Protokoll der Sitzung vom 07.07.2005

Die Landesregierung greift die Hinweise des Rechnungshofs in vielen Fällen auf, leider – möchte ich anmerken – nicht in allen.

Unabhängig davon wären unsere Beratungen ohne die Unterstützung der Regierungsvertreter und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ressorts so nicht möglich gewesen. Dafür möchte ich mich bedanken. Ebenso gilt mein Dank den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen und der Landtagsverwaltung, speziell des Stenographischen Dienstes.

Last but not least möchte ich mich am Ende meines letzten Berichtes, den ich in dieser Legislaturperiode als Vorsitzender der Rechnungsprüfungskommission erstatte, ganz besonders herzlich bei meinen Kolleginnen und Kollegen der Rechnungsprüfungskommission und des Haushalts- und Finanzausschusses bedanken. Bei allen grundsätzlichen Meinungsunterschieden ziehen wir in aller Regel an einem Strang, wenn es um die konkreten Fälle von Verschwendung in den Ressorts und den nachgelagerten Behörden geht; denn an einer unwirtschaftlichen Mittelverwendung haben weder die Regierungsfraktionen noch die Opposition ein Interesse. Ich glaube, dies war eine gute Voraussetzung, um für das Parlament und unser Land gut zu arbeiten.

Meine Damen und Herren, der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt Ihnen, die Landesregierung und den Rechnungshof für das Haushaltsjahr 2003 zu ent

lasten. Bei der Empfehlung, die Landesregierung zu entlasten, hat sich die Vertreterin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wie schon in den Jahren zuvor enthalten. Im Übrigen haben Rechnungsprüfungskommission und Haushalts- und Finanzausschuss einstimmig votiert. Der Bericht und die Beschlussempfehlungen zu den einzelnen Feststellungen des Rechnungshofs liegen Ihnen schriftlich vor. Ich bitte um Ihre Zustimmung dafür.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der CDU)

Vielen Dank an den Berichterstatter.

Ich eröffne nun die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt. Die Fraktionen haben sich auf eine Redezeit von zehn Minuten verständigt. Für die Fraktion der CDU hat Herr Kollege Baldauf das Wort.

(Pörksen, SPD: Er hört bald auf!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herrn Pörksen werde ich den Gefallen, bald aufzuhören, nicht tun,

(Dr. Altherr, CDU: Nur wenn er auch aufhört!)

sondern einiges zu dem Bericht sagen.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden heute der formellen Entlastung zustimmen. Insoweit bestätigt uns auch der Rechnungshofsbericht selbst. Allerdings gibt es unserer Ansicht nach immer auch noch eine zweite Entlastung vorzunehmen, nämlich die politische Entlastung. Dabei können wir Sie leider nicht aus der Verantwortung entlassen. Aus welchen Gründen heraus dies so ist, ist relativ eindeutig dem Bericht zu entnehmen.

Wenn man es sich einfach machen möchte, kann man sich gerade auf das stützen, was der Rechnungshof in den ersten Kapiteln seines Berichts ausführt. Ich möchte es einmal etwas zusammenfassen: Wir haben in dieser Situation seit drei Jahren im Vollzug die Verfassungsgrenze überschritten. Dazu kann man die entsprechenden Zahlen der Schuldenentwicklung des Rechnungshofs heranziehen. Sie zu zitieren, wäre nun etwas viel. Jeder kennt den Bericht. Auf der Zuschauertribüne sitzt im Moment niemand, deshalb erspare ich es mir, nun diese Zahlen vorzulegen. Bisher hat auch keiner widersprochen. Von daher muss ich mir das auch nicht antun.

Insgesamt besteht die Situation – das ist sehr interessant, wird jetzt immer öfter vorkommen und wird sich weiter verdichten, wenn wir auch noch eine Landesentwicklungsgesellschaft haben werden –, dass wir einen immer kleineren Kernhaushalt und immer mehr Randbereiche haben, die dazu führen, dass man den Überblick

nicht mehr behält und man unter dem Strich immer wieder darauf abstellen kann, der Kernhaushalt sei sehr gesund und alles sei sehr gut. Wenn man aber alles zusammenzählt, kommt man auf ganz andere Zahlen. Dabei ist die Verfassungsgrenze insgesamt überschritten, und das wird auch Herr Finanzminister Mittler nicht bestreiten können.

Zu der Entwicklung der Schulden ist viel gesagt worden. Wir haben im Lauf der Plenardebatte auch im Hinblick auf die Bertelsmann-Stiftung eigentlich nur Positives gehört. Das hat mich schon etwas verwundert. Ich habe mir schon überlegt, ob ich vielleicht im falschen Film bin. Dort wurde zum Beispiel nichts zur Pro-KopfVerschuldung gesagt, wenngleich es interessant gewesen wäre, gerade sie zu erwähnen. Herr Mertes hält immer so schön Zettel oder entsprechende Graphiken hoch. Das könnte ich jetzt auch tun, und dann sieht man sehr genau, dass die Entwicklung der Pro-KopfVerschuldung extrem gestiegen ist und so weit über dem Durchschnitt der Flächenländer liegt, dass ich mich ernsthaft fragen muss, ob wir vorher etwas Falsches, vielleicht nicht das Ganze oder vielleicht auch nur ein Märchen gehört haben. Die Zahlen stammen vom Rechnungshof und nicht von uns.

