Herr Präsident, meine verehrten Damen und Herren! Vor einigen Tagen bekam ich bei einer Veranstaltung die Frage gestellt, weshalb ich das Problem der Verschuldung als Problem für unseren Staat in den Raum stellen würde. Wir, die Bundesrepublik, aber auch andere Staaten in Europa und die USA würden doch glänzend mit ihrer Verschuldung leben. Das wäre doch eigentlich kein so richtiges Problem.
Frau Kollegin, es war ein Lehrer, der mich das gefragt hat. Ich war etwas verblüfft. Ich will nicht sagen, wo und wann das war. Ich will ihn hier nicht vorführen.
Ich war deshalb verblüfft, weil er sich offensichtlich in der Geschichte unseres Landes nicht so auskennt. Wer sich in der Geschichte unseres Landes auskennt, der weiß doch, was eine hohe Staatsverschuldung letztlich zur Folge haben kann, dass nämlich gerade die kleinen Leute am Schluss die Zeche bezahlen, weil bei einer Inflation ihr Erspartes draufgeht, die Renten unter Umständen nicht mehr gezahlt werden können usw.
Wer sich in unserer Geschichte auskennt, wird feststellen, dass eine sehr hohe Staatsverschuldung mit dazu den Nährboden geliefert hat, dass bestimmte Dinge geschehen sind, wie sie geschehen. Deshalb ist es absolut notwendig, an der Verschuldung zu arbeiten und sie abzusenken.
Wer ein aktuelles Beispiel haben will, der möge sich nur Argentinien anschauen, wie viel Deutsche dort ihr Geld verloren haben, weil sie Geld verliehen haben und jetzt nichts zurückgezahlt bekommen.
Darunter sind auch kleine Leute. Es gibt eine Interessengruppierung, die 10.000 Euro ausgegeben hat. Darunter sind auch kleine Leute, die Geld verloren haben. Argentinien selbst hat auch Rentner. Dort werden Urteile gefällt, wonach die Regierung höhere Renten zu zahlen hat. Diese werden nur abgeheftet, weil kein Geld vorhanden ist, um sie zu bezahlen. Ich sage dies, damit
Wir müssen schon darüber nachdenken, ob das Kriterium, das wir bisher in der Verfassung hatten, ausreichend ist, die Ergebnisse überall ohne irgendeinen Vorwurf irgendwohin zu machen. Es gibt keinen, den man ausnehmen sollte. Die Ergebnisse zeigen, dass diese Sperre, die wir in unserer Verfassung haben, offensichtlich nicht ausgereicht hat.
Deswegen lohnt es sich, darüber zu streiten oder nachzudenken. Der Kollege Baldauf hat nicht gestritten, sondern angemahnt und den einen oder anderen Vorschlag in den Raum gestellt. Es ist natürlich außerordentlich kompliziert, weil verschiedene Interessen miteinander in Einklang zu bringen sind.
Deshalb begrüße ich es, dass es unterschiedliche Vorschläge sowohl innerhalb meiner Partei als auch von anderen Parteien und Regierungsmitgliedern allerorten gibt, sodass wir uns, so hoffe ich, in den nächsten Monaten in einer vernünftigen und sachlichen Debatte herantasten können. So lobenswert es ist, die MaastrichtKriterien einzuhalten, damit können Sie das Ergebnis nicht vermeiden, dass Sie trotzdem eine höhere Neuverschuldung haben.
Insofern scheinen die Maastricht-Kriterien allein auch nicht die geeignete Grundlage zu sein. Deshalb muss man schon darüber nachdenken. Ich sage das aus eigener Erfahrung. Ich habe so manche Sparrunde gedreht. Das, was mit notwendig ist, um Schulden abzubauen, ist auch Sparen.
Dann ist die schöne theoretische Debatte, die wir heute sehr wohlgefällig führen können, plötzlich zu Ende; denn dann wird es konkret. Dann muss man sagen, wem, wann und wie wie viel genommen werden soll. Das ist das, was natürlich auch mit diskutiert werden muss. Deshalb werde ich mit Interesse die Debatte mit begleiten. Wir werden uns einbringen. Wir machen uns auch unsere Gedanken darüber. Es ist aber noch zu früh zu sagen, dieser oder jener ist der Königsweg. Eines hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Berlin klargemacht: Niemand darf hoffen, dass er die eigenen Schulden von anderen bezahlt bekommt. – Deshalb lohnt es sich, diese Debatte zu führen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir können der Diskussion über die Eingrenzung der Neuverschul
dung im Rahmen der Föderalismusreform II ziemlich gelassen entgegensehen. Das ist nicht unsere eigene Einschätzung, sondern die Einschätzung unabhängiger Dritter.
Wer vorgestern die Presse gelesen hat, wird sich schnell aus dem Internet die Ergebnisse der Bertelsmann-Studie heruntergeladen haben, die nicht vergangenheitsorientiert ist, sondern sich mit der Zukunft beschäftigt, nämlich mit der Frage: Wie müssen die Länder ihre Finanzpolitik gestalten, damit diese nachhaltig ist, das heißt, nicht zu einer Erhöhung der Verschuldungsquote führt?
Das Zwischenzeugnis, so will ich es einmal ausdrücken, das die Bertelsmann-Stiftung Rheinland-Pfalz ausstellt, ist bemerkenswert; denn diese untersucht, um wie viel Prozent die Ausgaben gesenkt werden müssen, damit eine nachhaltige Politik stattfindet. Dabei kam die Bertelsmann-Stiftung für Rheinland-Pfalz zu dem Wert 4,3 %. 4,3 % von 12 Milliarden Euro sind knapp über 500 Millionen Euro. Das ist das, was nach Meinung der Bertelsmann-Stiftung auf der Ausgabenseite noch notwendig ist, damit Rheinland-Pfalz einen nachhaltigen Haushalt hat.
