Sie sehen, die Fraktionen sind sich einig. Die rot-grüne Koalition ist eine Koalition der Moderne, der Vielfalt und der Toleranz. Bei allem bleiben wir ein bisschen locker und verlieren nicht unseren Spaß.
Toleranz und Toleranzerziehung sind für uns wichtig. Das fängt in den Kindertagesstätten an und geht in den Schulen weiter. Das geht weiter bis in die außerschulische Bildung, in die Weiterbildung und in die Hochschulen hinein. Wir wollen die Grundlage legen, dass unser weltoffenes Rheinland-Pfalz eine weltoffene Gesellschaft bleibt und sich weiter in diese Richtung entwickelt. Es soll ein offenes Land bleiben für Menschen unterschiedlichster Herkunft, unterschiedlichster Religionen und Weltanschauungen, ethnischer Herkunft, sexueller Identität oder persönlicher Lebensweise.
Deswegen werden wir die Antidiskriminierungsarbeit verstärken und an einer Stelle bündeln, weil diese Menschen immer noch Diskriminierung im Alltag oder im Berufsleben zum Opfer fallen.
Aber dort, wo nicht Toleranz, sondern antidemokratisches und faschistisches Gedankengut die Köpfe beherrscht, sind wir auch wehrhafte Demokratinnen und Demokraten.
Was an der Formulierung „antidemokratisches und faschistisches Gedankengut“ mit „auf einem Auge blind“ bedeutet, müssen Sie mir wirklich einmal erklären.
Ich würde aufpassen, ob die Gleichsetzung von linken Tendenzen und Faschismus in der Bundesrepublik Deutschland nicht an der Grenze des Geschichtsrevisionismus ist.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Frau Kohnle-Gros, CDU: Wir haben es hier immer gegenseitig besprochen! – Weitere Zurufe von der CDU)
Wir haben uns jedenfalls den Kampf gegen den Rechtsextremismus, den Rassismus, Intoleranz und Antidemokratie jeglicher Art auf die Fahnen geschrieben.
Ich habe persönlich das Netzwerk für Demokratie und Courage damals mit aufgebaut. Diese leisten heute eine hervorragende Arbeit in diesem Sinne. Deswegen ist das für uns ein ganz wichtiges Anliegen. Ich dachte, hier im Sinne aller Parlamentarierinnen und Parlamentarier sprechen zu können.
Wir haben das Thema „Integration“ ganz nach oben in den Ministerialrang gebracht. Wir haben jetzt ein Integrationsministerium in Rheinland-Pfalz. Das geschieht übrigens nach nordrhein-westfälischem Vorbild, wo die schwarz-gelbe Landesregierung etwas Vorbildhaftes installiert hat. Das sage ich ganz ohne Neid.
Die Integration stellt in unserer bunten und vielfältigen Gesellschaft eine große Herausforderung dar. Integration funktioniert in der Gesellschaft und muss noch viel stärker in der Arbeitswelt funktionieren. Deswegen wollen wir bereits in der Schule die individuelle Förderung
auf die jeweiligen Bedürfnisse ausrichten. Das bedeutet, dass man die Sprachförderung und insbesondere den muttersprachlichen Unterricht stärker fördert. Dieser muss weitergeführt und ausgebaut werden. Wir wissen, nur, wer seine Muttersprache beherrscht, der kann auch die Verkehrssprache Deutsch perfekt beherrschen. Die Beherrschung der Sprache Deutsch ist das zentrale Mittel zur Integration in unserem Land. Von daher werden wir die Muttersprache stärken, weil wir mehr Integration und den Kindern später auf dem Arbeitsmarkt entsprechende Chancen geben wollen. Muttersprachlicher Unterricht trägt zu mehr Gerechtigkeit bei und hat mit Parallelgesellschaft oder sonstigen Hirngespinsten gar nichts zu tun.
Integration bedeutet für uns gemeinsam in Vielfalt leben. Daher werden wir die Vielfalt der Religionen in Rheinland-Pfalz weiterhin zu schätzen wissen. Wir werden mit ihnen in den Dialog treten. Jeder Mensch ist frei im Glauben oder Nichtglauben. Den Gläubigen werden wir den nötigen Raum geben. Deswegen wird die rot-grüne Koalition den intensiven Dialog mit den christlichen Kirchen weiterführen. Das gilt auch für die jüdischen Gemeinden. Wir werden die Musliminnen und Muslimen als wichtigen Partner für einen regelmäßigen Dialog anerkennen und gemeinsam die Herausforderungen und Interessen besprechen und die Probleme benennen, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Integration heißt nicht, übereinander zu reden, sondern miteinander die Probleme zu diskutieren und gesellschaftliche und politische Lösungswege zu beschreiten.
