Protokoll der Sitzung vom 16.12.2015

Deswegen haben wir mit diesem Haushalt zahlreiche Maßnahmen ergriffen. Wir haben allein die Integrations

arbeit um 1,5 Millionen Euro aufgestockt. Damit können Sprachförder- und Orientierungsmaßnahmen für Flüchtlinge angegangen werden, damit können aber auch Fortund Weiterbildungsaktivitäten für Ehrenamtliche finanziert oder interkulturelle Projekte gestemmt werden.

Ein wesentlicher Schwerpunkt ist auch, das, was wir als Willkommenskultur in Rheinland-Pfalz erlebt haben und bis heute erleben, zu unterstützen und zu stärken. Wir wollen dieses ehrenamtliche Engagement. Wir wollen den Menschen eben nicht nur in Lippenbekenntnissen danken – ja, das tun wir auch –, sondern wir wollen auch, dass das ehrenamtliche Engagement nicht sozusagen als Ersatz angesehen wird für das, was wir als Politik oder als Staat zu leisten haben. Deswegen stocken wir massiv beim ehrenamtlichen Engagement auf. Deswegen hat Rot-Grün zusätzlich noch zwei Programme auf den Weg gebracht.

Wir sehen vor, dass zum einen sogenannte Familienbegleiter der Integration gefördert werden, sodass an den bestehenden Institutionen, die wir vor Ort in den Kommunen haben – bei den Häusern der Familien, bei den Familienbildungsstätten, bei den Familienzentren –, Projekte aufgelegt werden können, die gerade den Menschen und den Familien dienen, die neu zu uns kommen, dies jedoch, ohne dass dadurch die gute Familienarbeit, die jetzt schon vor Ort geleistet wird, darunter leidet. Wir möchten denjenigen, die bei uns leben, das Signal geben, dass wir diejenigen, die zu uns kommen, unterstützen, aber dabei gleichzeitig auch die anderen nicht vergessen. Somit gestalten wir Integration gemeinsam vor Ort, und wo kann dies besser gelingen als in und mit den Familien, meine Damen und Herren?

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Bei der Bildung und beim Spracherwerb haben wir deutlich aufgestockt. Die Sprachintensivkurse sind von der Kita über die Schulen deutlich aufgestockt worden. Wir haben deutliche Zeichen gesetzt beim Thema Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern, und wir ergreifen die richtigen Maßnahmen beim Arbeitsmarkt mit Programmen wie „Kompetenzen erfassen, Chancen nutzen“, mit Kooperationen mit den Kammern, liebe Frau Kollegin Lemke, beispielsweise mit dem Projekt „Flüchtlingscoaches“, mit dem versucht wird, ausbildungsinteressierte Flüchtlinge in Ausbildungsplätze zu vermitteln. Des Weiteren ergreifen wir zahlreiche Maßnahmen – wir werden morgen auch noch über die entsprechenden Gesetze sprechen –, bei denen es darum geht, dass auch Berufskompetenzen und erworbene Qualifikationen aus dem Ausland einfacher anerkannt werden können. Dies wird flankiert durch viele Maßnahmen, auch im Bereich der Landesregierung.

Lassen Sie mich beispielhaft nur die Projekte herausgreifen, die wir bei den Maschinenringen aufgelegt haben, oder das Freiwillige Ökologische Jahr des Umweltministeriums, liebe Frau Ministerin Höfken, wo gezielt auch auf junge Flüchtlinge zugegangen wird und ihnen angeboten wird, als einen ersten Schritt ein Praktikum zu machen, ein Freiwilliges Ökologisches Jahr zu absolvieren, damit wir anfangen können, sie in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Ich glaube, dies wird auf Dauer eine Win-win-Situation für uns alle sein. Wenn wir das heu

te anpacken, werden wir in Zukunft alle davon profitieren, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir müssen uns auch dem Thema der Fluchtursachen stellen. Ich glaube, es ist über alle Parteigrenzen hinweg anerkannt, dass dies die größte Herausforderung ist, die wir in Deutschland, aber auch in Europa auf der internationalen Bühne haben. Wir sagen, wir nehmen diese Herausforderung an, auch wenn es vielleicht im globalen Maßstab kleine Maßnahmen sind. Aber wenn man vor Ort lokal nicht anfängt, kann man nicht mit dem Finger auf Europa oder die Weltgemeinschaft zeigen. Deswegen ist es so wichtig, dass wir eine Friedensakademie aufgebaut haben.

