Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vorsorge, Menschen ertüchtigen, ihnen Chancen geben, aber auch immer Sicherheit anbieten, eine Gesellschaft, die sich nach den Prinzipien der Teilhabemöglichkeit und der Selbstbestimmung orientiert, das ist meine Vorstellung von guter Sozialpolitik, und das ist die Vorstellung dieser Landesregierung von guter Sozialpolitik. Diese Zielvorgaben liegen dem Haushalt vor, den wir an diesem Nachmittag diskutieren.
Meine Damen und Herren, dieser Haushalt bringt zum Ausdruck – Herr Dr. Konrad hat darauf hingewiesen –, dass dieser Einzelplan im Angesicht der Schuldenbremse sich nicht enthalten kann, und die Schuldenbremse mit Ihren Vorgaben und Notwendigkeiten kann an diesem Einzelplan nicht vorübergehen. Es kann gar nicht anders sein bei einem Etatvolumen von jährlich annähernd 1,8 Milliarden Euro. Da ist es selbstverständlich, dass auch mein Etat, der Sozialetat, einen Beitrag leisten muss.
Es ist auch so, wie eigentlich alle Redner aller Fraktionen es angesprochen haben, dass, wenn wir uns die Situation am Arbeitsmarkt anschauen, die Rahmenbedingungen gut sind, sie sind sogar sehr gut. Wir haben heute tatsächlich die Situation, dass in Rheinland-Pfalz niemals mehr Menschen in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung waren. Wir haben die Situation, dass wir schon seit vielen Jahren immer wieder auf Platz 3 der Erwerbslosenstatistik hinter Bayern und BadenWürttemberg sind. Wir haben insgesamt einen sehr mobilen, sehr aktiven Arbeitsmarkt mit regionalen Unterschieden. Wir haben aber dennoch einen stabilen Arbeitsmarkt, und von vielen Arbeitsagenturbezirken bekommen wir eher die Rückmeldung, dass wir in den Bereich der Vollbeschäftigung geraten.
Meine Damen und Herren, es ist auch so, dass die Herausforderungen auf der anderen Seite des Arbeitsmarktes uns in Zukunft beschäftigen werden. Wir haben immer noch über 109.000 Menschen, die arbeitslos ge
meldet sind, viele von ihnen schon seit vielen Jahren, ausgestattet, wie es eigentlich unschön heißt, mit multiplen Vermittlungshemmnissen, 6.600 davon in einer Situation, dass sie zu den Schwerbehinderten gehören, dann auch noch viele Einzelschicksale, die dem Bereich des SGB II und anderen Rechtskreisen des SGB zuzuordnen sind.
Wir haben eine Situation am Arbeitsmarkt – es kommen viele Rückmeldungen aus den Unternehmen, ganz egal, in welcher Branche wir uns bewegen –, dass wir in eine Fachkräftedebatte, in eine Fachkräfteschwierigkeit kommen und sie sich gemeinsam mit dieser Landesregierung überlegen, was man unternehmensseitig in der Branche mit den Kammern und Verbänden tun muss, um attraktiver Arbeitgeber heute und in Zukunft zu sein.
Da ist unsere Antwort, gute Arbeit, auch gesunde Arbeit ist eine Möglichkeit, sich mit Alleinstellungsmerkmalen an der Arbeitsmarktsituation so zu beteiligen, dass man heute und in Zukunft die spannenden und attraktiven Bewerberinnen und Bewerber bekommt.
All diese Herausforderungen, die wir zum Beispiel mit einem Projekt „Zukunftsfähige Arbeit“ ausstatten, lassen mich zu dem Schluss kommen, dass es genau das falsche Zeichen wäre, sich auf den Statistiken oder zumindest auf den Zahlen auszuruhen und zu sagen, ein Arbeitsmarkt, der in Bewegung bleibt, kann auch mit einer Arbeitsmarktpolitik, die sich zurückzieht, auskommen.
Meine Damen und Herren, im Gegenteil, wir brauchen eher jetzt alle Anstrengungen. Ich will zu einer besonderen Branche etwas sagen, wo Sie sicherlich werden zustimmen müssen, dass aktive Arbeitsmarktpolitik gefragter ist denn je. Ich nenne den Bereich der Gesundheitsfachberufe.
Wir werden in Zukunft mit einem schon laufenden Projekt „Fachkräfte- und Qualifizierungsoffensive und Initiative Gesundheitsfachberufe“ in den Branchen mit den Trägern gemeinsam diesen Zukunftsmarkt der Pflege über gute Ausbildung, das Akquirieren der stillen Reserve, auch über kontrollierte Zuwanderung bedienen müssen. Wir werden damit einer der wichtigsten Herausforderungen, die angesichts des demografischen Wandels auf uns zukommt, nämlich die Zunahme von Menschen in Pflegebedürftigkeit, begegnen können.
