Ich persönlich vertrete die Auffassung, dass man, wenn man einen Vertrag macht, wissen muss, was hinterher herauskommt und was man zu erfüllen hat. Man kann sich nicht auf irgendein Vabanquespiel einlassen, bei dem einmal eine Kommission nach Gutdünken etwas entscheidet, was hinterher kein Einziger mehr bezahlen kann, und zwar am wenigsten der Auftragnehmer, dessen Arbeitsplätze entsprechend gefährdet sind.
In diesem Sinn bin ich sehr gespannt, was die Anhörung ergeben wird. Ich glaube, das ist ein reiner Rohrkrepierer. Vielleicht bekommen wir das erst in der Anhörung gesagt. Ich kann nicht erkennen, dass irgendein Unternehmer, der sich für einen öffentlichen Auftrag interessiert, dieses toll finden wird. Vielleicht nennen Sie mir einmal einen. Darüber würde ich mich freuen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Baldauf, ich will als Kommunalpolitiker nicht, dass man Aufträge vergibt und Sub-, Sub- und Subunternehmer Menschen mit Steuermitteln zu Dumpinglöhnen beschäftigen. Das möchte ich ausschließen. Sie wollen es nicht ausschließen. Ich will es ausschließen, weil dafür unsere Steuergelder zu schade und unsere soziale Verantwortung zu hoch ist.
Herr Baldauf, eines müssen Sie noch auflösen. Sie haben gesagt, dass wir unsere Beamtinnen und Beamten zu schlecht bezahlen würden. Sie hatten allerdings heute Morgen in der Debatte über die Vertretungslehrkräfte gesagt, dass es den Vertretungslehrkräften gegenüber ungerecht wäre, wie gut ihre verbeamteten Kolleginnen und Kollegen bezahlt werden. Sie müssen
Meine Damen und Herren, wenn man den sozialökologischen Wandel vorantreiben will, dann ist es selbstverständlich, dass sich die öffentliche Hand in Rheinland-Pfalz auch in ihrem Vergabewesen und in ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit an sozialen und ökologischen Standards messen lässt.
Dazu ist ein Bündel von Maßnahmen auf dem Weg oder noch unterwegs. Ich will auch einmal die Novelle der Vergabeverordnung nennen, in der wir die Dinge in Bereichen der Nachhaltigkeit und der ökologischen Standards weiterentwickeln. Ich sage es nicht ganz ohne Stolz. Ich finde, es ist ein gutes Zeichen, dass die Landeshauptstadt Mainz offiziell den Titel „Fairtrade Town“ erhalten hat.
Beim Landestariftreuegesetz geht es nun einmal um die sozialen Standards, denen wir uns zu stellen haben. Dass dort Handlungsbedarf besteht, haben wir schon oft besprochen. Die CDU-Fraktion hat es selten verstanden. Aber vielleicht doch noch ein paar wenige Zahlen.
Knapp 7 Millionen Menschen in Deutschland arbeiten für einen Stundenlohn von unter 8,50 Euro. Leiharbeiter verdienen im Durchschnitt 48 % weniger als normale Arbeitnehmer. Selbst dort, wo es die von Ihnen so hochgelobten branchenspezifischen Mindestlöhne gibt, möchte ich Ihnen eine Zahl nennen, nämlich dass im Jahr 2012 26.775 Arbeitgeber im Bauhaupt- und Baunebengewerbe wegen Verstoßes insbesondere gegen die Vereinbarung beim Mindestlohn kontrolliert worden sind. Es sind dort Bußgelder in Höhe von fast 12 Millionen Euro ausgesprochen worden.
Im Niedriglohnbereich arbeiten in Deutschland 22 % der Erwerbstätigen. Zum Vergleich, in Frankreich sind es nur 6 %. Im so krisengebeutelten Spanien sind es auch nur 14,7 %.
Sie sehen, wir haben einen sozialen Auftrag. Wir haben einen sozialen Vorbildcharakter, wenn wir uns als öffentliche Hand und damit auch die Kommunen an entsprechende soziale Standards binden. Insofern ist das Landestariftreuegesetz Rheinland-Pfalz – ich kann das relativ objektiv sagen; da waren wir noch gar nicht in der Regierung dabei – ein Erfolgsmodell.
Herr Baldauf, das zeigt, dass viele Bundesländer viele Elemente in ihre Tariftreuegesetze übernommen haben. Deswegen sind wir in Rheinland-Pfalz vorbildlich, meine Damen und Herren.
