Protokoll der Sitzung vom 25.06.2010

ich komme zum Ende –, in der man glaubt, nichts erreichen zu können, eben auch keinen Sinn macht.

(Glocke des Präsidenten)

Jedenfalls der Verweis nur nach Hessen oder Berlin führt in dieser Diskussion überhaupt nicht weiter.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat Herr Staatsminister Hering.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung Rheinland-Pfalz hat bezüglich des Ausbaus des Flughafens Frankfurt/Main eine sehr verantwortbare Position erarbeitet und diese auch konsequent vertreten. Wir stehen für den Ausbau des Flughafens Frankfurt/Main, weil davon auch Tausende von Arbeitsplätzen in Rheinland-Pfalz abhängig sind. Für einen exportstarken Wirtschaftsstandort ist es notwendig, dass wir einen funktionierenden, auch mit Ausbauperspektiven vorhandenen Flughafen in Frankfurt in Deutschland haben, der auch für die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz eine ganz wichtige Bedeutung hat. Deswegen hat die rheinland-pfälzische Landesregierung trotz der Proteste, die es gab, gesagt, grundsätzlich sind wir für den Ausbau des Flughafens. Die Landesregierung hat aber auch immer die Betroffenheit der Menschen mit Fluglärm im Auge gehabt, Frau Schäfer. Deswegen war das immer daran geknüpft gewesen, dass dies mit ei

nem Nachtflugverbot verbunden ist. Immer wurde die Forderung erhoben, dass Flugrouten so gewählt werden müssen, dass sie die Interessen aller im Rhein-MainGebiet, nicht nur der Bürger in Hessen, sondern auch in Rheinland-Pfalz, berücksichtigen.

Sie wissen auch, dass wir uns im Rahmen des Ausbaus für einen anderen Standort der neuen Landebahn ausgesprochen haben. Es wurde in Hessen – da haben wir keine Einflussmöglichkeit – schließlich eine andere Entscheidung getroffen, die neue Landebahn zu errichten. Das haben wir hinnehmen müssen.

Bezüglich der Entwicklung, dass man die Zusage zum Nachtflugverbot nicht eingehalten hat, halte ich das auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland für eine fatale Entscheidung. Das heißt doch nichts anderes, als dass Bürgerinnen und Bürger bei Großprojekten nicht mehr auf die Zusage von Regierungen vertrauen können. Ich halte das für einen massiven Vertrauensschaden, der entstanden ist.

(Beifall bei SPD und FDP)

Wir müssen künftig bei Großprojekten in Infrastruktur und in Industrieansiedlungen, die wir brauchen, einen offenen und fairen Dialog mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern führen können. Wir müssen auch Möglichkeiten eines Kompromisses ausloten, um Akzeptanz für solche Vorhaben zu finden. Wie werden Bürger dann reagieren? Wenn die, die gegen solche Vorhaben sind, dann sagen „Lasst euch auf einen Kompromiss nicht ein, denkt an die Menschen im Rhein-Main-Gebiet, auch diese wurden reingelegt“, ist das die fatale Folge dieser verantwortungslosen Politik in dieser Frage der hessischen Landesregierung. Deswegen sind wir so wütend bezüglich der Entscheidung, die hier getroffen wurde.

(Beifall bei der SPD)

Das bringt uns in Schwierigkeiten, die wir haben, Frau Schäfer. Wir haben unseren Bürgerinnen und Bürgern in Rheinhessen und Mainz immer gesagt, wir stehen zum Ausbau des Flughafens Frankfurt/Main, weil wir die Zusagen der hessischen Landesregierung haben, sich für ein Nachtflugverbot einzusetzen. Wir haben gemeinsam in den Flughafen Hahn investiert. Diese Bürgerinnen und Bürger fragen die Regierung, worauf sie sich eingelassen hat. Ihr habt auf das Wort der hessischen Landesregierung vertraut, und wir müssen die Folgen tragen, dass diese Zusagen nicht eingehalten wurden. Das hat uns bezüglich der Glaubwürdigkeit, obwohl wir keine Verantwortung haben, in Schwierigkeiten gebracht. Frau Schäfer, deshalb halte ich es für ungehörig, uns Vorwürfe zu machen, wir hätten hier nicht gehandelt, wir seien zu spät wach geworden. Wir sind Opfer dieser verantwortungslosen Politik auf der anderen Rheinseite.

