Protokoll der Sitzung vom 24.04.2013

schließung zu diesem Gesetzentwurf nicht unbedingt trügen müsste.

Es gibt andere Punkte, die ich für wichtig halte und auf die ich vermehrt eingehen möchte. Es sind auch die §§ 56, auf den Bettina Brück vorhin eingegangen ist, 60, 67 und 90 zu berücksichtigen.

§ 56 liegt mir besonders am Herzen, das habe ich immer schon deutlich gemacht; denn hier geht es zunächst einmal um das Recht auf den Schulbesuch für Kinder ohne Aufenthaltstitel und Jugendliche ebenso, die unmittelbar nach Stellung des Asylantrags und Zuweisung in der Gemeinde und selbst dann, wenn sie ausreisepflichtig sind, bis zum Vollzug dieser Ausreisepflicht ein Anrecht und eine Verpflichtung darauf haben, die Schule zu besuchen.

Das scheint mir ein ganz wichtiger Beitrag zu sein, auch wenn er Verpflichtung ist und es für die Schulen wichtig sein wird, dass sie sich auf die Situation einstellen können und die Unterstützung erhalten, derer sie bedürfen. Das ist richtig und wichtig. Ich glaube, das geht in Richtung Menschenrechte; denn Bildung ist auch Menschenrecht für diejenigen, die eben nicht in unserem Staat dauerhaft ein Bleiberecht haben können. Deshalb unterstützen wir diesen Paragrafen ganz ausdrücklich.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Eingegangen wurde bereits auf die Zusammensetzung des Schulträgerausschusses, § 90. Ich glaube, dass die Residenzpflicht antiquiert ist. In Zeiten, in denen wir aus gewissen Gründen heute andere Entfernungen haben – meistens ist es der Beruf, manchmal auch der Wunsch, etwas entfernter zu wohnen –, ist es schlicht und einfach nicht mehr passend, dass man am Schulort wohnen muss, um im Schulträgerausschuss mitarbeiten zu können. Insofern, wenn diese Erkenntnis aus der Praxis gewonnen worden ist, ist es umso besser. Ich denke, wir sind uns alle einig, dass sich diese praxisnahe Erkenntnis relativ problemlos umsetzen lässt.

Angesprochen wurde in der Tat, wie in Zukunft in den Schulträgerausschüssen die Schulen selbst vertreten sein werden. Auch das bedarf mit Sicherheit einer Regelung. Darüber wird man noch diskutieren müssen; denn das ist nicht Gegenstand dieser Gesetzesnovelle.

Des Weiteren möchte ich gern auf den Vorwurf des Privattaxis eingehen. Ich habe das genannt, ich glaube aber, das Argument ist nicht so zentral. Uns geht es tatsächlich darum, vor allen Dingen für die Menschen, deren Schulentscheid von der finanziellen Belastung abhängig gemacht wird, den Zugang zur Bildung zu ermöglichen. Das ist unser Gerechtigkeitsansatz. Ich glaube schon, dass es wichtig ist zu wissen, ob ich jeden Monat 30 Euro zusätzlich – pro Kind wohlgemerkt – aufbringen muss, um meine Kinder in diese Schule zu bringen.

Wir wissen sehr genau, auch wenn ein Viertel aller Kinder ohnehin schon diesen Elternanteil erstattet bekommen hat, dass sich viele nicht trauen und diesen Schritt nicht wagen, sich diese Kosten erstatten zu lassen.

Das ist ein Grund, warum wir der Meinung sind, den Eltern diese Beschämung ersparen zu können. Von daher kann ich nur sagen, es ist der fairere Weg allen Eltern gegenüber, die hier in einer schwierigen Situation sind.

Das Argument, das vorgetragen wurde, die Eltern würden eine Schule wählen, weil sie die Fahrtkosten erstattet bekommen in dem Moment, in dem die Schule mehr als vier Kilometer entfernt ist, halte ich für nichtig. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass irgendjemand eine Schule auswählt, nur weil er dafür die Fahrkarte für seine Kinder bezahlt bekommt. Den Eigenanteil der Eltern erstattet zu bekommen, mag schön und gut sein und auch den Kindern den Weg in die Welt eröffnen, sprich die Möglichkeit, andere Dinge zu machen, am Nachmittag Freunde zu treffen oder ins Kino zu fahren oder Ähnliches mehr, das ist mit einigen Tickets sicherlich möglich, aber das wird nicht der Entscheidungsgrund für Eltern sein, nach dem sie sich richten, wenn sie die Schule für ihre Kinder auswählen.