(Beifall des Abg. Schmitt, CDU)

Insgesamt können wir uns dem, was explizit in Nummer 3 des Rechnungshofsberichts zur Haushaltslage in diesem Land beschrieben wird, vollumfänglich anschließen. Es ist im Prinzip auch immer wieder dasselbe. Ich verstehe nicht, dass immer wieder ein Vergleich mit allen möglichen anderen Ländern gezogen wird. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich schaue zu Hause immer nur auf mein Konto, wie viel Geld ich darauf habe. Dabei interessiert mich, wie viel andere haben, eigentlich nur sekundär. Das wird in diesem Fall nicht getan. Das interessiert eigentlich auch nicht. Die hiesige Regierung ist für das hiesige Land zuständig und nicht dafür, ob Bayern, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein oder Sachsen besser oder schlechter sind. Ich sage es einmal anders herum: Wenn man sich auf solche Zahlen zurückzieht, tut es mir immer schon Leid. Man kann nämlich sagen, es gibt Länder, die vielleicht mit ganz anderen Parametern, die nicht erwähnt werden, noch viel schlechter dastehen, aber in die eigene Kasse schaut man nicht so genau hinein. Das halte ich für grotesk. Das muss ich ganz ehrlich sagen. Schließlich gibt es Minister, die ihr Geld dafür verdienen, uns aus der Schuldenfalle herauszuführen und nicht, um uns hineinzuführen.

(Beifall der CDU)

Man könnte das mit allen möglichen Worten natürlich noch auf die Spitze treiben. Dies möchte ich jetzt nicht tun. Schließlich wird Herr Kollege Schnabel auch noch etwas zum Kommunalbericht sagen.

Herr Präsident, ich möchte aber in jedem Fall eines nicht unerwähnt lassen: Vielen Dank für die sehr konstruktive Arbeit. Mir ist dieses Mal aufgefallen – schließlich war ich jetzt auch schon ein paar Mal dabei –, dass sehr viele Altfälle bis auf einige, die Herr Kollege Bracht soeben genannt hat, abgearbeitet worden sind. Die Altfälle

nehmen ab, und das spricht für den Rechnungshof. Das spricht für Ihre Arbeit. Das war wieder sehr interessant und sehr konstruktiv. Ich kann Ihnen nur sagen: Machen Sie bitte weiter so. Es führt zum Erfolg, dass wir sehen, dass unsere Zahlen stimmen und die anderen Zahlen doch etwas verkürzt dargestellt werden, Her Mittler.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Schmitt von der SPDFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie in jedem Jahr haben die Beratungen in der Rechnungsprüfungskommission und anschließend im Haushalts- und Finanzausschuss in einer sehr ruhigen und sachlichen Atmosphäre stattgefunden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle anmerken und werde dies auch noch einmal bei dem Punkt der Ganztagsschulen verdeutlichen, ich hätte mir diese Sachlichkeit auch in der Berichterstattung gewünscht; denn die Beschlussempfehlung entspricht nicht dem, was vorgetragen wurde. Sie können das der vorliegenden schriftlichen Beschlussempfehlung entnehmen. Das ist etwas anderes.

(Beifall der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir waren uns auch wie jedes Jahr weitgehend einig, was die Beurteilung der allgemeinen Haushaltslage und ihre voraussichtliche Entwicklung angeht. Wir stimmen der Analyse des Rechnungshofs zu. Die Situation ist weiterhin äußerst angespannt und bleibt es auch in der Zukunft.

Richtig ist aber auch – das war bisher jedes Jahr so –, dass diese Entwicklung in die allgemeine wirtschaftliche Situation einbezogen werden muss. Sie wissen, 2003 – wir reden über dieses Haushaltsjahr – war bereits von schwacher Konjunktur und schwachem Wachstum geprägt. Dennoch war Rheinland-Pfalz letztendlich noch etwas besser als der Bundesdurchschnitt. Aber das hat uns natürlich für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung nichts genutzt.

Vorhin wurde in diesem Parlament deutlich, was wir an bewussten und gewollten Steuerentlastungen haben, dass wir dies aber auch als Einnahmenausfälle zu verzeichnen hatten. Diese Einnahmeneinbrüche – die Zahlen kennen Sie – haben in den Jahren 2001 bis 2004 für dieses Land 2 Milliarden Euro ausgemacht. Dies muss man bei dieser Bewertung berücksichtigen.

Herr Kollege Bracht, ich sage auch dieses Mal wie in jedem Jahr in Richtung der CDU-Fraktion, das, was Sie jedes Jahr mit realitätsnaher Veranschlagung fordern, ist im Grunde genommen eine Besserwisserei.