(Beifall der SPD)

Wer sich mit Verkehrspolitik auseinandersetzt, der weiß, das zentrale Thema in der Verkehrspolitik ist das Thema „Lärm“. Menschen werden zunehmend sensibler bei Straßenlärm, Schienenlärm und natürlich auch bei Fluglärm. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir im

Interesse, Infrastruktur zu ermöglichen, Grenzwerte festgeschrieben haben, die hinterfragt werden. Deswegen gibt es bezüglich der Lärmsanierung die Reduzierung um drei Dezibel. Wir haben die Erkenntnis gewonnen, dass das für die Menschen nicht mehr akzeptabel ist. Bei den hohen Werten muss es eine Veränderung geben.

Ähnliches gilt für die Diskussion um Schienen- und Fluglärm. Es kann nicht akzeptabel sein, dass wir in der Diskussion, bei der Menschen, weil sie krank geworden sind, sensibler werden, mit Blick auf die Akzeptanz von Infrastruktur beim Thema „Lärmschutz“ es hinnehmen, dass aus rein wirtschaftlichen Interessen, um eine Entscheidung im Nachhinein zu rechtfertigen, das Flugverkehrsgesetz geändert werden soll, um Erleichterung hinzubekommen, dass man im Prinzip mehr Lärm erlaubt. Dabei muss man die Interessen der Menschen und deren Gesundheit, aber auch die Akzeptanz von Verkehrsinfrastruktur mit berücksichtigen. Das ist untragbar und mit fatalen Folgen für die Menschen und für die Akzeptanz von Verkehrsinfrastruktur verbunden.

Die Menschen werden sagen, der Politik insgesamt kann man nicht mehr trauen. Wenn es hart auf hart kommt, werden wir reingelegt. Das ist das Fatale dieser Entscheidung, die die hessische Landesregierung im Einvernehmen mit der Koalitionsverhandlung versucht, auf den Weg zu bringen. Das muss nicht nur im Interesse der Menschen in Rheinhessen, sondern auch im Interesse eines Wirtschaftsstandortes Deutschland verhindert werden.

(Beifall der SPD)

Es ist nicht zutreffend, dass wir dort kein Konzept hätten. Klar ist, das Nachtflugverbot muss kommen. Kommuniziert worden ist, dass die Konzeption der deutschen Flugsicherung alternativlos wäre. Man hat versucht, uns das zu kommunizieren. Jetzt ist klar geworden, es gibt gegebenenfalls andere Flugrouten. Es hat Gründe gegeben, sich nicht für diese Flugrouten zu entscheiden.

Wir werden das Gutachten in Auftrag geben. Für mich ist von Interesse, warum angeblich rein technische Vorschriften ergeben haben, man müsse den Taunus entlasten und Rheinhessen mehr belasten. Es kann sein, dass rein fachliche und technische Fragen der Flugsicherung zu diesem Ergebnis kommen. Es könnte aber auch sein, dass vielleicht andere Erwägungen eine Rolle gespielt haben. Wer solide gearbeitet hat, dürfte keine Probleme haben, wenn das nochmals untersucht und bestätigt wird. Es ist vielleicht auch ganz interessant, wer wo in manchen Regionen wohnt. Das kann zu ganz interessanten und spannenden Fragen führen.

Wir werden das mit entsprechendem Sachverstand untersuchen und uns mit den Gründen auseinandersetzen.

Wir werden verlangen, dass Fraport Messpunkte in Rheinland-Pfalz und nicht nur in Hessen einrichtet. Sollte dies kurzfristig möglich sein, dann werden mit den Möglichkeiten, die wir als Land haben, eigene Messpunkte einrichten, weil wir objektive Daten brauchen.

Herr Dr. Schmitz, die Rechtschutzmöglichkeiten bei Rechtsverordnungen sind bekannt. Ich muss abwarten, was in der Rechtsverordnung des Bundes geregelt wird. Vielleicht kommt man zu der Einsicht, Flugrouten so zu legen, dass sie für Rheinland-Pfalz akzeptabel sind. Das wäre der Idealfall. Dann müssen wir nicht dagegen klagen. Ansonsten werden wir rechtliche Möglichkeiten im Interesse der Bürgerinnen und Bürger nutzen.

Zusammenfassend glaube ich, wir sollten uns in dieser Frage nicht mit Vorwürfen gegenseitig auseinanderdividieren lassen; denn die Ursachen für die Probleme wurden nicht in Rheinland-Pfalz gesetzt, sondern sie liegen in Hessen. Wir erwarten von Hessen, dass das, was man den Menschen versprochen hat, sich konsequent für Lärmschutz einzusetzen, umgesetzt wird. Das muss ein gemeinsames Anliegen des rheinland-pfälzischen Parlamentes gegenüber der hessischen Landesregierung sein. Sie soll zu ihrem Wort stehen, sich für Menschen und Lärmschutz einzusetzen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Guth von der SPDFraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Schäfer, ich war letztens in einer Veranstaltung, einer Bürgerversammlung in Bodenheim.

