Dann hat es bis zum Jahr 2009 keinen Effekt der kalten Progression gegeben. Es hat verschiedene Steuerreformen gegeben, insbesondere in der Zeit von Rot-Grün, und dann noch eine wegen der Finanzkrise in der Zeit der letzten Großen Koalition.
Weil diese Steuerreformen nie auch nur ganz einfach und einseitig auf die Abschaffung der kalten Progression gezielt haben, sondern ein in sich schlüssiges System waren, waren sie auch politisch durchzusetzen, nicht nur im Bundestag, sondern auch im Bundesrat.
Was ist dann passiert? – Seit 2010 gibt es wieder einen Effekt der kalten Progression. Das ist sozusagen die Regierungszeit von Christlich-Liberal.
Warum hat es die christlich-liberale Koalition nicht geschafft, diesen Effekt der kalten Progression zu beseitigen? – Weil die christlich-liberale Koalition mit absurden Vorstellungen von Steuerpolitik ihren Koalitionsvertrag erstellt, dann außer dem Hotelsteuerprivileg nichts mehr auf die Reihe bekommen und dann verzweifelt versucht hat, eine isolierte Absenkung der kalten Progression zu machen, anstatt es so intelligent zu machen, wie es RotGrün in zwei Legislaturperioden vorher gezeigt hat, dass man das in ein Gesamtkonzept einbettet.
Dieses Einbetten in ein Gesamtkonzept ist nichts anderes als das, was ich jetzt auch verlange, zumal wir seit 2009 noch etwas anderes bedenken müssen, nämlich die Schuldenbremse.
Dann ist die Frage, wie wir das zusammenbekommen: Schuldenbremse, Abschaffung von kalter Progression und gleichzeitig ein steuersystematisches Gesamtkonzept.
Ich habe mittlerweile verstanden, dass es in dieser Legislaturperiode in Berlin über die Erhöhung des Spitzensteuersatzes nicht zu machen ist, was ich unter Leistungsfähigkeits- und Gerechtigkeitsgesichtspunkten für vernünftig erachtet hätte, aber ich finde – Herr Kollege Steinbach hat es angedeutet –, man könnte nicht eine Steuer erhöhen, sondern – vielleicht ist Ihnen das sympathisch – eine Steuer abschaffen. Wir schaffen die Abgeltungssteuer ab und gehen dahin zurück, wo wir von 1949 bis 2009 60 Jahre in der Bundesrepublik waren.
Wir besteuern Kapitaleinkünfte, so wie wir alle anderen Einkünfte besteuern, wie wir Mieten, Pachten, selbstständige und unselbstständige Tätigkeiten besteuern. Dieser synthetische Ansatz entspricht eigentlich einer Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit.
Warum sind wir 2009 davon abgewichen? – Ja, es gab einen guten Grund. Das ist noch in der letzten Großen Koalition unter dem damaligen Finanzminister Steinbrück geschehen, der das mit dem Satz zusammengefasst hat: besser 25 % von x als 42 % von nix.
Grund war, es gab keine gescheiten Doppelbesteuerungsabkommen und keinen automatischen Informationsaustausch. Wer sein Geld, seine Kapitalerträge und sein Vermögen ins Ausland gebracht hatte, der war vom deutschen Fiskus nicht zu belangen. Zudem hatten wir im eigenen Land ein Bankgeheimnis. Weil wir ein Bankgeheimnis hatten, konnten wir auch die Menschen im eigenen Land nicht belangen.
Es war allen damals bewusst, dass das ein steuersystematischer Bruch ist. Man hat das getan, weil man die von mir beschriebenen Nebenwirkungen verhindern wollte.
Gibt es diese Gründe noch? – Diese Gründe gibt es nicht mehr. Herr Schäuble – das ist ein Verdienst von ihm – hat mittlerweile mit über 40 anderen Staaten ein Abkommen, das sukzessive in Kraft treten wird – die letzten werden am 1. Januar 2017 in Kraft treten –, abgeschlossen, wonach es einen automatischen Informationsaustausch zwischen den Staaten gibt. Das bedeutet, diese Steuerflucht bei Kapitalerträgen kann nicht mehr stattfinden.
