Protokoll der Sitzung vom 02.10.2013

Das kann man nicht allein dem Land Rheinland-Pfalz zuordnen, sondern man muss einfach feststellen, dass wir insgesamt als Staat diese Problematik zu bewältigen haben. Herr Licht, ich bin gespannt darauf, wie die Kanzlerin diese Fragen für die Zukunft beantworten wird. In der Vergangenheit hat sie es nämlich nicht gemacht.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Licht, CDU: Wie ist Ihre Antwort? Wir sind hier im Landesparlament! – Baldauf, CDU: Wenn Sie einmal Ihre Hausaufgaben so machen würden, wie die Frau Merkel, wäre schon viel geholfen!)

Herr Baldauf, trotz der prosperierenden Entwicklung unseres Landes Rheinland-Pfalz in den vergangenen Jahren und auch aufgrund des gelungenen Strukturwandels haben wir im Ländervergleich einfach eine unterdurchschnittliche Steuerkraft. Das kann man auch nicht mit schönen Formulierungen einfach wegreden. Auch für die CDU gelten Grundrechenarten.

(Pörksen, SPD: Nicht für jeden!)

Daran ändert sich auch nichts durch den Länderfinanzausgleich. Ich möchte Ihnen die Zahlen nennen, wo Rheinland-Pfalz vor und wo Rheinland-Pfalz nach dem Länderfinanzausgleich steht. Vor Umverteilung der Steuereinnahmen durch den Finanzausgleich – es sind nur ungebundene Zuweisungen – steht Rheinland-Pfalz auf dem 6. Platz bei der Finanzkraft. Nach Umverteilung durch den Länderfinanzausgleich steht Rheinland-Pfalz auf dem 14. Platz. Hinter uns liegen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.

Nach Umverteilung inklusive der kommunalen Steuern stehen wir auf dem 16. Platz. Meine sehr verehrten Herren und Damen, es geht einfach nicht, hier nur die halbe Wahrheit zu sagen. Vieles verantworten wir und verantworten es auch gerne. Aber uns zu unterstellen, dass wir hier keine andere Ausgangssituation als andere Bundesländer hätten, ist schlicht und ergreifend falsch. Deshalb muss es richtiggestellt werden.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die Flugblattaktion ist von Herrn Hering hier schon angesprochen worden. Ich möchte aber in diesem Zusammenhang noch ein Wort zu Hessen sagen. Es ist immer so das Musterländle der CDU gewesen. Auch nach dem Länderfinanzausgleich hat Hessen Mehreinnahmen. Es gibt auch mit Abstand viel mehr aus, als wir das pro Kopf machen. Das sage ich auch mit Blick auf das Thema „gebührenfreie Bildung“, was wir von Hessen immer nach dem Motto an den Hals gehängt bekommen: Ihr gebt so viel Geld aus. – Hessen gibt, obwohl es eine extrem viel bessere Steuerkraft hat als wir und nach

dem Länderfinanzausgleich viel besser aussieht als wir, erheblich mehr Geld pro Person aus. Deswegen ist es einfach ein schlechtes Beispiel. Es ist auch kein Bespiel, mit dem man punkten kann, weil es schlicht und ergreifend nicht wahr ist.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Frau Klöckner, natürlich bin ich froh darüber, dass wir in Rheinland-Pfalz viele Bürgerinnen und Bürger haben, die engagiert sind, die gerne arbeiten gehen, die sich in unserer Gesellschaft einbringen, die Steuern bezahlen. Natürlich bin ich froh, dass wir die drittniedrigste Arbeitslosenquote und mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse als jemals zuvor haben.

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Das ändert aber doch nichts daran, dass unsere Steuerkraft niedrig ist. Ich glaube, das geht ein bisschen quer im Kopf oder im Denken durcheinander.

Ich möchte noch etwas zur kalten Progression sagen, weil das hier immer wiedergekäut wird. Deshalb möchte ich es auch heute ansprechen. Wir haben nicht zum Abbau der kalten Progression Nein gesagt. Wir haben Nein zu einem schuldenfinanzierten Abbau der kalten Progression gesagt. Jeder hier im Hause weiß, die größten Gewinner beim Abbau der kalten Progression sind wir, die Besserverdienenden. Deshalb finden wir als Sozialdemokraten und GRÜNE,

(Baldauf, CDU: Das stimmt doch nicht! Wer schreibt Ihnen denn so etwas auf?)

dass man es dort, zum Beispiel durch einen höheren Spitzensteuersatz, auch gegenfinanzieren kann. Die Bundesregierung finanziert so etwas lieber durch Kürzungen bei den Sozialversicherungsträgern. Wir nicht. Wir sagen Ja zum Abbau der kalten Progression. Aber er muss sozial gerecht finanziert sein.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Übrigens, einmal ganz am Rande, weil Schwarz-Gelb immer hier als großer Sparmeister aufgeführt wird: Der Griff in die Sozialversicherungskassen – das ärgert mich im Nachhinein auch noch als ehemalige Sozialministerin – ist eine Bankrotterklärung für jede Bundesregierung, so zu tun, als würde sie sparen und eigentlich nur auf die Rücklagen der sozialen Versicherungssysteme zurückzugreifen. Die nächste Bundesregierung wird ein Vergnügen daran haben zu überlegen, wie man die Rentenversicherungen, Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung auf neue Beine werden stellen kann.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Herren und Damen, ich möchte auch noch etwas zu dem Thema „EZB“ und „niedrige Zinsen“ sagen. Natürlich kann es Kleinsparer nicht freuen – ich kann das gut nachvollziehen, was Sie an dieser

