Protokoll der Sitzung vom 07.11.2012

(Baldauf, CDU: Wer ist denn eigentlich für Hoch- schulen zuständig?)

Darauf warten wir nämlich immer noch, dass die schwarz-gelbe Koalition dazu eine klare Ansage macht und nicht mehr mauert.

(Vereinzelt Beifall bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Vor allem frage ich mich: Wo sind die substanziellen Vorschläge der CDU, um die rheinland-pfälzischen

Hochschulen besserzustellen? – Die Aufstockung des Sondervermögens, die für weite Teile für die besseren Studienbedingungen in Rheinland-Pfalz eingesetzt wird, hat die CDU abgelehnt. Zum Haushalt kamen keine Vorschläge von Ihnen, außer der Streichung der Rücklage für die Versorgung der Beamten aus den Hochschulen,

(Frau Klöckner, CDU: Keine Abschaffung der Lang- zeitstudiengebühren!)

aber keine Umschichtung, sondern eine Streichung. Wenn es nach Ihrem Stimmverhalten ginge, dann würde im Haushalt kein einziger Euro mehr für die Hochschulen zur Verfügung stehen, und die mehr als 500 Millionen Euro für das Sondervermögen wären nicht bereitgestellt worden. Auch die Ausführungen von Frau Schäfer ändern nichts daran, dass die Hochschulen unter besonderen Herausforderungen stehen. Dazu gehören – wie bereits erwähnt – die doppelten Abiturjahrgänge. Dazu gehört die Abschaffung der Wehrpflicht und die allgemeine Tendenz, dass mehr junge Leute studieren wollen. Die besondere Leistung, die derzeit an den Hochschulen erbracht wird, ist ja, dass wir den Hochschulzugang offenhalten. Die Leistung besteht darin, dass wir den jungen Leuten einen Zugang zum Studium ermöglichen. Um den wachsenden Herausforderungen gerecht zu werden, ist gerade eine Ausweitung und Verstetigung des Hochschulpakts wichtig, und nicht, den Hochschulpakt schlechtzureden.

Natürlich werden die Hochschulen bei steigenden Studierendenzahlen voller. Wenn mehr junge Leute sich einschreiben, dann finden Tag für Tag auch mehr junge Menschen ihren Weg an die Hochschulen. Das ist ganz klar. Aber wer sich an den Hochschulen des Landes umsieht, wird auch feststellen, dort wird viel gebaut. Wenn ich mit Leuten an den Hochschulen spreche und frage, wie es gerade ist, dann sagen sie, es ist Semesterbeginn, es geht alles wieder los, und es gibt sehr viele Baustellen; denn die jungen Leute wollen nicht nur einen Zulassungsbescheid, sie wollen auch einen Platz im Labor oder einen Platz im Seminarraum oder einen Platz im Hörsaal. Da baut Rheinland-Pfalz überdurchschnittlich viel und weitaus mehr, als die Kompensationsmittel des Bundes für die weggefallene Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau hergeben. Rheinland-Pfalz baut überdurchschnittlich viel, um auch die Substanz für die Bildungsexpansion zu schaffen, die wir brauchen und gestalten müssen.

Rot-Grün steht für den offenen Zugang zu den Hochschulen. Dazu gehört eben auch die Gebührenfreiheit. Das sehen wir ganz anders als zum Beispiel der Jugendverband, die Junge Union. Die hat in ihrem neuen Grundsatzprogramm wieder beschlossen, dass sie für Studiengebühren stehen. In Bayern sucht mittlerweile sogar schon die CSU die Notbremse und sucht nach Auswegen aus dem Irrweg der Gebührenfinanzierung. In Niedersachsen haben die Menschen Anfang Januar die Möglichkeit, die Studiengebühren dort abzuwählen, aber der unionsnahe Jugendverband sieht es anders.

Bundesweit ist die Union also hochschulpolitisch in der Defensive. Daran wird sich nichts ändern, wenn sie es nicht hinbekommen, die erforderliche Fortschreibung

des Hochschulpakts gescheit auszufinanzieren, wenn sie es nicht hinbekommen, die dringend erforderliche Entbürokratisierung des BAföG auf den Weg zu bringen, wenn sie es nicht hinbekommen, auf Bundesebene die gesetzlichen Voraussetzungen für bessere Beschäftigungsbedingungen an den Hochschulen für die Kräfte dort zu schaffen, dass das Wissenschaftszeitvertragstarifgesetz entsprechend geändert wird. Sie werden auch nicht aus der Defensive kommen, wenn sie mehr BundLänder-Kooperationen nur für ein ganz schmales Segment in der Spitzenforschung in den Blick nehmen. Daran wird sich auch durch die heute vorgetragenen Negativbotschaften nichts ändern.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Landesregierung hat Frau Staatsministerin Ahnen das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. Auch in diesem Plenum unterscheidet sich das Verhalten der CDU nicht von dem vieler vorhergehender Plenarsitzungen. Mittwochs dürfen die Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker alles und jedes fordern und unglaubliche finanzielle Dimensionen in den Raum stellen, und donnerstags dürfen die Haushaltspolitiker

(Zuruf des Abg. Schreiner, CDU)

Sie haben aufs Stichwort reagiert, Herr Schreiner – dann sagen,

(Schreiner, CDU: Den Textbaustein kannte ich schon!)

wir sollen die Schuldenbremse noch viel schneller in Rheinland-Pfalz umsetzen.

