Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Landesgesetz zur Einrichtung einer Härtefallkommission – Drucksache 14/3909 – ist in der 91. Plenarsitzung am 17. März 2005 in erster Lesung beraten worden. Es wurde an den Innenausschuss – federführend – überwiesen.
Der federführende Innenausschuss hat in seiner 35. Sitzung am 12. April 2005 zu dem Gesetzentwurf eine Aussprache durchgeführt. Mit den Stimmen der Vertreter der Fraktionen der SPD, der CDU und der FDP gegen die Stimme des Vertreters der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Ausschuss beschlossen, dem Landtag die Ablehnung des Gesetzentwurfs der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksachen 14/3909/3963 – zu empfehlen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Wir haben diesen Gesetzentwurf zur Einrichtung einer Härtefallkommission eingebracht, weil die Landesregierung zwar von ihrer Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, eine solche Härtefallkommission im Wege einer Verordnung einzurichten, was ich grundsätzlich begrüße, aber bei der konkreten Umsetzung sind nach uns e
Der erste Punkt ist die Zusammensetzung. Sie haben es versäumt, wichtige Gruppierungen, wichtigen Sachverstand zu diesem Thema mit einzubeziehen. Auf der anderen Seite – diese Frage ist übrigens aus der ersten Lesung auch noch nicht beantwortet – haben Sie andere mit einbezogen, bei denen man zumindest ein Fragezeichen anhängen kann. Ich hatte damals gefragt: Was sind die spezifisch unterschiedlichen Interessenlagen des Landkreistages und des Städtetages in dieser Hinsicht, warum müssen also beide beteiligt sein, und warum reicht nicht eine Vertretung der kommunalen Spitzenverbände, damit die Kommission nicht zu groß wird?
Der zweite Punkt bezieht sich auf das Verfahren bzw. auf die Abstimmungsmodalitäten. Sie sehen eine Zweidrittelmehrheit vor. Das ist nach unserer Auffassung nicht notwendig und baut unnötige Hürden für die betroffenen Flüchtlinge auf.
Lassen Sie mich an dieser Stelle auch sagen: Wir reden hier nicht über die große Zahl von zu erwartenden Fällen weder in Ihrem Modell noch in unserem Modell, sondern eher über eine wahrscheinlich sehr übersichtliche Zahl von humanitär begründeten Härtefällen, die wir anders nicht lösen können. Wer mit solchen Fällen schon einmal direkten Kontakt hatte – das hatten schon viele in diesem Hause –, der weiß, wie dankbar man für ein Instrument ist, um solche Fälle lösen zu können.
Der dritte Punkt bezieht sich auch auf eine Hürde, die Sie eingezogen haben, indem Sie sagen, die Befassung mit einem möglichen Härtefall kann nur durch Mitglieder der Kommission selbst initiiert werden.
Wir sagen, es muss einen Zugang geben, der muss nicht völlig offen sein, aber einen Zugang über ein Vorprüfungsverfahren, damit es zumindest im Wege der Vorprüfung möglich ist, dass sich auch von außen Menschen an diese Kommission wenden können.
Nun gut, ich muss zur Kenntnis nehmen, Sie werden diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Wir werden sehr aufmerksam beobachten, ob sich die von Ihnen einzusetzende Härtefallkommission bewährt und wie sie arbeitet, um es dann zu gegebener Zeit beurteilt zu haben.
Lassen Sie mich an dieser Stelle noch eines sagen: Eigentlich sollte unser Ziel sein, dass möglichst keine Fälle Härtefallkommissionen, egal welcher Art, erreichen. Das Zuwanderungsgesetz, das seit dem 1. Januar dieses Jahres in Kraft ist, lässt den Ausländerbehörden durchaus mehr Spielräume, humanitär begründete Fälle in Eigenregie so zu bearbeiten, dass sie im Sinn der Betroffenen bearbeitet werden und nicht ein aufwendiges Härtefall- oder Petitionsverfahren notwendig ist.
Was wir im Moment bei den Ausländerbehörden beobachten, ist ein sehr heterogenes Bild. Es gibt einige Ausländerbehörden – das möchte ich ausdrücklich begrüßen –, die von diesen neuen Möglichkeiten Gebrauch
machen. Es gibt einige Ausländerbehörden, die offenbar noch überhaupt nicht wissen, dass es diese Möglichkeiten gibt oder wissentlich davon nicht Gebrauch machen.
Ich glaube, humanitäre Fälle müssen möglichst geräuschlos, möglichst schnell und möglichst im Sinn der Betroffenen erledigt werden. Sie sollten nicht erst eine Härtefallkommission erreichen müssen, aber wenn sie in eine Härtefallkommission kommen müssen, dann sollte diese Kommission fair zusammengesetzt sein und ein faires Verfahren ermöglichen.
