Protokoll der Sitzung vom 15.12.2010

Na ja, ein bisschen Ironie muss in dieser Geschichte noch drinstecken; denn das kann man fast nur noch mit Humor ertragen, was Sie sich da geleistet haben.

(Dr. Mittrücker, CDU: Wenn das Humor ist! Das ist Realität, blanke Realität!)

Oder wie ist es möglich, Grundstücke zu erwerben, um sie im Übergang vom Berater zum Entwickler an den Staat für einen mehr als zehnfachen Betrag zu veräußern? Auch das hätte ich gerne gewusst, wie das geht. Solche Fragen finden sich in dieser Broschüre natürlich nicht wieder. Nur wenn Sie dann auf die letzte Seite gehen, finden Sie den richtigen Hinweis, wie die Antwort lautet; denn auf der letzten Seite steht unten: „Wir machen es einfach“. – So werden diese Fragen beantwortet, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU – Zuruf der Abg. Frau Mohr, SPD)

Als Minister haben Sie mit Ihrem Staatssekretär, heute Finanzminister, eben nichts unternommen, um das Geschachere beim Nürburgring zu verhindern. Das bringt der Untersuchungsausschuss in aller Deutlichkeit zutage. Sie haben nichts unternommen, obwohl Ihnen Stäbe Warnungen zugeschickt haben. Sie haben als Minister mehr unterlassen als unternommen.

Nun haben Sie, Herr Finanzminister, als Wirtschaftsminister den Finanzminister

(Pörksen, SPD: Was denn nun? – Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

Deubel in der Aufgabe beerbt und als Minister der Wirtschaft jetzt die federführende Verantwortung übernommen, haben aus dem Versagen ganzer Regierungsstäbe aber offensichtlich nicht die entscheidenden Lehren gezogen. Schon wieder werden entscheidende Fehler begangen. Daran könnte man nahtlos anknüpfen, dass auch der Ministerpräsident nicht verstanden hat, was zurzeit am Nürburgring immer noch passiert, wieder passiert oder neu passiert – wie auch immer Sie es betrachten wollen.

Die bewiesene Ausgangsbasis – und ich muss das mit ein paar Sätzen so deutlich machen, Herr Minister Hering – ist doch: Diese Regierung hat ohne Zweifel grob

fahrlässig eine Millioneninvestition auf der Basis manipulierter Daten mit einem Etikett „privat“ begonnen, obwohl zu keinem Zeitpunkt eine Bank oder ein echter Investor zur Verfügung stand. Das ist die Ausgangsbasis.

Und was war das Ziel? Neue Attraktionen und das private Engagement mit neuen Betrieben sollten im Ergebnis ein motorsportliches Defizit reduzieren.

So war die Ausgangsbasis. Durch den Motorsport sollten durch neues Engagement mehr Gewinne eingespielt werden, um diese Defizite abzudecken. Das war das Ziel. Die Formel 1 ist – wie wir wissen – in diesen Defiziten nur die Spitze des Eisbergs gewesen. Es wurde nie so genau hinterfragt. Es gab genügend Berater mit Wunschzielauftrag.

Nach dieser Katastrophe für die Region, auch finanziell für das Land, sind Sie dabei, ein zweites Mal entscheidende Fehler zu wiederholen. Ohne sich auch nur ansatzweise mit Wissen und Sorgfalt um den Motorsport zu kümmern, soll jetzt der Motorsport, also eigentlich defizitär, zur Grundlage der Gewinnmaximierung der Attraktionen wie der neuen Betriebe gemacht werden. Es wird genau umgekehrt. Aus dem, mit dem man gestern das Defizit abdecken wollte, wird jetzt die Goldgrube gemacht, um das, was man privat finanzieren wollte, jetzt neu mit Millionengewinnen zu versehen.

Die Konstrukte werden auf den Kopf gestellt. Das soll jetzt auf einmal gehen? – Fragwürdig hoch drei.

Meine Damen und Herren, Investoren von gestern werden zu Zinsgewinnlern und zu Pächtern von heute. Ohne Haftungsrisiko und ohne je im Motorsport engagiert gewesen zu sein, benutzen diese die Rennstrecke als Grundlage zur Auslastung der eigentlichen Privatbetriebe und – ich wiederhole es – auch zulasten der privaten Betriebe, die zurzeit am Nürburgring sind, die sich vor Jahren gegründet haben, nicht nur aus der Hotellerie, sondern die im Motorsport zu Hause sind. Schauen Sie es sich genau an.

Herr Minister, ich kann es Ihnen nicht ersparen. Sie können nicht wegschauen und Ihre Hände in Unschuld waschen oder abtauchen.

(Frau Mohr, SPD: Das macht er gar nicht!)

