Protokoll der Sitzung vom 25.06.2010

Zudem spricht der Verfassungsgerichtshof RheinlandPfalz in seinem Urteil vom 19. August 2002 im Zusammenhang mit der Prüfung von Fraktionsfinanzen von der Rechnungshofprüfung als dem „grundsätzlich abschließenden Kontrollinstrumentarium“.

Meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund dieser drei Sachverhalte, Wahlkampf, Gewaltenteilung und dem abschließenden Rechnungshof-Kontrollrecht, werden wir vor dem Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz Klage erheben. Der Verfassungsgerichtshof soll klären, ob ein solcher Untersuchungsausschuss der Mehrheitsfraktion gegen eine Oppositionsfraktion zulässig ist.

Wir halten es auch für geboten, bis zur Klärung durch den Verfassungsgerichtshof keine Fakten zu schaffen. Das heißt, dass der Untersuchungsausschuss, sollte ihn die SPD heute einsetzen, seine Arbeit nicht aufnehmen darf. Zuerst muss der Verfassungsgerichtshof sprechen.

Meine Damen und Herren, wir, die CDU-Fraktion, sagen aus den genannten Gründen Nein zur Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der CDU)

Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen des Gymnasiums Ramstein-Miesenbach (2. Gruppe) und Schülerinnen und Schüler der Klasse 9 b des Marion-DönhoffGymnasiums Lahnstein. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Herbert Mertin von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Rechnungshof hat in seinem Bericht über die Prüfung der Fraktionsgelder festgestellt, dass früher Verantwort

liche der CDU-Fraktion in erheblichem Umfang rechtswidrig Gelder verwandt haben, und hat dies auch ausdrücklich festgestellt mit der Folge, dass das Geld zurückzuzahlen ist.

Auch die Staatsanwaltschaft hat deshalb Ermittlungen aufgenommen. Ich erkläre für meine Fraktion, dass wir eindeutig an den Feststellungen des Rechnungshofs mit festhalten und keinen Zweifel daran haben, dass diese Feststellungen zutreffend sind.

(Beifall bei der FDP)

Ich möchte dies voranstellen, weil wir trotzdem, Herr Kollege Hartloff, der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nicht zustimmen werden, aber nicht weil wir der Auffassung wären, hier wäre ein Fehler des Rechnungshofs oder von wem auch immer gemacht worden, sondern weil hier schon ein Tabu überschritten und durchbrochen wird, das es bisher gab.

Der Untersuchungsausschuss ist typischerweise so ausgestaltet, dass er ein Kontrollrecht des Parlaments gegenüber der Regierung ist,

(Beifall der FDP und der CDU – Eymael, FDP: So ist es!)

weshalb er auch bereits mit einer qualifizierten Minderheit eingesetzt werden kann und damit die Opposition gegen die Mehrheit einen solchen Antrag auch durchsetzen kann.

Das sieht man auch in der Ausgestaltung des Untersuchungsausschussgesetzes, in dem der Regierung Beteiligungsrechte eingeräumt werden, die eigentlich bei dem, was Sie heute beantragen, nicht notwendig sind, weil es gar nicht um die Regierung geht. Daran sehen Sie schon, dass der Hauptzweck eines Untersuchungsausschusses die Kontrolle der Regierung durch das Parlament ist.

(Beifall der FDP)

Herr Kollege Hartloff, Sie haben einige Tatbestände und auch Urteile genannt, in denen darüber geurteilt wurde, ob nicht auch zu anderen Zwecken ein Untersuchungsausschuss eingesetzt werden kann.

Es ist zutreffend, auch in diesem Hohen Hause ist das einmal geschehen, aber immer nur betreffend einzelne Abgeordnete oder andere Gegenstände. Hier wird erstmalig ein Untersuchungsausschuss gegen eine Fraktion eingesetzt. Ein solcher Untersuchungsausschuss ermöglicht es natürlich den anderen Fraktionen, sehr tiefe Einblicke in die Entscheidungsabläufe der Wettbewerber zu erlangen. Das ist schon ein Problem.

(Beifall der FDP und der CDU)

Dass wir als Fraktionen des Parlaments nicht nur völlig losgelöst von der Wirklichkeit, sondern letztlich auch Wettbewerber sind, fand auch deutlichen Ausdruck darin, wie wir alle im Gesetz geregelt haben, wie eigentlich unsere Gelder geprüft werden.

Der Landtag hat nämlich ein Fraktionsgesetz beschlossen, in dem ausdrücklich ein neutraler Dritter damit beauftragt wird, nämlich der Rechnungshof. Nur ihm gegenüber haben die Fraktionen alles offenzulegen. Wieso tun wir das denn? Wieso haben wir das so geregelt? Wir haben das so geregelt, weil jeder weiß, dass es schon ein Problem ist, wenn wir anfangen, uns wechselseitig in die Karten zu schauen.

(Beifall der FDP und der CDU)

Es ist so ausgestaltet worden, dass bereits die Feststellung des Rechnungshofs, dass Gelder zweckfremd verwandt wurden, die Rückzahlungspflicht der Fraktion auslöst. Das heißt, die Landtagsverwaltung muss überhaupt nichts mehr prüfen. Sie muss einfach nur das Geld beitreiben, wenn es nicht gezahlt wird.

