Protokoll der Sitzung vom 17.11.2010

Das Wort hat Frau Staatsministerin Malu Dreyer.

(Ministerpräsident Beck: Wer ein anderes System will, soll sich dazu bekennen! – Dr. Altherr, CDU: Einheitskasse! – Ministerpräsident Beck: Nur Privilegien verteidigen!)

Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Das Thema ist eigentlich ein bisschen ernster.

(Beifall bei der SPD)

Ich kann Ihnen sagen, warum wir als Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen über dieses Thema sprechen wollen. Es ist aus meiner Sicht ein einschneidendes Thema.

(Ministerpräsident Beck: Weil es uns umtreibt! – Dr. Schmitz, FDP: Man kann sich nicht auf jedes Niveau begeben! – Pörksen, SPD: Da vorne wird gesprochen!)

Ich habe es vorhin schon einmal gesagt, es ist ein Einschnitt und ein neuer Weg, der begangen wird. Herr Bracht, dieser neue Weg treibt uns um. Ich sage eines ganz ehrlich, vor fünf bis zehn Jahren wäre das mit der CDU nicht passiert. Mit der FDP schon eher, sie hat eine andere Linie. Sie hat ein anderes Klientel, eine andere Wählerschicht. Sie ist für andere Leute zuständig. Sie redet immer und ewig von der Neiddebatte. Das ist wirklich ein grässliches, ein wirklich unterirdisches Argument,

(Dr. Schmitz, FDP: Das sehe ich genauso!)

weil es nicht um Neid geht. Es geht nicht um Neid, Herr Dr. Schmitz, sondern es geht darum, dass bei den Grundbedürfnissen in unserer Gesellschaft jeder Mensch, egal was er verdient, einen Anspruch darauf hat, dass diese Grundbedürfnisse erfüllt werden.

(Beifall der SPD und des Abg. Dr. Schmitz, FDP – Dr. Schmitz, FDP: Jawohl!)

Da ist es egal, ob Sie 10.000 oder 1.000 Euro verdienen. Deshalb sage ich es noch einmal, es ist mehr als ungerecht, wenn eine Pauschale eingeführt wird. Herr Dr. Altherr, Sie wissen ganz genau,

(Pörksen, SPD: Das glaube ich bei dem nicht!)

dass das keine Zusatzprämie ist. Es ist ein Unterschied, ob ich Rentnerin mit 1.000 Euro bin und irgendwann einmal 20, 30 oder 40 Euro Pauschale bezahle,

(Dr. Schmitz, FDP: Der kriegt doch den Sozialausgleich!)

oder ob ich 10.000 Euro verdiene und irgendwann einmal 20, 30 oder 40 Euro Pauschale bezahle.

(Dr. Schmitz, FDP: Das stimmt doch nicht, Frau Ministerin! Der Rentner kriegt es doch bezahlt von der Solidargemeinschaft!)

Herr Dr. Schmitz, ich kann hier nur noch einmal sagen, dass das mit dem Sozialausgleich so nicht stimmt. Unabhängig davon ist der Sozialausgleich – ich werde ihn jetzt nicht erklären, er ist unheimlich kompliziert – eine Gesamterhebung und spricht davon, wenn die Kopfpauschale im Durchschnitt einen bestimmten Betrag erreicht, dann gibt es einen Sozialausgleich. Das heißt, vorher bezahlt der kleine Rentner, bevor er den Ausgleich bekommt,

(Dr. Schmitz, FDP: Nein!)

weil diese durchschnittliche Prozentzahl erst einmal erreicht sein muss.

Einen zweiten Punkt möchte ich noch dazu sagen. Bis 2015 haben Sie den Solidarausgleich finanziert, und zwar aus der Rücklage der GKV. Danach ist der Himmel offen, kann ich nur sagen.

(Zuruf des Abg. Dr. Schmitz, FDP)

Dann, wenn die Probleme richtig anfangen, dann, wenn die Kopfpauschale tatsächlich einmal in Dimensionen geht, bei denen die Menschen wirklich darauf angewiesen sind, dass sie von Anfang an auch eine Entlastung bekommen, steuern Sie um im System und haben heute darauf keine Antwort und kein Geld dafür, wer das bezahlen wird.