Liebe CDU, vor dem Hintergrund dessen, was gerade in Syrien passiert, ist es doch genau das falsche Signal, in diesen Zeiten zu sagen, wir wollen in Rheinland-Pfalz keine Friedensarbeit mehr leisten. Wir wollen keine pädagogischen Maßnahmen zur zivilen Konfliktlösung in RheinlandPfalz aufbauen. Deswegen stehen wir ganz klar zu einer Friedensakademie als einem kleinen, aber wichtigen Beitrag zu einer friedlichen Konfliktlösung, um damit am Ende des Tages einen kleinen Beitrag dazu zu leisten, die Fluchtursachen von morgen zu bekämpfen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Es ist doch die zentrale Herausforderung, diejenigen, die wir heute als Flüchtlinge bei uns begrüßen, als potenzielle Bürgerinnen und Bürger, als Staatsbürgerinnen und Staatsbürger von morgen oder von übermorgen zu begreifen. Dies ist der Weg, den wir vorzeichnen wollen und müssen.

Wenn ich mir die Vorschläge des CDU-Bundesparteitags anschaue, beinhalten sie doch im Grunde einen Geist, dass die Menschen, die zu uns kommen, eben nicht wirklich zu uns gehören sollen und sie doch am besten erst gar nicht gekommen wären oder am besten so schnell wie möglich wieder weggehen. Das ist ein großer Fehler, den wir damals in Deutschland bei den Gastarbeiterinnen und Gastarbeitern schon einmal gemacht haben. Schon damals haben konservative Regierungen geschlafen und jahrzehntelang negiert, dass wir ein Einwanderungsland sind. Die Probleme hatten wir dann Jahre später doppelt und dreifach. Dies war im Übrigen nicht nur ein gesellschaftspolitischer Fehler, sondern auch ein haushaltspolitischer Fehler, der hinterher mit den gestiegenen Sozialleistungen und vielen anderen Dingen, die finanziert werden mussten, doppelt und dreifach so teuer geworden ist.

Liebe Frau Klöckner, lassen Sie uns doch die Fehler von damals nicht noch einmal wiederholen. Lassen Sie uns die neuen Realitäten anerkennen und gemeinsam diese Gesellschaft positiv gestalten, durch Integration auf Augenhöhe, durch die Entwicklung eines Miteinanders, das auf Respekt beruht und natürlich auch auf dem Fundament des Grundgesetzes und unserer gemeinsamen Grundund Menschenrechte steht, das aber eben nicht die einsei

tige Anpassung und Assimilation der neu Hinzugekommenen an eine von Ihnen wie auch immer verordnete neue Leitkultur bedeutet oder eine Integrationspflicht per Gesetz.

Unser Ziel ist es doch, Integration möglich zu machen, und zwar auf Augenhöhe und im Rahmen unserer Grund- und Menschenrechte. Man kann Integration nicht erreichen, indem man jemanden irgendetwas unterschreiben lässt, sondern nur im täglichen Miteinander und dem gegenseitigen wertschätzend Voneinander-Lernen, indem wir sagen, was wir machen, wie die Chancen sind, aber auch die Chancen öffnen. Wir müssen klar sagen, was nicht geht, aber wir dürfen nicht glauben, dass man durch eine Unterschrift unter einen wie auch immer von Ihnen diktierten Vertrag integriert ist. Da lachen sich doch diejenigen tot, die sich in Deutschland gar nicht integrieren wollen. Sie sagen, na gut, dann unterschreibe ich den Vertrag, und hinterher mache ich trotzdem, was ich will.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Liebe Frau Klöckner und liebe CDU, mit den gescheiterten Konzepten von gestern kann man nicht die Welt von morgen gestalten. Sie erkennen die neuen Realitäten einfach nicht an. Sie denken immer noch, man könne eine Leitkultur irgendwie politisch verordnen. Dies ist ein Zeichen von Hilflosigkeit, ein Zeichen, dass Sie aus den veralteten Denkstrukturen der Kohlschen Ära nicht ausgebrochen sind. Es ist ein Zeichen dafür, dass Sie nicht in der Lage und auch gar nichts willens sind, sich den neuen Herausforderungen zu stellen und diese zukunftsgewandt zu lösen.

