Protokoll der Sitzung vom 31.01.2013

sind, bei denen die demokratischen Parteien eigentlich gezwungen sind, zusammenzuwirken, da es um ein grundliegendes Anliegen geht. Ich hoffe, dass es in der Enquete-Kommission „Bürgerbeteiligung“ gelingen wird, dass das im Interesse des Landes zu einem gemeinsamen Anliegen wird.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Rheinland-Pfalz ist in den vergangenen Jahren zum Bildungsland Nummer 1 geworden. Wir lassen kein Kind zurück.

Wir haben Bildung und Betreuung für unter Dreijährige ausgebaut. Die Betreuungsquote für Kinder unter drei Jahren ist von 4,8 % im Jahr 2005 auf 33,2 % im August vergangenen Jahres gestiegen. Der Anteil des Bundes an dieser Gesamtanstrengung, insbesondere wenn es um die Personalkosten geht, bewegt sich bei nur wenigen Prozenten. Wir sind das Bundesland, das am meisten Landesmittel für die Betreuung und die gute Ausstattung von Kindergärten als Bildungsstätte ausgegeben hat.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir bieten dort seit 2005 verstärkt Sprachförderung an. In den vergangenen zehn Jahren sind in Rheinland-Pfalz 602 neue Ganztagsschulen entstanden. Durch die Absenkung der Klassenmesszahlen in den Grundschulen und den Orientierungsstufen haben wir die kleinsten Klassen in Deutschland.

(Dr. Weiland, CDU: Vielleicht kann man mal etwas zum Inhalt sagen!)

Noch etwas zur Unterrichtsversorgung: Wir werden 500 zusätzliche Lehrerstellen neu schaffen, um eine bessere Unterrichtsversorgung zu gewährleisten, weil es uns ein ernstes Anliegen ist, die gute Unterrichtsversorgung, die wir bereits in Rheinland-Pfalz haben, trotz der kleinsten Klassen, die wir in Deutschland haben, auch künftig zu verbessern und aufrechtzuerhalten.

Meine Damen und Herren, eine neue große Herausforderung an den Schulen ist das Thema „Inklusion“. Für uns ist klar, jedes Kind ist einzigartig und hat daher einen individuellen Förderbedarf. Da die Eltern diejenigen sind, die ihr Kind am besten kennen, und weil sie wissen, welche Form der Förderung es braucht, müssen sie eine echte Wahlfreiheit zwischen den beiden Förderorten haben. Wir wollen deshalb das Angebot an Schwerpunktschulen ausbauen. Klar ist aber auch, dass die Förderschule als für viele Kinder pädagogisch wichtiger Förderort erhalten bleibt.

Frau Klöckner, ich halte es nicht für redlich, wenn Sie trotz der klaren Aussage der Landesregierung in mehreren Mitteilungen – auch bei Diskussionen in den Ausschüssen –, es wird keinen Abbau von Förderschulen geben, sondern wir werden die Wahlfreiheit der Eltern erweitern, etwas anderes behaupten. Für den, der will, dass seine Kinder in Förderschulen unterrichtet werden, wird diese Möglichkeit bestehen bleiben. Wenn Sie mit

Begriffen wie „Austrocknung“ und „Ängste schüren“ bei Menschen, die vor der großen Aufgabe stehen, angemessen für ihre Kinder zu sorgen und für ihre Kinder die bestmögliche Zukunft zu gestalten, unbegründet Ängste schüren, ist das nicht in Ordnung. Lassen Sie das sein. Sie haben andere Informationen, nämlich dass die Landesregierung die Wahlmöglichkeiten erweitern will. Hören Sie bitte damit auf.

(Anhaltend Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Bracht, CDU: Haben Sie mit Lehrkräften und Eltern gesprochen?)

Meine Damen und Herren, eine gerechte Bildungspolitik bedeutet, dass alle eine faire Chance bekommen. Es ist unbestritten, dass das Erheben von Gebühren für die Inanspruchnahme von staatlichen Bildungsleistungen für eine soziale Spaltung sorgt. Was ist die Antwort der CDU? – Sie hat in der vergangenen Woche deutlich werden lassen, dass sie eine Wiedereinführung von Gebühren für den Besuch von Kindergärten und von sogenannten Langzeitstudiengebühren ins Auge fasst.

Unsere Gegenposition dazu ist klipp und klar: Wir wollen an der Gebührenfreiheit vom Kindergarten bis zum Hochschulabschluss festhalten.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir verstehen Bildung als ein Gut, das allgemein und gleichmäßig allen zur Verfügung stehen soll.

(Dr. Weiland, CDU: Allgemeine Plattitüden!)

Bildung ist unverzichtbar für individuelle Selbstbestimmung und persönliche Entfaltung. Bildung ist ebenso entscheidend für die individuellen Chancen am Arbeitsmarkt und für den beruflichen Erfolg.

(Dr. Weiland, CDU: Textbaustein!)