Ich habe vorhin viel über den Schuldenstand des Landes und der öffentlichen Haushalte gesprochen. Wenn wir aber einmal einen Blick in die Welt werfen, dann sehen wir, dass Rheinland-Pfalz eigentlich ein reiches Land ist. Deswegen werden wir auch daran gemessen, wie wir mit denjenigen umgehen, die zu uns kommen, um Schutz zu suchen vor Vertreibung, Krieg, Armut, Folter und vielerlei Gräuel. Daher sehen wir es gemeinsam als unsere elementare Verpflichtung an, die bundesgesetzlichen Regelungen im Flüchtlingsbereich so human und menschenwürdig umzusetzen, wie es irgendwie geht. Daher werden wir auch das Ausreisezentrum – die LUfA – in Trier umgehend schließen und für die Gewahrsamseinrichtung in Ingelheim in dieser Legislatur ein adäquates Alternativkonzept diskutieren, präsentieren und beschließen, um die Abschiebeeinrichtung in Ingelheim bis zum Jahr 2016 allerspätestens geschlossen zu haben. Ich glaube, das ist ein ganz wesentlicher symbolischer humanitärer Akt in Rheinland-Pfalz. Wer mit den Flüchtlingen menschlich und gut umgeht, der ist auch in der Lage, vier Millionen Menschen in eine gerechte und bessere Zukunft zu führen.
Meine Damen und Herren, ich habe schon angesprochen, Integration und die Vielfalt der Menschen in die
sem Land spielen eine bedeutende Rolle für diese Koalition. Aus diesem Grund haben wir alle Kompetenzen und alles Wissen in einem eigenständigen Ministerium gebündelt. Wir haben sozusagen ein kreatives Haus geschaffen, ein Ministerium, das die ganze Vielfalt unseres bunten Rheinland-Pfalz, unserer bunten rheinlandpfälzischen Gesellschaft vertritt, Ansprechpartnerin ist und Diskriminierung dem Kampf ansagt. Es ist mitnichten überflüssig. Es ist schon gar nicht Geldausgeberei, sondern es ist vor allem auch politischer Ausdruck eines Bekenntnisses zu einem toleranten und weltoffenen Rheinland-Pfalz. In diesem besten Sinne wird es auch von einer grünen Saarländerin geführt.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Pörksen, SPD: Eine Saarländerin hatten wir schon mal hier! – Ministerpräsident Beck: Wir haben noch eine!)
Rheinland-Pfalz – das ist bereits gesagt worden – steht wirtschaftlich gut da und hat die Finanz- und Wirtschaftskrise einigermaßen überwunden und auch gut überwunden. Wir werden gemeinsam dafür sorgen, dass Rheinland-Pfalz wirtschaftlich gut aufgestellt bleibt, und hier auch noch mehr Innovationen auslösen. Nachhaltigkeit und ökologische Innovation sind zentrale Leitmotive unserer Wirtschaftspolitik. Wir sehen es auch als Chance an, nach neuen Potenzialen in unserem Land Ausschau zu halten.
Über Energie und Klimaschutz habe ich viel gesprochen, aber ich möchte noch eine Branche aufführen. Unsere Universitäten bilden jedes Jahr hoch qualifizierte Menschen in den Kreativ- und IT-Bereichen aus. Wir haben hier zahlreiche Lehr- und Forschungsprojekte im Land, deren Absolventen in Kaiserslautern, Koblenz und Trier bisher nicht immer auch eine direkte Anschlussperspektive für eine Selbstständigkeit oder eine Anstellung – viele von ihnen wollen selbstständig kreativ sein – bei uns finden und dann häufig nach Frankfurt, Hamburg, Köln oder Berlin gehen.
Ich glaube, hier haben wir noch Handlungsoptionen, dass es uns gelingt, diesen Menschen durch Wissenstransfer, durch vorzeitige Netzwerkbildung und Clusterbildung hier noch stärker eine Perspektive in der Kreativbranche und in der IT-Branche zu geben. Ein ganz wichtiger Baustein dabei ist die von der Koalition angestrebte schnellstmögliche Versorgung mit Breitbandanschlüssen im ganzen Land Rheinland-Pfalz. Das ist ein Teilhabefaktor, aber es ist auch ein knallharter Wirtschaftsfaktor gerade für die ländlichen Regionen in Rheinland-Pfalz.
Die moderne Wirtschaft hat ihren Gütertransport nicht mehr nur auf den klassischen Wegen, sondern der findet heute auch über das Internet statt. Deswegen werden wir uns für eine umfassende und dauerhafte Netzneutralität und für die Gleichbehandlung aller Daten im Internet einsetzen. Auch deswegen spielt die Netzpolitik für diese Landesregierung in Zukunft eine gewichtige Rolle, weil sie auch bei den Menschen und bei den Unternehmen
eine wichtige Rolle spielt. Das Internet und die modernen IT-Technologien sind selbstverständlicher Teil des Alltags der Menschen und der Unternehmerinnen und Unternehmer geworden. Die Kommunikation und das Leben in unserer Gesellschaft hat sich dadurch grundlegend geändert.