Ich sage Ihnen noch einmal, wenn Sie ein besseres Instrument als das des Kreises der Steuerschätzer haben, dann lassen Sie uns doch durch Ihre Glaskugel zum Wohl des Landes schauen, Herr Kollege Bracht. Geben Sie sie her.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Grunde ist das, was der Rechnungshof an Maßnahmenvorschlägen gemacht hat, nicht neu, sondern entspricht dem aus den Vorjahren. Das teilen wir mit der Rechnungsprüfungskommission und dem Haushalts- und Finanzausschuss miteinander.

Was allerdings die konkrete Bewertung dieser allgemeinen Handlungsempfehlungen angeht, sind wir ein ganzes Stück auseinander. Das möchte ich an wenigen Punkten deutlich machen. Ich sage auch, manchmal würde ich mir sogar etwas konkretere Handlungsempfehlungen und Vorschläge wünschen, damit wir uns konkret darüber unterhalten können, was wir denn zum Beispiel mit den Personalausgaben machen. Ich komme jetzt im Einzelnen dazu.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe eben schon gesagt, es ist gar keine Frage, die Verschuldung und Kreditaufnahme ist insgesamt zu hoch. Deshalb bleibt die Verringerung der Neuverschuldung zentrales landespolitisches Ziel. Sie wissen aber, dass das kein rheinland-pfälzisches Spezifikum ist. Es betrifft viele Länder. Hier sind wesentliche Zahlen im Vergleich bereits genannt worden.

Herr Bracht hat eben auch eingeräumt, was ich Ihnen jetzt auch sagen möchte, dass wir in den vergangenen Jahren Ergebnisse vorzuweisen haben. Es ist eben so, dass wir uns inzwischen in der Pro-Kopf-Verschuldung im Vergleich der Bundesländer auf einem guten – was heißt guten, es ist natürlich immer noch schlecht –, aber auf einem fünften Rang befinden.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Wir setzen die wichtige Forderung des Rechnungshofs nach einer strengeren Ausgabendisziplin um. Ich möchte Ihnen noch einmal deutlich machen, was in den Jahren 2001 bis 2006 an Steigerungsraten vorhanden war. Wir hatten eine Steigerungsrate von 0,7 %. Die Empfehlung des Finanzplanungsrats war 1,3 %. Wir haben also im Grunde das, was der Rechnungshof gefordert hat, noch einmal sehr viel härter und strenger durchgezogen.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Natürlich stimmen die Zahlen. Das sind die richtigen Zahlen. Schauen Sie in den aktuellen Doppelhaushalt dieses Landes. Für dieses Jahr sind es minus 0,2 % Ausgabensteigerung, für das nächste plus 0,8 %. Was ist denn das anderes als restriktive Haushaltspolitik? Sagen Sie es doch hier, wenn Sie es wissen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Vor dem Hintergrund muss auch die Entwicklung der Personalausgaben diskutiert werden. Sie wissen, dass

wir als einziges Bundesland in Rheinland-Pfalz mit dem Pensionsfonds Vorsorge getroffen haben, gerade, was diesen schwierigen Bereich der steigenden Versorgungsausgaben angeht. Sie wissen, dass all das, was wir an Vorsorge betreiben, natürlich von dem abgerechnet werden müsste, was wir an Verschuldung und Nettokreditaufnahme brauchen.

Ich sage dies auch mit Blick auf die heute Morgen so viel zitierte Bertelsmann-Studie. Die Empfehlung, nach Hessen zu schauen, denn die hätten Einsparungen im Personalkostenbereich gehabt, macht doch eines deutlich: Im Grunde sind diese Quoten gar nicht mehr vergleichbar. Wir wissen, die Hessen haben 2000 und 2001 den kompletten Hochschulbereich ausgegliedert. Das waren minus 5,4 % weniger Personalausgaben, ohne dass auch nur eine einzige Stelle tatsächlich weggefallen ist.

Meine Damen und Herren, ich komme jetzt zur vierten wichtigen Forderung des Rechnungshofs, nämlich die Investitionen gegebenenfalls noch restriktiver, streng nach Prioritäten zu fahren und gegebenenfalls zurückzustellen. Ich sage Ihnen, aus unserer Sicht muss streng nach Prioritäten unterschieden werden, das heißt auch, die Kosten gegen den gesamtwirtschaftlichen Nutzen zu stellen. Heute Morgen hat nicht nur die BertelsmannStudie deutlich gemacht, Rheinland-Pfalz hat das Geld nicht zum Fenster heraus geworfen, sondern zum richtigen Zeitpunkt gut investiert.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben heute Morgen schon viel über das gesprochen, was wir an Belastungen zu tragen hatten, also Deutsche Einheit und Konversion. Ich bin davon überzeugt, trotzdem stehen wir nicht nur in den Statistiken besser da, als viele uns das in diesem Haus immer wieder glauben machen wollen. Ich sage Ihnen, es ist richtig, was wir zurzeit im Bereich der Investitionen machen. Ich nenne nur die Schlagworte „Ganztagsschule“, „Hochschule“, „Zukunftschance Kinder“.

Es ist ein schmaler Grad der Abwägung, das gebe ich zu. Aber ich sage Ihnen, trotz dieser Haushaltssituation ist er verantwortbar.