Wir brauchen zu guter Arbeit eine Absicherung. Wir haben die Weichen in Rheinland-Pfalz so gestellt, wie wir sie stellen konnten, auch im Bereich der Landesgesetzgebung. Denken Sie an das Landestariftreuegesetz, das schon in den Debatten eine Rolle gespielt hat.
Wir haben uns jetzt in Berlin in den Koalitionsverhandlungen erfolgreich dafür stark machen können, dass endlich der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn kommt. Er kommt übrigens sehr stark analog zu dem Modell, das wir in Rheinland-Pfalz mit einer Sozialpartnerschaft leben. Dazu werden in einer Kommission Ergebnisse entwickelt, wie sich ein Mindestlohn, ein Bruttostundenlohn weiterentwickeln soll.
Wir werden dem Missbrauch von Werkverträgen und Leiharbeit intensiv entgegentreten. Ich bin froh, dass wir an der Stelle den künftigen Koalitionspartner, so er es denn sein wird, davon haben überzeugen können, dass wiederum er von seiner ideologischen Position, dass diese flexiblen Möglichkeiten am Arbeitsmarkt alle Menschen ertüchtigen, abgekommen ist und wir gemeinsam zu der Ansicht gekommen sind, dass ein Arbeitsmarkt der Zukunft mehr Sicherheit braucht als Unsicherheit, wenn sich Menschen mobil und flexibel am Arbeitsmarkt bewegen sollen.
Ein weiterer Aspekt, den wir aus rheinland-pfälzischer Sicht sehr stark beleuchtet und unterstützt haben, ist etwas, was in der öffentlichen Diskussion manchmal ein wenig aus dem Scheinwerferlicht gerät, nämlich die Frage der Allgemeinverbindlichkeit. Dabei sind wir sehr nah an den gewerkschaftlichen Forderungen geblieben und haben dafür gesorgt, dass wir Tariflandschaft, Tarifrecht und Tarifpolitik wieder in Wert setzen und nicht nur die 50:50-Quote, wie das früher einmal der Fall war, sondern inzwischen auch das öffentliche Interesse künftig maßgeblich dafür sein soll, dass Tarifverträge, wenn sie ausgehandelt sind, für eine ganze Branche in der Region gelten sollen, meine Damen und Herren.
Das ist das, was wir aus rheinland-pfälzischer Sicht mit diesem Koalitionsvertrag im Bereich der Arbeitsmarktpolitik verbunden haben. Es fügt sich hervorragend in die rheinland-pfälzische Arbeitsmarktpolitik ein.
Wir haben auch in Zukunft Menschen mit besonderen Herausforderungen am Arbeitsmarkt. Angesichts der Fachkräftethematik, die schon beschrieben worden ist, werden wir auch in Zukunft an jeden Menschen in Rheinland-Pfalz die Botschaft adressieren müssen: Wir können auf dich nicht verzichten. Wir können es uns nicht leisten, dass du zurückbleibst, du nicht in ein Erwerbsleben hineinkommst oder ein permanentes Gefühl des Scheiterns hast, sondern wir müssen dich und andere unterstützen und ertüchtigen, damit wir für dich eine gewinnende und erfolgreiche Erwerbsbiografie aufbauen können. Dabei müssen wir aber natürlich auch den Nachwuchs bekommen, den wir in den Unternehmen in Rheinland-Pfalz brauchen.
Das ist der Punkt, an dem ich Ihnen sage, wir werden auch in Zukunft Landesmittel gemeinsam mit den ESFMitteln dafür investieren müssen, dass Menschen ertüchtigt und mit Weiterbildung und entsprechenden Angeboten ausgestattet werden, sodass sie in den Arbeitsmarkt kommen und ihre Chance bekommen, und wenn es nicht reicht, auch die zweite und dritte Chance bekommen können, meine Damen und Herren von der Opposition. Darum bin ich überhaupt nicht damit einverstanden, dass wir uns an der Stelle über Kürzungen unterhalten. Wir müssen uns vielmehr über Schwerpunkte unterhalten, ja, das ist richtig. Wir dürfen an der Botschaft aber nichts relativieren.