Auch deshalb ist es gut, dass in Rheinland-Pfalz mit RotGrün eine Regierung regiert, die Integration auch als Chance sieht, die Herausforderungen anpackt und das Beste für das Land und die Menschen herausfordern will. Andernfalls würde es in Rheinland-Pfalz ziemlich dunkel, ziemlich schwarz aussehen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Liebe Frau Klöckner, aber es würde nicht nur in RheinlandPfalz ziemlich schwarz aussehen, sondern auch auf dem ganzen Planeten. Als Sie in Ihrer Rede sagten, Sie wollten noch etwas zu Paris sagen, hat der eine oder andere sicherlich an das vergangenen Wochenende gedacht; aber zum Klimaschutz haben Sie kein einziges Wort verloren. Die Welt findet sich in Paris zusammen, um eine gemeinsame internationale Antwort auf diese größte globale Herausforderung, die Erwärmung unseres Planeten, zu geben. Die ganze Welt kommt zusammen, und Frau Klöckner hat es offenbar nicht mitbekommen.

(Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU)

Da wird ein Weltklimaabkommen beschlossen, das sozusagen die Grundlage ist für die weitere Arbeit beim Thema Klimaschutz. Dieses Abkommen gilt für alle Staaten dieser Welt, auch für uns in Rheinland-Pfalz, und Sie verlieren dazu kein Wort.

(Julia Klöckner, CDU: Herr Schweitzer hat auch nicht über den Klimaschutz geredet!)

Das ist schon eine beachtliche Verweigerung nicht nur dieser Zukunftsaufgabe, sondern auch des vergangenen Wochenendes.

Wenn wir es schaffen wollen, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius zu begrenzen, dann müssen wir nicht nur in Paris Abkommen unterschreiben, sondern wir müssen konkret in Deutschland und auch in RheinlandPfalz beherzt handeln. Wir haben das in Rheinland-Pfalz getan, und ich würde mir wünschen, dass auch die Bundesregierung endlich einmal in die Puschen kommt.

Die Bilder von Frau Merkel mit Eisbären sind schon vergilbt. Seither ist nichts geschehen. Wir haben Ihnen den Atomausstieg abgetrotzt, liebe Damen und Herren von der CDU. Ich sage Ihnen, angesichts dessen, was wir in Paris unterschrieben haben, und wenn wir der globalen Erderwärmung etwas entgegensetzen wollen, dann muss zum Atomausstieg jetzt schleunigst auch der Ausstieg aus der Kohle in Deutschland kommen. Dazu braucht es die Energiewende, dazu braucht es beherzt die Energiewende. Deswegen setzen wir auf erneuerbare Energien, und dort kann die Bundesrepublik und kann Europa noch eine ganze Menge von Rheinland-Pfalz lernen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Dabei geht es nicht nur um das Thema saubere Energien und saubere Luft, sondern beim Klimaschutz geht es auch ganz konkret um globale Gerechtigkeit. Heute gibt es 60 Millionen Menschen auf der Welt, die auf der Flucht sind. Nur ein Bruchteil davon kommt überhaupt bis zu uns nach Europa. Nach vorsichtigen Prognosen, die sogar die Bundesregierung anerkennt, bedeutet eine Klimaerwärmung von 2 Grad mindestens 200 Millionen Klimaflüchtlinge, meine Damen und Herren.