Wenn die betroffene Fraktion das vermeiden will, muss sie vor Gericht gehen. Das ganze Verfahren deutet darauf hin, dass das Parlament gerade nicht wollte, dass sich die Fraktionen wechselseitig in die Karten schauen. Wenn Sie jetzt einen Untersuchungsausschuss beantragen, unterlaufen Sie eigentlich das, was wir selbst im Fraktionsgesetz geregelt haben, nämlich wie unsere Karten geprüft werden.

(Beifall der FDP und der CDU)

Herr Kollege Hartloff, um es klarzustellen. Bevor ich die Pressekonferenz durchgeführt habe, in der wir unsere Haltung erläutert haben, habe ich nicht ein Wort mit dem Kollegen Baldauf gesprochen. Er ist Manns genug, seine Entscheidungen selbst zu treffen und braucht dafür nicht meine Ratschläge.

An der Stelle meine ich, ist es begrüßenswert, wenn die betroffene Fraktion, die es jetzt gerichtlich prüfen lässt, weil es schon für die Zusammenarbeit im Hohen Hause von Interesse ist, für die Zukunft für andere Fälle, und zwar völlig losgelöst von diesem Fall, bei dieser Gelegenheit einmal geklärt bekommt, unter welchen Voraussetzungen und einschränkenden Kautelen gegebenenfalls ein solcher Untersuchungsausschuss zulässig ist.

Machen wir uns nichts vor. Über Beweisanträge und Zeugeneinvernahmen kann man doch weit über das hinaus, was in der Fraktion selbst stattfindet, bis in die Parteien hinein Dinge untersuchen. Das ist, wenn wir alle im Wettbewerb untereinander stehen, nicht gerade sinnvoll für die Demokratie.

Deshalb erhoffe ich mir jetzt eine Klarstellung durch den Verfassungsgerichtshof. Diese Klarstellung werden wir natürlich alle mit dem nötigen Respekt gegenüber dem Gericht entgegenzunehmen haben. Ich finde es richtig, dass an der Stelle die betroffene Fraktion deshalb eine solche juristische Klärung herbeiführt.

Wir werden, wenn wir vom Gericht angehört werden, eine entsprechende Stellungnahme im Sinne dessen, was ich hier ausgeführt habe, abgeben. Wenn das Gericht nur den Landtag anhören sollte, gehe ich davon aus, dass der Landtag dem Gericht unsere Stellung

nahme ungekürzt zuleitet; denn hier geht es um die Rechte der Fraktionen als solche.

(Beifall der FDP und der CDU – Eymael, FDP: So ist es!)

Die müssen dann auch Gelegenheit haben, ihre Stellungnahmen abzugeben.

Aber wenn man es rein politisch bewerten will, ist meine Fraktion der Auffassung, dass der Untersuchungsausschuss leider nicht dazu beitragen wird, die Politikverdrossenheit abzubauen, sondern er wird sie gegebenenfalls noch steigern.

(Beifall der FDP und bei der CDU – Eymael, FDP: So ist es!)

Deshalb haben wir im Vorfeld immer davor ge- warnt – – –

(Zuruf des Ministerpräsidenten Beck)

Herr Ministerpräsident, Sie können es unglaublich finden, aber ich glaube nicht, dass in der Wahrnehmung am Schluss deutlich wird, worum hier gekämpft wird oder ob deutlich unterschieden wird, wer wo wie was welches Fehlverhalten an den Tag gelegt hat. Am Schluss werden wir alle in einen Sack gesteckt, und es wird draufgehauen.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Aber das ist etwas, das man manchmal in Kauf nehmen muss. Das ist dann so.

Meine Fraktion ist jetzt an der Reihe. So sind die Regeln des Hohen Hauses.

Das Gesetz sieht vor, dass der Vorsitzende eines Untersuchungsausschusses ein Jurist sein soll. Bekanntlich hat meine Fraktion nur einen, und der steht jetzt hier vor Ihnen. Wir hatten deshalb überlegt, ob wir nicht von der Soll-Vorschrift Gebrauch machen sollen und vielleicht jemand anderen benennen. Aber nachdem schon munter gestritten wird unter Aufregung dessen, was bisher eigentlich nicht stattfand, ist nicht völlig ausgeschlossen, dass jemand auf die Idee kommen könnte, eine solche Entscheidung meiner Fraktion zu beklagen und überprüfen zu lassen, ob eine solche, auf die Soll-Vorschrift gestützte Entscheidung zulässig wäre.

Da meine Fraktion an der Stelle eine solche Gelegenheit nicht eröffnen wird und will – das wird auch nicht zum Abbau der Politikverdrossenheit führen –, wird meine Fraktion einen Vorschlag machen, der den Anforderungen genügen wird und eine solche Klage vermeidet. Das wollte ich an dieser Stelle nur deutlich machen, sodass jeder, der sich da etwas gedacht hat, dies nicht wird tun können.

(Beifall der FDP und bei der CDU)

Völlig unabhängig davon, ob es rechtlich zulässig ist oder nicht – das wird das Gericht zu klären haben –, würden wir, selbst wenn es das Gericht für zulässig

erachtete, heute der Einsetzung eines solchen Untersuchungsausschusses nicht zustimmen, und zwar liegt dies ausschließlich daran, dass der Staatssekretär des Inneren – wie im „TV“ nachzulesen ist – verkündet hat, man sei ja schließlich im Wahlkampf und wolle nicht in Schönheit sterben.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)

Daraus kann man ableiten, dass die unter Druck geratene Regierung bei ihrer Fraktion die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gegen die anderen zur Entlastung einfordert, und wir würden als Opposition unser Gesicht verlieren, wenn wir einem solchen Manöver zustimmen würden.