Es ist viel gesprochen worden über den demografischen Wandel, die Energiewende, die Haushaltskonsolidierung und über Verwaltungsreformen. All dies sind große Herausforderungen, die man nicht einmal so nebenbei und nicht von heute auf morgen erledigt. Dafür muss man um Akzeptanz bei den Menschen, bei den Betroffenen werben. Diese Akzeptanz findet man nur, wenn die Menschen das Gefühl haben, dass es dabei transparent und gerecht zugeht.
Wir haben aber in Deutschland nach wie vor ein Gerechtigkeitsproblem, meine Damen und Herren. Liebe Frau Klöckner, es ist sehr schön, dass Sie sich jetzt um Fami
lien kümmern wollen, in denen die Eltern morgens aufstehen und die Brote schmieren. – Aber was ist denn mit den Familien, bei denen es am Monatsende gar nicht reicht, um Brot und Butter einzukaufen, meine Damen und Herren? – Das sind diejenigen, die Sie immer wieder vergessen.
Um die müssen wir uns doch zuallererst kümmern, meine Damen und Herren. Wir haben viel zu viel Armut in diesem reichen Land, und das ist doch der gesellschaftspolitische Skandal.
Wir wollen alles tun, um die Teilhabe aller Menschen in unserem Land zu ermöglichen. Dazu gehört die konsequente Umsetzung und Abarbeitung des Landesaktionsplans „Charta gegen Armut“, dazu gehören neue Initiativen zur Stärkung des sozialen Wohnungsbaus, und dazu gehört auch die Förderung von Obdachlosenhilfe und die Stärkung von Kommunen und sozialen Trägern vor Ort. Dazu gehört gebührenfreie Bildung und die Perspektive auf ein besseres Leben; denn alle Menschen in diesem Land haben es verdient, dass wir – ja, wenn sie in Not kommen, auch der Staat – ihnen helfen, und diese rot-grüne Landesregierung gibt niemanden verloren in diesem Land, meine Damen und Herren
Sie können doch nicht lamentieren und sagen, Arbeit muss sich wieder lohnen. Es ist doch gerade die Politik Ihrer Bundesregierung, die genau das verhindert. Es kann doch nicht wahr sein, dass man mit einer Vollzeitstelle heutzutage immer weniger seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Es gibt immer noch viel zu viele Beschäftigte, die neben ihrem Job zum Staat gehen müssen, um ihr Einkommen aufzustocken, um ihre Familien zu ernähren. Dies ist doch Lohndumping auf Kosten des Steuerzahlers, meine Damen und Herren, und deswegen brauchen wir den flächendeckenden Mindestlohn. Deswegen sind wir in Rheinland-Pfalz Vorreiter beim Thema „Gute Arbeit“; denn wir wollen, dass sich Arbeit in dem Sinne wieder lohnt, derjenige, der arbeitet, mit seinem Lohn sich selbst und die Seinen auch ernähren und finanzieren kann, er ein gutes Leben hat und nicht, dass es gerade einmal so eben reicht, meine Damen und Herren.
Es ist die Grundlage einer funktionierenden und erfolgreichen Ökonomie, dass wir auf der einen Seite gute Arbeitsbedingungen haben, aber auf der anderen Seite auch nachhaltig wirtschaften. Es geht uns darum zu erkennen, dass unsere Ressourcen endlich sind und das ökologische Prinzip auch in der Wirtschaftspolitik immer mehr Einzug hält und dabei auch erfolgreich ist. Alle Zahlen zeigen es – Frau Klöckner, Sie haben es selbst gesagt –, Rheinland-Pfalz steht in der Wirtschaft hervor
ragend da. Damit haben Sie recht, und dies liegt vor allem an dem Fleiß und der Innovation der Unternehmen und auch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Aber die aktuellen Krisen – ob es nun die Finanzkrise, die Klimakrise oder die Hungerkrise ist – zeigen doch, dass das bisherige Modell des globalen Wirtschaftens ein eindimensionales Wachstumsmodell moderner Industriegesellschaften ist, es nicht nachhaltig ist und auf Dauer auch nicht überlebensfähig ist. Dies sind keine Krisen im System, sondern es ist auch ein Fehler des Systems, meine Damen und Herren. Deswegen gehört es auch zur Verantwortung dazu, unsere Wirtschaft so aufzubauen, dass sie in der Lage ist, verantwortlich mit den Ressourcen und den natürlichen Lebensgrundlagen umzugehen.
Genau das ist das Nachhaltigkeitsprinzip in der Wirtschaft. Das ist gut, eben nicht nur für die Umwelt. Es schafft Innovationen. Es schafft Arbeitsplätze. Viele Unternehmen sind doch genau auf dem Weg dorthin. Wir nehmen sie mit. Wir führen sie zusammen, dass dieser Transformationsprozess gelingt. Deswegen wird es den Dialog „Industrieentwicklung“ geben. Deswegen wird der Dialog mit der Wirtschaft immer weiter forciert, um diesen Transformationsprozess auf einen guten, einen gemeinschaftlichen Weg zwischen Unternehmen, Kammern, Gewerkschaften, Betriebsräten und eben auch der Politik zu bringen. Dafür steht auch Eveline Lemke als Wirtschaftsministerin. Da gibt es in der Wirtschaft viel mehr offene Ohren, als Sie wahrhaben wollen und als in dem einen oder anderen Artikel zu lesen war, meine Damen und Herren.
