Protokoll der Sitzung vom 16.12.2015

Das kann man auch konsequent nennen, wenn man ein Projekt, das man nie wollte, nicht mit eröffnet. Was aber jetzt im Vorfeld dieser Haushaltsberatungen passiert ist, grenzt schon an ein Possenstück. Da beantragt die CDULandtagsfraktion per Deckblatt zum Haushalt die Abwicklung und Rückabwicklung des Nationalparks HunsrückHochwald.

(Alexander Schweitzer, SPD: Alles seriös!)

Einmal davon abgesehen, dass es dafür nicht nur ein Gesetz, sondern auch einen Staatsvertrag mit dem Saarland gibt

(Carsten Pörksen, SPD: Das ist doch nicht so wichtig!)

und sozusagen das Ganze mindestens rechtswidrig wäre,

(Alexander Schweitzer, SPD: Alles seriös!)

so spricht die Reaktion in der Region für sich. Die Menschen in der Region sind über Sie hergefallen,

(Julia Klöckner, CDU: Hergefallen?)

weil sie nicht akzeptieren wollen, dass Sie ein Projekt, das eine große Strahlkraft in der Region hat, den Menschen ein Stück weit Zukunftsperspektive, ein Stück weit Sicherheit gibt, opfern wollen auf dem Altar Ihres Wahlkampfes gegen unsere Umweltpolitik, gegen unsere Naturschutzpolitik. Das heißt, Sie spielen eine ganze Region aus, nur um im Wahlkampf punkten zu können. Das haben Ihnen selbst Ihre eigenen CDU-Mitglieder vor Ort nicht durchgehen lassen und gesagt, stopp, jetzt gehen Sie einen Schritt zu weit.

Nach dem ganzen Prozess, nach der Zustimmung der vielen Kommunen, nach dem Staatsvertrag mit Ihrer CDUKollegin Kramp-Karrenbauer aus dem Saarland, kann ich nur sagen, jetzt reicht es mit dem Wahlkampfklamauk, bleiben Sie am Boden, überheben Sie sich nicht, Frau Klöckner. Es wird Ihnen nicht gelingen, diesen Nationalpark rückabzuwickeln.

Aber bleiben Sie ehrlich, erzählen Sie doch nicht, wie vorhin schon wieder, Sie wollten dort nur ein wenig sparen. Nein, das haben Sie nicht beantragt. Sie haben beantragt, dass der Nationalpark abgewickelt wird, da steht wörtlich: der forstwirtschaftlichen Nutzung wieder zuführen. – Das bedeutet, ein Schloss daran machen, zumachen, mit der Axt herangehen und abholzen.

Haben Sie doch wenigstens die Größe, sich hier hinzustellen, einen Fehler einzugestehen und zu sagen, ich habe verstanden, die Region will den Nationalpark, die Menschen in diesem Land wollen den Nationalpark. Dieser Nationalpark ist eine große Chance für die Region, für Rheinland-Pfalz und für den Klima- und Umweltschutz, meine Damen und Herren. Bekennen Sie sich doch dazu.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Neben Ihrer Posse um den Nationalpark ist die umwelt- und naturschutzpolitische Geisterfahrt der CDULandtagsfraktion nicht beendet. Sie fordern tatsächlich im Einzeletat für den Umweltbereich eine Kürzung um über 70 Millionen Euro. Das ist im Prinzip der gesamte Haushalt, der in 2016 für den Umweltbereich zur Verfügung steht. Ist es ein Zufall, dass Ihre globale Minderausgabe – genau sagen Sie ja nicht, wo im Umweltministerium Sie kürzen wollen –, die Sie veranschlagen, exakt genau so hoch ausfällt wie die Gesamtausgaben im Umweltschutz in 2016? Wollen Sie gar nichts in den Umwelt-, den Artenund Tierschutz investieren?

Wie erklären Sie das den vielen Ehrenamtlichen, die vor Ort in den Umweltverbänden, in den Initiativen und bei den einzelnen Projekten im Arten- und Tierschutz und dem Landschaftsschutz unterwegs sind? Ich habe dabei auch schon Menschen getroffen, die ein CDU-Parteibuch haben. Die sind sehr besorgt um den Erhalt der Schöpfung. Aber das scheint Ihnen mit Ihrer ideologischen Brille ziemlich egal zu sein.

Nein, Sie betreiben den umwelt- und naturschutzpolitischen Kahlschlag. Sie hätten es nicht deutlicher machen können, wie kahl, wie leer, wie wüst Rheinland-Pfalz wäre, wenn uns Gott nicht zwei Jahrzehnte vor der CDU geschützt hätte. Gott erhält die Schöpfung, Gott schützt Rheinland-Pfalz vor dieser falschen CDU-Politik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Dieser Nationalpark ist in seiner Entstehung ein Musterbeispiel dafür, wie man Bürgerbeteiligung, wie man Beteiligung von kommunalen Vertreterinnen und Vertretern organisiert, auch in einem nicht einfachen Prozess, liebe Ulrike Höfken. Es ist nicht immer einfach.

