Protokoll der Sitzung vom 01.08.2012

Lassen Sie mich siebtens sagen, die profitablen Teile der Ring-Aktivitäten müssen ohne Belastungen der Vergangenheit arbeiten können. Die defizitären Teile müssen herausgelöst werden. Eine Prüfung muss ergeben, ob und inwieweit Aktivitäten in reduzierter oder anderer Form fortgeführt werden können, aber ohne, dass dafür dauerhaft öffentliche Mittel erforderlich sind.

Achtens: Im Mittelpunkt dieses Geschäftsmodells muss die Region mit ihren kleinen und mittelständischen Betrieben stehen. Dabei geht es um ein wohnortnahes Angebot von Arbeits- und auch Ausbildungsplätzen in der Eifel.

(Beifall der CDU)

Neuntens: Wir als CDU lehnen einen Investor ab, der Exklusivrechte für sich und sein Unternehmen beansprucht. Die Rennstrecke muss für den Freizeitfahrer und das Renntaxi auch weiterhin offen bleiben.

(Beifall der CDU)

Zehntens: Verehrte Kollegen, der Neuanfang am Nürburgring muss im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern entwickelt werden. Vor dem Hintergrund der negativen Erfahrungen der Vergangenheit fordern wir eine institutionalisierte Transparenz und regelmäßige Austauschmöglichkeiten. Es gibt viele Interessen, das ist klar. Wir brauchen mehr Möglichkeiten, sich einzubringen, als es sie bisher gab. Deshalb: Mehr Bürgerbeteiligung am Nürburgring!

(Beifall der CDU)

Aber trotz allem, wieder einmal geht es – wir haben es soeben vom Ministerpräsidenten gehört, als würde er diese Rede das erste Mal halten – um einen Neuanfang. Beim ersten Anlauf sind Sie auf dem Boden gelandet. Mit dem zweiten Anlauf sind Sie in die Insolvenz gesteuert.

Herr Ministerpräsident, der dritte Versuch muss wirklich eine ganz andere Qualität haben. Schluss mit den SPDAlleingängen der Vergangenheit, die Rheinland-Pfalz noch sehr teuer zu stehen kommen werden.

Wir sind heute – auch das möchte ich noch einmal sagen – nicht zu einer Sondersitzung zusammengekommen, weil der Ministerpräsident und das Kabinett einmal etwas falsch gemacht hätten oder weil man sich ganz kurz über eine lächerliche Achterbahn unterhalten müsste. Natürlich werden dort, wo Menschen sind, auch Fehler gemacht. Natürlich sind wir nicht alle unfehlbar, das ist doch klar. Herr Ministerpräsident, natürlich gehe ich

ganz fest davon aus, dass Sie es am Anfang wirklich gut gemeint haben. Davon gehe ich aus. Es stand noch nicht Ihr Bundesvorsitz der SPD zur Debatte, und Sie hatten auch noch nicht vor, Kanzlerkandidat zu werden, aber dann musste alles ziemlich schnell gehen wegen 2009. Das war doch der Anfang von allem und nicht, dass wir uns um die Eifel kümmern.

(Beifall der CDU)

Sprechen Sie bitte nicht davon, dass der Nürburgring ein Konversionsprojekt wie ein klassisches Projekt sei, nachdem die Kasernen geschlossen worden seien.

(Beifall der CDU)

Wir sind heute nicht zusammengekommen, weil es um einen Ausrutscher oder so etwas ginge. Das ist eine geplante Chronologie der Pleiten und der bewusst gemachten Fehler, weil man die Augen verschlossen hat.

Wir sind auch nicht zusammengekommen, weil beim Segeln gegen den Wind einem bloß einmal die Mütze etwas verrutscht sei, wie Ihr SPD-Generalsekretär gefaselt hat.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Das ist ja allerhand!)