Stelle gesagt haben –, dass wir so niedrige Zinsen haben. Aber es ist auch nicht okay, unseren Finanzminister mit einer Absicht dahinter fehlzuinterpretieren. Herr Kühl hat gesagt, dass die Zinsen noch länger niedrig bleiben werden. Er hat dies als Prognose gesagt, schlicht und ergreifend deshalb, weil er davon ausgeht, dass sich die südeuropäischen Staaten so schnell nicht erholen werden und die EZB entsprechend der Zinspolitik so weitermachen wird. Das sagt eigentlich ganz Europa.

Das sagt sogar Herr Weidmann, der am Montag unser Gast hier in Mainz war und der die Politik der EZB überhaupt nicht teilt. Deshalb unterstellen Sie Herrn Kühl nicht böse Absichten! Sagen Sie einfach die ganze Wahrheit.

Die ganze Wahrheit ist, dass momentan viele von den niedrigen Zinsen profitieren, aber natürlich die Kleinsparer davon keinen Nutzen haben. Weil die Lage in Europa aber so ist, wie sie ist, wird sich in der nächsten Zeit perspektivisch wahrscheinlich nicht sehr viel daran ändern.

Meine sehr geehrten Herren und Damen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser gestecktes Ziel im Rahmen der Schuldenbremse haben wir erfüllt. Es ist ein harter Haushalt. Ich bleibe dabei, es ist ein harter Haushalt, auch wenn wir klare politische Schwerpunkte setzen. Er ist hart, weil er schon länger angelegte Einsparungen konkret umsetzt, hart aber auch, weil er darüber hinaus weitere Einsparungen vornimmt, und hart, weil vieles uns natürlich auch selbst unheimlich schwerfällt. Dazu gehört zum Beispiel, dass wir unseren Beamten und Beamtinnen erklären müssen, dass wir ihnen nicht mehr als eine 1 %ige Besoldungserhöhung geben können. Das machen wir nicht aus Vergnügen.

Wir wertschätzen die Arbeit unserer Beamten und Beamtinnen. Ich finde es ein bisschen sehr weitgehend, wenn Sie sagen, Frau Klöckner – ich zitiere jetzt aus dem Gedächtnis –, wir verkünden es voller Stolz, dass die Beamten noch 1 % bekommen. Das ist nicht so, sondern wir bedauern, dass wir die Tarifabschlüsse nicht einfach übertragen können. Aber nach ausführlicher Prüfung sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass wir somit die Schuldenbremse nicht einhalten können.

Deshalb möchte ich hier noch einmal sehr deutlich sagen, wir haben alle unseren Beamten und Beamtinnen gegenüber eine sehr hohe Wertschätzung. Wir haben im Moment keine andere Möglichkeit. Das Einzige, was ich in Aussicht stellen kann, ist, dass wir immer wieder überprüfen, ob die Haushaltslage etwas anderes zulässt. Das ist diesmal nicht der Fall. Deshalb bedauern wir es, diesen starken Eingriff und diesen starken Einschnitt machen zu müssen.

Meine sehr verehrten Herren und Damen, ich bleibe also auch dabei, wir haben einen Sparhaushalt vorgelegt. Ich möchte noch einmal betonen, niemand behauptet, dass wir keine Schulden mehr hätten. Das hat kein Mensch gesagt. Wir haben einfach gesagt, wir haben ein klares Ziel, dass wir nämlich abbauen, dass wir das beim strukturellen Defizit, das wir haben, im Jahr 2020 auf null zusteuern. Da haben wir auch ein gutes Stück zurückgelegt.

Dass wir dann immer noch nicht die Situation haben, dass unser Staat schuldenfrei ist, ist doch klar. Das behauptet auch kein Mensch. Wir sagen, wir haben eine Aufgabe, die uns die Verfassung auferlegt hat und die wir auch teilen, weil wir an die nächste Generation denken. Die gehen wir ganz konsequent an. Wir führen sie auch fort.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben auf diesem Weg in weniger als der Hälfte der Zeit fast zwei Drittel zurückgelegt. Ich möchte noch einmal zur Nettokreditaufnahme etwas sagen. Wir haben erstens in unserer Pressekonferenz und in dem Hintergrundgespräch gar nichts verheimlicht, um das an dieser Stelle einmal klar zu sagen.

