Protokoll der Sitzung vom 22.03.2012

Natürlich bedeutet der Bau einer Alternativstrecke und die Entlastung des Mittelrheintals nicht automatisch, dass wir künftig ein bahnloses Rheintal haben werden. Wir brauchen weiter diese Infrastrukturmaßnahme im Rheintal.

1996 hat sich die Bundesregierung mit dem Vertrag von Lugano verpflichtet, die Rheintalstrecke zwischen Karlsruhe und Basel als Zulaufstrecke zum GotthardTunnel auszubauen, weil man schon damals davon ausgegangen ist und wusste, dass eine entsprechende Erhöhung der Güterverkehrszüge in diesem Bereich auch durch den Ausbau der Häfen, zum Beispiel von Antwerpen, zu verzeichnen sein wird und man dafür Vorsorge treffen muss.

Meine Damen und Herren, damit war schon damals klar, dass Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg Transitländer für Güterzüge von Amsterdam nach Genua sein werden.

Die Landesregierung von Baden-Württemberg hat es vor 15 Jahren verstanden, den Bund mit in die Pflicht zu nehmen, damit die notwendigen Investitionen in das Schienennetz umweltverträglich erfolgen können. Dies wurde offensichtlich – das muss man heute bedauern – von der damaligen rheinland-pfälzischen Landesregierung so nicht erkannt, sodass die damaligen Chancen nicht ergriffen worden sind. Das wären 15 Jahre gewesen, die wir im Kampf gegen den Bahnlärm im Rheintal gewonnen hätten.

Die CDU hat dann aber vor fünf Jahren als erste Partei im rheinland-pfälzischen Landtag eine Ausweichstrecke gefordert. Dem damaligen Wirtschaftsminister Hering muss ich vorwerfen, dass er seinerzeit erklärt hat, dass dieses Thema erst im Jahr 2015 anzupacken sei. Aus der heutigen Sicht betrachtet sind das bislang fünf verlorene Jahre.

(Beifall der CDU – Frau Schmitt, CDU: Wo soll er das erklärt haben?)

Das hat er so erklärt.

(Ministerpräsident Beck: Das hat er nicht erklärt!)

Doch, das hat er erklärt. Das kann in den Medien nachgelesen werden.

(Ministerpräsident Beck: Der Bundesverkehrswege plan liegt beim Bund und nicht bei uns! Das stimmt mit Sicherheit nicht!)

Herr Ministerpräsident, doch, das stimmt. Er hat zum damaligen Zeitpunkt gesagt: Dieses Thema möchte ich jetzt nicht behandeln. Dies werden wir erst später tun. Wir wollen zuerst die Flüsterbremsen auf den Weg bringen. – Dabei hat er die Jahreszahl 2015 genannt. Den Nachweis dazu kann ich Ihnen gerne liefern.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, deswegen ist es gut, dass jetzt auch die Regierungsfraktionen in diesem Antrag Wert darauf legen, dass schnell die notwendigen Schrit

te eingeleitet werden, so wie wir als CDU das in den vergangenen Jahren immer gefordert haben.

(Ministerpräsident Beck: Ihr habt doch im Bund regiert! Warum hat ihr dann nichts gemacht?)

Herr Ministerpräsident, diese Forderungen haben wir auf den Weg gebracht,

(Pörksen, SPD: Die sind immer noch auf dem Weg!)

als Sie noch Bundesvorsitzender waren und Tiefensee noch Minister auf der Bundesebene war, der im Übrigen verschiedene Maßnahmen, die die Lärmverhinderung im Rheintal betreffen, zum Beispiel Flüsterbremsen, schuldhaft verzögert hat. Dazu kann ich Ihnen eine ganze Reihe von Themen nennen.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, wir haben seinerzeit die Eifelstrecke mit in die Diskussion eingebracht.

(Ministerpräsident Beck: Ihr kennt nur Parteipolitik und sonst nichts!)

