Herr Staatssekretär, da ich in Ihrer Antwort zu Frage 1 keine Antwort auf meine Frage erkennen konnte, möchte ich die Frage noch einmal wiederholen:
Wie beurteilt die Landesregierung die Äußerungen vieler Repräsentanten, dass das Steuerrecht nicht mehr gleichmäßig und auf dem Stand der Technik angewendet werden kann?
Herr Abgeordneter, ich habe Ihnen dargelegt, dass wir in Rheinland-Pfalz der Ansicht sind, dass wir das Steuerrecht gerecht und gleichmäßig vollziehen. Es kommt nicht nur auf den personellen Ressourceneinsatz an, sondern insbesondere auf Risikomanagementsysteme. Wir sind in Rheinland-Pfalz sehr frühzeitig diesen Weg gegangen und haben sehr effiziente Risikomanagementsysteme etabliert, sodass wir einen gleichmäßigen Vollzug des Steuerrechts gewährleisten können.
Herr Staatssekretär, wie wirken sich die steuerrechtlichen Beschlüsse im Wachstumsbeschleunigungsgesetz finanz- und verwaltungstechnisch auf unser Land aus?
Herr Abgeordneter, wir haben bereits gestern über dieses Thema gesprochen. Es gibt mehrere Facetten zu diesem Gesetz. Zunächst einmal müssen wir darauf hinweisen, dass mit dem Gesetz, wenn es denn tatsächlich in Kraft treten sollte, enorme Steuerausfälle verbunden sind. Allein für Rheinland-Pfalz bedeutet dies Steuerausfälle in Höhe von 130 Millionen Euro und für die Kommunen in Rheinland-Pfalz von 60 Millionen Euro. Wir wollen im Vermittlungsausschuss versuchen, dieses Gesetz so nicht Wirklichkeit werden zu lassen.
Zum anderen ist auch schon über die ermäßigte Umsatzbesteuerung für das Beherbergungsgewerbe gesprochen worden. Dieses wird zweifellos zu einer stärkeren Verkomplizierung des Steuerrechts führen, sogar schon dann, wenn es für die Betroffenen darum geht, die Rechnung zu erstellen. In diesem Bereich stellen sich erhebliche Abgrenzungsprobleme. In dieser Woche war auch in der Presse zu lesen, dass man in Frankreich den Steuersatz für das Beherbergungsgewerbe abgesenkt hat, aber Frankreich mittlerweile sehr bedauert, dieses Steuergeschenk realisiert zu haben.
Herr Staatssekretär, wenn Sie sagen, dass das Steuerrecht nach Auffassung der Landesregierung in Rheinland-Pfalz ordnungsgemäß angewandt werden kann und
angewandt wird, wie erklären Sie sich vor diesem Hintergrund die Aussage führender Repräsentanten aus der Steuerverwaltung, dass dies nicht so sei?
Ich kann nur für Rheinland-Pfalz sprechen. Für Rheinland-Pfalz ist es das Bild, das ich hier für die Landesregierung wiedergegeben habe. Wir sind in ständigem Kontakt mit der Oberfinanzdirektion, auch mit dem Oberfinanzpräsidenten. Wir haben eine einheitliche Auffassung von dem Bild in Rheinland-Pfalz.
(Ministerpräsident Beck: In Hessen gibt es da richtige Probleme! – Bracht, CDU: Es waren führende rheinland-pfälzische Leute, die das behauptet haben!)
Dritter Bericht über die Umsetzung des Landesgesetzes zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen gemäß § 13 des Landesgesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen (LGGBehM) Besprechung des Berichts der Landesregierung (Drucksache 15/3127) auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 15/3229 –
Wir haben eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion vereinbart. Ich erteile Frau Kollegin Anklam-Trapp das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Teilhabe, Selbstbestimmung und Eigenverantwortung – dies sind die Ziele einer nachhaltigen Politik für Menschen mit Behinderungen in unserem Land. Wenn man diese Politik gestalten will, dann geht es hierbei vor allem um die Verantwortung für die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen am Leben in der Gesellschaft und die Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben.