Wir befinden uns jetzt sozusagen im Übergang zu einer nächsten Förderperiode, was die ESF-Mittel angeht. Wir werden uns mit den Erfahrungen der Träger und Akteure
vor Ort in dieser neuen Förderperiode bewegen. Wir werden den Schwerpunkt Ertüchtigung in unseren Arbeitsmarkt, Unterstützung der Unternehmen und der Arbeitskräfte, Verringerung der Zahl der Schulabbrecher und Förderung des gleichen Zugangs zu hochwertiger Früherziehung und Grund- und hochwertiger Sekundarbildung in Zukunft noch stärker in den Mittelpunkt stellen.
Meine Damen und Herren, insgesamt können wir rund 44.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer pro Jahr in annähend 400 arbeitsmarktpolitischen Projekten verzeichnen. Das ist auch deshalb gut, weil die schwarzgelbe Bundesregierung vor einigen Jahren etwas gemacht hat, was sie bei den Trägern in den Regionen heute noch schmerzhaft spüren, nämlich über ihre Instrumentenreform uns all die Möglichkeiten, die wir mit Mühe auf landespolitischer Ebene jetzt wieder aufbauen müssen, aus den Händen geschlagen hat.
Meine Damen und Herren, das heißt, wenn Sie jetzt landespolitische Kürzungen fordern, dann ist das sozusagen im schlechten Geiste dieser Kürzung auf Bundesebene unter Schwarz-Gelb. Wir haben das damals schon auf Bundesebene nicht unterstützt, jetzt glauben Sie doch nicht ernsthaft, dass wir das hier in Mainz unterstützen, meine Damen und Herren. Wir wissen, dass wir auf einem guten Weg sind. Ihre Ratschläge haben uns schon in Berlin nichts gebracht und haben auch bei den Trägern heute noch für verbrannte Erde gesorgt. Erwarten Sie nicht wirklich, dass wir das heute hier auf landespolitischer Ebene unterstützen.
Ähnlich ist es auch bei der Beschäftigungskonversion, meine Damen und Herren. Natürlich hoffen wir, dass wir am Ende die Mittel nicht brauchen, aber wir wissen doch nicht, was passiert, wenn die Amerikaner ihre Pläne so umsetzen, wie wir glauben, dass sie sein könnten.
Wir haben auch noch nicht das Problem der Truppenbewegung und der Veränderung bei den Bundeswehrstandorten mit berücksichtigt.
Liebe Frau Thelen, wenn ich höre, Ihr Gerechtigkeitsbegriff hat vor allem etwas mit fiskalpolitischer Generationengerechtigkeit zu tun, dann glaube ich nicht, dass Sie mich begleiten würden, wenn ich, wenn der Truppenabbau tatsächlich kommt, einen Vor-Ort-Termin hätte und mit den Beschäftigten sprechen müsste, ihnen sagen müsste, wir haben auf die CDU gehört und die Beschäftigungskonversionsmittel gekürzt. Ich kann nichts für Sie machen, aber Frau Thelen wird es Ihnen gleich erklären, wie gut es für die Generationengerechtigkeit ist, dass Sie jetzt ohne Perspektive nach Hause gehen, meine Damen und Herren. Sie können nicht ernsthaft erwarten, dass wir das unterstützten, liebe Frau Thelen.
Zur Gesundheitswirtschaft ist schon etwas gesagt worden. Jeder zehnte Euro in Rheinland-Pfalz wird im Be
reich der Gesundheitswirtschaft verdient. Deshalb ist es nur klug, diesen Bereich immer wieder stärker mit Impulsen zu versetzen, sich nicht zurückzulehnen und zu hoffen, dass es alles gut weitergeht, sondern Schwerpunkte zu setzen. Das ist die vornehmste Aufgabe der Landespolitik.
Unsere besondere Aufgabe ist die flächendeckende Gesundheitsversorgung im ambulanten und stationären Bereich. Im stationären Bereich, insbesondere im Bereich der Krankenhäuser, sind wir auf einem guten Weg. Wir haben die Mittel geradeaus gefahren. Man kann manchmal sagen, es könnte mehr sein, aber das Deckchen ist zwar kurz, wärmt uns aber alle. Das ist schon mehr, als man in vielen anderen Bereichen, auch bundesweit, sagen kann.
Wir haben die Situation, dass die Träger der Krankenhauslandschaft wissen, diese Landesregierung steht an ihrer Seite und entwickelt die Krankenhauslandschaft fortschrittlich in die Zukunft.
Meine Damen und Herren, im ambulanten Bereich geht es darum, dass wir insbesondere im ländlichen Raum auch in Zukunft eine ausreichende Fach- und Hausärzteversorgung haben. Wir sind hier mit unseren Hausärzteprogrammen und vielen anderen Programmen zusammen mit der Landesärztekammer, der Kassenärztlichen Vereinigung auf einem guten Weg. Wir wollen diesen Weg fortsetzen und deshalb auch keine Rückschritte im Haushalt vornehmen lassen.