Wir tragen diese Gesetzesnovelle natürlich mit. Aber ich freue mich auch auf die Auseinandersetzung im Bildungsausschuss, wo wir die vorgetragenen Argumente der Opposition noch weiterhin beleuchten können.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir haben keine weiteren Wortmeldungen. Deshalb schlage ich vor, den Gesetzentwurf zur weiteren Beratung an den Bildungsausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen! – Dan- ke. – Die Gegenprobe! – Stimmenhaltungen? – Somit ist es einstimmig beschlossen.

Wir kommen zu Punkt 10 der Tagesordnung:

…tes Landesgesetz zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/2224 – Erste Beratung

Das Wort hat Frau Staatsministerin Alt.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr froh, dass ich heute diese aus meiner Sicht wichtige gesetzliche Änderung zum Kindertagesstättengesetz einbringen kann. Ich zitiere den entscheidenden Satz: „Kindertagespflege wird von einer geeigneten Tagespflegeperson in ihrem Haushalt, im Haushalt der oder des Personensorgebe

rechtigten oder“ – das ist jetzt neu – „in anderen geeigneten Räumen außer in Kindertagesstätten geleistet.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir greifen damit das Thema „Kindertagespflege“ auf, das neben dem wichtigen und großen Bereich der Kinderbetreuung in Kindertagesstätten ein zweites Standbein in der Kinderbetreuung darstellt.

Die Kindertagespflege ist ein Betreuungsangebot für Kinder von null bis 14 Jahren und damit ein wichtiger Baustein für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Kindertagespflege ist ein familiennahes Betreuungsangebot, das aufgrund seiner familiären Struktur insbesondere für kleine Kinder sehr gut geeignet ist. Kindertagespflege ist aber auch sehr flexibel und deshalb gerade für Randzeiten für Kinder aller Altersstufen gut geeignet und dient insbesondere der Entlastung von Eltern mit außergewöhnlichen Arbeitszeiten.

Die Gesetzesänderung dient dazu, die Kindertagespflege zu erweitern, zu stärken und zu flexibilisieren. Sie will ermöglichen, dass Kindertagespflege auch in anderen geeigneten Räumen außer in Kindertagesstätten möglich wird. Bislang war es nur im Haushalt der Eltern oder der Tagespflegepersonen möglich.

Diese Erweiterung auf andere geeignete Räume birgt große Chancen für die Kindertagespflege, weil diese nun auch in Betrieben, in Krankenhäusern, in Einrichtungen und Altenheimen stattfinden kann.

Sie stellt auch insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, die zu klein sind, um eine eigene Betriebskita einzurichten, eine gute Möglichkeit dar, für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein attraktives und flexibles Angebot zu machen.

Sie verkürzen so Elternzeiten, sie sorgen für eine schnellere Rückkehr, sie binden ihre Arbeitskräfte, und sie begegnen so effizient dem Fachkräftemangel in ihrem eigenen Betrieb.

Eine Tagespflegeperson kann bis zu fünf Kinder betreuen und kann vom Unternehmen, von einem freien Träger, vom Jugendamt oder von kommunalen Trägern fest angestellt werden. Diese Tatsache verbessert auch die wirtschaftliche Situation der Tagespflegepersonen selbst, die bislang im Vergleich in ihrer Selbstständigkeit sehr viel schlechter abgesichert waren.

Was ist bei der neuen gesetzlichen Regelung nicht möglich? – Auch das will ich deutlich sagen. Es ist nicht möglich, Kindertagespflege in den durchaus für Kinder geeigneten Räumen von Kindertagesstätten anzubieten,

(Zuruf von der CDU: Damit machen Sie einen Fehler!)

weil die Landespolitik die klare Trennung zwischen den beiden unterschiedlichen Betreuungsformen in der Kindertagesstätte und in der Kindertagespflege beibehalten will.

Zum Zweiten ist es auch nicht möglich, dass sich zwei Tagespflegepersonen zusammenschließen, um dann zehn Kinder in einer sogenannten Großtagespflegestelle zu betreuen. Wir sagen, bei der Betreuung von zehn Kindern haben wir ein sehr gutes Angebot, nämlich das Angebot der Krippe. Dort werden bis zu zehn Kinder von zwei Fachkräften betreut, und dies ist aus unserer Sicht die qualitativ bessere Lösung.