Erzählen Sie das einmal denen, die dies zur Einhaltung der Schuldenbremse nun schmerzhaft ausbaden müssen: den vielen Polizisten, die Überstunden vor sich herschieben, den Studenten, die keinen Platz im Seminar bekommen, den Kommunen, denen das Wasser bis zum Hals steht. – Wollen Sie ihnen wirklich erzählen, die Mütze sei nur ein bisschen verrutscht, und dann läuft die Nummer schon wieder? – Das ist lächerlich, und das ist eine Verhöhnung der Tatsachen.

(Beifall der CDU)

Ich kann nur sagen, wachen Sie endlich auf! Die Nürburgring-Probleme werden gewiss nicht mit derselben Verharmlosungsdenkweise gelöst, durch die sie damals entstanden sind. Das ist klar.

(Beifall bei der CDU)

Ich wende mich auch an die SPD-Fraktion: Liebe Kollegen, wann begreifen Sie endlich, dass die immer wieder behaupteten Unwahrheiten eben nicht zu Wahrheiten, sondern – was noch viel schlimmer ist – in dieser Regierung sogar zu Gewohnheiten geworden sind? – Die Katastrophe ist doch nicht einfach so passiert, sie hat sich lange abgezeichnet, sogar mit Ansage. Weder handelt es sich hierbei um eine Verkettung sehr unglücklicher Zufälle, noch liegt ein Versagen des ehemaligen Finanzministers Deubel vor. Der Ministerpräsident und seine Gehilfen – und darin schließe ich die Herren Lewentz, Hering und Dr. Kühl ausdrücklich mit ein – haben ganz zielgerichtet mit Professor Dr. Deubel zusammengewirkt. Warnungen wurden eiskalt ignoriert, und Parlament und Öffentlichkeit wurde zumindest nicht die ganze Wahrheit erzählt.

(Beifall der CDU)

Da können Sie noch so oft Sitzungen einberufen, wie Sie wollen. Vier Ministerien, also die halbe Landesregierung, sowie drei Landesgesellschaften – die Mittelstandsbank des Landes, die Immobiliengesellschaft des Landes und die Nürburgring GmbH – haben trotz vielfacher Warnungen, kritischer Hinweise mit völlig ungeeigneten Geschäftspartnern sämtliche Sorgfaltspflichten außer Acht gelassen. So etwas hat es in diesem Land noch nicht gegeben. Das ist nicht ein kleiner Ausrutscher, Herr Ministerpräsident, das ist ein Vorkommnis, an dem die kommenden Generationen noch zu bluten haben werden. Das will ich ganz deutlich sagen.

(Beifall der CDU)

So harmlos, wie Sie eben getan haben, ist es mitnichten. Die Folgen: Anklage gegen einen früheren Minister, Anklage gegen Mitarbeiter von Landesgesellschaften, Anklage gegen Beschäftigte von Landeseinrichtungen – so weit nur das Zwischenergebnis bis jetzt. Der Vermögensschaden für das Land ist erheblich.

Dann sagen Sie doch bitte nicht länger, es sei einmal ein Ausrutscher gewesen, und jetzt stellten Sie sich den neuen Herausforderungen. Wir wollen uns Ihren Herausforderungen nicht mehr stellen, Herr Ministerpräsident. Das ist die Wahrheit, und das sehen auch die Bürger so.

(Beifall der CDU)

Für den eigenen Vorteil wurde ein schwerer wirtschaftlicher Schaden hingenommen. Wie konnte es denn überhaupt so weit kommen? – Bei dieser Passage waren Sie vorhin ein bisschen schnell. Sie haben es sehr schnell zusammengefasst und dabei ein bisschen etwas übersprungen.

Das müssen wir uns anschauen: ein menschenleerer Vergnügungspark für eine halbe Milliarde Euro. Die versprochenen privaten Investoren kamen nicht. – Das mache ich Ihnen nicht zum Vorwurf, wenngleich es dazu interessante Geschichten gibt, wie man sich die Investoren vorgestellt hat. Aber sich dann zeitgleich über die Finanzkrise und über Zockereien zu beschweren, das passt nicht so ganz zusammen, wenn man selbst Teil des Systems wird in dieser Sache.

