Protokoll der Sitzung vom 02.10.2008

Herr Kollege Pörksen, ich möchte zugunsten der SPD etwas feststellen: Es war – dies wird man noch nach Jahren in der Rückschau sehen – staatspolitisch eine hervorragende Leistung dieser Regierung, diese Reformen damals durchgeboxt zu haben.

(Beifall der FDP)

Dies stelle ich ohne Wenn und Aber fest.

Herr Ministerpräsident, ich kann die Befindlichkeit Ihrer Partei und Ihre persönliche Befindlichkeit in diesem Zusammenhang sehr gut verstehen. Wir erleben alle, dass es Ihre Partei zerreißt. Auch aus der Geschichte meiner Partei heraus kenne ich dieses Phänomen und weiß, wie das ist. Wir haben Ähnliches 1969 erlebt und haben im Nachhinein recht behalten. Das Problem ist nur, dass unsere Legislaturperioden nicht lange genug sind, damit sich der Erfolg so schnell abzeichnen kann. Aber gleichwohl sollten wir alle gemeinsam an diesem Reformprozess festhalten, weil wir nur so unsere soziale Marktwirtschaft mit einem festen Ordnungsrahmen, der die freiheitliche Entwicklung und Betätigung eines jeden gewährleistet, auf Dauer auch aufrechterhalten können und nur so das erwirtschaften können, was für sozial Schwache notwendig ist. Herr Kollege Hartloff, darin sind wir überhaupt nicht auseinander.

(Beifall der FDP – Hartloff, SPD: Deshalb konnten wir auch koalieren!)

Ich finde es beispielsweise außerordentlich verwerflich, wenn ein Konzern wie Siemens meint, die Gewerkschaft kaufen zu können. Das ist nicht in Ordnung und entspricht nicht unserem Ordnungsrahmen.

(Pörksen, SPD: Das ist auch kriminell!)

Deswegen ist es richtig, dass die Staatsanwaltschaft dies verfolgt. Das möchte ich ausdrücklich festhalten.

(Beifall der FDP)

Es ist auch nicht in Ordnung, wenn irgendwelche Menschen meinen, mit fremder Leute Geld zocken und spielen zu können. Auch das ist nicht in Ordnung.

(Beifall der FDP)

Wenn wir feststellen, dass der Ordnungsrahmen nicht reicht, sind wir die ersten, die sich dafür aussprechen, diesen Ordnungsrahmen so zu stricken, dass dies wieder ordnungsgemäß abläuft; denn soziale Marktwirtschaft, wie wir sie verstehen, setzt einen festen Ordnungsrahmen voraus, innerhalb dessen wir uns alle bewegen können, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der FDP)

Wir müssen uns auch gegen einige Vertreter von PolitUtopia zur Wehr setzen. Wenn ich mir beispielsweise anhöre, was Herr Lafontaine den Menschen erzählt, wird dies deutlich: Es gibt einige wenige, denen wir mehr Steuern abnehmen können, dann braucht ihr euch alle nicht so anzustrengen. Die Globalisierung ist an allem schuld usw. – Wenn Herr Lafontaine Trainer des Fußballvereins Bayern München wäre, wäre das, was er politisch vertritt, so, als würde er den Spielern von Bayern München sagen: Hört einmal zu! Luca Toni und Herr Ribéry verdienen sowieso zu viel! Lasst die doch schaffen, ihr könnt euch ausruhen! Und zur Belohnung teilen wir uns noch zwei Drittel deren Gehalts, dann haben wir alle mehr davon. –

Meine sehr geehrten Damen und Herren, jeder weiß, dass Bayern München so nie ein Spiel gewinnen wird.

(Ministerpräsident Beck: Das tun sie sowieso nicht!)

Auch die Gesellschaft wird auf diese Art und Weise nie ein Spiel gewinnen.

(Beifall der FDP und bei der SPD)

Herr Ministerpräsident Beck, Sie sagen, dass sie das sowieso nicht tun. Das stimmt, im Moment spielt Bayern München auch nicht gut. Ich hätte auch den FCK nehmen können; denn er spielt im Moment gut, aber dort gilt das Gleiche.

(Ministerpräsident Beck: Da ist nur nicht viel zu verteilen!)