Die neue gesetzliche Regelung zur Kindertagespflege birgt große Chancen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, für junge Eltern, für die Kinder, aber auch für die Unternehmen und die Einrichtungen, aber – ich denke, das ist schon deutlich geworden – es ist auch eine große Chance für die Tagespflegepersonen selbst, die sich beruflich durch Festanstellungsmodelle eindeutig verbessern. Ich würde mich an dieser Stelle sehr freuen, wenn alle im Landtag vertretenen Fraktionen dieser gesetzlichen Änderung zustimmen würden.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das Wort hat Frau Kollegin Huth-Haage von der CDUFraktion.

(Frau Elsner, SPD: Ui, mit einem Lächeln auf dem Gesicht! – Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin, betrachten Sie das bitte ganz nüchtern!

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sprechen heute über eine Änderung im Kindertagesstättengesetz, und wir freuen uns, dass wir darüber sprechen. Frau Ministerin, ich glaube, diese Änderung ist notwendig, aber sie ist auch überfällig; denn wenn wir ehrlich sind, müssen wir konstatieren, dieses Gesetz gehört längst unter Dach und Fach.

(Beifall der CDU)

Frau Ministerin, ich habe mich gefreut. Sie haben soeben das Hohelied der Kindertagespflege gesungen, aber bereits im Jahr 2008 hat die CDU-Fraktion im Landtag einen Gesetzentwurf vorgelegt, der abgelehnt wurde. Es ist sehr viel Zeit vergeudet worden, Zeit, die die Familien viel Betreuungsaufwand gekostet hat.

Meine Damen und Herren, um es klar zu sagen: Diese Gesetzesänderung kommt viel zu spät. Das Bundesprogramm zur Finanzierung der Kindertagespflege in Unternehmen – Sie wissen es selbst – läuft bereits seit August letzten Jahres, und die Frist zur Partizipation an diesem Programm für die Unternehmen läuft im Dezember dieses Jahres aus. Das heißt, wenn wir diese Gesetzesänderung verabschiedet haben, haben die Unternehmen nur noch ganz wenig Zeit, sich zu bewerben,

und ich sage Ihnen ganz ehrlich, diesen Zeitdruck hätte es nicht gebraucht. Da hätte man schneller sein können.

(Beifall der CDU)

Frau Ministerin, umso ärgerlicher ist es, dass Ihr – ich nenne es einmal Änderungsentwurf – letztendlich nur aus einem Satz besteht. Daher drängt sich bei uns schon der Verdacht auf, dass in der Landesregierung nach wie vor noch Kräfte tätig sind, die die Tagespflege verhindern wollen, wie es schon in der Vergangenheit war. Ich weiß, Sie kämpfen ein wenig dagegen, und wir unterstützen Sie auch darin, aber man hätte diesbezüglich schon wesentlich weiter sein können. Sie haben Unternehmen um die Chance gebracht, sich familien- und kinderfreundlich zu positionieren, und Sie haben es vielen Familien in den letzten Monaten und Jahren schwer gemacht, Berufstätigkeit und Betreuung miteinander zu vereinbaren. Es ist einfach schade um die verlorene Zeit.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, unverständlich bleibt für uns auch – wir werden sicherlich noch darüber sprechen –, dass Tagespflege nun nahezu überall möglich sein soll, nur nicht in Kindertagesstätten. Dabei haben Sie doch eben selbst den richtigen Punkt angesprochen. Sie haben gesagt, es geht darum, Randzeiten abzudecken. Nur um Randzeiten geht es. Es geht um eine Zeit für eine Verkäuferin etwa nach 17:00 Uhr oder vielleicht auch einmal um einen Samstagmorgen.

Wir glauben, dass es von großem Vorteil wäre, wenn eine Betreuung in einer Kindertagesstätte möglich wäre, und dass es für ein Kind von großem Vorteil wäre, wenn es nicht einen erneuten Wechsel im Betreuungsumfeld hinnehmen müsste. Nur darum geht es.

(Beifall der CDU – Zuruf von der CDU: So ist es! – Frau Kohnle-Gros, CDU: Das ist mit Sicherheit richtig!)

Meine Damen und Herren, wir glauben, dass wir noch einen großen Beratungsbedarf haben. Wir freuen uns auf die Beratungen im Ausschuss. Frau Ministerin, drücken Sie in dieser Angelegenheit ein bisschen auf die Tube!