Die Verfassung – es ist gestern von Herrn Kühl noch einmal erklärt worden – schreibt uns vor, dass wir das strukturelle Defizit auf null bringen und nicht die Nettokreditaufnahme. Wenn Herr Schäuble vom Bundeshaushalt rede, und stolz darauf ist, welche Ziele er erreicht hat, dann spricht auch er nicht von der Nettokreditaufnahme, sondern er spricht von dem von der Verfassung vorgegebenen strukturellen Defizit.

Meine sehr verehrten Damen und Herren der Opposition, selbst wenn wir dem Pensionsfonds keine Gelder mehr zuführen würden, wäre unser strukturelles Defizit niedriger, als die Nettokreditaufnahme es ist.

Meine sehr verehrten Herren und Damen, insofern macht es gar keinen Sinn, immer wieder zu versuchen, uns auf die Nettokreditaufnahme festzulegen. Auch der Bundesfinanzminister rechnet mit dem strukturellen Defizit, und das ist die Marschrichtung, die wir zu gehen haben. Das werden wir in Zukunft genauso tun.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Würden wir den Pensionsfonds abschaffen, was Sie immer wieder vorschlagen, dann hätten wir keine Zuführungen mehr, und die Nettokreditaufnahme wäre niedriger als unser strukturelles Defizit. Das wäre eigentlich der leichtere Weg für mich; denn ich könnte in doppelter Hinsicht glänzen. Aber ein Ziel hätte ich damit nicht erreicht, weil wir auf dem Weg, das strukturelle Defizit zu reduzieren, nichts erreicht hätten.

Die Abschaffung des Pensionsfonds ändert nichts an unserem strukturellen Defizit. Von daher ist Ihre Argumentation eigentlich nicht zielführend. Selbst wenn wir den Pensionsfonds abschaffen würden, würde sich an unserem Abbaupfad nichts ändern, weil das strukturelle Defizit genauso bliebe, wie es ist.

Meine sehr geehrten Herren und Damen, ich will Ihnen noch ein Wort zum Pensionsfonds sagen. Aus meiner Sicht gehört zu verantwortlichem Handeln, dass wir für jeden Beamten und jede Beamtin, die wir einstellen, die Pension heute schon einrechnen und dies transparent machen. Das ist Sinn und Zweck des Pensionsfonds.

Er ist aus meiner Sicht ein Zukunftsfonds. Deshalb wird es mit dieser Landesregierung, mit dieser Regierung,

niemals eine Abschaffung des Pensionsfonds geben, auch wenn wir es in jeder Haushaltsberatung erklären müssen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Noch eines zum Schuldenstand pro Kopf in RheinlandPfalz. Man kann sein eigenes Land Rheinland-Pfalz auch schlechtreden. Zuweilen tun Sie das als Opposition. Unsere Verschuldung ist ein Problem wie in allen anderen Bundesländern auch, aber kein rheinlandpfälzisches Problem. Beim Schuldenstand pro Kopf liegen wir genau in der Mitte, ganz leicht unter dem durchschnittlichen Betrag aller Länder.

Liebe Kollegen und Kolleginnen der Opposition, es macht die Situation nicht besser, dass wir zu viele Schulden haben, aber es relativiert doch einiges, was Sie sagen. Wir haben gemeinsam in Deutschland Probleme zu bewältigen, die da lauten, die öffentliche Hand wieder auf Vordermann zu bringen, zu sparen, aber sie auch so auszustatten, dass es in Zukunft geht, dass wir unsere Aufgaben gut wahrnehmen können.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dann noch ein Wort zu Ihren Vorschlägen aus den Haushaltsjahren zuvor. Ja, Sie haben Vorschläge gemacht, was Einsparungen betrifft. Wir haben noch einmal kurz nachgeschaut. Sie betrugen auch weit über 500 Millionen Euro. Aber einer Ihrer großen Vorschläge – das ist garantiert diesmal wieder so – ist die Abschaffung des Pensionsfonds.

Meine sehr verehrten Herren und Damen, das ist aus unserer Sicht nicht kreativ, es ist nicht mutig, und es ist aus unserer Sicht auch falsch.

(Baldauf, CDU: Es ist aber richtig!)

Deshalb ist es für uns nicht wirklich eine ernst zu nehmende Einsparung.

(Zurufe aus dem Hause)

Ich will etwas zum Thema „Personalbudget“, unserem größten Ausgabenblock, sagen.

Frau Klöckner, ja, wir haben seit 1991 unser Personal aufgebaut, und zwar erheblich. Herr Hering hat es schon gesagt, wir haben es vor allem im Bereich der Lehrer und der Lehrerinnen gemacht.

Da Sie immer sehr viel Wert auf den Rechnungshof legen, und ich möchte auch gut mit ihm kooperieren, zitiere ich ihn gerne einmal. Der Rechnungshof hat eine Zahl genannt, dass wir ca. 10.000 Lehrer und Lehrerinnen seit 1991 aufgebaut haben. Gerne werfe ich einen Blick zurück: Wir haben als Landesregierung einen klaren und neuen Schwerpunkt in diesem Land gesetzt, nämlich den Schwerpunkt Bildung. Dementsprechend haben wir erheblich mehr Geld in den Bereich der Kindertagesstätten und natürlich der Schulen investiert.