(Beifall bei der SPD)

Das erleben wir hier Plenum um Plenum. Das ist einfach nicht mehr glaubwürdig. Ich sage Ihnen, das macht es auch so schwer, in eine Debatte, die an vielen Stellen sachlich und fachlich notwendig ist, zu kommen, weil es gar keine glaubwürdige Substanz dafür gibt. Ich weiß genau – wenn Ihr Antrag morgen überhaupt noch drankommt, aber angekündigt ist er ja schon –, was Sie morgen sagen werden. Sie werden nichts sagen zu den Forderungen, die heute hier erhoben worden sind.

(Schreiner, CDU: Sie werden sich wundern, Frau Ahnen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es war mir ein Herzensanliegen, das an dieser Stelle auch deutlich zu machen, weil es nicht glaubwürdig ist, weil es für die Hochschulen mit Zitronen gehandelt ist und selbst die

Studierenden das nun wirklich sehen, dass das hier Scheingefechte sind.

Ja, es ist voll an unsern Hochschulen. Es ist voll an unseren Hochschulen, und da sind viele Studierende. Es ist auch schon darauf hingewiesen worden, nicht zuletzt hat das etwas mit dem Wehrpflichteffekt zu tun. Es hat auch etwas mit den doppelten Abiturjahrgängen zu tun. Wer ein bisschen länger hier dabei ist, weiß, wir haben es sicher nicht der CDU zu verdanken, dass wir in Rheinland-Pfalz an dieser Stelle deutlich planmäßiger vorgegangen sind; denn die CDU saß damals auch nur hier und sagte, wir brauchen die G8, nach uns die Sintflut, egal was passiert. Wir haben schon damals gesagt, die werden dann auch irgendwann an der Hochschule sein. Ich sage aber auch dazu, es ist jetzt so gekommen. Deswegen darf das nicht zulasten der Studierenden gehen.

Dann sage ich noch eines dazu. Frau Schäfer, wenn Sie da von einem Teufelskreis der zusätzlichen Studierenden und der Hochschulpaktmittel sprechen, es ist wirklich parteiübergreifender Konsens in der Bundesrepublik Deutschland, dass wir steigende Studierendenzahlen brauchen. Regelmäßig dafür abfeiern, dass die Zahlen gestiegen sind, lassen sich die Bundesregierung und die Bundesministerin.

(Frau Schleicher-Rothmund, SPD: Das ist jetzt plötzlich ein Problem!)

Das können Sie wahrlich nicht in Rheinland-Pfalz einseitig abladen oder es gar als Teufelskreis bezeichnen. Wenn die Situation so ist, wie ich sie geschildert habe, und wir diese jungen Menschen auch brauchen, weil sie einen erheblichen Beitrag dazu leisten, dass der Fachkräftebedarf der Zukunft gedeckt wird, dann brauchen wir Wege, die uns nicht finanziell völlig überfordern, aber gleichwohl vertretbare Studienbedingungen gewährleisten. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, trotz unbestreitbarer Konsolidierungsmaßnahmen haben wir uns diese Wege gerade für die Hochschulen sehr klug und mit Unterstützung in diesem Parlament überlegt.

Wir haben Erhöhungen im Hochschulhaushalt. Frau Schleicher-Rothmund hat die Zahlen genannt. Im laufenden Haushaltsjahr haben wir 796 Millionen Euro eingestellt. Im vergangenen waren es 775 Millionen Euro.

Ich verweise aber vor allen Dingen auf die zusätzlichen Mittel über den Hochschulpakt, die wir über das Sondervermögen den Hochschulen über einen längeren Zeitraum zur Verfügung stellen. Dieses Sondervermögen haben Sie abgelehnt. Sie haben nicht an diesem Weg mitgewirkt, der den Hochschulen Planungssicherheit gibt.

Wir drängen jetzt beim Bund auf eine Aufstockung der Hochschulpaktmittel aufgrund der gestiegenen Studierendenzahlen. Ich will an einer Zahl – es ist schon darauf hingewiesen worden – deutlich machen, wie sich das Land engagiert. Aus gegebenem Anlass können Sie nämlich auch etwas zum Thema „Hochschulbau“ tun.

Die Länder drängen derzeit beim Bund auf eine vernünftige Fortsetzung der sogenannten Entflechtungsmittel, die der Bund wiederum erheblich kürzen will. Ein wesentlicher Teil der Entflechtungsmittel sind Hochschulbaumittel. Das Land erhält nur 25 Millionen Euro pro Jahr vom Bund, die noch weiter gekürzt werden sollen. Wissen Sie, wie hoch die Ausgaben des Landes beim Hochschulbau im Jahr sind?