Es werden Wünsche geäußert, manche können erfüllt werden, manche nicht, manche vielleicht auch nicht gleich. Anderes kann man aufnehmen und macht ein Projekt noch besser, und vor allem, am Ende ist es dann nicht nur ein Projekt einer irgendwo in Mainz sitzenden Landesregierung, sondern ein Projekt der Bürgerinnen und Bürger, der Menschen vor Ort. Das macht ein Projekt neben dem ökologischen Aspekt auch gesellschaftlich nachhaltig.

Deshalb frage ich mich manchmal schon, was die CDU gegen Bürgerbeteiligung, gegen Transparenz hat. Wir haben das Transparenzgesetz eingeführt – es wird ab dem 1. Januar 2016 gelten –, weil wir sagen, wir geben den Bürgerinnen und Bürgern ein Stück von der Macht, die sie uns geliehen haben, wieder zurück, weil wir sagen, wir haben eine Bringschuld als Politik, als Verwaltung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, damit sie sich ein eigenes Bild von dem machen können, was geschieht, und auch das ein Beitrag gegen Politikverdrossenheit ist.

Wir sind angetreten für eine neue politische Kultur, für Offenheit und Transparenz. Das waren Lehren aus der Debatte über verfehlte Großprojekte, wie beim Nürburgringprojekt, ja. Warum aber sind Sie den Weg nicht mitgegangen? Was ist Ihr Problem? Haben Sie Angst vor den Bürgern? Stellen Sie sich nicht der Entscheidung der

Bürgerinnen und Bürger?

Wir werden morgen über ein Gesetz abstimmen, das die Bürgerbeteiligung gerade vor Ort bei den Kommunen verbessern und stärken soll. Im Moment ist es so, dass es in Bayern statistisch gesehen alle 16 Jahre zu einem Bürgerentscheid kommt. Jetzt gelten wir nicht als die großen Freunde des CSU-geführten Bayerns, aber da muss man sagen, hier liegen sie vorn. Dort haben sie keine Angst vor den Bürgerinnen und Bürgern.

Wissen Sie, wie lange man statistisch gesehen in Rheinland-Pfalz auf einen Bürgerentscheid in einer Gemeinde warten muss? – 278 Jahre. Alle 278 Jahre erfolgt statistisch gesehen in Rheinland-Pfalz in einer Gemeinde ein Bürgerentscheid. Das wollen wir ein bisschen erleichtern, ein bisschen mehr Bürgerbeteiligung, ein bisschen mehr Transparenz.

Frau Klöckner, ich glaube, Sie sind in den Talkshows, in denen Sie in Berlin sitzen, zu weit weg von den Menschen. Ich glaube, wir zeigen durch unsere Politik der Offenheit, der Bürgerbeteiligung und Transparenz, dass wir nahe bei den Menschen sind, und das werden die Menschen auch honorieren, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Wer die Zukunft gestalten will, muss in die Kinder, muss in die Familien und unsere Bildung investieren. Wir schaffen die besten Startchancen in Rheinland-Pfalz für junge Familien und für alle Kinder. Wer heute in Rheinland-Pfalz eine Familie gründen will, kann sich auf Rot-Grün verlassen.

Mit der Qualitätsentwicklung, die wir in der frühkindlichen Bildung vorangetrieben haben, haben wir schon bundesweit Maßstäbe gesetzt. Mit einer Versorgungsquote von über 44 % bei den unter Dreijährigen sind wir im westdeutschen Vergleich nach wie vor auf Platz 1.

Aber was uns ganz wichtig ist, mit der Beitragsfreiheit in den Kindergärten und den Kitas leisten wir einen Beitrag dazu, Bildungs- und Integrationshürden sowie soziale Hürden abzubauen. Auch deswegen sind in Rheinland-Pfalz im Prinzip alle Kinder zwischen drei und sechs Jahren heute in einer Kindertagesstätte. Ich finde, das ist ein großer Erfolg in einem solchen Flächenland wie Rheinland-Pfalz.

Das Land leistet damit einen ganz wesentlichen Beitrag zur Unterstützung der Familie und zur frühkindlichen Bildung. All diese Errungenschaften, die wir uns auch etwas kosten lassen, diese Errungenschaften für Familien und Bildungsgerechtigkeit werden mit der CDU ins bildungspolitische Mittelalter zurückgedreht.