(Beifall der CDU)

Die Investoren kamen nicht, aber keiner zog die Reißleine. Spätestens an diesem Punkt hätten Sie reagieren müssen. Vorher hätten wir Ihnen keinen Vorwurf gemacht. Als Sie in der Regierung mit anderen Koalitionspartnern waren, lagen solche Pläne schon in der Schublade. Sie wurden nur deshalb nicht vollends herausgeholt, weil niemals private Investoren dagewesen sind. Das ist doch der entscheidende qualitative Unterschied. Nur in Ihrer Alleinregierung musste alles durchgezogen werden. Das, was ein Unternehmer nie auf sich nehmen würde, weil es um sein eigenes Geld geht, haben Sie riskiert, ohne Rücksicht auf Verluste – und diese müssen wir heute tragen. Das ist das Ergebnis Ihrer Alleinregierung.

(Beifall der CDU)

Die landeseigene Förderbank musste einspringen statt privater Geldgeber. Die Regierung gab eine Landesgarantie, und das Ergebnis kennen wir: Schieflagen, Pleiten und vieles mehr.

Dass eine Regierung – wie ich bereits sagte – auch einmal Fehler machen kann, akzeptiere ich. Dass sie aber die Stoppschilder überfuhr, mit „Augen zu und durch“ den Karren weiter in den Dreck lenkte, ist – wie ich finde – unentschuldbar.

Nun müssen wir schon fragen: Wer trägt für diese Geisterfahrt die Erst- und die Letztverantwortung? – Der Ministerpräsident, das hat er eben auch schon gesagt.

(Baldauf, CDU: Nix, und?)

Ja, und? – Nix und, wahrscheinlich. Das ist ja Ihre Reaktion.

Er persönlich gab nämlich für das Projekt den Startschuss. In seiner Regierungserklärung am 30. Mai 2006 kündigte der Ministerpräsident an:

„Die Erlebnisregion am Nürburgring werden wir fortentwickeln und die Region damit touristisch wie strukturpolitisch aufwerten.“

Der Ministerpräsident war nicht mehr zu stoppen, koste es, was es wolle. In einem Vermerk hielt ein leitender Beamter aus dem Wirtschaftsministerium im Jahr 2006 fest:

„Nachdem sich allerdings auch der Ministerpräsident in der Regierungserklärung für die Realisierung des Projekts ausgesprochen hat, dürfte an einer Weiterverfolgung des Projekts im Grunde kein Weg vorbeiführen.“

(Baldauf, CDU: An diesen Satz kann ich mich gut erinnern!)

Den Beamten unseres Landes war also von Anfang an klar: Wir haben es umzusetzen, und jedes Ministerium hat seinen Beitrag zu leisten. Sie können daher nicht davon reden, Sie übernehmen die Gesamtverantwortung, weil andere etwas getan haben, was Sie so gar nicht wussten, weil Sie einfach nur Gutachten von Dritten gehabt haben. Diese Nummer geht heute nicht auf, damit kommen Sie heute nicht durch.

(Beifall der CDU)

Hören Sie auf mit dem Märchen, die CDU und die FDP hätten alles mitgemacht. Das höre ich auch immer wieder. Wir haben Ihnen immer wieder Stoppschilder hochgehalten und Warnhinweise gegeben. Es gab einen Untersuchungsausschuss, und es wurden Anträge und Anfragen gestellt. Wir haben uns so häufig darüber beklagt, dass es keine Antworten gab, aber seien Sie ehrlich: Mit der FDP konnten Sie es damals nicht realisieren.

Als dann die Privatfinanzierung, die Sie uns vorgetäuscht haben, nicht funktionierte – erst sollten es 80 %, dann 50 % sein –, wurde irgendwann mitgeteilt, man habe die Verträge unterschrieben, und klar sei, das Land

und die Steuerzahler werden komplett haften. Das ist Hütchenspieler-Manier, aber keine ernsthafte Politik.

(Beifall der CDU)

Aber damit nicht genug. Ich denke, das „System Beck“ – das ist uns allen klar – hat viele Gehilfen in dieser Chronologie des Scheiterns.