Bildung ermöglicht sozialen Aufstieg. Eine möglichst gute Bildung für eine möglichst große Zahl von Kindern und Jugendlichen liegt aber auch im allgemeinen, nicht nur im individuellen Interesse. Deshalb gilt: Gute Bildung stärkt auch den Wirtschaftsstandort einer Region, sorgt für positive Aspekte für Unternehmen, und sie ist Grundlage für eine demokratische Beteiligung. Bildung ist eine wichtige Voraussetzung für die Ausübung politischer Freiheitsrechte.

Die CDU will angeblich nur die Besserverdienenden mit Gebühren belasten. Wo soll denn die Belastung beginnen?

(Dr. Weiland, CDU: Bei den Besserverdienenden!)

Wenn man einen substanziellen Finanzierungsbeitrag erreichen will, wird man bis weit in die Mittelschichten hinein Gebühren erheben müssen. Das verschweigt die CDU natürlich. Viele Familien würden aber sehr spürbar belastet, und manche Frau würde vielleicht doch auf das Arbeitengehen verzichten. Ich nenne das Stichwort

„Betreuungsgeld“. Wir sagen, Bildung muss vom Geldbeutel der Eltern unabhängig sein und bleiben.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Im Gegensatz zu Ihnen wollen wir den Mittelstand von solchen Abgaben entlasten und stattdessen zur Finanzierung des Bildungssystems die Vermögensteuer wieder einführen oder den Spitzensteuersatz erhöhen. Das ist die gerechtere Finanzierung eines Allgemeinguts Bildung.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Denn nur so kommen wir zu einem sozial gerecht finanzierten Bildungssystem. Was im allgemeinen Interesse ist und demokratisch entschieden wurde, soll auch durch allgemeine Finanzierungsmittel bezahlt werden, also durch Steuern. Der demokratische Staat ist Steuerstaat und kein Gebührenstaat. Er soll sozial gerechte Steuersysteme zur Finanzierung des Bildungssystems einsetzen.

(Dr. Weiland, CDU: Das ist schwierig!)

Hier, bei der gerechten Steuer, liegt von der schwarzgelben Bundesregierung vehement bekämpfter Veränderungsbedarf. Die CDU will dem Staat weiterhin eine Finanzierung versagen, die ihn zur Erfüllung der berechtigten Erwartungen an seine Leistungen auch befähigt. Die CDU will keinen handlungsfähigen Staat, stattdessen will sie lieber selektive Gebühren, die vermeintlich gerecht sind.

(Dr. Weiland, CDU: Kalte Progression!)

Aber Gebühren vermitteln immer die Unterscheidung von denen, die es sich leisten können, und denen, die es sich eigentlich nicht leisten können.

(Beck, SPD: So ist es!)

Diesen Unterschied darf es bei öffentlichen Gütern nicht geben, hier sind alle gleich.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Beck, SPD: Sehr richtig! – Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)

Deshalb wird es diese Unterscheidung mit uns bei der Bildung nicht geben. Darauf können sich die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land verlassen.

(Dr. Weiland, CDU: Genau!)

Meine Damen und Herren – deswegen habe ich die etwas längeren Ausführungen gemacht –, durch Schulgeld wurde Generationen der Zugang zu einer guten Bildung verweigert. Es ist eine Errungenschaft gewesen, dass das Schulgeld abgeschafft wurde.

(Dr. Weiland, CDU: Stimmt!)

In diesem Sinne ist es nur konsequent, dass auch für die Bildungseinrichtung Kindergarten keine Gebühren in Rheinland-Pfalz erhoben werden.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Herr Dr. Weiland, ich bin der festen Überzeugung, wenn Sie in zwanzig oder dreißig Jahren Vorträge bei der Senioren-Union halten,

(Heiterkeit bei der SPD – Pörksen, SPD: Früher!)

dann werden Sie auch darüber berichten, dass es nur aus dem Zeitgeist verständlich war, dass die CDU vor zwanzig Jahren für Gebühren bei Kindergärten gewesen ist. In zwanzig Jahren wird auch die CDU in Deutschland sagen, die Bildungseinrichtung Kindergarten muss selbstverständlich gebührenfrei sein. Dieser festen Überzeugung bin ich.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Uns wurde einmal vorgeworfen, das Land RheinlandPfalz werde bald das einzige Bundesland sein, in dem es keine Studiengebühren gibt – das wurde uns noch vor fünf bis sechs Jahren vorgeworfen –, deswegen würden bald unsere Universitäten und Hochschulen in einem furchtbaren Zustand sein, weil alle anderen Länder die Einnahmen aus Studiengebühren hätten.

(Dr. Weiland, CDU: Sind sie in Rheinland-Pfalz ja auch! – Beck, SPD: Ja!)

Das haben Sie gesagt.

Wie sieht die Situation heute aus? – Wir haben noch Studiengebühren in Niedersachsen und in Bayern. In Niedersachsen wird sich das in wenigen Monaten durch eine rot-grüne Regierung erledigen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

In Bayern gibt es ein Volksbegehren gegen Studiengebühren. Der Noch-Ministerpräsident Seehofer versucht krampfhaft, seinen Koalitionspartner davon zu überzeugen, rechtzeitig vor dem Bürgerbegehren die Studiengebühren abzuschaffen.