Sie sehen Investitionen in dem Bereich, Entlastungen für Familien und soziale Gerechtigkeit im Bildungsbereich als überflüssig an und wollen genau an der Stelle sparen. Das ist genau die falsche Stelle, Frau Klöckner. Die KitaGebühren, die Sie vorschlagen, würden die Familien in unserem Land 900 Euro im Jahr zusätzlich kosten, ganz abgesehen davon, dass im Jahr 2016 die sofortige Einstellung der Gebührenfreiheit rechtswidrig wäre, weil Sie dafür das Kindertagesstättengesetz ändern müssten. Das

wissen Sie auch.

(Zuruf der Abg. Hedi Thelen, CDU)

Ihre Vorstellungen dazu sind weltfremd und nicht an den Kindern und Familien orientiert.

Ein anderes Beispiel: Sie haben hier mit Verve das Betreuungsgeld verteidigt. Dieses Betreuungsgeld – so viel zum Thema Vereinbarkeit mit Grundrechten und dem Grundgesetz – hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Ende Juli für verfassungswidrig erklärt. Danke Karlsruhe. Das war überfällig gewesen.

(Zuruf der Abg. Hedi Thelen, CDU)

Was machen wir? – Die frei werdenden Mittel geben wir dort hin, wo sie auch hingehören,

(Carsten Pörksen, SPD: Sehr richtig!)

nämlich in die Kindertagesstätten, in die Qualität, zu den Kommunen und zu den Trägern, damit wir noch bessere Bildung für die Kleinen haben.

(Zuruf des Abg. Michael Billen, CDU)

Wir wollen nicht fördern, dass die Kinder unbedingt zu Hause bleiben müssen – wer das möchte, kann das gerne tun –, aber wir wollen, dass das Geld bei den Kindern, bei den Familien, bei der Bildung ankommt. Deswegen ist es gut, dass wir die 95 Millionen Euro genau dort hingeben, wohin sie gehören – in die Köpfe der Kinder, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Auch vor dem Hintergrund der Demonstration draußen vor der Tür kann ich sagen, wir haben eine starke Hochschullandschaft in Rheinland-Pfalz. Die Hochschulen sind ganz wichtige Bildungsinstitutionen, aber auch wichtig für die wirtschaftliche Zukunft unseres Bundeslandes.

Natürlich müssen wir gerade in diesen Bereichen, in denen die Studierendenzahlen und die Anforderungen steigen, immer wieder schauen, nachbessern und überprüfen. Wir wollen die besten Studienbedingungen für alle. Wir nehmen das ernst und hören uns an, was die jungen Menschen dort draußen zu sagen haben.

Ich will aber auch sagen, dass wir schon eine ganze Menge erreicht haben. Wir haben aus den frei werdenden BAföGMitteln 300 zusätzliche ausfinanzierte Dauerstellen an den Hochschulen geschaffen, haben Erhöhungen der Zuweisungen nicht nur bei dem Personal, sondern auch bei den Sach- und Betriebskosten vorgenommen. Wir haben durch das Sondervermögen die Finanzierung der Hochschulen und die Globaletats verbessert.

Ich sage auch, manches muss in der Organisation in der jeweiligen Hochschule optimiert werden. Auch da gibt es noch Potenzial nach oben.

Wir haben aber auch klar gesagt, wir wollen Gebührenfreiheit nicht nur am Anfang des Bildungsweges, wir wollen

Gebührenfreiheit bis zum Abschluss. Ich habe mit vielen Studierenden dort draußen gesprochen. Sie haben gesagt, ja, wir wollen bessere Räume, wir hätten gern mehr Personal und mehr Berechenbarkeit im Studium. Dann habe ich gesagt, ich kenne diese Debatten, zu meiner Zeit haben wir die auch geführt und dafür hier gekämpft und demonstriert. Seitdem hat sich schon einiges getan.

Aber damals war die Antwort in vielen Bundesländern, Studiengebühren einzuführen. Darüber habe ich auch mit den Studierenden gesprochen. Sie haben nur eines gesagt: Wir haben Forderungen, und wir werden gehört. Wir wollen, dass ihr vielleicht mit etwas mehr Kraft diese Forderungen umsetzt, aber was wir auf keinen Fall wollen, ist, dass wir zur Kasse gebeten werden und am Ende die Leidtragenden sind.

Nein, Bildungsfinanzierung ist in dieser Gesellschaft eine öffentliche Verantwortung. Das ist eine ganz klare Zukunftsfrage. Wir wollen die besten Bildungschancen für alle, und zwar gebührenfrei von Anfang an. Deswegen werden wir die Gebührenfreiheit in Rheinland-Pfalz nicht nur gegen die CDU verteidigen, sondern wir wollen sie auch weiter ausbauen, was beispielsweise den gebührenfreien Meister betrifft, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)