500 Millionen Euro ist eine Menge. Wenn man diese Summe mit anderen Ländern vergleicht, ist es auch wieder recht wenig; denn mit diesen 4,3 %, die uns noch zur Nachhaltigkeit fehlen, liegen wir auf Platz 4 aller Bundesländer. Vor uns liegen nur Bayern, Hamburg und Baden-Württemberg. Sachsen liegt hinter uns, auch Hessen. Es gibt Länder, die haben noch über 20 % einzusparen, damit der Haushalt nachhaltig ist. Das ist ein durchaus ordentliches Zwischenergebnis.
Dann hat Bertelsmann noch untersucht, welche Fortschritte die Länder im Vergleich zur letzten Studie in den letzten Jahren gemacht haben. Auch hier müssen wir uns nicht unbedingt verstecken. Hier liegen wir auf Platz 3 im Erfolg, in den letzten zwei Jahren die Ausgaben so zu verändern, dass sie der Nachhaltigkeit entsprechen. Platz 1 hat Hamburg, Platz 2 Berlin. Das sind die beiden Stadtstaaten, die in den beiden letzten Jahren ihre Ausgaben kräftig nach unten gefahren haben. RheinlandPfalz liegt auf Platz 3 mit 9,9 % Verbesserung in den beiden letzten Jahren. 4,3 % bleiben noch.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, welche gigantischen Konsolidierungsfortschritte uns von unabhängigen Dritten bescheinigt werden.
Das hochgelobte Nachbarland Hessen liegt mit 2,9 % Konsolidierungsfortschritt in den beiden letzten Jahren an drittletzter Stelle.
Es gibt aber auch andere Darstellungen, etwa im „Handelsblatt“ vor drei Wochen. Dort sind die Länder noch ein bisschen anders eingeordnet worden, nämlich danach, ob es in absehbarer Zeit gelingen könnte, den Haushalt auszugleichen. Von den 16 Ländern sind sechs Länder in die Kategorie eingeordnet worden, sie können den Haushaltsausgleich in absehbarer Zeit er
reichen oder haben ihn schon erreicht. Die sechs Länder sind Sachsen, Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen und Rheinland-Pfalz.
Die anderen zehn Länder gehören in die Kategorie „hoffnungslos“ oder „sehr schlimm“, also auf gut Deutsch, keine Chance, in absehbarer Zeit den Haushaltsausgleich zu erreichen.
Das sollte uns allerdings nicht dazu verleiten, uns zurückzulehnen; denn die Maastricht-Kriterien sagen nicht, wir dürfen oder sollen gar jedes Jahr anteilig an den 3 % neue Schulden machen.
Die Maastricht-Kriterien sagen: in konjunkturellen Normalzeiten keine Neuverschuldung. Das sind die Maastricht-Kriterien.
Die 3 % stellen die Ausnahme in konjunkturell sehr schwierigen Zeiten dar. Das heißt, das Ziel ist selbstverständlich das Kernziel von Maastricht, nämlich ein ausgeglichener Haushalt.
Das „Handelsblatt“ schreibt – das ist so schön, das muss man zitieren –: „Sogar eigentlich reiche Länder wie Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen müssen sich anstrengen, ihre Haushalte zu sanieren.
Es ist vielleicht ein bisschen übertrieben mit dem Reichtum, aber es kann nicht ausreichen, dass man die Chance hat, den Haushalt in absehbarer Zeit auszugleichen, sondern es muss auch tatsächlich passieren.. Deshalb ist es notwendig, nicht nur den Rest noch zu erfüllen, der nach der Untersuchung von Bertelsmann notwendig ist, nämlich 4,3 %, sondern wir müssen mehr machen.
Wenn wir uns die Planung für die nächsten fünf Jahre anschauen: Bertelsmann sagt 4,3 % sind notwendig, die Finanzplanung sagt sogar 10 % minus, also 5,7 Punkte mehr als das, was nach Bertelsmann notwendig ist, um einen nachhaltigen Haushalt zu haben.
Ich denke, das ist ein sehr ambitioniertes Ziel, das für die nächsten fünf Jahre vorgesehen ist. Wir werden dies auch so durchziehen.
Zurück zum Thema Föderalismusreform II: Wir werden selbstverständlich die anstehenden Gespräche sehr konstruktiv und auch lösungsorientiert begleiten. Herr Baldauf, allerdings verstehe ich nicht, dass Sie immer wieder den Länderfinanzausgleich ansprechen, und das auch noch häufig mit der Zielrichtung weniger Ausgleichsintensität.
Das kann man eigentlich auch von einem Oppositionspolitiker in Rheinland-Pfalz nicht ernsthaft erwarten, dass er Vorschläge macht, die Finanzen dieses Landes deutlich zu verschlechtern.
Wenn die Hessen behaupten, sie verlören 80 % an Mehreinnahmen, dann gilt das natürlich nur, wenn nur Hessen Mehreinnahmen hat und sonst kein Land.
In Rheinland-Pfalz ist es so, wenn wir alleine Mehreinnahmen haben, dann verlieren wir in der Tat fast die kompletten Mehreinnahmen. Also insofern ist der Novellierungsgrad bei uns höher, aber durch das Urteil von Karlsruhe in Sachen Berlin ist eigentlich klar, dass bis 2019 das Thema „Länderfinanzausgleich“ abschließend geregelt ist.
Das Thema „Länderfinanzausgleich“ wird, wenn man überhaupt bei der Föderalismusreform II zu Ergebnissen kommen will, keine große Rolle spielen können.