Um dieses Ziel zu erreichen, wird seit über zehn Jahren in Deutschland das rechtliche Fundament dafür geschaffen, dass behinderte Menschen ihr Leben so weit wie möglich in Selbstbestimmung gestalten können.
Das rheinland-pfälzische Landesgesetz für die Gleichstellung behinderter Menschen gehört zweifelsohne zu
den wesentlichen Grundlagen einer partnerschaftlichen Politik für behinderte Mitbürger. Von besonderer Bedeutung für den vorliegenden Berichtszeitraum der Jahre 2007 und 2008 ist das Hineinwirken der am 13. Dezember 2006 verabschiedeten UN-Menschenrechtskonvention. Diese präzisiert und ergänzt menschenrechtliche Standards unter dem besonderen Blickwinkel der Menschen mit Behinderungen.
In einem Festakt in New York am 30. März 2007 haben viele Regierungen, auch die Bundesregierung, dieses Übereinkommen unterzeichnet. Rheinland-Pfalz hat sich als Land dafür stark gemacht, dass dieses Gesetz ratifiziert wird, was letztendlich auch am 26. März 2009 in Deutschland geschehen ist und seitdem gilt.
Damit sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen nun auch in der Praxis mit Leben gefüllt und können abgearbeitet werden.
Die Landesregierung arbeitet derzeit daran, einen Aktionsplan mit konkreten Maßnahmen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Rheinland-Pfalz zu entwickeln. Dieser soll Mitte März kommenden Jahres vorgestellt werden.
Meine Damen und Herren, unabdingbar und wichtig ist die Zusammenarbeit und Unterstützung der Verbände behinderter Menschen. Mittlerweile gibt es in unserem Land 46 Beauftragte und 21 Beiräte behinderter Menschen auf kommunaler Ebene. Sie sehen, das Thema ist nicht nur aktuell, sondern wir in Rheinland-Pfalz sind auf einem guten Weg. Ein Blick auf die Schwerpunkte des vorliegenden Berichts bestätigt dies. Ich werde einige davon kurz ansprechen.
Wenn wir von den Rechten von Menschen mit Behinderungen sprechen, dann so, dass Behinderungen als normaler Bestandteil und Bereicherung der Gesellschaft wahrgenommen und verstanden werden. Dazu gehört einerseits das vielfach diskutierte Thema „Barrierefreiheit“, nicht nur für Menschen mit Behinderung, sondern für alle Menschen, auf das ich später noch genauer eingehen werde.
Dazu gehört die selbstverständliche Teilhabe an Kultur, am öffentlichen Leben. Dazu gehört aber auch die wichtige Teilnahme am Arbeitsmarkt, um sich als behinderter Mensch seinen Lebensunterhalt verdienen zu können.
In Rheinland-Pfalz hat sich der Anteil von schwerbehinderten Beschäftigten um 0,2 % auf 3,9 % erhöht. In absoluten Zahlen ist jedoch ein Rückgang bei den privaten Arbeitgebern und eine Erhöhung bei den öffentlichen Arbeitgebern zu verzeichnen. Meine Damen und Herren, die Zahlen sind nicht gigantisch. Mehr wäre natürlich immer besser.
An dieser Stelle möchte ich noch einen kurzen Blick auf die Beschäftigung von Frauen richten. Die Beschäftigung von schwerbehinderten Frauen ist um 1,5 % gestiegen. Alles nicht viel, aber was hier geleistet wird, ist aller Ehren wert, meine Damen und Herren.
Trotz dieser leicht positiven Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt dürfen wir an dieser Stelle jedoch nicht vergessen, dass der Berichtszeitraum außerhalb der Finanz- und Wirtschaftskrise liegt und die Folgen, die sich daraus ergeben, erst im nächsten Berichtszeitraum auf dem Arbeitsmarkt für behinderte Menschen zu erkennen sind.
Als Sozialdemokratin und Sozialpolitikerin warte ich auch voller Spannung auf die Auswirkungen der Beschlüsse aus der Koalitionsvereinbarung und der Umsetzung der Bundesregierung.