Der zweite Grund ist, wenn wir einen automatischen Informationsaustausch haben, dann heißt das Zweierlei: Erstens die Schweizer Bank nennt dem deutschen Fiskus, wer wie viel Steuern bezahlt hat, und zwar namentlich. Das heißt, das Bankgeheimnis des deutschen Fiskus wird gegenüber der Schweizer Bank aufgehoben, aber umgekehrt auch, die deutsche Bank meldet beispielsweise dem österreichischen oder Schweizer Fiskus.
Ich kann dem Schweizer Botschafter, dem Liechtensteiner Botschafter oder dem Luxemburger Botschafter nicht erklären, warum wir das Bankgeheimnis im eigenen Land wahren wollen, während wir im internationalen Bereich einfordern, dass es aufgehoben wird.
Ich finde, es ist auch keine Schande, wenn man seine Kapitalerträge an das Finanzamt gemeldet bekommt; denn die Finanzämter unterliegen dem Steuergeheimnis. Es gibt keinen Grund, an dieser Stelle anders zu verfahren als mit anderen Einkommen.
Was passiert, wenn wir das tun? – Wenn diejenigen, die einen höheren Grenzsteuersatz als 25 % haben – das sind nicht diejenigen, die wenig Geld verdienen, sondern diejenigen, die mehr verdienen –, Kapitaleinkünfte haben, dann zahlen sie für diese Einkünfte mehr als 25 %.
Ich vermag nicht einzusehen, warum jemand, der 10.000 Euro zusätzlich verdient, weil er mehr arbeitet, mehr Steuern zahlen soll, als jemand, der 10.000 Euro zusätzliche Zinseinkünfte hat. Das war immer Konsens unter denjenigen, die für eine Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit sind.
Ich habe den Eindruck, es gibt einen, der den Begriff von Steuererhöhung und Steuersystematik in der CDU ganz gut auseinanderhalten kann – das ist Herr Schäuble.
Er hat in der letzten Haushaltsdebatte ziemlich klar zu erkennen gegeben, dass er dies eigentlich auch für einen steuersystematischen Bruch hält, aber offensichtlich bei den heute schon zitierten Kauders, Merkels etc. pp. damit momentan nicht durchdringen kann.
Herr Baldauf, in Ihrem Antrag ist ein Aspekt zu lesen, den Sie heute nicht angesprochen haben und von dem mich interessieren würde, ob Sie ihn noch vertreten oder nicht. Sie haben in Ihrem Antrag die Inflationsindexierung angesprochen. – Dazu möchte ich Ihnen ganz sachlich sagen: Seien Sie vorsichtig damit. In Deutschland wurden bis 2007 alle Wertsicherungsklauseln per Gesetz verboten, und dann hat man es partiell, aber nur in einigen Bereichen, wieder aufheben müssen wegen der EU-rechtlichen Angleichung, weil es in anderen EUStaaten anders geregelt ist.
Warum hat man es in Deutschland so geregelt? – Weil die Angst besteht, wenn man Inflationsindexierungen vornimmt, dass es keine Disziplinierung mehr in der Politik oder bei den jeweiligen Entscheidungsträgern gibt, um Inflation zu verhindern. Von daher ist das, wie ich finde, ein problematischer Ansatz.
Abschließend möchte ich sagen, die Position der Landesregierung ist, glaube ich, klar: Ja zu einer Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip, Ja zur Einhaltung der Schuldenbremse und Ja zu einem haushalts- und damit schuldenbremsenkonformen Abbau der kalten Progression.
Damit stimmen wir unmittelbar über den Antrag ab. Wer dem Antrag der CDU-Fraktion zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.
