker geworden, die nahe bei den Bürgern sind, die für Ideenwettbewerb eintreten.

Es ist unsere Aufgabe als Land mit der Landesregierung, mit Herrn Klär und mit Ihnen im Ausschuss der Regionen, aber auch eine wichtige Rolle für uns als Land in diesem Parlament, dass wir eine starke Stimme spielen in diesem Konzert.

Insofern hoffe ich, dass wir auf einem guten Weg sind, auch über die Parteigrenzen hinweg, auch wenn wir uns manchmal ein bisschen ärgern, weil wir das Gefühl haben, dass Anspruch und Wirklichkeit noch ein bisschen enger zusammengeführt werden könnten.

Das ist aber auch Aufgabe der Opposition, an solchen Stellen den Finger in die Wunde zu legen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Geisen.

Verehrte Frau Präsidentin, verehrte Damen, meine Herren! „Ein Fundament für die Union“, so titelte am 24. Juni 2004 die renomierte „FAZ“ über die von den Staats- und Regierungschefs auf ihrem Treffen im Frühsommer letzten Jahres beschlossenen EU-Verfassung.

In der Tat wird mit der EU-Verfassung dem europäischen Einigungsprojekt ein dringend benötigtes Fundament gegeben, das die Fliehkräfte des größer werdenden Europas auszuhalten imstande ist.

Die Einigung auf eine gemeinsame Verfassung für das wieder vereinte Europa war bekanntlich ein hartes Stück Arbeit. So galt es unter anderem auch, die berechtigten Interessen der Beitrittskandidaten an diesem Verfassungsdokument zu berücksichtigen.

Mit der Europäischen Verfassung werden die Vertragsdschungel gelichtet, die Verfahren vereinfacht sowie institutionelle Neuerungen eingeführt, welche die Handlungsfähigkeit der EU signifikant verbessern.

Schon frühzeitig hat der rheinland-pfälzische Landtag sich in seinen Anträgen mit den Zielsetzungen des EUVerfassungskonvents befasst. So waren sich Sozial-, Christdemokraten und Freidemokraten in ihrem Antrag vom 26. August 2002 darin einig, dass die grundlegenden Werte, die Zuständigkeiten der EU und die Entscheidungsverfahren in einem Verfassungsdokument klar und eindeutig niedergelegt werden müssen, um

damit den Bürgerinnen und Bürgern die Grundlagen der Europäischen Union zu verdeutlichen.

Dies kann ein wesentlicher Beitrag zur besseren Akzeptanz und zu einer stärkeren demokratischen Legitimation des wachsenden Europas sein. Die EUVerfassung trägt diesem Wunsch Rechnung.

Dies begrüße ich ausdrücklich im Namen der FDPLandtagsfraktion. Deshalb ist es auch richtig und sinnvoll, den Vertrag für eine Verfassung für Europa seitens des Landtags offiziell zu begrüßen und sich für die rasche Ratifizierung in Deutschland und in den anderen EU-Staaten einzusetzen.

Dies ändert jedoch nichts an der Auffassung der FDP, dass nach der Ratifizierung der EU-Verfassung durch den Deutschen Bundestag letztlich das deutsche Volk über dieses völkerrechtliche Dokument hätte abstimmen sollen.

Als Parlamentarier begrüße ich ausdrücklich, dass das Europäische Parlament in seinen Kompetenzen umfassend gestärkt wird. Die EU-Kommission unterliegt durch die Wahl ihres Präsidenten im Parlament einer stärkeren Anbindung an den politischen Willen der EU-Bürger. Hiervon wurde bekanntlich bei der Wahl der jetzigen EUKommission im Herbst letzten Jahres schon Gebrauch gemacht, als EU-Kommissionspräsident Barroso seinen ersten Entwurf auf Druck des Europaparlaments zurückziehen und abändern musste.

Die Bürger in Deutschland und in den anderen EUStaaten merkten spätestens jetzt, dass sie mit ihrer Stimmabgabe bei der Europawahl durchaus Einfluss auf die Zusammensetzung der sehr bedeutsamen EUKommission nehmen können. Aus diesem Grunde hoffe ich – darin sind sich wohl alle im Landtag vertretenen Fraktionen einig –, dass bei der nächsten gesamteuropäischen Stimmabgabe im Jahr 2009 die Wahlbeteiligung wieder etwas höher liegen wird als 2004.