Wir wollen dem nicht mit Angst begegnen, sondern das aufnehmen und diese Veränderung aktiv gestalten. Für uns ist ganz klar: Bürgerrechte gelten auch im Internet. – Aber die Freiheit ist nun einmal ein zentrales Bürgerrecht. Deswegen lehnen wir Netzsperren jeglicher Art ab. Für die Koalition gilt der Grundsatz „löschen statt sperren“ in umfassender Form. Was im Netz und was in der Realität ekelhaft ist und nichts zu suchen hat und gegen unsere Rechte verstößt, das hat im Netz nichts zu suchen. Da muss man nichts sperren, sondern da muss man löschen und mit allen Mitteln der Strafverfolgung entgegenwirken und hier nicht eine Zensurinfrastruktur im Netz aufbauen, meine Damen und Herren.
Wir werden die zahlreichen Möglichkeiten der neuen Medien aber auch dazu nutzen, die Beteiligung der Menschen an Politik und die Transparenz zu erhöhen. Es ist vielleicht auch für die Qualität der Debattenkultur hier förderlich, wenn sich mehr Menschen die Plenarsitzungen mit Livestream im Internet anschauen können und das vielleicht auch noch direkt kommentieren und bewerten können und mit uns in den Diskurs treten.
Es wird jetzt seit wenigen Jahren auch bei Wahlergebnissen vorab getwittert. Im Wahlkampf wird Facebook genutzt. Wissenschaftliche Publikationen von Ministern oder Abgeordneten werden in Wikis auf ihre Authenzität überprüft. Programme oder politische Positionen werden in EtherPads oder mit Google Docs entwickelt. Das sind nur ein paar Stichworte für die Entwicklungen auch von Politik in jüngster Vergangenheit.
Wir werden die Enquete-Kommission auch mit der Frage beauftragen, wie wir diese zahlreichen Chancen in unserem Land bestmöglich nutzen können, um den Dialog mit den Menschen zu verbessern, zu verstetigen, auf eine neue Basis zu stellen und ein neues Zeitalter parlamentarischer Demokratie aufzuschlagen. Ich sehe dieser Zeit mit hoher Freude und mit großen Erwartungen entgegen.
Die Bürgerrechte spielen aber nicht nur im Netz eine große Rolle. Um Bürgerrechte zu sichern, werden wir auch in Zukunft die Polizei in der Fläche erhalten. Wir werden die Polizei aber auch demokratisieren und öffnen, eine entsprechende Beschwerdestelle zugänglich machen und in besonderen Einsatzlagen auch die individuelle Kennzeichnung der Polizistinnen und Polizisten vorsehen, um auch die Akzeptanz gerade bei jungen Menschen zu verbessern.
Viele junge Menschen haben nicht per se, wenn sie auf Demonstrationen gehen, ein Problem mit der Polizei. Sie haben meistens ein Problem mit den Nazis, gegen die sie gerade demonstrieren, oder mit anderen Themen. Aber wenn sie das Gefühl haben, ungerecht behandelt zu werden und dann das Gefühl haben, sie können sich überhaupt nicht im Nachgang wehren oder zumindest einmal erkundigen, dann trägt das nicht zur Akzeptanz der Polizei bei.
Die demokratische offene Polizei ist eine ganz elementare Voraussetzung für die Zukunft der demokratischen Gesellschaft. Wenn Gewalt demokratisch legitimiert sein soll, dann brauchen wir die Anerkennung der Exekutivgewalt, die diese Gewalt im Einzelfall dann auch ausübt. Dafür braucht es eine Anerkennung gerade auch von jungen Menschen. Da sind Offenheit und Demokratie nicht Gängelung, sondern auch ganz im Sinne der Polizei für die Zukunft und Sicherheit in diesem Land.
Das hat auch etwas mit Vertrauen zu tun. Vertrauen können uns auch die Wählerinnen und Wähler. Liebe Frau Klöckner, weil Sie es angesprochen haben – ich hatte es gar nicht vor, aber ich betone es nochmals –, für uns GRÜNE war, ist und bleibt der Hochmoselübergang falsch. Wir bleiben aber bei der Auseinandersetzung darüber bitte schön bei der Wahrheit.
Es geht auch um Ehrlichkeit, Redlichkeit und Verlässlichkeit. Weil wir das verkörpern und uns die Wählerinnen und Wähler das auch glauben, regieren wir die nächsten fünf Jahre.
Für uns GRÜNE ist es ganz klar eine politische Niederlage, dass der Hochmoselübergang weiter gebaut werden muss. Da gibt es gar nichts zu deuteln. Wir haben in den wenigen Wochen nach der Wahl alle Zahlen geprüft. Der Regierung bin ich wirklich dankbar, dass sie uns dazu die Möglichkeit gegeben hat. Wir mussten erkennen, dass wir ein oder zwei Jahre zu spät an die Regierung gekommen sind,
(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Vielleicht hören Sie einmal zu! – Frau Klöckner, CDU: Das sagt gerade die Richtige!)