Das bedeutet, wer über Fluchtursachen schwadroniert, der muss auch den Klimaschutz ernst nehmen, und er muss tatkräftig handeln. Der nicht gemachte Klimaschutz von heute ist der Hauptfluchtgrund auf dieser Welt von morgen, weil die Konflikte um die knappen Ressourcen immer drastischer werden und weil auch die Armutsflucht immer weiter zunehmen wird. Deswegen ist der Klimaschutz nicht nur eine ökologische, sondern auch eine globale Gerechtigkeitsfrage, die wir gemeinsam angehen müssen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir haben uns Ziele gesetzt, wir haben uns große Ziele gesetzt, die wir weiter fortsetzen werden, indem wir zum Beispiel 440.000 Euro für die Umsetzung eines Klimaschutzkonzepts in den Haushalt eingestellt haben.

Wir haben das Klimaschutzgesetz auf den Weg gebracht. Sie sind gegen das Klimaschutzgesetz, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU. Sie haben im Prinzip jeden Haushaltstitel im Einzelplan des Wirtschaftsministeriums, der nur das Wort „Klima“ enthält, gestrichen. Was ist das denn für eine ideologische Verbohrtheit? Sie haben sich mit dem Thema überhaupt nicht auseinandergesetzt. Nein,

Sie sagen, Klimaschutz hat nichts mit Wirtschaftspolitik und nichts mit der CDU zu tun. Völlig egal, an welcher Stelle das Wort „Klima“ in diesem Haushalt vorkommt, die CDU hat es einfach durchgestrichen. Das ist nicht nur Zukunftsverweigerung, das ist nicht nur eine falsche und rückwärts gewandte Politik, das ist eigentlich – wenn es nicht zum Heulen wäre, wäre es zum Lachen –

(Heiterkeit des Abg. Alexander Fuhr, SPD)

peinlich und zeugt von kompletter Regierungsunfähigkeit, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Klimaschutz ist nicht nur ökologisch notwendig, sondern bedeutet auch – das zeigt Eveline Lemke – einen zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort von morgen. Was haben Sie gejauchzt, für Schwarzmalerei betrieben, als wir 2011 das erste Mal in Deutschland mit einer GRÜNEN und dann auch noch mit einer Frau das Wirtschaftsministerium besetzt haben.

Jetzt ziehen wir am Ende des Jahres 2015 einmal Bilanz: Das Bruttoinlandsprodukt in Rheinland-Pfalz ist deutlich gestiegen. Die Arbeitslosigkeit ist die drittniedrigste im Bundesvergleich, und die Erwerbstätigkeit ist auf dem höchsten Niveau, seit es dieses Bundesland gibt.

(Vizepräsident Heinz-Hermann Schnabel übernimmt den Vorsitz)

Die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz steht nach viereinhalb Jahren grüner Verantwortung, nach viereinhalb Jahren RotGrün hervorragend da, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hans-Josef Bracht, CDU: Trotz Rot-Grün!)

Wirtschaft und Umwelt, Wirtschaft und Nachhaltigkeit, das geht hier in Rheinland-Pfalz erfolgreich zusammen, das zeigen wir. Dazu hat Rheinland-Pfalz nicht auf eine wenig beachtete Rede von Frau Klöckner auf dem Bundesparteitag warten müssen.

Wer diese Erde für unsere Kinder lebenswert halten will, der darf nicht nur auf andere schauen, sondern der muss auch vor Ort anfangen, vor Ort in Rheinland-Pfalz, vor Ort in den Regionen.

In diesem Kontext war in diesem Jahr die Eröffnung des Nationalparks Hunsrück-Hochwald ein ganz bedeutendes Ereignis. Wir haben gefeiert, die Menschen haben gefeiert, die ganze Region hat gefeiert, viele sind da gewesen und haben sich aufgemacht. Sie begreifen diesen Nationalpark als Chance für die Umwelt, für die Natur, für die Biodiversität, aber auch für die Region.

Ich bin mir sicher, viele von denen haben schon einmal CDU gewählt und waren vielleicht sogar Mitglied der CDU.

(Zuruf des Abg. Alexander Schweitzer, SPD)

Wer war nicht da? – Frau Klöckner war nicht da und ist den

Feierlichkeiten fern geblieben.