Auch dies war damals von der SPD nicht gewollt. Wir sind froh, dass die linksrheinische Variante jetzt auch mit in die Diskussion einbezogen wird, weil wir dies für sachlich geboten halten. Meine Damen und Herren, diese Variante wird zunehmend in den Fachmedien und den Fachkreisen diskutiert. In diesem Zusammenhang darf ich auf das Umweltbundesamt verweisen, das in seiner Ausbaukonzeption für einen leistungsfähigen Schienengüterverkehr in Deutschland im Jahr 2010 festgehalten hat, die Eifelstrecke über Gerolstein und Bitburg müsse zu einem Bypass mit dem Ziel ausgebaut werden, die Rheinschiene und die Moselstrecke zu entlasten.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es ist gut und auch nur konsequent, dass jetzt schon und nicht erst 2015 der Bund in Zusammenarbeit mit den betroffenen Ländern eine Studie zur Realisierung einer Alternativstrecke zum Mittelrheintal in Auftrag gegeben hat. Der heutige Antrag ist ein Appell an die Landesregierung, dabei offensiv die Bedürfnisse der Menschen in den Flusstälern von Rheinland-Pfalz zu vertreten.

Frau Schmitt, dieses Ziel hat die CDU auch in der Vergangenheit immer mit verfolgt. Dieses Ziel wird die CDU weiter verfolgen.

(Frau Schmitt, SPD: Deswegen freuen wir uns, dass Sie sich unserem Antrag angeschlossen haben!)

Wir haben dies gern getan, so wie Sie sich in der Vergangenheit öfter den Anträgen der CDU angeschlossen haben.

(Beifall bei der CDU)

Frau Schmitt, ich habe zu Beginn gesagt, dass es gut und wichtig ist, dass wir die Entscheidungen im Konsens getroffen haben, wenngleich wir in Nuancen unter

schiedliche Meinungen bei der Umsetzung vertreten haben. Ich habe die Punkte eben genannt.

Wir bieten weiterhin die Zusammenarbeit in der Sache an. Wir werden uns selbstverständlich weiter für die Interessen der Menschen in den Flusstälern einsetzen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Frau Blatzheim-Roegler das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste der heutigen Plenardebatte! Am 25.02.2012 hat unsere Umweltministerin Ulrike Höfken zusammen mit ihrer Kollegin aus Hessen, Lucia Puttrich, eine Studie zur gesundheitlichen Belästigung durch Bahnlärm vorgestellt. Einige Tage später, am 01.03.2012 hat unser Infrastrukturminister Lewentz die sogenannte Ilgmann-Studie, von der schon die Rede war, vorgestellt, in der ganz klar herausgearbeitet wurde, wie hoch eine Entlastung für die betroffenen Menschen durch eine Umrüstung der Bremsen an den Waggons sein könnte. Die Kollegin von der SPD und wir haben dies zum Aufhänger genommen, zum heutigen Zeitpunkt einen Antrag ins Plenum einzubringen, der sowohl zum Ziel hat, kurz- und mittelfristige Maßnahmen in den Blick zu nehmen, als auch darüber hinaus das Ziel hat, mit der Anmeldung einer alternativen Strecke das Mittelrheintal endgültig zu entlasten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wir haben uns sehr gefreut, als Sie uns gestern Morgen bzw. vorgestern Nachmittag angesprochen und Ihre Bitte an uns herangetragen haben, diesen Antrag mit zu unterstützen. Ich bin froh, dass wir damit einen Antrag haben, der zeigt, dass der Landtag gemeinsam ein starkes Signal nach Berlin aussenden wird, um den Menschen im Mittelrheintal die benötigte Entlastung gewähren zu können.