Eine Mannschaft im Fußball gewinnt nur, wenn alle ihr Bestes geben, und das gilt auch für unsere Gesellschaft: Wir werden nur erfolgreich sein, wenn alle ihr Bestes geben. –

(Beifall der FDP)

Man darf nicht den Eindruck erwecken, man könne sich zurücklehnen, und einige wenige werden es schon bezahlen.

Dieser Feldzug gegen die Globalisierung ist für unsere Gesellschaft hoch gefährlich. Die Globalisierung, die verteufelt wird, ist die Basis unseres Wohlstandes.

(Ministerpräsident Beck: Hier wird sie doch nicht verteufelt!)

Deutschland ist ein Globalisierungsgewinner in vielen Bereichen.

(Beifall der FDP – Creutzmann, FDP: So ist es!)

Die IG Metall könnte ihre Forderung nach 8 % mehr Lohn doch gar nicht erheben, wenn der deutsche Maschinenbau nicht gute Gewinne im Ausland durch die Globalisierung erwirtschaften könnte.

(Beifall der FDP – Ministerpräsident Beck: Wer hat denn je etwas dagegen gesagt?)

Sie nicht, Herr Ministerpräsident, aber Konkurrenten von uns gemeinsam, und insbesondere ein Konkurrent, der Ihnen das Leben sauer macht. Aber ich muss doch die Gelegenheit nutzen, den Menschen draußen klarzumachen, worum es eigentlich geht, Herr Ministerpräsident.

(Beifall der FDP)

Ich komme nun zu dem, was in Deutschland geschieht, Herr Ministerpräsident. Ich räume ein, dass es Menschen und Wirtschaftsbereiche in Deutschland gibt, die mit der Globalisierung Probleme haben. Wir müssen sie natürlich in ihren Problemen ernst nehmen. Aber dies setzt voraus, dass wir uns bei der Politikgestaltung auch dieser Problemgruppen und Problembereiche annehmen.

Ein Wirtschaftsbereich, der mit der Globalisierung Probleme hat, sind beispielsweise die Speditionen, diejenigen, die europaweit tätig sind und die es durchaus mit der Konkurrenz aus anderen Ländern, die billiger arbeitet, zu tun haben. Damit sind wir sehr schnell bei der Mauterhöhung. Ich möchte nicht sagen, dass wir die Maut nie hätten erhöhen sollen. Es ist nie angenehm, so etwas durchzuführen, und wenn man sie einführt, muss man sie hin und wieder auch anpassen. Ob dies nun der richtige Zeitpunkt dafür ist oder nicht, lasse ich einmal dahingestellt.

Aber nach Gesprächen mit Spediteuren muss ich zumindest festhalten, dass sie erwarten, dass die Mauterhöhung so eingeführt wird, dass sie sie auch sofort weitergeben können. Die Spediteure wünschen sich daher, dass eine Anpassung der Maut, wenn sie denn durchgeführt wird, immer zum Ersten eines Jahres stattfindet, damit sie die Gelegenheit haben, diese Anpassung bereits in neue Kontrakte hineinzuverhandeln. Ich glaube, in Deutschland war zunächst eine Erhöhung ab Oktober vorgesehen. Dies wäre aber noch änderbar.

Das viel größere Problem ergibt sich für mich aber daraus, dass die Spediteure einen Vertrauensverlust erleiden müssen. Sie haben nämlich damals – der Steuerlenkung folgend, weniger Emissionen freizusetzen, die darin lag – in neue Lkw investiert. Diese Lkw haben im Schnitt eine Laufzeit von sechs Jahren.

(Harald Schweitzer, SPD: Haben wir dafür einen Haushaltsansatz?)

Wir haben eine Landesregierung, die im Bundesrat darüber mitzubestimmen hat, und wir haben in diesem Land Speditionsunternehmen, Mittelständler, die darunter zu leiden haben, Herr Kollege.

(Beifall der FDP)

Wenn wir über diese Dinge nicht mehr sprechen können, weiß ich nicht, wofür wir eigentlich noch zusammenkommen, Herr Kollege!