Dann ist natürlich alles, was man einmal auf den Weg gebracht hat, nie so gut, dass man es nicht noch besser machen und der Zeit anpassen kann. Eben weil die Mindestentgeltkommission jüngst den Mindestlohn von 8,50 Euro auf 8,70 Euro angehoben hat, ist es augenscheinlich geworden, dass wir das Problem haben, dass wir keine Rechtssicherheit für mehrjährig wirkende Vergabeverfahren auf der kommunalen Ebene haben. Wir wollen jetzt dem Landesgesetzgeber per Rechtsverordnung die Möglichkeit geben, das verbindlich für bestehende Aufträge festzusetzen, und wir wollen klarmachen, dass man nicht durch Subsubsubunternehmertum die Mindestlohnstandards aushebeln kann. Ich halte dies für wichtig.
Herr Baldauf, Sie haben gegen dieses Tariftreuegesetz polemisiert. Ich glaube, Sie sind in den eigenen Reihen ziemlich isoliert. Das Saarland ist CDU-regiert. Bayern ist CSU-regiert. Niedersachsen war bis vor Kurzem auch noch CDU-regiert. Sie alle haben Tariftreuegesetze.
Sie alle haben viele Elemente, die wir in Rheinland-Pfalz auch haben. Deswegen kann es gar nicht so schlecht sein. Wir werden eine Anhörung durchführen.
Vielleicht hören Sie am Ende des Tages bei den Kollegen im Saarland nach – angeblich treffen Sie sich so häufig –, dann sind Sie auch wieder in der Mitte der sozialpolitischen Positionen der CDU und können vielleicht doch noch zustimmen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für die Debatte, auch für die teilweise lebendige Debatte, auch für den Gesetzentwurf, der von den Mehrheitsfraktionen gemeinsam formuliert wurde. Er gibt mir als Vertreter der Landesregierung die Gelegenheit, ein paar grundsätzliche Dinge anzusprechen, um dann vielleicht die Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf auf einige wenige Punkte zu fokussieren.
Zunächst muss ich sagen, dass wir heute über das Landestariftreuegesetz vor dem Hintergrund der inzwischen gut zweijährigen Erfahrung in der praktischen Umsetzung mit diesem Landestariftreuegesetz diskutieren. Ich habe Ihnen zu berichten, dass ich kürzlich die Gelegenheit hatte, mich mit unserem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung – dort ist auch die Beratungs
stelle und die Servicestelle angesiedelt, über die schon gesprochen wurde – darüber auszutauschen, wie es denn ist, welche Rückläufer es gibt, wie die Informationspolitik ist und welche Fragen und Informationsbedarfe es gibt.
Es war eine ganz spannende Aussage, nämlich dergestalt, dass sie gesagt haben, tatsächlich war es am Anfang so, dass wir ganz deutlich gespürt haben, gut, dass es diese Servicestelle gab; denn wir sind damals in Rheinland-Pfalz in gesetzgeberisches Neuland getreten. Wir mussten Unternehmen, vergabeberatende Büros beraten und die öffentliche Verwaltung gut dabei begleiten, mit diesem Gesetz umzugehen, und hatten über die jetzt fast 24 Monate – sogar ein bisschen darüber – rund 1.500 Anfragen. Da sind aber auch die kleineren telefonischen Anfragen dabei.
Das hat sich im Laufe der Zeit immer verringert, das heißt, die Menschen, die Akteure, über die ich gerade gesprochen habe, sind gut hineingekommen. Es hat sich eine Routine in der Abwicklung dieses Gesetzes entwickelt.
Herr Licht, erlauben Sie mir, dass ich auf einen Zwischenruf eingehe, den Sie gerade eben noch einmal gebracht haben.
Sie haben gesagt, es sei ein bürokratisches Monster. Das hat mich an die Diskussion erinnert, die wir damals hatten, als wir über das Gesetz gesprochen haben. Im Landtag war ich damals noch Abgeordneter und saß im Wirtschaftsausschuss. Ich glaube, da habe ich von Ihnen oder von Kollegen schon „bürokratisches Monster“ gehört. Ich hätte wirklich die Bitte, dass Sie die Platte wechseln, um sozusagen im analogen Zeitalter zu bleiben.
Sie ernten – das wissen Sie doch auch – bei den Akteuren, die ganz nah an den Unternehmen, am Markt sind, inzwischen nur noch Kopfschütteln. Das sind doch die Debatten der letzten 20 Jahre.
Die Menschen wissen, dass wir inzwischen am Arbeitsmarkt wieder eine Reregulierung brauchen. Es sind übrigens nicht nur lohnabhängig Beschäftigte oder die, die am Arbeitsmarkt tätig sind, die sich mit diesen Fragen beschäftigen, sondern es sind schon lange die Unternehmen.