Uns ist es wichtig, einfach einmal ein paar Zahlen zu nennen. Das ist hier noch nicht wirklich geschehen. Man muss sich vorstellen, dass am Tag rund 500 Züge auf den vier Spuren durch das Rheintal sausen. 250 davon sind Güterzüge. Die fahren auch nachts. Das ist eine hohe Belastung. Bis zum Jahr 2025 soll die Leistung um rund 60 % höher sein. Das kann man sich überhaupt nicht vorstellen, weil die Züge jetzt schon zum Teil im Minutentakt kommen. Die Züge werden länger und bis zu 1,5 Kilometer lang sein. Das ist eine enorme Belastung, falls sie daneben arbeiten, wohnen oder gar schlafen wollen.

Wir stehen dazu, Güter auf die Schiene zu verlagern. Das ist keine Frage. Das darf jedoch auch bei der Abschaffung des Schienenbonusses und höheren Trassenpreisen nicht dazu führen, dass die Güter 1 : 1 auf die Straße verlagert werden. Um da einen Riegel

vorzuschieben, sagen wir GRÜNE, dass man an das Thema „LKW-Maut“ herangehen muss. Generell muss man sich überlegen, welche Güter tatsächlich über weite Strecken transportiert werden müssen. Da ist ein Paradigmenwechsel hin zur Regionalität an der Stelle, an der es passt, geboten.

Frau Schmitt sprach davon, dass eine Maßnahme eine Geschwindigkeitsbegrenzung sein kann. Das hat Frau Höfken in ihrer Studie sehr gut herausgearbeitet. Dies würde eine Verringerung von drei Dezibel an Lärm mit sich bringen. Manche sind skeptisch, ob das die Wirtschaft mitmacht.

Wir reden mit den Bürgerinitiativen. Herrn Pusch kenne ich aus dem Verkehrswendeforum. Das hat meine Vorgängerin in diesem Politikfeld, Elke Kiltz, mit ins Leben gerufen. Ich war auch mit dabei. Wir reden mit den Bürgerinitiativen, und natürlich reden wir GRÜNE auch mit der Wirtschaft.

Anfang der Woche hatte ich Vertreter der Industrie- und Handelskammern bei mir zu Gast. Auf ihren Wunsch hin wurde auch über das Thema „Bahnlärm im Mittelrheintal“ gesprochen. Bei allen Maßnahmen, die wir in unserem Antrag haben, bei den kurzfristigen Entlastungsmaßnahmen, bei der Untersuchung, welche bestehenden Strecken kann man benutzen, um beim Lärm zu entlasten, waren wir einer Meinung. Beim Thema „Reduzierung der Geschwindigkeit“ haben die Vertreter der IHK gesagt, dass das kein Problem ist. Wenn sie das wissen und von vornherein takten können, dann ist das kein Problem.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD – Zuruf des Abg. Dötsch, CDU)

Es ist unser Anspruch, wenn wir Anträge einbringen, uns umfassend zu informieren, und die Menschen und Organisationen, die wir als Unterstützer nötig haben, wollen wir von vornherein transparent mit ins Boot nehmen.

Ein weiteres Thema sind die Flüsterbremsen. Die Umstrukturierung ist dringend umzusetzen. Man muss sich dabei den Bund vorknöpfen, der da seine Hausaufgaben nicht macht.

(Zuruf der Abg. Frau Schmitt, SPD)

In Deutschland sind momentan 180.000 Güterzüge registriert. Für 150.000 käme eine Umrüstung infrage. Aber was passiert? Der Bund hält zum Beispiel diese LL-Sohlen zurück. Sie werden ewig geprüft. Sie sind nicht freigegeben. Es hakt an der Umsetzung, für die Berlin verantwortlich ist.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Frau Schmitt, SPD: So ist das!)

Andere Länder sind auch vom Bahnlärm betroffen. Als Beispiel sind die Niederlande und die Schweiz zu nennen. Die Niederlande haben 5 Milliarden Euro ausgegeben, um die Schienen bzw. den schienengebundenen Verkehr leiser zu machen. Die Schweiz hat 20 Milliarden

Euro ausgegeben. Davon kann sich die Bundesrepublik eine Scheibe abschneiden.