„Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“ ist das alles überspannende Thema, die alles überspannende Botschaft der Bildungspolitik in Rheinland-Pfalz, das heißt konkret mehr Chancengleichheit, intensive frühe Förderung und mehr Betreuungsangebote. Das wurde in den Kindergärten für Zweijährige eröffnet. Das wurde unter Beweis gestellt durch die Steigerung der Plätze in den Krippen. Die SPD-Fraktion hat für den Haushalt einen Antrag mit dem Ziel vorgelegt, die Zuweisungen zu den Personalkosten um mehr als 6,4 Millionen Euro aufzustocken.
Hinzu kommt, dass all die Kommunen und Träger, die Plätze mehr vorhalten für unter Dreijährige, einen Betreuungsbonus erhalten. Unter dem Strich wirkt sich das so aus, die Versorgungsquote für diese Altersgruppe, die noch im Jahr 2005 bei 6,2 % lag, beträgt nun mehr als 24 % aller Kinder unter drei Jahren im Land.
Damit liegt unser Land an der Spitze der westdeutschen Flächenländer. Damit möglichst viele Kinder in den Kindertagesstätten gezielt auf die Einschulung vorbereitet werden können, sind die Elterngebühren für den Kindergartenbesuch ab zwei Jahren abgeschafft worden. Das Ergebnis: Erstens, die Familien sparen im Jahr, unterstellt man zwei Kinder, rund 1.600 Euro. Zweitens, rund 99 % aller Kinder besuchen das letzte Kindergartenjahr. Das sind Tatsachen. Diese Tatsachen kann man nicht verdrehen.
Die Haushaltszahlen sprechen für sich. Im Haushaltsentwurf sind für die Kindertagesstätten rund 24 Millionen Euro mehr vorgesehen. Insgesamt sind es mehr als 412 Millionen Euro, davon allein 89 Millionen Euro für die Übernahme von Elternbeiträgen. Überzeugung der Sozialdemokraten ist, Bildung ist ein Menschenrecht. Sie darf von der finanziellen Lage der Eltern nicht abhängen.
An den Schulen des Landes sind die Rahmenbedingungen gut. Auch im neuen, im laufenden Schuljahr konnten
sie erneut ein Stück verbessert werden. Der Grad der Unterrichtsversorgung beträgt jetzt 98,8 % über alle Schularten hinweg. Bei den Grundschulen sind es sogar 100,8 %. Hier wird also der Bedarf übererfüllt.
Drei Entwicklungen prägen das Bild. Das sind die Bevölkerungsentwicklung, die Fortentwicklung der Schulstrukturen und die Einstellungspolitik des Landes. Die Schülerzahl sinkt leicht, ebenfalls die Zahl der gebildeten Klassen. Der Trend zu kleineren Klassen geht weiter. Die Einstellungspolitik der Landesregierung sorgt dafür, dass wir ein junges Team im Vergleich zu allen anderen Bundesländern an unseren Schulen haben.
Schulen brauchen gute Rahmenbedingungen. Wenn man es fair betrachtet und aufrichtig bewertet, dann muss man erkennen, dass durch mehr Ausbildungsplätze für Lehrerinnen und Lehrer – insgesamt sind es für Lehrkräfte an Gymnasien 40 und an Realschulen 140 Ausbildungsplätze zusätzlich – dafür gesorgt wird, dass sich die Ausbildungskapazität erneut steigert.
Wenn Sie in den Haushalt hineinblicken, werden Sie feststellen, allein gegenüber 2010 steigen im kommenden Jahr die Ausgaben der Studienseminare um 20 % auf rund 82 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. Dieser Zuwachs spricht für sich.
Mit der Reform der Schulstruktur sind wir auf der Höhe der Zeit. Das behaupten wir nicht, das beweist der Zuspruch. Der Zuspruch nach Einrichtung der Realschule plus ist dafür ein Beweis. Die Realschulen plus sorgen dafür, dass eine Schulstruktur entsteht, bei der zwei Abschlüsse, die Berufsreife und die mittlere Reife, an einer Schule erreicht werden können und in geeigneten Fällen auch ein dritter Abschluss, die Fachhochschulreife möglich ist. Diese Schulstruktur ist so attraktiv, dass die Zahl der Anträge einfach überwältigend ist. In dem einen oder anderen Fall kann man nicht jeden Antrag sofort berücksichtigen.
Die Realschule plus hat in der Orientierungsstufe eine maximale Klassengröße von 25. An geeigneten Standorten, wie gesagt, wird eine Fachoberschule eingerichtet. Das trägt zur Attraktivität dieser Schulform enorm bei.
Der Aufbau von Ganztagsschulen geht voran. Das heißt Schule am Nachmittag, das heißt aber nicht nur Hausaufgabenbetreuung und Fördermaßnahmen, sondern auch spielerisches Lernen. Ein wichtiger Bestandteil ist das Mittagessen. Dabei geht es nicht nur um gesunde Ernährung, sondern auch um soziale Kompetenzen. Die Reaktionen vor Ort zeigen, Ganztagsschule ist gewollt. Deshalb ist der weitere Ausbau dieser Schulform wichtig. (Beifall bei der SPD)
Für Ganztagsschulen werden fast 6 Millionen Euro mehr bereitgestellt, insgesamt sind es 78 Millionen Euro.
Die Arbeit der berufsbildenden Schulen müsste eigentlich in einem eigenen Wortbeitrag gewürdigt werden.
