Protokoll der Sitzung vom 15.12.2010

Meine Damen und Herren, ich bin froh darüber, dass wir in diesem Land Rheinland-Pfalz zwischen den Arbeitgeberverbänden, Kammern, Gewerkschaften und der Politik ein Klima haben, das wirklich beispielgebend sein könnte für die Bundesrepublik Deutschland. Wir haben mit dem Pakt für Rheinland-Pfalz in der Krise alle Kräfte zusammengeholt und miteinander bis ins Detail besprochen, wie wir vorgehen.

Wir haben uns mit dem ovalen Tisch um die Ausbildungsplatzsituation gekümmert, die sich jetzt dergestalt modifiziert, dass wir Anstrengungen vereinbart und unterschrieben haben – Frau Kollegin Ahnen, Frau Kollegin Dreyer und Herr Wirtschaftsminister Hering –, dass wir uns verpflichtet haben, alles in unserer Kraft Stehende zu tun, um schulisch und in den Bedingungen junge Menschen, auch die, die schwächere Leistungen erbringen, an die Ausbildungsreife heranzuführen, und die Wirtschaft hat sich ihrerseits verpflichtet, ihren Beitrag zu leisten, einschließlich Weiterbildung als ein neues zusätzliches Schwerpunktthema am ovalen Tisch.

Ich finde, das ist eine Art des Miteinanders, die der Republik insgesamt guttun würde; denn ich habe über ein paar Jahre erlebt, dass es dort nicht so ist, dass man miteinander redet. Machen die Gewerkschaften mit, machen die Arbeitgeberverbände mit oder nicht mit und umgekehrt? Das kann uns nicht zum Vorteil gereichen. Ein vernünftiges Klima.

Wir haben zugesagt, uns zu bemühen. Wir haben es erreicht. Wir haben gerade letzte Woche – Herr Keller, Herr Ramsauer und andere waren mit dabei – in Ludwigshafen einen Glücksfall erlebt. Die Firma Vögele ist von Mannheim nach Ludwigshafen umgesiedelt. Der Firmeninhaber hat in seiner Rede gesagt, er ist auch deshalb gekommen, weil man hier das Gefühl hatte – das gilt für Stadt und Land; er hat beides betont –, dass man willkommen ist und man sich kümmert. In BadenWürttemberg habe er anderes erlebt.

Ich finde, das sind Zeichen, die einen ermutigen, den bisherigen Weg weiterzugehen.

(Beifall der SPD)

Schnelle Genehmigungsfristen, wenig Bürokratie, soweit es immer in unserer Hand liegt, und ein intensives Miteinander im Dialog zwischen ökologischen Belangen – Frau Kollegin Conrad – und zwischen raumplanerischen und technologisch-planerischen Belangen und den Interessen und Notwendigkeiten, die Unternehmen haben.

Wir gehen davon aus, dass wir mit dem Mittelstandsförderungsgesetz, das auf dem Tisch liegt, einen weiteren Schritt zur Stärkung des Mittelstands in diesem Land Rheinland-Pfalz gehen. Ich finde, das ist richtig, notwendig und unterstreicht, dass unser aller Reden, unser richtiges Reden, wie ich finde, über die Bedeutung des Mittelstands für unsere Wirtschaft und die Arbeits- und Ausbildungsplätze ein praktisches Echo finden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben vor Beginn dieser Legislaturperiode deutlich gemacht, dass wir das, was wir alle als entscheidende Zukunftsressource beschreiben, nämlich Bildung und Ausbildung, Familienfreundlichkeit, Genderfragen, gleiche Möglichkeiten für Frau und Mann, Familie und Beruf zu vereinbaren, nicht nur gesagt haben, sondern konkret gehandelt haben.

Das Land Rheinland-Pfalz hat im Westen der Republik – im Osten, das wissen wir, gibt es noch andere Voraussetzungen, die aus früheren Zeiten mitgebracht worden sind – den höchsten Stand an Versorgung von Kindern unter zwei Jahren, und zwar mit deutlichem Abstand.

Wir haben zugesagt, dass wir einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für alle Kinder ab dem zweiten Lebensjahr schaffen. Gesagt, getan.

(Beifall der SPD)

Wir haben zugesagt, junge Familien zu unterstützen und zugleich Anreize zu schaffen, die Kinder in die Kindertagesstätte zu schicken, damit sie besser vorbereitet in die Grundschule kommen. Deshalb haben wir schrittweise und für alle vier Kindergartenjahre die Elternbeiträge in den Kindertagesstätten abgeschafft. Gesagt, getan.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben zugesagt, dass wir zur Förderung der Kinder flächendeckend Ganztagsschulen entwickeln und es in der Entscheidungsfreiheit der Eltern liegt, ob sie diese Angebote oder die verlässliche Halbtagsschule nutzen. Wir haben zwischenzeitlich ein gutes Drittel der Schulen in Rheinland-Pfalz mit einem solchen Ganztagsschulangebot.

Herr Kollege Hartloff hat es zutreffend gesagt. Jedes Jahr kommen zwischen 40, 45, 50, je nachdem, wie die Antragsbewilligungsmöglichkeit ist, hinzu, nicht aus Ideologie, sondern weil die Bürgermeister und Gemeinden und die Gremien der Schulen und vor allen Dingen die Eltern auf uns zukommen und dies wollen, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD)

Wir haben, weil das vorhin kritisiert worden ist, in den Grundschulen hätten wir sie alle im Stich gelassen – – –

Im Schulgesetz steht etwas von mehrzügigen Grundschulen, die die Regel sind. Wir haben nach dem Motto „Kurze Beine, kurze Wege“ dort, wo Grundschulen bezogen auf die Schülerzahlen erhaltbar sind, gesagt, dann können die auch erhalten werden.

(Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Wieso behaupten Sie hier, wir hätten die Kommunen im Stich gelassen? Das möchte ich wirklich einmal wissen, wie man wider die Wahrheit so etwas sagen kann.

(Beifall der SPD – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Genau!)

Alle haben wir uns Sorgen um die Zukunftsfähigkeit der Hauptschule gemacht, die eine gute Arbeit gemacht hat und dort, wo sie noch da ist, eine gute Arbeit macht. Aber der Elternwille sagt etwas anderes. Ich kann doch nicht einfach sagen, das passt euch nicht, ihr Eltern, gut, dann weisen wir wieder zu. Mariechen und Fritzchen, die kommen dahin, weil sie zum Zeitpunkt, wenn sie vier Jahre alt geworden sind, eine zehntel Note schlechter sind als Horst.

(Schreiner, CDU: Zehn Jahre! Schüler ab der vierten Klasse! Die sind zehn Jahre alt!)

Zehn Jahre alt, ja, vierte Klasse, meinte ich, Entschuldigung, danke für den Hinweis.

Also nach der vierten Klasse. Aber der Horst und das Hildegardchen, die sind eine zehntel Note besser, die dürfen in die andere Schule. Das ist nicht unser Weg.

(Baldauf, CDU: Nein!)

Deshalb haben wir gesagt, wir wollen den Vorteil der Berufsqualifizierung und der Realschulen mit besonderem Aufstieg und die besondere Qualifizierung für Schwächere auf die Berufsvorbereitung unter einem Dach mit Durchlässigkeiten und Zielorientierungen machen. Diesen Weg gehen wir. Sie merken, die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, auch Ihrer Couleur, sind überwiegend kluge Leute;

(Heiterkeit des Abg. Fuhr, SPD)

denn die laufen uns schneller das Haus ein, als Sie Frieden mit dieser Schulform machen konnten, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD)

Das ist die Realität in Rheinland-Pfalz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie werden mit mir und mit Doris Ahnen und dieser Sozialdemokratie nicht erleben, dass wir den Menschen aufoktroyieren, wie sie über die Schulzukunft Ihrer Kinder denken müssen.

(Fuhr, SPD: Genau!)

Das ist mir zutiefst zuwider, sage ich in aller Klarheit.

Es gibt in Rheinland-Pfalz den Weg zum Gymnasium, es gibt die Möglichkeit der Integrierten Gesamtschule, die dort entsteht, wo a) die Eltern das wollen, b) der Schulträger es will, c) die Kolleginnen und Kollegen es wollen und d) die Binnendifferenzierung sich so sicherstellt, dass es wirklich eine Gesamtschule ist und nicht nur ein Teil der Qualifikationsmöglichkeiten abgebildet wird.

Reden Sie doch einmal mit Ihren Kommunalpolitikern.

(Fuhr, SPD. Ja!)

Es sind doch nicht wir, die rumgehen und sagen, stellt einmal mehr Anträge, sondern wir haben Ärger mit CDULandräten, mit CDU-Bürgermeistern und Oberbürgermeistern, auch von der SPD und anderen, weil wir nicht schnell genug genug Integrierte Gesamtschulen schaffen. Das ist doch die Wirklichkeit in Rheinland-Pfalz. Ich weiß gar nicht, was auf Ihren Parteitagen los ist, über was ihr redet.

(Beifall der SPD)

Ich kann Ihnen Bündel von Briefen zeigen und übrigens auch Unterstützungen von Kolleginnen und Kollegen aus Ihrer Mitte genau für diesen Weg.

(Zuruf von der SPD: Genau!)

Im Landkreis Germersheim bin ich im letzten Jahr zusammen mit Kollegin Schleicher-Rothmund auf dem – wie hieß das, Kartoffelmarkt, oder wo wir da zusammen waren – bitter beschimpft worden, weil wir nicht in jeder Verbandsgemeinde eine Gesamtschule schaffen. Das ist doch die Realität.

Meine Damen und Herren, Sie werden bei uns immer erleben, dass wir dem Gymnasium seinen Platz mit allem Respekt und aller Förderung zukommen lassen. Das ist so.

Meine Damen und Herren, lieber Herr Kollege Mertin, deshalb bei allem Verständnis dafür, dass man versucht, Ecken und Kanten an seine politischen Forderungen zu bekommen, so ist es bei uns fast schon eine Ehre, dass wir so wenig Angriffspunkte bieten, dass es der Nürburgring und jetzt die Schimäre der Einheitsschule sind, die herangezogen werden.

Aber bei all dem, was ich an Verständnis dafür habe, im Dezember einen Verfassungsänderungsantrag anzukündigen,

(Mertin, FDP: Gar nicht so einfach!)

wissend, dass wir noch zwei Sitzungen im Januar und im Februar haben

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Und zwei Ausschüsse!)

für die Verfassungsänderung, die wir morgen beschließen, haben wir sieben Monate, acht Monate beraten –, mit Verlaub, also dass wir das nicht so ernst nehmen können, wie man Verfassungsänderungen ernst

nehmen müsste, das bitte ich auch einmal durch unsere Brille zu sehen, bei allem Respekt vor Taktik.

(Beifall der SPD)