Das, was in den letzten Tagen aus den Debatten ersichtlich wird, ist, jetzt hat die Verantwortung der Private für eine öffentlich finanzierte Rennstrecke. Das kann nicht gut gehen. Ich sage es Ihnen noch einmal, kümmern Sie sich darum, was dort zurzeit geschieht. Es kann nicht gut gehen.

So ist es eben nicht nur die Betrachtung des Haushalts mit seinen Entwicklungen in den letzten Jahren, sondern auch das ständige Abtauchen, wenn es darum geht, sich für ein Unternehmerland Rheinland-Pfalz an die Spitze einer Bewegung zu setzen, selbst Bewegung zu sein, meine Damen und Herren.

Sie haben als Minister auch Bewegung zu sein.

Ich komme in der Chronologie der letzten Gesetze, die wir im letzten Jahr debattiert und diskutiert haben, zu dem Fazit, dass Sie als Minister mehr unterlassen als unternommen haben.

Meine Damen und Herren, auch am Flughafen Hahn. Eine Entwicklungsgesellschaft zu moderieren, ist zu wenig. Honorare und Pläne wurden finanziert. Private werfen derzeit das Handtuch, haben die Geschäftsführung verlassen. Nicht eine einzige Grundstücksvermarktung steht im Ergebnis. Die Gesellschaft, die dort gegründet wurde, hinter der wir alle im Lande und im Plenum standen, hat in ihrer Wirkung längst nicht das gezeigt, was Sie versprochen haben. Es hat auch etwas mit der Moderation zu tun, auf die man sich offensichtlich nur verlassen hat.

5 Millionen Euro stehen wieder im Gesamthaushalt für die Weiterentwicklung ohne Gegenbuchung. Das kann man auf Dauer nicht aushalten. Auch wegen des Kompetenzgerangels zwischen Innenministerium, Privaten, Gesellschaft am Ort, Entwicklungsgesellschaft Mainz usw. droht es wieder zu versanden.

Ich meine, Sie müssen viel stärker eingreifen und dürfen nicht nur moderieren.

Der Flughafen – das stellen wir alle immer wieder fest – braucht notwendiges privates Kapital.

Herr Minister, wenn es Ihnen in den laufenden Investorenverhandlungen nicht bald gelingt, mit echten Ergebnissen aufzuwarten, muss der Steuerzahler irgendwann wieder gefragt werden oder einspringen. Um solches zu vermeiden, sollten strategische Gespräche mit dem Land Hessen geführt und das zu erwartende Nachtflugverbot in Frankfurt abgestimmt und vorbereitet werden. Das steht vor der Haustür. Ich erwarte in den nächsten zwei Monaten vielleicht sogar eine Entscheidung, die sicher – das wollen wir alle – einen besonderen Schub am Hahn bedeuten kann. Aber es muss vorbereitet werden. Ich meine, es sollte mit dem Partner – die Hessen sind immer noch im Boot – deutlich mit vorbereitet werden.

Meine Damen und Herren, Aufgabe der Wirtschaftspolitik ist es, Einrichtungen der Bildung, Wissenschaft, Forschung und Entwicklung, Orte der Verbindung von Unternehmensgeist und Erfindungsgeist anzuregen, zu fördern und auszubauen. Wo sind die zielgerichteten Wirtschaftsforen auf regionaler oder kommunaler Ebene, um Rheinland-Pfalz als Leistungsland zu entwickeln, als Ideenland zu kreieren? Wo sind diese, wenn ich die Hochglanzbroschüren einmal weglasse?

Die Landesregierung hat in der Entwicklung einer flächendeckenden Breitbandversorgung mehr unterlassen als unternommen. Sie haben sich wieder neue ehrgeizige Ziele gesetzt. Jetzt heißt es schon, im Herbst nächstes Jahr seien keine weißen Flecken mehr. Gestern sind die Gemeinden Burrweiler und Gleisweiler im „SWR“ vorgestellt worden. Hoffentlich gelingt das alles. Wir wünschen uns das alle.

(Pörksen, SPD: Das glaube ich euch nicht!)

In Wirklichkeit hat das Ministerium mehr moderiert und dies teuer finanziert. Auch das ist die Entwicklung und Beobachtung aus den letzten Jahren. Zum Beispiel eine Kernfrage der verschuldeten Kommunen, die Anerkennung von Breitbandversorgung im ländlichen Raum als wichtiger Bestand einer Daseinsvorsorge wie Wasser oder Strom, ist nicht gelöst; denn daraus resultieren die Einschränkungen möglicher Investitionen. Gemeinden dürfen sich, wenn die Kommunalaufsicht nein sagt, überhaupt nicht beteiligen. Auch das ist nicht gelöst. Hier hätte eine Lösung allen gutgetan.

Weniger Bürokratie und weniger Steuern, beides ist für die Unternehmen überlebenswichtig. Die Sicherung des Fachkräftebedarfs durch eine strategische Bildungspolitik ist unabdingbar. Darum sind in dem Bereich die Anträge auch aus der Opposition, von beiden Oppositionsfraktionen, wichtig zu nehmen. Genau in dem Bereich liegt sehr viel im Argen. Das stellen wir immer wieder fest. Das wissen Sie ganz genau.