Das Spektrum ist breit angelegt. In der dualen Ausbildung werden im Land etwa 80.000 junge Menschen in mehr als 220 Berufen ausgebildet. Für Jugendliche ohne Abschluss bietet das Berufsvorbereitungsjahr eine zweite Chance. Diese zweite Chance wird von 60 % der Schüler mit Erfolg genutzt. Aber auch die Qualifizierung zum Hochschulstudium ist an berufsbildenden Schulen möglich. Die Zahl der beruflichen Gymnasien – das füge ich einfach in Klammern dazu, darauf sind wir ein Stück stolz – mit hochaktuellen Schwerpunktsetzungen steigt rasant. Das Angebot ist mit Sicherheit als flächendeckend zu bezeichnen.
Die Unterrichtsversorgung konnte Jahr für Jahr verbessert werden. Aber wir sind da noch nicht am Ziel. Alle Bewerber, die die Eingangsvoraussetzungen erfüllen, sind zugelassen worden. Weitere Anstrengungen sind notwendig. Die Verbeamtung bis zur Vollendung des 45. Lebensjahres hilft dabei.
Jetzt komme ich eigentlich zur Kommentierung der Bemühungen der beiden Oppositionsfraktionen. Lassen Sie mich einmal sagen, dass wir etwas unter Zeitdruck stehen. So meine ich, dass die Beschäftigung mit den Anträgen der Fraktion der FDP ein bisschen unter der Wetterlage zu kurz kommt. Eines kann ich Ihnen versichern, eine Verfassungsänderung zwischen Tür und Angel wird es mit uns nicht geben.
Zur Fraktion der CDU sage ich, wir, die Fraktion der SPD, stehen zum muttersprachlichen Unterricht. Als Kind gut sein in der Muttersprache, also gutes Kinderdeutsch oder Kinderportugiesisch oder Kinderspanisch zu können, ist ein guter Start ins Leben. Aber für den Aufbau sicherer Allgemeinbildung und für das Bestehen einer beruflichen Bildung, ist es zu wenig, weil Rechtschreibung und schriftlicher Ausdruck fehlen.
Deshalb ist der muttersprachliche Unterricht in den Grundschulen und in der Sekundarschule für Kinder und Jugendliche mit einer anderen Muttersprache als Deutsch ein Öffnen von Chancen. Fundierte Mehrsprachigkeit ist auf dem Arbeitsmarkt gefragt. Wer also Muttersprache verkümmern lässt, der nimmt Lebenschancen weg, meine Damen und Herren.
Wenn Bundespräsident Wulff Anfang November bei seinem Besuch in Mainz nicht nur die beitragsfreien Kindertagesstätten, sondern auch den muttersprachlichen Unterricht im Land gelobt hat, dann freuen wir uns über diese Form der Anerkennung.
Was zweitens die Vorschläge der CDU-Fraktion angeht – einiges überspringe ich –, Sie fordern Sprachtests für Vierjährige. Ihre Kollegin, die Bundesintegrationsbeauftragte, fordert Sprachtests sogar für Dreijährige.
Meine Damen und Herren, meine und unsere Meinung ist, im Leben warten noch so viele Tests und Prüfungen auf die Menschen, lassen wir dreijährige Kleinkinder und vierjährige Kleinkinder damit doch einfach in Ruhe.
Den Dreijährigen und Vierjährigen die Kindheit zu beschweren, kann nicht sein. Meine Damen und Herren, eine Enteignung der Kindheit wird es mit uns nie geben!
Die sprachliche Entwicklung der Kinder wird mithilfe zweier Beobachtungsverfahren über die gesamte Kindergartenzeit begleitet und sorgfältig kommentiert.
Das ist aussagekräftig und reicht völlig aus. Die Vorrednerin hat dann Ihre Anträge vorgestellt. Mich hat gewundert, was man mit 63,7 Millionen Euro alles finanzieren will. Sie finanzieren damit 1.250 Lehrkräfte. Sie wollen damit die Klassenmesszahl senken. Sie wollen mehr individuelle Förderung. Sie wollen Schulsozialarbeit flächendeckend, und darüber hinaus soll noch der Schulpsychologische Dienst davon profitieren. Wie sich das rechnen lässt, das bleibt Ihr Geheimnis.
Meine Damen und Herren, politisches Handwerk geht anders. Was Sie hier vortragen, ist schlechte Schminke. Wer so auftritt, weiß, dass er keine Verantwortung wird übernehmen müssen.
Mit dem Haushaltsentwurf der Landesregierung werden die Ausgaben des Landes für Bildung und Jugend noch einmal eine Steigerung erfahren. Sie wachsen auf deutlich über 3,8 Milliarden Euro an und damit noch einmal um 6,4 % gegenüber 2010.
Unser Bekenntnis zur Bildung wird umgesetzt, und das auch in Zeiten schwierigster Bedingungen für die öffentlichen Haushalte. Mit einer Verstärkung der Mittel für Betreuungsgruppen in den Grundschulen um rund 235.000 Euro setzt die SPD-Fraktion dabei einen eigenen zusätzlichen Akzent. Wir sind ein verlässlicher Partner für Schulen, Schüler, Eltern und Lehrer.
Wir wollen gute Bildungschancen für alle; denn dies bedeutet gute Lebenschancen. Wir wollen Aufstieg durch Bildung und fangen bei den Kleinsten damit an.
Bildung hilft, die Welt zu verstehen, und sichert sowohl die Teilhabe am demokratischen Gemeinwesen als auch am Arbeitsmarkt. Unser Bildungssystem will nicht nur Leistungen bewerten, zuerst muss es einmal Begabungen entdecken und Talente fördern.
Meine Damen und Herren, mit diesem Haushalt sind wir deshalb auf einem seriösen Weg, auf einem verlässlichen Weg und deshalb auf einem guten Weg.