Aus liberaler Sicht ist von besonderer Bedeutung, dass mit der Verankerung der Charta der Grundrechte und mit der Konstituierung einer Unionsbürgerschaft die Bürger auf europäischer Ebene umfassende Rechte erhalten. Hierdurch ist es gelungen, die Rechtsverbindlichkeit und Einklagbarkeit der europäischen Grund- und Menschenrechte zu garantieren. Für die FDP-Landtagsfraktion begrüße ich ausdrücklich auch, dass in dem Verfassungsvertrag die Stellung von Regionen und Kommunen in der EU gestärkt wurde.

(Beifall der FDP und der SPD)

Gerade für mich als Landespolitiker ist es von besonderer Bedeutung, dass dem Ausschuss der Regionen zur Wahrung seiner Rechte ein Klagerecht eingeräumt wurde.

Vor dem Hintergrund knapper Kassen ist es wichtig, dass die EU-Kommission künftig bei der Vorlage ihrer Gesetzesvorschläge die finanziellen Belastungen und den Verwaltungsaufwand auch der regionalen und lokalen Behörden ausdrücklich berücksichtigen muss. So besteht die Chance, in Zukunft von die Bürokratie för

dernden und Kosten treibenden Verordnungen und Richtlinien aus Brüssel etwas mehr verschont zu bleiben. Aus liberaler Sicht ist es grundsätzlich von Bedeutung, alle Gesetzesvorschläge einer gründlichen KostenNutzen-Analyse zu unterziehen.

(Beifall der FDP und bei der SPD)

In diesem Sinn geht die EU-Verfassung in die richtige Richtung.

Alles in allem kann die FDP-Fraktion mit der jetzt verabschiedeten EU-Verfassung ganz gut leben, wobei man natürlich betonen muss, dass sich bei einem solchen Kompromiss, den diese zweifelsohne darstellt – immerhin musste bei dem Vertragstext sowohl zwischen 25 Nationen als auch zwischen den beiden großen politischen Lagern im Parlament sorgsam austariert werden –, immer einige Kritikpunkte finden. Persönlich hätte ich mir als gläubiger Christ, aber auch aus anderen Erwägungen heraus in der Präambel der Europäischen Verfassung ein klares Bekenntnis zum Christentum und die Erwähnung Gottes gewünscht,

(Beifall der FDP und bei der CDU)

hätte dieses nicht geradezu die gegenseitige Toleranz aller europäischen und europawilligen Völker zu der jeweiligen Gottesvorstellung ins Gleichgewicht gebracht? - Hier wurde in meinen Augen eine Chance verspielt. Der christliche Glaube ist meiner Auffassung nach die Klammer, die gerade auch das größer gewordene Europa zusammenhalten kann.

Dank sagen möchte ich an dieser Stelle Herrn Ministerpräsidenten Kurt Beck für die am 30. Juni 2004 gegebene Zusage, den rheinland-pfälzischen Landtag im Rahmen der Möglichkeiten des Frühwarnmechanismus zur Überwachung des Subsidiaritätsprinzips zu beteiligen.

(Dr. Weiland, CDU: Jetzt ist er leider gar nicht da! Bedanken Sie sich doch schon mal beim Stellvertreter! – Staatsminister Bauckhage: Keine Verleumdung hier!)

Wir von der FDP-Fraktion begrüßen es übrigens auch ausdrücklich, dass alle Fraktionen des rheinlandpfälzischen Landtags, auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den heutigen Antrag „EUVerfassungsvertrag rasch ratifizieren – Mitwirkung des Parlaments sichern“ mittragen. Ich danke Ihnen dafür.

Lassen Sie mich zum Schluss noch ganz herzlich unserem Kollegen Dr. Schiffmann für das gute Miteinander danken. Die FDP-Fraktion wünscht Ihnen alles Gute für die zukünftige Arbeit, Herr Dr. Schiffmann.