Die Grundredezeit beträgt 5 Minuten je Fraktion. Für die antragstellende Fraktion erteile ich Frau BlatzheimRoegler das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir heute offensichtlich den Tag der Mobilität haben, ein Thema, das nach meinem Gefühl entweder geballt vorkommt oder gar nicht. Heute kommt es geballt vor, und das ist gut so.
Wir haben heute Morgen schon darüber gesprochen, dass der Rheinland-Pfalz-Takt und auch die Bestrebungen dieser Landesregierung, den ÖPNV zu sichern und auszubauen, eines der Kernelemente dieser Koalition sind – und das nicht nur unter dem Aspekt, möglichst viele Menschen möglichst umweltgerecht zu transportieren, sondern auch unter dem Aspekt, dass eine zukunftsfähige Mobilität immer im Einklang mit einer erfolgreichen Energiewende stehen muss, die letztendlich auch dazu dient, dass wir die Klimaschutzziele erreichen. Viele einzelne Punkte führen also zusammen.
Es ist erstaunlich, welche Potenziale im öffentlichen Personennahverkehr bzw. im SPNV stecken und wie die Raten der Zustimmung zu einem öffentlichen Personennahverkehr sind. Das kann man ablesen, indem man sich anschaut, wie sich jährlich die Passagierzahlen erhöhen.
Wenn wir das alles sehen und damit auch sehr zufrieden sind, sehen wir aber auf der anderen Seite auch, dass momentan die Finanzierung dieser Leistungen unserer Ansicht nach gefährdet ist. Ich glaube, es gibt in diesem Hause einen fraktionsübergreifenden Konsens darüber, dass man für den Erhalt und den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur tatsächlich noch mehr leisten muss. Soll der Umweltverbund insbesondere zur Erreichung der vereinbarten Klimaschutzziele größere Anteile am ModalSplit erzielen, ist ein Ausbau sowohl der Infrastruktur als auch der Angebote im SPNV und im ÖPNV unabdingbar, und natürlich ist es dafür auch wichtig, dass wir eine Finanzierungssicherheit haben.
Herr Schreiner, wir sind schon der Meinung, dass nicht abgewartet werden kann, bis die großen Bund-LänderFinanzbeziehungen gelöst sind. Wir brauchen in diesem Bereich kurzfristig bzw. in naher Zukunft Lösungsmöglichkeiten, weil auch schon in anderen Ländern zu beobachten ist, dass die Finanzierung des Nahverkehrs tatsächlich kurz vor dem Kollaps steht. Von daher ist es wichtig, dass wir, was die Regionalisierungsmittel, aber auch die Entflechtungsmittel angeht, zu einer schnelleren Lösung kommen.
Es gibt durchaus auch Signale – so würde ich es einmal nennen –, dass auch auf Bundesebene das Problem erkannt wird, und es gibt Signale, dass für den Fall, dass das Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes nicht zeitgerecht bis Ende 2014 abgeschlossen werden kann, sich zumindest das Verkehrsministerium auf Bundesebene dafür einsetzen will, dass auch im Jahr 2015 die Regionalisierungsmittel vorerst wie bisher gezahlt werden. Das ist in gewisser Weise ein Kurieren an den Symptomen, es gibt uns aber
Verkehrsinfrastrukturprojekte, gerade auch im Bereich des SPNV und des ÖPNV, brauchen einen langen Vorlauf, und deswegen ist es so wichtig, dass wir an dieser Stelle eine zuverlässige Finanzierung perspektivisch erhalten können.
Mir ist wichtig, an dieser Stelle zu betonen, wir haben im Land Rheinland-Pfalz bereits das vollzogen, was wir auch vom Bund verlangen, nämlich dass Gelder im kommunalen Straßenbau, beispielsweise aus den Entflechtungsmitteln, zielgerichtet in die Sanierung und in den Erhalt fließen. Das muss auf jeden Fall gesichert sein.
Kommunaler Straßenbau ist nämlich auch wichtig, wenn wir den gummibereiften ÖPNV, den wir in vielen Landesteilen brauchen, ordentlich durchführen wollen.