Lieber Herr Baldauf, die kleinen und mittleren Unternehmen, für die Sie vorgeben zu sprechen, wenn Sie an dieses Rednerpult gehen, 92 % aller Unternehmen in Rheinland-Pfalz beschäftigen weniger als 10 Personen. Tatsächlich sind viele von denen sehr daran interessiert, bei den öffentlichen Aufträgen eine Rolle zu spielen. Jetzt haben die allermeisten von uns auch eine kommunalpolitische Biografie im Gepäck oder sind sogar noch selbst kommunalpolitisch aktiv.
Ich war eine ganze Weile Fraktionsvorsitzender im Verbandsgemeinderat Landau-Land. Da war ich mir übrigens mit den Kolleginnen und Kollegen der CDU immer
einig, dass es uns insbesondere dann, wenn wir größere Margen herausgegeben haben, wahnsinnig gefuchst und geärgert hat, dass wir an zum Teil uns völlig Unbekannte – ich will es einmal vorsichtig ausdrücken, ominöse Unternehmen, die von wo auch immer herkamen – Aufträge vergeben mussten, während wir die, die wir aus der Region kennen, deren Leistungsvielfalt und Kompetenz wir kennen, von denen wir wissen, dass sie ausbilden, ihre Steuern bezahlen, und zwar am Standort bezahlen, leer ausgehen lassen mussten, auch deshalb leer ausgehen lassen mussten, nicht weil die den Stahl, das Material, das Werkzeug günstiger kaufen können, als die, die den Auftrag erfolgreich bekommen haben, lieber Herr Baldauf, das wissen Sie auch, nein, weil die in ihrer Kalkulation Personalkosten mit hineinschreiben konnten, die die heimischen Unternehmen nicht anbieten konnten.
Meine Damen und Herren, deshalb ist es doch wirklich völlig verfehlt, immer noch diese alte Platte, wir haben da einen Gewerkschaftsgesetzentwurf auf den Weg gebracht, zu spielen. Nein, was wir hier betreiben, ist arbeitnehmerfreundlich, aber es ist auch mit diesem Landestariftreuegesetz mittelstandsfreundlich. Darum haben wir uns auf den richtigen Weg begeben.
Wenn ich schon bei der alten Leier und der alten Platte bin, Herr Baldauf, dann muss ich zu Ihnen kommen, das ist sozusagen zwangsläufig. Sie haben gerade schon wieder hereingerufen, die Lehrer, die Lehrer, die Lehrer.
Lieber Herr Baldauf, wenn Ihnen etwas anderes bekannt ist, dann würde ich Ihnen – ich weiß nicht, ob das über die Geschäftsordnung des Landtags möglich ist – gerne den Rest meiner Redezeit zur Verfügung stellen, und dann belegen Sie das hier einmal. Sie können es nicht belegen. Es ist einfach nur Gerede. Sie können es nicht belegen. Sie versuchen, die politische Debatte durch solche Wortmeldungen immer wieder auf ein spezielles, nämlich auf Ihr Niveau herunterziehen. Ich glaube, das wird der Thematik, über die wir sprechen, überhaupt nicht gerecht.
Wir haben mit diesem Landestariftreuegesetz gute Erfahrungen gemacht. Ich bekomme diese Meldungen da, wo ich unterwegs bin, aus den Verwaltungen. Die sagen ganz offen, wir haben uns am Anfang schon ein bisschen Gedanken gemacht, da müssen wir jetzt noch etwas berücksichtigen, wir haben doch eigentlich schon genug zu tun in den Verwaltungen. Die merken, man hat ein schlankes Gesetz gemacht, das sehr vernünftig ist, man hat uns auch die Möglichkeit an die Hand gegeben, dass wir als Auftraggeber unmittelbar im Dialog mit den zum Zuge gekommenen Unternehmen darüber sprechen können, wie bei ihnen die Tarifsituation ist.
Wenn man Zweifel hat, hat man alle Zugriffsmöglichkeiten, sich die Entlohnungssituation anzuschauen.
Ich habe viele Rückmeldungen aus den Unternehmen erhalten, die sagen, es sei tatsächlich anders geworden. So manchen „Kollegen“, aus welchen Ländern der Europäischen Union und darüber hinaus auch immer, den wir üblicherweise manchmal bei den Aufträgen dabei hatten und der manchmal an uns vorbeigezogen ist, erleben wir jetzt gar nicht mehr bei der öffentlichen Auftragsvergabe. Das ist gut so.