Sie haben in der entsprechenden Debatte noch keinen einzigen Vorschlag von uns mitgetragen. Wir tun dies, weil wir der Meinung sind, dass nach der gaußschen Normalverteilung die Intelligenz nicht nur bei den Regierungsfraktionen beheimatet ist, was wir auch an den Erfolgen Ihrer Arbeiten sehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir hatten schon eine Vermutung, warum die parlamentarische Debatte über den neuen Doppelhaushalt hinter die Bundestagswahl geschoben wurde. Ausgemacht war zuerst etwas anderes. Gegen den Willen der Opposition wurde im Ältestenrat mit rot-grüner Mehrheit die Verschiebung durchgesetzt. Das kann man machen, aber jeder ist auch für die Zeichen verantwortlich, die er damit setzt.
Unserer Meinung nach ist das ein sehr schlechter Stil, der Ältestenrat sollte eigentlich für Ausgleich sorgen.
Aber es ist auch ein Zeichen Ihrer Not und Ihres eigenen Drucks gewesen, sogar diese Einvernehmlichkeit aufzukündigen.
Der Beratungszeitraum für die Opposition verkürzt sich damit auf zweieinhalb Sitzungswochen, weil das Verabschiedungsdatum, anders als das Einbringungsdatum, beim Alten geblieben ist, und nur deshalb, weil Rot-Grün die Karten vor der Bundestagswahl nicht ganz auf den Tisch legen wollte.
Das ist kein guter Stil. Das zeigt unserer Meinung nach einen fehlenden Respekt vor dem Parlament. Das Budgetrecht – das ist unsere Meinung – ist unsere wichtigste Rechtsetzungs- und Kontrollkompetenz.
Ich will eines an dieser Stelle deutlich machen: Gestern hat der Minister seine Rede vorgetragen. Vielleicht ist es Ihnen aufgefallen, wir haben bewusst zugehört, an der einen oder anderen Stelle vielleicht einmal die Augenbrauen hochgezogen, aber wir haben uns zurückgehalten, weil es der Respekt vor der Einbringung gebietet, Herr Kühl.
Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, ich habe mir noch einmal Ihre Antrittsrede durchgelesen. Ihren „neuen Stil der Zusammenarbeit“ mit der Opposition konnten wir so leider noch nicht feststellen.
Der neue Landeshaushalt liegt nun vor. Ganz klar, es ist ein Schuldenhaushalt. Eine Kultur des Sparens ist hier nicht erkennbar.
Der vorliegende Haushaltsentwurf ist ein Beleg dafür, dass es mit Ihnen den versprochenen Neustart nicht gegeben hat, Frau Ministerpräsidentin. Alles läuft wie bisher, wie in den vergangenen zehn Jahren, in der Sie Mitglied der Landesregierungen waren. Die ganze Zeit über haben Sie in Regierung und Fraktion alles mitgetragen, was heute dazu führt, dass wir in diesem Landeshaushalt enorm unter Druck stehen.
Er ist nicht vom Himmel gefallen, er ist keine Naturkatastrophe. Sie haben mit Ihren Kolleginnen und Kollegen mitgewirkt, dass wir heute in dieser prekären Situation sind.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Frau Ministerpräsidentin, Herr Minister, bemerkenswert war die Präsentation der Eckwerte Ihres Haushalts bei der Pressekonferenz. Sie wollten sich nicht ganz dem Vorwurf aussetzen, gar keine Katze vor der Wahl aus dem Sack zu lassen. Deshalb entschieden Sie sich, den Journalisten nur gewisse, Ihnen angenehme Eckdaten in einer Pressekonferenz zu präsentieren und Ihre eigene Interpretation mitzuliefern.
Sie aber wollten noch einmal auf Nummer sicher gehen, weshalb Sie erst noch ein vertrauliches Hintergrundgespräch mit Journalisten geführt und erst dann eine öffentliche Pressekonferenz gemacht haben. Das ist schon bemerkenswert bei diesen Personalressourcen.
So unsicher verhält man sich unserer Meinung nach nur, wenn man etwas zu verbergen oder zu interpretieren hat.
Deshalb haben Sie sicherlich nur aus Zufall das Wichtigste vergessen. Da kam es gerade gelegen, dass der Haushalt nicht unmittelbar eingebracht und von der Opposition diskutiert und analysiert werden konnte. Was Sie vergessen hatten zu erwähnen, ist alles andere als eine Lappalie.
Ich höre gerade den Justizminister, ausgewiesen in Finanzfragen, sagen: „Kalter Kaffee“. Ich finde nicht, dass es „Kalter Kaffee“ ist, von Nettokreditaufnahme zu sprechen, ich finde es nicht, dass es „Kalter Kaffee“ ist, auch über die neuen Schulden zu sprechen, ich finde es „Kalten Kaffee“ zu behaupten, Sie lägen irgendwann einen ausgeglichenen Haushalt vor. Das ist „Kalter Kaffee“.
Sie verschweigen, wie viele neue Schulden Sie tatsächlich aufnehmen werden. Es sind über 1 Milliarde Euro jedes Jahr. Hätten Sie das erwähnt, wäre Ihre Strategie der Schlagzeilen natürlich nicht aufgegangen. Sie wollten von einem Sparhaushalt reden – und das bei jeweils über 1 Milliarde Euro mehr an neuen Schulden. Das ist kein Spar-, das ist ein Schuldenhaushalt, Frau Ministerpräsidentin.
Bis zum Jahr 2020 muss der Landeshaushalt ausgeglichen sein. Die neue Schuldenbremse, verankert in der Verfassung, gibt das vor. Darauf sollte die Haushaltspolitik der Landesregierung ausgerichtet sein.
Die Landesverfassung sagt in Artikel 117, Abs. 1, Satz 1 – ich zitiere –: „Der Haushaltsplan ist grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen.“ – Warum? – Die Schuldenbremse ist kein Selbstzweck. Doch diese Landesregierung macht wieder neue Schulden.
Sie sprechen von einer Kehrtwende in der Landesregierung. Das sind große Worte: „Kehrtwende“. – Sie haben es aber noch nicht einmal geschafft, Ihre Schulden vom vergangenen Doppelhaushalt zu halbieren. Wir sprechen deshalb nicht von einer Kehrtwende. Sie haben noch einmal jeweils 1 Milliarde Euro neue Schulden vor. Deshalb reden Sie nicht vom Sparhaushalt; denn es ist ein Schuldenhaushalt, den Sie uns hier vorlegen.
Vielleicht können wir uns auf eine Definition von Sparen einigen, so wie das in normalen Familien zu Hause auch ist: Sparen ist, wenn man von dem, was man hat, etwas zur Seite legt, und nicht, wenn man von dem, was man sowieso nicht hat, wieder etwas ausgibt, vielleicht nur ein bisschen weniger.
Ich kann es noch ein bisschen anders oder sogar deutlicher sagen. Der damalige SPD-Fraktionsvorsitzende, unser aller geschätzter Herr Präsident, hat in der ihm eigenen Offenheit die SPD-Definition von Sparhaushalt preisgegeben.
Es fehlt ganz klar die soziale Balance in diesem Haushalt. Sie geben der kommenden Generation kaum noch etwas Werthaltiges mit. Das könnten Sie tun, indem Sie die echten Investitionen steigern und auf andere Ausgaben verzichten. Dazu werde ich nachher noch einiges konkret zu sagen.
Stattdessen haben wir steigende Steuereinnahmen, aber sinkende Investitionen. Somit sparen Sie nicht, sondern Sie verlagern lediglich den Kostendruck, der jetzt schon spürbar ist.