(Zuruf der Abg. Frau Schäfer, CDU)

Übrigens ist das Ihr Wahlkreis. Ich habe Sie da vermisst. Die Gemeindehalle war voll. Wenn Sie in die Augen der Menschen schauen, sehen Sie, die haben Angst. Die Leute haben vor dem Angst, was auf sie zukommt. Noch besser wird es, wenn Sie in andere Gemeinden gehen.

(Frau Schäfer, CDU: Ich habe schon gehört, wie unruhig Sie waren!)

Außerhalb Ihres Wahlkreises, nein, nicht Ihr Wahlkreis.

Wenn Sie nach Marienborn fahren, stellen Sie fest, dass sich dort eine Bürgerinitiative mit 500 Leuten gründet. Sie können auch nach Guntersblum, Gau-Odernheim oder Wörrstadt fahren. Viele haben noch nicht verstanden, was geplant ist. Diejenigen, die es verstanden haben, haben Angst.

Wenn Sie mit manchen reden, dann hören Sie, dass viele aus dem Frankfurter Raum nach Rheinhessen gezogen sind, weil die Lärmbelästigung unerträglich wurde. Sie haben beispielsweise eine Familie gegründet. Sie ziehen dann nach Rheinhessen. Jetzt werden am grünen Tisch in Hessen ohne Beteiligung dieser Kommunen und ohne Beteiligung des Landes Rheinland-Pfalz die Flugrouten geändert. Sie bekommen den

Lärm, den sie vor Jahren in Frankfurt noch hatten, jetzt vor ihre Haustür und auf die Terrasse im mittleren Rheinhessen.

Das können wir nicht akzeptieren. Ich bin dankbar für die Aussage von Minister Hering, dass er aktiv wird.

Man kann sagen, diese Entwicklung hat sich erst in den letzten Wochen abgezeichnet. Vermisst habe ich, dass die Fraport und andere das den Kommunen entsprechend mitgeteilt hätten. Ich bin dankbar für die Berichterstattung in der „AZ“ und anderen Pressemedien. Ich bin dankbar für die Berichterstattung in SWR 3. Dort wurde das einem nähergebracht. Das hat die Menschen sensibilisiert.

Sie haben die Bürgerinitiativen angesprochen. Wir stehen mit allen in Kontakt. Ich nenne stellvertretend an dieser Stelle Friedrich Herzer, der sich seit Jahren mit diesem Thema beschäftigt. Er hat auch die Politik sensibilisiert.

(Zuruf der Abg. Frau Schäfer, CDU)

Ja, er liefert uns wirklich fundierte fachliche Unterlagen, die es uns in der Politik ermöglichen, mit der DFS und der Fraport in einen Dialog zu treten. Es bleibt sein Geheimnis, woher er die Daten hat.

(Zuruf der Abg. Frau Schäfer, CDU)

Frau Schäfer, wir hatten als SPD-Fraktion im März im Wappensaal im Landtag eine Anhörung. Das geschah mit allen Beteiligten. Die Fraport saß mit am Tisch und hat ihre Position dargelegt. Uns geht es darum, dass wir zu einer gerechten Lärmverteilung kommen.

Ich sage es etwas deutlicher, als es der Minister gesagt hat. Ich rede gerne Klartext. Es kann nicht sein, dass die Villen im Taunus entlastet werden und die Wohnungen und Einfamilienhäuser in Rheinhessen durch die Aktion, die Hessen betreibt, belastet werden.

(Beifall der SPD)

Eine gerechte Lärmverteilung muss das Ziel sein.

Machen wir uns nichts vor. Wir werden in den nächsten Jahren und Jahrzehnten mit Lärm im Bereich des Flughafens Rhein-Main rechnen müssen. Es geht darum, wie man was verteilt. Ich bitte Sie, gehen Sie noch einmal zu dem hessischen Ministerpräsidenten, vielleicht ist dann schon Herr Bouffier im Amt, reden Sie mit dem und wirken Sie darauf ein, dass diese neuen Flugrouten nicht kommen. Dann haben Sie endlich einmal etwas für Ihr Land Rheinland-Pfalz und für die Region Rheinhessen erreicht. Bloße Ankündigungen helfen nicht.

(Beifall der SPD)

Mit Blick auf die Uhr will ich mit einem Zitat aus Ihrem Mund schließen, was Sie, glaube ich, im März oder April gegenüber der „AZ“ geäußert haben: Unser Ministerpräsident heißt Kurt Beck. – Ich darf noch einen Satz ergänzen. Der hessische Ministerpräsident heißt nicht

mehr länger Roland Koch, und beides ist gut für unser Land.