Meine Damen und Herren, erfreulich ist auch, dass in den vergangenen Jahren die Zahl arbeitsloser schwerbehinderter Menschen in Rheinland-Pfalz leicht gesunken ist. Waren im Jahr 2006 noch rund 7.000 Menschen mit Behinderungen arbeitslos gemeldet, so sank diese Zahl der arbeitslosen Schwerbehinderten bis Dezember 2008 auf nur noch 5.850 arbeitslos gemeldete Menschen. Dies ist vor allem den nachhaltigen Beschäftigungsprojekten sowie der vorbildlichen Arbeit der Integrationsfirmen und der Berufsbildungswerke im Land zu verdanken. Als eines von den vielen Beispielen möchte ich das Zentrum für physikalische Therapie hier in Mainz nennen, das sich auf die Ausbildung von blinden und sehbehinderten Menschen zu Masseurinnen und Masseuren oder zu Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten spezialisiert hat, welche dort gemeinsam mit Sehenden ihre Ausbildung machen und gemeinsam lernen.
Was wirklich hilft, behinderte und schwerbehinderte Menschen in Arbeit und Beschäftigung zu bringen, ist das seit 2007 gültige 6. Landesprogramm kombiniert mit den Möglichkeiten des Bundes „Job 4000“. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber erhalten beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen Zuschüsse, wenn sie Menschen mit Behinderung für die Dauer von mindestens sechs Monaten einstellen. Dies ermöglicht, dass auch behinderten Menschen die Chance auf eine tariflich entlohnte und sozialversicherte Erwerbsarbeit gegeben wird, die ihren Fähigkeiten und Interessen entspricht und sie damit ihren Lebensunterhalt verdienen können.
Ein weiterer besonderer Schwerpunkt sind schwerbehinderte Schulabgängerinnen und Schulabgänger. Diese sollen mithilfe der Integrationsfachdienste in den allgemeinen Arbeitsmarkt integriert werden. Schwerpunkt des Berichts ist für uns die Arbeit mit behinderten Kindern und Jugendlichen und das große Thema „Frühförderung und Kindertagesstätten“. Vor allem eine Zunahme der integrativen Betreuung ist zu vermerken, und es ist ein gewünschter Weg bei uns in Rheinland-Pfalz. Auch in den Schulen ist dies immer zu beobachten.
Wir haben die Diskussion über Integration oder Förderschulen. Da bin ich ganz deutlich einer Meinung mit meinem Kollegen Peter Wilhelm Dröscher, der keines von beidem ausschließt. Beide Wege haben ihre Berechtigung. Es gibt in der Behindertenpolitik keinen Königsweg.
Dabei gilt der Förderschule mit sonderpädagogischem Förderbedarf genauso wie dem integrativen Modell in Schwerpunktschulen für die dort geleistete Arbeit ge
Ein letzter Schwerpunkt ist die Barrierefreiheit für behinderte, ältere Menschen, für alle Menschen. Ende Dezember 2007 lebten in Rheinland-Pfalz über 400.000 behinderte Menschen. Das sind rund 10 % der Gesamtbevölkerung in unserem Land. Die Zahl und der Anteil behinderter Menschen in Rheinland-Pfalz haben damit in den letzten Jahren leicht abgenommen. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir eine älter werdende Gesellschaft sind und mit dem Altersanstieg zukünftig auch der Anteil von Menschen mit Behinderungen wachsen wird.
Vor diesem Hintergrund ist Barrierefreiheit die unabdingbare Voraussetzung für die Teilhabe, für Gleichstellung, für ein selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen. Deshalb ist es ein zentrales Ziel unserer Landesregierung, Barrierefreiheit im Sinne des Landesgesetzes zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderung umzusetzen. Dies gilt besonders im Bereich baulicher Maßnahmen, bei Verkehrsanlagen, Verkehrsmitteln, Verkehrsleistungen, Barrierefreiheit überall dort, barrierefreies Internet, Fernsehen, die Dinge des täglichen Lebens, Zugang zum Arzt, zur Apotheke oder der Ausbau – überall im Lande zu sehen – barrierefreier Bahnhöfe mit der zunehmenden barrierefreien Ausschreibung des Schienenpersonennahverkehrs, ein wichtiges Thema.