(Zuruf des Abg. Schreiner, CDU)

Sie sind von 83 Millionen Euro in 2007 auf 106,5 Millionen Euro in 2011 gestiegen. Auch für die nächsten Jahre sind inzwischen ähnlich hohe Planungen abgestimmt worden. Das investieren wir in den Hochschulbau in Rheinland-Pfalz.

Es ist darauf hingewiesen worden. Vielleicht geht man auch einfach einmal in die Hochschulen. In Koblenz haben wir gerade einen Neubau eingeweiht und in Landau die Umweltwissenschaften in Planung. Wenn man an die Uni Mainz geht, sieht man eine Reihe von richtig großen Baustellen. In Trier haben wir aus dem Konjunkturprogramm II gebaut. Wir haben große Fachhochschulprojekte hinter uns gebracht und in Kaiserslautern und Ludwigshafen noch große Projekte vor uns. Wir haben auch in Koblenz, Mainz und Worms schon vieles auf den Weg gebracht.

(Zuruf des Abg. Schreiner, CDU)

Herr Schreiner, nicht nur Beton. Nein, ganz bestimmt nicht nur Beton. Eines sage ich Ihnen: Gute und schöne Räume sind auch ein Anliegen der Studierenden. Wie weit sind Sie eigentlich von der Realität der jungen Menschen weg, wenn Sie einen solchen Zwischenruf machen?

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Herr Schreiner, Ihren Einwurf voraussehend, reden wir jetzt nicht mehr über Beton, sondern über das Personal. Ich stimme Ihnen zu. Man braucht gute Räume und gute Gebäude, aber auch Personal. Ich kann Ihnen den Vergleich von 2007 bis 2010 nennen. Wir hatten eine Steigerung der Vollzeitäquivalente – das ist die Recheneinheit – von 5.140 auf 6.160. Auch das ist eine Steigerung um 20 %. Diese war dringend notwendig, weil die Studierendenzahlen in diesem Zeitraum gestiegen sind.

Wir haben es immerhin mit diesen Maßnahmen geschafft, dass die Betreuungsrelation an unseren Hochschulen trotz gestiegener Studierendenzahlen heute nicht schlechter als 2007 ist. Sie ist sogar noch etwas besser.

Wir wissen sehr wohl, was die Hochschulen im Moment zu leisten haben. Wir sind regelmäßig mit ihnen im Gespräch. Ich war übrigens am vergangenen Montag an der Universität Trier im Senat und habe mir dort natürlich auch die Sorgen angehört und mich damit auseinandergesetzt, dass es Wünsche gibt. Wir werden versuchen, die Hochschulen so gut es geht zu unterstützen.

Ich sage im Gegensatz zu der heutigen Debatte, dass es berechtigte Anliegen der Hochschulen gibt. Wir werden, wo immer es geht, versuchen, sie dabei zu unterstützen. Es gibt dort doch auch ein Grundverständnis dafür, dass wir zwei Dinge zu leisten haben. Wir haben mehr Studierende auszubilden und die Hochschulen zu finanzieren. Wir werden das gleichzeitig in einem Rahmen tun müssen, der langfristig für den Landeshaushalt verkraftbar ist. In diesem Sinn können sich die Hochschulen in Zukunft auf unsere Unterstützung verlassen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Frau Kollegin Schäfer das Wort. Sie hat noch eine Redezeit von drei Minuten und 30 Sekunden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte gern auf meine Vorredner antworten. Nicht wir haben uns das Thema ausgedacht. Das liegt sozusagen auf der Straße. Viele Studierende sind auf die Straße gegangen, um für gute Studienbedingungen zu kämpfen.

(Beifall der CDU)

Sie haben die Probleme sehr deutlich benannt. Ich finde es bemerkenswert, welches Demokratieverständnis Sie haben. Sie haben eben von Beteiligung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen gesprochen. Wenn junge Erwachsene auf die Straße gehen und die Missstände, die sie erleben, aufzählen und aufzeigen, wollen Sie sie nicht hören. Sie tun so, als ob wir als Opposition ein Thema hochziehen.

(Beifall der CDU – Ramsauer, SPD: Wer sagt denn das?)

Meine lieben Damen und Herren Kollegen, ich kann Ihnen nur Folgendes raten: Sehen Sie zu, dass Sie zuhören und das ernst nehmen, was Ihnen die Studierenden und die Lehrenden sagen. Sie dürfen das nicht einfach abtun und die Dinge beschönigen.

(Beifall der CDU)

Das ist nämlich der Grund, weshalb wir nicht zu einer Verbesserung kommen. Vieles wird nicht wahrgenommen. Sie tun so, als ob alles in Ordnung ist. Wir wissen aber, dass es mit dem Sondervermögen das Problem gibt, dass es eine Art Steuerungsfunktion für Sie hat. Es wäre viel besser, wenn die Grundausstattung angehoben würde und man eine echte Finanzierung hinbekäme, mit der man Planungssicherheit hat.