Protokoll der Sitzung vom 06.10.2015

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kollegen und Kolleginnen, es gab zu Beginn Ihrer Rede, liebe Frau Klöckner, auch noch einen Punkt, der mir schwer zu denken gegeben hat oder mir die Sprache verschlagen hat. Die Aufnahme von Flüchtlingen ist die größte gesamtgesellschaftliche Aufgabe – ich sage einmal – dieser politischen Generation. Was machen Sie? – Sie stellen sich hierhin und tun so, als könne man das mit ein bisschen Arbeit am 4. Januar 2016 bis zur Mittagspause erledigen.

Sie sprechen von 6 Milliarden Euro Kosten des Bundes. Das mache nur 1 % der Steuereinnahmen aus. Ich sage, mit den 6 Milliarden Euro wird der Bund nicht hinkommen. Er hat viel höhere Eigenkosten, und solange er es nicht schafft, endlich die Verfahren zu beschleunigen, wird er auch nicht mit 3 Milliarden Euro für die Länder hinkommen.

Ich will höflich sein, aber ich denke, diese Zahl haben Sie mal gegriffen. Was mich aber wirklich ärgert, ist Ihr Vergleich. Sie führen dazu aus, am Neujahrstag werde nicht gearbeitet. Am Samstag werde nicht gearbeitet. Am Sonntag werde nicht gearbeitet.

(Hans-Josef Bracht, CDU: In der Regel hat sie gesagt!)

Am Sonntag werde in der Regel nicht gearbeitet. Das ist ein bisschen ein blanker Hohn gegenüber allen Angestellten, die wie selbstverständlich am Wochenende und nachts arbeiten,

(Hans-Josef Bracht, CDU: Das ist doch lächerlich! – Alexander Schweitzer, SPD: Das ist überhaupt nicht lächerlich!)

und zwar gegenüber dem Krankenpfleger, dem Polizisten, dem Fabrikarbeiter oder dem selbstständigen Handwerker.

(Hans-Josef Bracht, CDU: Thema verfehlt!)

Es ist vor allem auch ein blanker Hohn gegenüber den Menschen in unserem Land, die nämlich ehrenamtlich und hauptamtlich die Fluchtaufnahme organisieren. Diese arbeiten nämlich auch und vor allem am Wochenende rund um die Uhr.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Alexander Schweitzer, SPD: So ist es! – Hans-Josef Bracht, CDU: Um all das geht es überhaupt nicht! Das ist nicht in Ordnung, was Sie hier machen!)

Wir bekommen das hin. Jeden Tag wird es ein bisschen schwerer. Ich möchte es ganz deutlich sagen: Für den Zustrom sind andere verantwortlich und nicht wir als Bundesland. Kein Bundesland ist verantwortlich. Die Menschen arbeiten eben nicht einmal am 4. Januar bis zur Mittagspause, sondern rund um die Uhr. Sie machen das gut. Ich will sie loben und ihnen danken. Wir werden genauso weitermachen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Beschluss der Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen mit der Kanzlerin ist aus meiner Sicht ein guter Beschluss gewesen. Wir haben unseren Kommunen damals zugesagt, dass ich sie sofort einlade, um mit ihnen gemeinsam zu besprechen, wie wir damit umgehen. Ich möchte dazu gar nicht viel sagen. Ich möchte aber auf zwei oder drei Punkte eingehen.

Der Bund war ziemlich bald der Auffassung, dass die Entlastung, die geschaffen wird, sowohl für die Länder als auch die Kommunen gilt und wir uns gemeinsam darüber verständigen müssen, weil auf Bundesseite, Länderseite und kommunaler Seite Kosten entstehen. Ich bin der Auffassung – Frau Ahnen hat es gestern dargestellt –, dass wir unseren Kommunen ein faires Angebot gemacht haben.

Ich möchte noch einmal sehr deutlich sagen, dass es mir wichtig ist, dass wir gemeinsam zu einem sehr guten Ergebnis kommen. Die Kommunen und das Land stehen Seite an Seite. Wir gehen auch fair miteinander um. Ich möchte auch nicht, dass das instrumentalisiert wird. Wir sind in konstruktiven Gesprächen. Wir wollen miteinander zu einem Ergebnis kommen. Ich habe den Kommunen gesagt, dass wir die Vereinbarung mit dem Bund 1 : 1 auch in Rheinland-Pfalz umsetzen werden. Das machen wir auch, wie es in meiner Amtszeit bereits erfolgreich praktiziert wurde. Auch das möchte ich noch einmal deutlich sagen.