Da habe ich meine großen Zweifel bei dem, was Sie vorhaben. Deshalb haben wir diesen Gesetzentwurf eingebracht.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der ersten Beratung im Plenum und der Behandlung im Innenausschuss sprechen wir heute zum dritten Mal zu dem Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN über ein Landesgesetz zur Einrichtung einer Härtefallkommission in Rheinland-Pfalz.
In den vorgenannten Sitzungen habe ich bereits ausführlich die Stellungnahme der SPD-Fraktion zu diesem Gesetzentwurf dargestellt. Eigentlich ist damit bereits alles Wesentliche gesagt.
Das am 1. Januar dieses Jahres in Kraft getretene Zuwanderungsgesetz sieht die Möglichkeit der Einrichtung von Härtefallkommissionen durch die Bundesländer vor. Rheinland-Pfalz hat sich, wie fast alle Bundesländer, für eine solche Regelung entschieden.
Das ist nicht selbstverständlich. Sie wissen, dass es Bundesländer gibt, die keine Regelung getroffen haben.
Niedersachsen beispielsweise. Hamburg ist das einzige Bundesland, das ein Gesetz verabschiedet. Da muss man wissen, es sieht recht restriktive Regelungen vor, beispielsweise Einstimmigkeit bei den zu treffenden Entscheidungen. Humanitäre Institutionen sind in der Kommission nicht vorgesehen.
Die Aufgabe der Bundesländer besteht jetzt darin, über die Besetzung der Härtefallkommission, deren Verfahrensweise und die Ausschließungsgründe zu befinden. Dazu brauchen wir kein eigenes Gesetz. Die vorliegende Verordnung der Landesregierung regelt dies detailliert.
(Beifall der SPD und der FDP – Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es geht doch um den Inhalt!)
So werden in der Verordnung konkrete Gründe aufgeführt, die die Annahme eines Härtefalls in der Regel ausschließen.
Dazu gehören die Personen, die das Vorliegen eines Ausreisehindernisses selbst verschuldet haben, diejenigen, die unmittelbar vor der Antragstellung illegal, visumsfrei oder mit Besuchsvisum eingereist sind sowie Personen, bei denen ein Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes besteht, und die, bei denen ein Grund vorliegt, der eine Regelausweisung nach § 54 Aufenthaltsgesetz rechtfertigt.
Der Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN macht hierzu beispielsweise keine weiteren Ausführungen, übernimmt vielmehr in § 10 Abs. 3 ausschließlich den bereits im Bundesgesetz vermerkten Ausschließungsgrund: im Fall vorliegender Straftaten von erheblichem Gewicht.
Eine sinnvolle Arbeit der Härtefallkommission ist wohl nur möglich, wenn – das geschieht durch die Auslassungsgründe – definiert wird, was per se kein Härtefall ist. An dieser Stelle wiederhole ich, was ich schon bei der ersten Beratung des Gesetzentwurfs gesagt habe. Es war die rheinland-pfälzische Landesregierung – namentlich der damalige Innenminister Walter Zuber –, die sich für eine Altfallregelung eingesetzt hat. Leider ist diese, wie wir wissen, nicht zustande gekommen.
Es ist aber – das wissen Sie genauso gut wie ich, Herr Marz – nicht möglich, diese nunmehr quasi isoliert auf Landesebene einzuführen, was offensichtlich auch eine Intention des vorliegenden Gesetzentwurfs ist.
Bereits beim letzten Mal habe ich Ihnen im Plenum durchaus ehrenwerte Absichten unterstellt, jedoch auch darauf hingewiesen, dass man mit einem Zuviel des Guten oft das Gegenteil erreicht.
In der Begründung zu § 6 – Sie haben auch darauf hingewiesen – Ihres Gesetzentwurfs schreiben Sie über den vorgesehenen Vorprüfungsausschuss, dieser diene der Beschleunigung des Verfahrens.
Mit diesem Vorprüfungsausschuss und damit auch mit dem sich in der Folge ergebenden Prozedere entsteht ein unnötiger Bürokratie- und Zeitaufwand, der weder im Interesse der Entscheidungsträger und noch weniger im Sinn der davon betroffenen Menschen sein kann.
Fazit: Die Verordnung der Landesregierung regelt in angemessener und praktikabler Weise die Arbeit der Härtefallkommission. Das ausgewogen besetzte Expertengremium – Sie sehen es anders; wir denken, es ist ausgewogen – wird flexibel und unbürokratisch tätig sein.
Die letzte Entscheidung liegt beim zuständigen Innenm inister. Dass die Kommission ebenso wie der Minister sich weitestgehend an integrationspolitischen und humanitären Gesichtspunkten orientieren werden, steht für meine Fraktion außer Zweifel.