Die gleiche Partei, die uns hier erzählt, dass jede Mehreinnahme des Staates in Steuersenkung geht, erzählt gleichzeitig, dass diese Milliardenbeträge des Sozialausgleichs in Zukunft aus Steuern bezahlt werden. Dann hätten Sie es eben bitte auch dezidiert festgelegt, dass es genau so ist und woher diese Steuereinnahmen für diesen Ausgleich kommen werden.

(Beifall der SPD)

Sie sind an dieser Stelle unglaubwürdig.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Ich sage noch einen letzten Satz. Aus meiner Sicht gibt es nur eine sinnvolle Lösung, das Gesundheitssystem auf Dauer zukunftssicher zu machen. Dazu gehört der erste Punkt. Davon bleiben wir alle nicht verschont. Man muss darauf achten, dass die Ausgaben nicht ausufern. Alle Instrumentarien, die Sie jetzt einführen, die dem eigentlich nicht entgegenstehen, sondern die Ausweitung der Leistungen befördern, sind deshalb schon ein Problem.

Der zweite Punkt ist, dass wir die Vermögen mit einbeziehen und wir die getrennten Versicherungsmärkte aufheben. Das ist unsere Bürgerversicherung.

(Dr. Altherr, CDU: Auch steuerfinanziert – – –)

Ein Versicherungsmarkt, viele Versicherungen.

Fangen Sie nicht an mit sozialistischem System. Das ist einfach lächerlich. Es tut mir schrecklich leid. In der ganzen Welt gibt es keinen einzigen Staat, der es sich leistet, ein privates Krankenversicherungssystem neben einem anderen und mit unterschiedlichen Bedingungen zu haben.

(Dr. Enders, CDU: 9 Milliarden!)

Es ist doch nicht das Verdienst der Privatpatienten, dass die GKV nicht ausreichend mit Geld ausgestattet ist, sondern es ist die Ausgrenzung durch den PKV-Markt, der der GKV entzogen wird.

(Zuruf des Abg. Dr. Altherr, CDU)

Das ist das Problem der GKV. Insofern ist doch vollkommen klar, wie die Lösung aussieht.

(Beifall bei der SPD)

Verschonen Sie mich davon zu behaupten, das ist alles sozial, und wir sind alle einer Meinung. Vor ein paar Jahren ist der Kollege von der CSU wegen der Kopfpauschale zurückgetreten. Es gab viele große Worte in der jetzigen Bundesregierung. Am Ende hat er sie mit beschlossen. Genauso läuft es zurzeit in dieser Regierung.

(Zuruf des Abg. Dr. Altherr, CDU)

Große Teile der CDU schlucken eine große Kröte. Das werden sie noch bereuen. Das weiß ich genau.

(Zuruf des Abg. Dr. Altherr, CDU)

Es ist ein unsoziales System, das wir einführen.

(Zuruf des Abg. Dr. Schmitz, SPD)

Bundesweit sind 70 Millionen Versicherte, Bürger und Bürgerinnen betroffen. Das ist nicht gerade ein Klacks. Das ist ein echtes, wichtiges und sozialpolitisches Thema.

(Beifall der SPD)

Jede Fraktion hat noch eine 1 Minute und 50 Sekunden Redezeit zur Verfügung. Ich sehe jedoch keine weiteren Wortmeldungen.

Wir kommen zum dritten Thema der

AKTUELLEN STUNDE

„Kommunen beklagen zu viel Bürokratie, zu hohe Kosten und viele offene Fragen bei der Schulbuchausleihe“ auf Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 15/5147 –

Das Wort hat Frau Nicole Morsblech.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FDP-Landtagsfraktion hat heute eine Aktuelle Stunde zum Thema „Schulbuchausleihe“ beantragt. Wir meinen, es ist ein guter Zeitpunkt, dieses Thema noch einmal zu diskutieren.

Wir haben zum einen mittlerweile sehr deutliche Rückmeldungen aus vielen Kommunen, ein erstes Fazit aus der ersten Runde der Ausleihe. Zum anderen haben wir im Hinterkopf, dass wir in dieser Zeit einen Haushalt beraten, der absichern soll, dass das System so, wie es jetzt eingeführt wurde, weitergeführt wird und der bürokratische Aufwand in dem Maße, wie er vorher von Ihnen in den Konnexitätsvereinbarungen mit den Kommunen festgelegt wurde, weiterhin im selben finanziellen Rahmen fortfinanziert werden soll.