Ich bin optimistisch, dass wir zu einer fairen Vereinbarung finden werden, und das, obwohl Sie immer wieder versuchen, solche Vereinbarungen zu torpedieren. Es tut mir leid, dass ich das sagen muss. Es ist auch schon angesprochen worden. Wir haben das zu oft erlebt, dass wir mit den Kommunen in Verhandlungen waren, egal ob es um das Thema Inklusion, U3 oder ein anderes Thema ging. Wenn wir auf einem guten Weg waren, um uns mit den Kommunen zu verständigen, mussten wir erleben, dass die CDU versucht hat, dies zu torpedieren. Sei’s drum, sage ich einfach.

Wir haben die nächsten Gespräche mit den Kommunen. Wir werden daran arbeiten, dass wir diese zu einem guten und fairen Ergebnis führen. Das ist mein Anliegen. Das war es von Anfang an, seit ich Ministerpräsidentin bin. Ich glaube, Sie werden wenig Kommunale finden, die Ihnen das

nicht belegen werden, nämlich dass ich mit den Kommunen ständig sehr konstruktiv im Gespräch bin. Aber nicht nur das. Wir haben sehr viele Probleme lösungsorientiert gelöst.

(Zurufe von der CDU – Vizepräsident Heinz-Hermann Schnabel übernimmt den Vorsitz)

Das gilt für das Thema Inklusion genauso wie für das Thema U3. Jetzt wird es für dieses Thema auch gelten. Insofern bin ich optimistisch. Das heißt nicht, dass ich irgendetwas sicherstellen kann. Ich bin ganz optimistisch, dass wir zu einer fairen Vereinbarung kommen werden.

Deshalb haben wir auch das kommunale Investitionspaket, ohne dass wir dazu die Verpflichtung gehabt hätten, um 30 Millionen Euro aufgestockt. Auch das war ein Wunsch unserer Kommunen im Gespräch. Wir haben deutlich gemacht, dass wir das hören und auch machen werden. Wir wollen es auch machen. Wenn Sie jetzt versuchen werden, das Investitionsprogramm zu einem CDU-Programm zu machen, wird Ihnen das – ehrlich gesagt – nicht gelingen.

Ich weiß sehr genau, wie viele Tage und Nächte Doris Ahnen und ich mit dem Bund und anderen Ministerpräsidenten gerungen haben, bis dieses Paket gestanden hat. Ich weiß auch ganz genau, dass unsere Ministerpräsidenten gesagt haben, auf eine solche Verteilung werden sie sich in Zukunft nicht mehr einlassen, weil Rheinland-Pfalz und noch ein paar andere Länder total bevorzugt werden. Deshalb sage ich: Das haben wir und nicht irgendwelche CDU-Innenminister oder wer auch immer erkämpft.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden Wort halten, was diese Themen betrifft. Ich freue mich heute schon, dass wir mit diesem Haushalt das Kommunalinvestitionsförderungsgesetz veranschlagt haben und wir in unseren Kommunen zu guten Investitionen kommen, die natürlich auch nötig sind. Ich bin sehr froh, dass wir an dem Punkt sind. Ich hoffe, dass wir in der nächsten Woche zu guten weiteren Gesprächen über das Gesamtpaket kommen werden.

Ich möchte noch zwei oder drei Sätze zu den wichtigen Schwerpunkten sagen, die alle aber auch schon ausreichend und hinreichend kommentiert worden sind. Es geht vor allem erst einmal für mich um das Thema gebührenfreie Bildung von Anfang an, nämlich von der Kita bis zur Hochschule. Das bleibt auch mir ein Herzensanliegen als Ministerpräsidentin.

Insgesamt sind im nächsten Jahr 573 Millionen Euro für den Kita-Bereich im Haushalt vorgesehen. Wir sind stolz darauf, dass in Rheinland-Pfalz so gut wie jedes Kind ab drei Jahre die Kindertagesstätte besucht. Das gilt auch für die Kinder mit Migrationshintergrund. Das kann nicht jedes Bundesland von sich behaupten. Wir sagen, das hat

a) mit der guten Arbeit in den Kitas zu tun und b) damit zu tun, dass wir eine gebührenfreie Bildung in unseren Kindertagesstätten anbieten können.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch das wird uns jetzt nutzen. Wir haben einen guten Kita-Besuch und einen hohen Ausbaustand bei U3 mit mittlerweile 44 % erreicht. Wir werden weiter ackern, dass wir an der Spitze der westdeutschen Länder bleiben, was die Ausbauquote betrifft. Es nutzt uns allen. Der gute Start unserer Kinder und die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind die besten Voraussetzungen dafür, dass die Integration gelingt. Auch das möchte ich noch einmal sagen. In unseren Kitas gibt es viele Kinder, die Flüchtlingskinder sind und Migrationshintergrund haben. Wir haben immer wieder die Erfahrung gemacht, dass dort die Integration sehr gut gestaltet wird. Deshalb gibt es bei uns auch interkulturelle Fachkräfte, Sprachförderung und die Unterstützung unserer Kitas. Genau das werden wir in Zukunft mit diesem Haushalt weiter so halten.

