Protokoll der Sitzung vom 31.01.2013

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Wiechmann, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Der Vorstoß der Kolleginnen und Kollegen von RotGrün, die jüngst – in einem Antrag nachzulesen – in diesem Plenum deutlich machten, sie wollten die Lerninhalte mehr in das Belieben der Schulen und Schüler legen, ist zumindest ein kreativer Ansatz. Das sei Ihnen zugestanden. Aber ich glaube kaum, dass Lateinvokabeln wirklich im Vordergrund des Beliebens der Schüler stehen.

Wissen Sie, der Weg des geringsten Widerstands ist nicht immer der motivierendste; denn sich zu messen,

macht jungen Menschen Freude, und nicht nur beim Sport. Warum sollte Politik diese Neugierde und diesen Wunsch zum Wettbewerb bremsen? Warum wollen Sie das überhaupt machen?

(Beifall der CDU)

Sich anzustrengen, über sich selbst hinauszuwachsen und auch nicht sofort aufzugeben, sind Werte, die wir hochhalten müssen. Die meisten Schülerinnen und Schüler bringen das auch von zu Hause mit. Das ist aber keine Selbstverständlichkeit. Deshalb möchte ich an dieser Stelle ganz herzlich den Eltern danken, die tagein und tagaus unglaublich viel leisten.

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Wiechmann, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Klar ist, Schule kann immer nur ergänzend zu dem wirken, was Kinder zu Hause gelernt haben. Machen wir nicht den Fehler und überfordern unsere Lehrer, indem wir von ihnen erwarten, dass sie das ausbügeln, was im Elternhaus nicht funktioniert hat.

(Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen ausreichend gut ausgebildete und motivierte Lehrerinnen und Lehrer. Doch wie sollen neben den verbindlichen Lehrinhalten noch Werte vermittelt werden, wenn in großem Stil in diesem Land immer und immer wieder Unterricht ausfällt? – Hier steht die rheinland-pfälzische Landesregierung vor einer eher einfachen Aufgabe. Die Schülerzahl nimmt ab. Aber dass viele Lehrerinnen und Lehrer lieber in anderen Bundesländern arbeiten, liegt auf der Hand; denn viele Junglehrer bekommen in RheinlandPfalz Arbeitsplätze angeboten, die würden SPD-Politiker woanders als prekäre Jobs einordnen. Auch das gehört dazu.

(Beifall der CDU – Baldauf, CDU: Das ist wohl wahr!)

Frau Ministerpräsidentin, Sie haben gestern davon gesprochen, dass Sie von der Wirtschaft sichere Jobs verlangen. Wir glaubwürdig ist denn eine solche Forderung, wenn Sie selbst als Arbeitgeber jungen Lehrern keine festen Stellen, sondern befristete Halbjahresverträge anbieten? Wo bleibt Ihre Glaubwürdigkeit?

(Beifall der CDU)

Wissen Sie, Bildungsqualität hat nach meiner Meinung und nach der Meinung unserer Fraktion nichts mit kostenlosen Busfahrten für Schüler von Eltern, die sehr gut verdienen, zu tun.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Diese Eltern sagen uns ganz klar, sie würden gerne für den Bus zahlen, wenn wenigstens der Unterricht gehalten und nicht ausfallen würde.

Wir wollen als CDU in diesem Hause eine soziale Staffelung. Breite Schultern können mehr tragen. Diese

Denkweise, dass breite Schultern mehr tragen können, lehnt Rot-Grün, lehnt die SPD in Rheinland-Pfalz bei den Bustickets ab.

Frau Ahnen, der SPD-Bundesvorstand in Berlin setzt aber durchaus auf diese Argumentation, wenn es um das Kindergeld geht.

(Baldauf, CDU: Hört, hört!)

Warum sollen beim Kindergeld soziale Staffelungen gerecht sein, aber beim Schulbusticket soll diese soziale Staffelung dann ungerecht sein? Mit Logik hat das nichts zu tun.

(Beifall der CDU)

Ich komme zurück: Qualität ist auch wichtiger als starre Zahlen und Quoten für Abiturienten und Studierende. Höhere Abiturientenquoten allein sagen noch lange nichts über das Können, das Wissen, die Qualifikation und die Bildungsstandards aus. Wir brauchen landeseinheitliche Abschlussprüfungen, um Qualität zu sichern. Dafür steht die CDU.

(Beifall der CDU)

Wir gehen immer vom einzelnen Schüler und von den verschiedenen Begabungen aus. Dieser Vielfalt müssen wir Rechnung tragen. Wir müssen differenzieren und angemessen leistungsstarke, aber auch schwache Schüler fördern. Wir brauchen Spitzenleistungen und Innovationskraft für Rheinland-Pfalz. Die besondere Förderung der Leistungsspitzen ist auch eine Voraussetzung dafür, dass sich Deutschland weiterhin innovativ und zukunftsgerecht positionieren kann. Das muss dann natürlich auch seine Fortsetzung in unseren Hochschulen, in den Universitäten, in den Fachhochschulen finden.

Deshalb kann es meiner Meinung nach nicht sein, dass man sich nur daran erfreut, dass die Studierendenzahl steigt, wir aber gar nicht über die Ausstattung reden und Studierende die Seminare vom Gang aus verfolgen müssen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit Qualität hat die Zahl der steigenden Studierenden überhaupt nichts zu tun.