Ich nenne ein anderes Beispiel, nämlich die BUGA 2011 in Koblenz, die in intensiver Zusammenarbeit mit den Verbänden behinderter Menschen barrierefrei gestaltet wird.
Meine Damen und Herren, für ein menschenwürdiges, eigenverantwortliches und selbstständiges Leben sind jedoch nicht nur die Wohnungen an sich, sondern auch das gesamte Wohnumfeld drumherum von zentraler Bedeutung. Hier kommt unseren Kommunen eine besondere Bedeutung zu; denn in unseren Städten und Gemeinden findet die Teilnahme von Menschen mit Behinderungen mitten in unserer Gesellschaft statt. Dazu gehört die Anpassung der Infrastruktur der jeweiligen Wohnumfelder, sodass sie den Bedürfnissen von behinderten Menschen Rechnung tragen. Das ist ein zentrales Anliegen. Es gilt in Zukunft, weiterhin alles daran zu setzen, dass das Lebensumfeld den individuellen Bedürfnissen der Menschen angepasst wird. Darauf haben die Kommunen großen Einfluss. Hier werden Lebensumstände gestaltet. Das geschieht mit Unterstützung von Land und Bund. Ich nenne als Beispiel die Umsetzung den Konjunkturpaketes II gerade speziell mit der Umsetzung der Barrierefreiheit in den Kommunen.
Meine Damen und Herren, ein besonderer Meilenstein im vergangen Jahr war die veranstaltete Zukunftskonferenz der Behindertenhilfe Bad Kreuznacher Diakonie 2018. Hier trafen sich erstmals in Rheinland-Pfalz Repräsentanten der Landesregierung, des Trägers, der Mitarbeiter sowie der Eltern und Behindertenvertreter, um gemeinsam darüber zu diskutieren, wie die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderungen in zehn Jahren aussehen werden. Am Ende dieses Kongresses, der beispielhaft für das Engagement unserer Landesre
gierung und unserer Sozialministerin, Frau Malu Dreyer, steht, standen konkrete Ergebnisse. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vereinbarten, gemeindenahe dezentrale und integrative Wohn-, Betreuungs- und Arbeitsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen mit unterschiedlichen Unterstützungsbedarfen zu schaffen. Das ist ein seit langem notwendiger Schritt hin zur Dezentralisierung großer Einrichtungen.
Meine Damen und Herren, persönliches Budget, ein Meilenstein in der Integration oder neu, wie es jetzt heißt, in der Inklusion der freien gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen – dieses Thema allein ist so wichtig und könnte die Redezeit komplett ausfüllen. Neben dem persönlichen Budget hat das Land Rheinland-Pfalz als einziges Land das Budget für Arbeit entwickelt, durch das mittlerweile rund 100 Menschen mit Behinderungen in den allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelt wurden. Das ist gute Politik in Rheinland-Pfalz. Dafür danke ich gerne unserer Ministerin, Frau Malu Dreyer, und ihrem engagierten Haus, meine Damen und Herren.
Meine Damen und Herren, ich könnte noch einige Beispiele nennen. Ich wünsche mir, dass wir diesen Berichtsantrag des Landes wie auch in den Vorjahren an den Ausschuss überweisen, um damit in Ruhe den gesamten Bericht zu diskutieren. Ich mache diesen Vorschlag. Ich warte ab, was die Fraktionen dazu sagen. Ich denke, er ist es wert.
Meine Damen und Herren, Leitbild dieser nachhaltigen und zielgerichteten rheinland-pfälzischen Politik werden auch weiterhin Teilhabe, Selbstbestimmung und Eigenverantwortung sein. Die zum Erreichen dieser Ziele notwendige weitere Umsetzung des Landesgesetzes werden wir von der SPD-Fraktion in Zukunft weitertragen und konstruktiv begleiten.