Liebe Kollegen und Kolleginnen, genauso verhält es sich mit unserer Bildung. Es ist noch gar nicht so wahnsinnig viel davon gesprochen worden. Mir ist es noch einmal wichtig, Folgendes zu sagen: Wir stellen in diesem Haushalt wieder 1.200 junge Lehrkräfte ein. Das sind 430 mehr als in der mittelfristigen Finanzplanung. Rund 600 der neuen Lehrkräfte hatten vorher einen befristeten Arbeitsvertrag.

Auch das war ein wichtiges Ziel, das ich mit meiner Person und mit dieser Landesregierung verknüpft habe, nämlich dass wir die befristeten Verträge zurückführen und weniger länger befristen, und dass auf jeden Fall die Prognose gut ist und die Menschen so schnell wie möglich in das System übernommen werden. Deshalb bin ich froh, dass wir das mit diesem Haushalt und im neuen Schuljahr zeigen können. Auch der ursprünglich geplante Abbau von ca. 200 Stellen ist ausgesetzt. 2016 werden sogar 314 neue Lehrerstellen geschaffen.

Liebe Kollegen und liebe Kolleginnen, insofern sind wir bei der Frage guter Bildung in unserem Land wieder einen ganzen Schritt weitergekommen. Wir haben eine gute Unterrichtsversorgung, das jüngste Lehrerkollegium und mit die kleinsten Klassen in unserem Land. Wir stellen sicher, dass wir über die zusätzlichen Sprachkurse, nämlich die Deutsch-Intensivkurse, unseren Kindern gute Chancen geben, sich in unser Schulsystem zu integrieren. Das ist das, was wir uns wünschen. Dafür stellen wir Geld und Stellen zur Verfügung. Es passt zu unserem Land Rheinland-Pfalz, dass es ein Bildungsland und gleichzeitig ein offenes und integrierendes Land ist.

Ich denke, in diesem Sinn hat dieser Haushaltsansatz ein ganz deutliches Signal in Richtung Integration und guter Bildung in unserem Land gesetzt.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dazu gehören noch zwei Dinge. Ich muss und will noch etwas zu den Deutsch-Intensivkursen sagen, weil die CDU ein anderes Konzept hat.

Ich stehe hinter dem Konzept der Deutsch-Intensivkurse. Es gibt den Kindern in unseren Schulen, den jungen Menschen die Möglichkeit, bis zu 20 Stunden ganz intensiv

Deutsch zu lernen. Das ist auch nötig. Zu uns kommen zurzeit Kinder, die kein Deutsch können. Ihnen muss man helfen. Man muss sie unterstützen.

Es ergibt trotzdem so viel Sinn, sie im Sport- , Musik- oder Kunstunterricht im Klassenverband zu haben;

(Alexander Schweitzer, SPD: Genau richtig, so ist es!)

denn Sie sprechen doch immer davon, dass die jungen Menschen auch unsere Kultur lernen müssen,

(Carsten Pörksen, SPD: Genau!)

dass sie von unserem Land erfahren sollen, was wichtig ist, auch von unserem Verhalten her. Es könnte doch keinen einfacheren, besseren und wichtigeren Weg geben,

(Marlies Kohnle-Gros, CDU: Sie wissen gar nicht, wie Kinder damit umgehen!)

als einerseits sicherzustellen, dass die Kinder einen guten Deutschkurs bekommen und andererseits die Integration gleich von Anfang an in der Schule mit Mitschülern und Mitschülerinnen erleben.

(Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)

Deshalb stehe ich zu unserem Konzept und finde es besser als das, was Sie propagieren.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Thema Innovation nur noch so viel: Ich habe vorhin schon gesagt, dass das Geld bei der Auflösung der Innovationsstiftung komplett an unsere Hochschulen fließt und man, wenn man die Hochschullandschaft betrachtet und auch das, was an Innovation und Forschung zurzeit passiert, ganz gelassen feststellen darf, dass RheinlandPfalz noch nie so gut dagestanden hat wie jetzt. Unsere Hochschulen haben inzwischen einen herausragenden Ruf. Unsere außerschulischen Institute sind so gut mit unseren Hochschulen vernetzt, dass sie wirklich herausragende Arbeit leisten und daraus ganz viele junge Gründer hervorgehen.

Dass wir letzte Woche vom Bundeswirtschaftsminister erfahren haben, dass wir in Rheinland-Pfalz – nämlich in Kaiserslautern – eines von fünf Kompetenzzentren in Deutschland für das Thema Industrie 4.0 im Mittelstand erhalten, spricht doch nicht dafür, dass in diesem Land nicht in Innovation investiert wird,

(Alexander Schweitzer, SPD: So ist es doch! – Carsten Pörksen, SPD: Sehr richtig!)