Ich könnte noch vieles aufzählen, aber ich bin froh, dass die regierungstragenden Fraktionen mir an der Stelle viel Arbeit abgenommen haben.
Lassen Sie mich etwas zum Thema „Demografie“ sagen. Ich habe aufgenommen, dass Sie die Zahlen, wie ich sie im Ausschuss immer wieder vortrage und sie auch das Statistische Landesamt vorträgt, hier noch einmal vorgetragen haben, deshalb kann ich hier keinen Dissenz erkennen, Frau Thelen.
Meine Damen und Herren, wer sich mit diesem Thema „Demografie“ beschäftigt, der wird immer wieder auf eines stoßen, nämlich dass es nicht den einen Plan gibt, den wir in Mainz entwickeln und dann über das Land werfen und sagen, jetzt sind alle glücklich damit, der gilt im Hunsrück genauso, wie er in der Südpfalz gilt. Meine Damen und Herren, das wird nicht möglich sein, und deshalb sollte man mit der Forderung schlichtweg zurückhaltend sein. Wir brauchen eine Vielzahl von unterschiedlichen Ansätzen, die aufeinander abgestimmt sind.
Ich will ein Beispiel nennen, das ist das Thema „Pflege“. Sie werden kaum ein Land finden, das so fortschrittlich und innovativ unterwegs ist wie Rheinland-Pfalz, was das Thema „Pflege“ angeht. Sie werden kaum ein Land finden, das so früh die Weichenstellungen auf den Weg gebracht hat, und Sie werden kaum ein Land finden, das
so stark in die ambulante und stationäre Struktur geht, und Sie werden auch kein Land finden, das sich so stark für die Beschäftigten einsetzt.
Ich denke unter anderen auch an die Pflegekammer, meine Damen und Herren. Wir haben darüber schon diskutiert. Wir haben sie auf den Weg gebracht. Ich bin froh, dass die regierungstragenden Fraktionen diesen Weg unterstützen. Ich bin auch froh, dass die CDU inzwischen Anhängerin der Pflegekammer geworden ist.
(Frau Thelen, CDU: Wie bitte? Das ist aber eine Gedächtnislücke! – Frau Schneider, CDU: Also dass das jetzt in Ihrem Alter schon anfängt, Herr Minister!)
Das ist eine gute Entwicklung. Offensichtlich haben die Argumente der Befürworter und die, die ich Ihnen dazu im Landtag anbieten konnte, gereicht, dass sich auch die CDU an die Seite der Pflegekammer stellt, meine Damen und Herren.
Lassen Sie mich zu guter Letzt noch einige Hinweise zu dem geben, was im Bereich der Behindertenpolitik und der Eingliederungshilfe gesagt wurde. Ja, es ist gut, dass Malu Dreyer in Berlin in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt hat, dass das Bundesteilhabegesetz kommt, es unmittelbar zur Entlastung für Kommunen führt und wir auch qualitative Verbesserungen bekommen.
Wir befinden uns in einem extrem intensiven Austausch mit den Trägern der Behindertenhilfe in Rheinland-Pfalz, meine Damen und Herren. Gerade kürzlich im November hatten wir einen Tag der Zukunftskonferenzen mit allen großen Trägern und haben gemeinsam festgestellt, die Herausforderungen sind nicht klein, wenn wir teilstationäre und ambulante Strukturen aufbauen wollen.
Wir sind aber gemeinsam unterwegs, wenngleich wir unterschiedliche Geschwindigkeiten zu akzeptieren haben, weil nicht überall die Voraussetzungen gleich sind. Dann muss man vielleicht über die Zeitstrecke nachdenken und kann nicht sagen, 2016/2017 ist schon alles auf ambulant gestellt.
Aber wir sind auf dem Weg und haben uns in die Hand versprochen, dass wir diese neuen unterschiedlichen Geschwindigkeiten akzeptieren, eine Information für Sie, die Sie als Opposition nicht haben können, da hat die Regierung einen strukturellen Vorteil, weshalb ich es auch nicht gegen Sie verwenden kann, meine Damen und Herren, liebe Frau Wieland.
Auch die Aktion Mensch, die ein sehr wichtiger Finanzgeber ist, was die Fragen der teilstationären und ambulanten Angebote anbelangt, hat sich mit uns gemeinsam auf diesen neuen Weg eingelassen und hat gesagt, wir werden diese Flexibilität mit unterstützen. Meine Damen und Herren, liebe Frau Wieland, deshalb sind wir in Rheinland-Pfalz auf einem guten Weg.