(Harald Schweitzer, SPD: Sie haben noch keinen einzigen Satz zum Landeshaushalt gesagt! Sie reden über alles andere, nur nicht über den Landeshaushalt!)

Deswegen erwarten wir, dass sich die Landesregierung insoweit auf Bundesebene dafür einsetzt, dass, wenn Mauterhöhungen stattfinden, auch die entsprechenden Laufzeiten der Lkw berücksichtigt werden, wenn differenziert angehoben wird. Wir haben nämlich das Problem, dass Euro 3 nun 70 % teurer wird, aber die zwischenzeitlich neueren nur 40 % teurer sind. Alle Spediteure sagen, dass sie diese Erhöhung nicht weitergeben könnten. Wenn dies eine Branche ist, die sowieso unter der Globalisierung leidet, dürften wir es ihr durch die Politik in Deutschland nicht noch schwerer am Markt machen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der FDP)

Für uns in Deutschland und damit natürlich auch für Rheinland-Pfalz ist von Bedeutung, dass wir bei der Finanzplanung der Bundesregierung feststellen müssen, dass trotz der Mauterhöhung – von 2009 aus betrachtet – für das Jahr 2012 381 Millionen Euro weniger für den Fernstraßenbau vorgesehen sind, obwohl die Maut erhöht werden soll. Was sollen die Speditionen davon halten, wenn von ihrem Geld nicht einmal das instand gesetzt und neu gebaut wird, was sie für ihre Arbeit nötig haben? – Das kann keine vernünftige Politik sein.

(Beifall der FDP)

Wenn ich sehe, wie die Finanzierung der Fernstraßen erfolgt, mache ich mir durchaus auch Sorgen um das eine oder andere Projekt in Rheinland-Pfalz. Ich spreche vom Hochmoselübergang. Für dieses Projekt war zu unserer gemeinsamen Regierungszeit sogar eine Finanzierung vorgesehen, und ich habe den Medien entnommen, dass Herr Staatsminister Hering diese Form der Finanzierung, die aus einer Anschubfinanzierung des Landes, des Bundes und aus Mitteln der Maut bestand, zwischenzeitlich wieder infrage gestellt und aufgegeben hat. Zwischenzeitlich haben wir aber Baurecht für diese Brücke, jedoch keine Finanzierung mehr. Diese Brücke ist für die wirtschaftliche Entwicklung von Eifel und Hunsrück von hoher Bedeutung, und deswegen ist eine Finanzierung dringend notwendig.

(Beifall der FDP und des Abg. Licht, CDU)

Wenn wir auf Bundesebene sehen, dass die Mittel für den Fernstraßenbau trotz Mauterhöhung sinken sollen, so ist dies aus unserer Sicht keine vernünftige Regelung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Herr Staatsminister hat gestern die Risiken, die sich für das Land Rheinland-Pfalz aus der Weltkonjunktur ergeben, dargestellt. Er hat aber nicht dargestellt, wo die Risiken aus Handeln des Landes her resultieren können. Ich meine den Freizeitpark am Nürburgring. Niemand ist dagegen, dass der Nürburgring auch zukünftig attraktiv gemacht wird. Das haben wir schon zu gemeinsamer Zeit diskutiert. Wir gingen damals davon aus, dass eine Privatinvestition mindestens mit 50 % beteiligt sein soll. Das gilt heute nicht mehr, obwohl wir eine gutachterliche Bewertung haben, die bei optimistischen, durchschnittlichen Annahmen, ja sogar bei pessimistischen Annahmen irgendwo in einer Zusammenfassung wie folgt formuliert, dass der Nürburgring 2009 in allen Szenarien

operativ einen positiven Cashflow erwirtschaften wird. Selbst im schlimmsten Szenario soll das ein Erfolg sein. Ich frage mich, wenn das so attraktiv ist, wieso es keine privaten Investoren gibt, die bereit sind, das Risiko mit uns zu übernehmen.

(Beifall der FDP und des Abg. Schreiner, CDU)

Der Herr Staatsminister hat, als er das Engagement in der Nürburgring GmbH von 135 Millionen Euro vorgestellt hat, dargestellt, dass es durchaus einen Prozentsatz von privaten Investoren gibt. Als wir nachgefragt haben, waren das aber mehr Mieter und Pächter.