Man macht gerne Gegensatzspiele. Was ist das Gegenteil von gesellschaftlichem Dialog? – Schwarz-gelb in Hessen!
Wer die Wirtschaftsinteressen eines Flughafens so brutal gegen die Menschen in der Umgebung und in der Region durchsetzen will, der wird in diesem Jahr ebenfalls zu Recht abgewählt, meine Damen und Herren.
Meine Damen und Herren, deswegen bin ich froh, dass sich diese Landesregierung das Thema „Verkehrslärm“ ganz vorne auf ihre Fahne geschrieben hat. Das gilt für alle Verkehrsträger. Aber insbesondere der Flugverkehr hier in der Rhein-Main-Region hat die Grenzen der Akzeptanz längst überschritten, was überall zu sehen ist.
Wir werden dem nicht tatenlos zusehen. Wir sagen als GRÜNE, wir brauchen eine europaweite Besteuerung von Flugbenzin, damit es ein Ende hat, dass der Verkehrsträger Flugzeug gegenüber anderen Verkehrsträgern, wie beispielsweise der Bahn, subventioniert wird. Das ist ökologisch schwachsinnig und ökonomisch nicht sinnvoll.
Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Landesregierung jetzt eine neue Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht hat, die das Ruhebedürfnis der Menschen auch bei den Flugrouten wieder in den Vordergrund stellt und damit beendet, dass die Wirtschaftlichkeit bisher nach der Sicherheit den absoluten Vorrang genießt.
Wichtig ist auch, die Bürger bei den Flugrouten zu beteiligen und dem ein Ende zu setzen, weil es einfach nicht richtig ist und auch die Menschen – da muss ich kein GRÜNER sein, das sagen auch konservative Menschen in der Region – äußern, dass es doch nicht wahr sein kann, dass ich am Samstagmorgen beim Rasenmähen höhere Anforderungen an den Lärmschutz stelle, als es die Flieger donnerstags nachts machen. Dem muss ein Ende gesetzt werden, meine Damen und Herren.
Wir haben eine große Herausforderung auch bei der Flughafen-Hahn-Gesellschaft. Das wissen wir alle hier. Sie muss aufgrund EU-beihilferechtlicher Untersuchungen, die es europaweit gibt, neu aufgestellt und umstrukturiert werden. Wir müssen das so machen, dass es beihilferechtskonform ist, dass wir zu unserem Ziel gelangen, den Landeshaushalt zu schonen und auch die Subventionierung, wie im Koalitionsvertrag festgehalten, auf Dauer herunterzufahren.
Dies geschieht auch in dem Wissen, dass wir das, was wir an Lärmschutzbedürfnissen für die Menschen in der Region hier in Rheinhessen postulieren, auch natürlich im Hunsrück postulieren. Das ist doch vollkommen klar.
Lieber Herr Bracht, Sie sitzen doch im Aufsichtsrat des Hahn. Sie tragen doch eine gewisse Mitverantwortung.
Da appelliere ich doch auch an Ihre Vernunft, sich jetzt zusammenzusetzen und im Sinne einer Landesgesellschaft und im Sinne des Landeshaushalts an einer tragfähigen Lösung mitzuarbeiten.
Herr Bracht und Herr Licht, Sie haben doch konstruktive Ansätze gezeigt. Frau Klöckner, wir sind uns doch einig, wir wollen auch am Ende, dass Private mit einsteigen und ein Investor gefunden wird. Aber dafür müssen wir
Ich möchte jetzt einen Zeitungsartikel mit Erlaubnis des Präsidenten zitieren: Die betriebswirtschaftliche Rentabilität des Flughafens, so der Minister, werde davon abhängen, welche Nutzbarkeit sich ergeben werde. – Weiter: Im Übrigen müsse sich ein Flughafen erst einmal entwickeln. Er gehe dabei von einer Dauer von fünf bis sechs Jahren aus. Seine Zielvorstellung sei es, den Flugplatz dann zu einem späteren Zeitraum in private Nutzung übergehen zu lassen. – Das Zitat stammt aus dem „Trierischen Volksfreund“ vom 18. Februar 1993. Der Wirtschaftsminister heißt Rainer Brüderle.
Jetzt halten Sie der aktuellen Regierung etwas vor, was seit vielen Jahren von denen versprochen wurde, die sich heute an der Macht in Berlin retten.
(Bracht, CDU: Damals war doch ein privater Investor drin! Dann kam die Fraport, die Sie herausge- schmissen haben! Überhaupt keine Ahnung!)
(Frau Klöckner, CDU: Da muss auch der Herr Mertes schmunzeln, wenn er das hört! – Licht, CDU: In welchem Jahr war das?)
Aber ich sage auch, zum Thema „Infrastruktur“ gehört das Thema „Ökologie und Umweltschutz“. Zu „Straßenbau“ gehört auch immer das Thema „Naturschutz“. Zum Thema „Mobilität“ gehört das Thema „Lärmschutz“. Wir müssen bei der Verkehrspolitik alle Seiten mit bedenken und mit bearbeiten.