Aus Sicht der CDU-Fraktion wird es notwendig, darüber hinaus den bestehenden Ausbildungspakt zu einem Weiterbildungspakt weiterzuentwickeln. Wir haben einen Ausbildungspakt, der sehr viel Gutes bewirkt hat.

(Ministerpräsident Beck: Das ist doch schon gesche- hen! Das ist doch schon unterschrieben!)

Ein Weiterbildungspakt in der Form, in der Schule/Wirtschaft noch einmal deutlicher zum zentralen Thema wird, ist so eben noch nicht verabredet.

(Ministerpräsident Beck: Das ist sogar von allen unterschrieben!)

Meine Damen und Herren, Qualifikation ist das Ziel im Weiterbildungspakt, Stolz auf Leistung das Ergebnis.

Rheinland-Pfalz ist das Mittelstandsland, richtig. 99,7 % der Betriebe werden dem Mittelstand zugeordnet. In der Begründung zum Mittelstandsförderungsgesetz ist das auch eindrucksvoll umschrieben.

Der Mittelstand steht darüber hinaus für nachhaltiges Denken und solides Wirtschaften. Mittelstand zeichnet sich durch Standortreue aus. Er agiert weltweit oftmals als Marktführer, ist aber gleichzeitig fest in der Heimat verwurzelt. Mittelstand ist auch eine wichtige Säule der Großindustrie. Das darf man nie vernachlässigen. Das muss man in Rheinland-Pfalz immer wieder so erwähnen.

Unter Einbindung der Wirtschaft muss die Minimalisierung der Bürokratie im Blick behalten werden. So wäre beispielhaft bei der Einführung der EU-Dienstleistungs- richtlinie die Kammerlösung ein guter Start gewesen.

Herr Minister, Sie haben sich auch wieder im Sinne des Mittelstands eher als Unterlasser und nicht als Unternehmer gezeigt.

Das Gesetz soll evaluiert werden, wenn die neu geschaffenen Stellen in der ADD, also in der alten Bezirksregierung, zur Abteilung ausgewachsen sind.

Wenn Sie einmal Stellen geschaffen haben, wissen Sie doch selbst, wie schwierig es ist, eine solche Position wieder neu aufzugeben. Es ist auch in einer Überprüfung ungeheuer schwer, dies dann zu vollziehen.

Meine Damen und Herren, wir beraten parallel zum Haushalt ein Mittelstandsförderungsgesetz. Ein Minister mit Mut, Herr Hering, einer, der das Attribut Unternehmer verdient, hätte die Forderung der Wirtschaft aufgenommen, dass alle durch rheinland-pfälzische Rechts- und Verwaltungsvorschriften entstehenden Bürokratiekosten zu messen sind. Das haben Sie nicht aufgenommen. Wir werden über dieses Gesetz noch diskutieren. Wir werden sicher noch über Änderungen die Debatte führen.

(Staatsminister Hering: Informieren Sie sich mal beim Bund!)

Der Transparenz der Beurteilung wegen, ob dieses Gesetz überhaupt den Namen verdient, muss eine solche Forderung zwingend in das Gesetz.

Ich glaube, das haben Ihnen die Verbände deutlich gemacht.

Wirklich Mut würde es bedeuten, eine von der Wirtschaft formulierte ergänzende Forderung aufzunehmen – es wurde Ihnen ja auch schriftlich mitgeteilt, glaube ich –, also nicht nur die Kosten zu messen, sondern sich ein verbindliches Entlastungsziel von 25 % netto für die kommenden fünf Jahre vorzunehmen. Das wäre beispielsweise einmal eine Zielsetzung, die einem Wirtschaftsminister gut anstehen würde, wenn er sie übernehmen würde. Aber bis jetzt ist im Gesetz davon nichts zu sehen.

Herr Minister, ich fordere Sie auf, das aufzugreifen, oder schwant Ihnen Böses aus der Diskussion zum kürzlich beschlossenen Landestariftreuegesetz? Auch hier haben Sie nicht die mittelständische Wirtschaft, haben Sie nicht die Wirtschaft vertreten.

(Zuruf der Abg. Frau Mohr, SPD)

Meine Damen und Herren, so können in diesem Gesetz – man muss sich das einmal vor Augen führen – soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte in die Formulierung von Ausschreibungen neu aufgenommen werden. Meine Damen und Herren, ein Minister, der den Mittelstand fördern will und gleichzeitig ein solches Bürokratieentwicklungsgesetz befürwortet, ohne Intervention in all seinen Facetten, also durchweg, der wird zum Unterlasser und nicht zum Unternehmer.

(Pörksen, SPD: Oh!)