(Beifall der CDU)

Stattdessen setzen wir auf gute Hochschulen. Ideenreichtum ist gefragt. Ja, es darf gedacht werden. Innovation ist notwendig. Altbekanntes muss auf seine Legitimation hin überprüft werden, aber auch das Altbekannte muss mit den neuen Herausforderungen zusammengebracht werden, so wie das Richard Wagner in den Meistersingern formuliert, dass Neues stets aus einem vertieften Verständnis des Alten entsteht.

Konkret zur Bildung:

Erstens müssen die Innovationszentren an den Hochschulen gefördert werden, indem Wissenschaftler mit Unternehmen und weiteren Kooperationspartnern in der Region projektorientiert kooperieren können.

Zweitens können sich durch Transferstipendien Studierende mit ihrem Wissen in den Betrieben bewähren und anschließend einen besseren Übergang in die Erwerbswelt gestalten.

Drittens muss es Innovationsgutscheine für mittelständische Betriebe geben, die natürlich oftmals gar keine eigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilungen haben. Darüber kann der Austausch zwischen Wissenschaft und regionaler Wirtschaft gefördert werden.

Das sind alles langjährige Forderungen der CDULandtagsfraktion.

(Beifall der CDU)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Thema „Inklusion“. Genauso muss sich unser Blick aber auch auf diejenigen richten, die eine besondere oder zusätzliche Unterstützung benötigen. Sie brauchen passgenaue Förderung und Wertschätzung. Auch sie müssen die Voraussetzungen erhalten, um ein eigenständiges Leben führen zu können. Dafür müssen wir neue Wege gehen und dürfen uns dem nicht verschließen.

Ein ganz klares, plastisches Beispiel ist die Integration behinderter und nicht behinderter Kinder und Jugendlicher in die Regelschule. In der Vergangenheit wurde in Deutschland in diesem Bereich sehr viel getan. Ich möchte daran erinnern, dass in allen Bundesländern – unabhängig von der Regierungsfarbe – ein Netz der Förderschulen mit hervorragenden Rahmenbedingungen geschaffen wurde. Es ist richtig, auch in diesem Bereich den Blick zu weiten und neue Wege zu gehen, um eine bessere Beteiligung beeinträchtigter und nicht beeinträchtigter Kinder unter- und miteinander zu erreichen. Ich meine, da sind wir uns im Ziel einig.

(Beifall der CDU)

Der Weg ist aber die Frage. Ich zitiere Bernd Ahrbeck, der in der „F.A.Z.“ vom 8. Dezember 2011 geschrieben hat – ich zitiere –: „Zweifelsfrei ist ein Mehr an Gemeinsamkeit von behinderten und nicht behinderten Kindern begrüßenswert. Dazu bedarf es wohlbedachter Lösungen, die vom Kindeswohl ausgehen, dem Realitätsprinzip verpflichtet sind und sich ideologischer Zuspitzung enthalten. Die Grenzen einer unbedingten Gemeinsamkeit sind anzuerkennen, institutionelle Differenzierungen unverzichtbar. Doch auch das steht schon in der UNKonvention:

(Zuruf des Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Nicht immer wird für jedes Kind das Gleiche gut sein.“

(Baldauf, CDU: Recht hat er!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb wird die CDU nicht bei der Austrocknung und Ausdünnung der Förderschulen in diesem Land mitmachen. Die Eltern brauchen Wahlfreiheit.

(Beifall der CDU)

Es ist auffällig, dass die SPD-Landesregierung von Planzahlen, von Strukturen, vom System her denkt. Wir denken vom Kind her. Frau Ministerpräsidentin, Sie geben das Ziel mit einer Zahl vor: Eine Integrationsquote von 40 % bis 2016. – Wie kommen Sie auf diese Zahl? Wenn man vom Kind her denkt, ist jede Zahl egal.

(Beifall der CDU)

Vom Kind her zu denken, funktioniert am besten, wenn wir auch von den Eltern her denken. Eltern fühlen sich zunehmend unter Druck gesetzt. Dabei meine ich an dieser Stelle nicht nur den ökonomischen Druck, sondern auch den Erwartungsdruck, den zeitlichen Druck. In Familien, in denen Vater und Mutter erwerbstätig sind, ist häufig die Frage beherrschend, wie sich feste Arbeitszeiten und Kinderbetreuung miteinander vereinen lassen. Eine unvorhergesehene Schließung des Kindergartens, Unterrichtsausfall, Dienstreisen, Überstunden können Vater und Mutter ganz schön in die Bredouille bringen. Stellen Sie sich vor, dann müssen noch Eltern oder Schwiegereltern gepflegt werden.

Aber auch Familien, in denen nur ein Partner erwerbstätig ist, fühlen sich vielfach unter Druck. Es wird natürlich immer schwieriger, von einem Gehalt eine Familie zu ernähren. Diese Familien müssen sich häufig gegen den rot-grünen Vorwurf wehren, angeblich in einem überholten Familienmodell zu leben.

(Baldauf, CDU: Das ist unmöglich!)

Alleinerziehende wiederum stehen in existenzieller Abhängigkeit zu Betreuungseinrichtungen. Stimmen die Zeiten mit der Erwerbstätigkeit nicht überein, stehen sie oftmals finanziell mit dem Rücken an der Wand. Wie Familien leben wollen, geht aber den Staat überhaupt nichts an. Wahlfreiheit muss der Staat ermöglichen, aber keine Ideologie.

(Beifall der CDU)

Ich gebe zu, ich war schon etwas erstaunt, welch kühlen und funktionalen Blick mancher Wirtschaftsfunktionär auf Familien hat. Das sehen wir Christdemokraten anders. Wir brauchen keine arbeitsgerechten Familien, sondern wir brauchen familiengerechte Arbeit in unserem Land.