Protokoll der Sitzung vom 26.06.2014

(Glocke des Präsidenten)

Das ist schon so. Aber wenn sie nicht sinnvoll sind, dann muss man dafür Sorge tragen, dass ein Systemwechsel oder ein Umdenken auf europäischer Ebene stattfindet. Man kann nicht unsere bisherige Förderpraxis völlig zerstören.

(Glocke des Präsidenten)

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Kollege Hering.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist erfreulicherweise großer Konsens. Das muss das wichtigste Anliegen bei Regelungen sein, die die Wirtschaft betreffen. Wie beim EEG müssen Verlässlichkeit und Planungssicherheit gewährleistet werden. Das ist eine Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Wirtschaftsstandort. Das braucht nicht nur die BASF – das ist richtigerweise ausgeführt worden –, sondern das gilt selbstverständlich bis hin – wie Herr Dr. Braun ausgeführt hat – zu kleinen Handwerksbetrieben, die bezüglich ihrer betrieblichen Investitionen und Konzeptionen wissen müssen, ob die Rahmenbedingungen, die heute gelten, morgen auch noch gelten, um auf der Grundlage Investitionsentscheidungen zu treffen.

Ansonsten sind wir von Ihnen nicht so viel Konsens gewohnt, Herr Baldauf.

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Es ist notwendig zu erwähnen, worauf die Schwierigkeiten zurückgehen. Schon in den Jahren 2009/2010 war

erkennbar, dass das EEG angepasst werden muss. Aufgrund veränderter Marktsituationen müssen Veränderungen auf den Weg gebracht werden. Es hat sich abgezeichnet, dass die Notwendigkeit besteht, EUBestimmungen in einem Marktaufbau mit einzubeziehen. Einer schwarz-gelben Regierung im Bund hat die Handlungsfähigkeit gefehlt, das EEG anzupassen, weil die FDP und andere nicht bereit waren, die notwendigen Maßnahmen mit auf den Weg zu bringen. Das hat die Notwendigkeit mit sich gebracht, jetzt binnen kurzer Zeit die notwendigen Anpassungen vorzunehmen.

Als Landesregierung sind wir bei den wichtigen Punkten tätig geworden. Die Eigenstromversorgung und die Veränderungen im Bereich der Ausschreibungsvorschriften sind zu nennen. Wir hätten uns gerne im Bereich Stichtagsregelung eine bessere Regelung für RheinlandPfalz gewünscht. Es ist gelungen, Handlungsspielräume für Onshore-Anlagen zu erhalten.

Jetzt gilt es – da will ich Ihnen zustimmen – gegenüber der EU weiter tätig zu werden. Auch von Bundeskanzlerin Merkel wird berechtigterweise angemerkt, dass es nicht sein kann, dass Förderkonzeptionen, die über Jahre akzeptiert wurden, von heute auf morgen infrage gestellt werden. Das kann seitens der EU von uns nicht akzeptiert werden.

Hier im Landtag kann gesagt werden, dass das eine Vorgehensweise ist, die problematisch ist. Über Monate hinweg wurden Verhandlungen mit der EU geführt und die Bereitschaft erklärt, dass das Erneuerbare-EnergienGesetz in der Konzeption gemäß den EU-Bestimmungen angepasst wird. Kurz vor Toresschluss kommen Vorgaben, die es erfordern, dass die Eigenstromversorgung und anderes anders konzipiert werden müssen.

Die problematischste Bestimmung ist, dass 2017 eine Evaluation zu erfolgen hat. Hätte man die Auflage gemacht, man müsste Bestandanlagen mit 5 % oder 10 % beteiligen, dann wäre das auch schlimm gewesen. Jetzt wird ein großes Fragezeichen gemacht. Niemand weiß, was im Jahr 2018/2019 gilt. Das Schlimmste für einen Wirtschaftsstandort ist die Ungewissheit. Niemand weiß, ob sich Investitionen rechnen, die heute auf den Weg gebracht werden oder morgen beschlossen werden müssen. Deswegen muss das verändert werden.

(Beifall der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die Problematik ist dargestellt. Dank des Einsatzes von Malu Dreyer, der Wirtschaftsministerin und durch Kontakte von vielen Abgeordneten in die Bundestagsfraktionen ist viel erreicht worden. Im Bereich Eigenstromversorgung ist es Rheinland-Pfalz mit zu verdanken, dass es dort Veränderungen gegeben hat. Deswegen müssen die notwendigen Veränderungen per Gesetz auf den Weg gebracht werden.

Wir sind in dem Dilemma, dass im Bundestag Beschlüsse gefasst werden müssen und die Kommission in der jetzigen Zusammensetzung vermutlich nicht bleibt. Dort hätte Herr Oettinger vielleicht mehr für den Wirtschaftsstandort Deutschland als zuständiger EU-Kommissar bewegen können. Das sei erwähnt. In der jetzigen Kon

zeption und Zusammensetzung wird es wohl nicht mehr eine abschließende Regelung im positiven Sinne geben. Das heißt, selbst wenn eine Regelung im Bundestag und im Bundesrat auf den Weg gebracht wird, was sein muss, müssen wir dann die Kraft haben, sobald die neue Kommission im Amt ist, dort vorstellig zu werden, um zu sagen, wir wollen eine Anpassung der Vorgaben von Europa.

Es kann nicht sein, dass das Land, was in den Bereichen Energiewende und erneuerbare Energien in Europa am weitesten ist, unter dem Deckmantel von Marktkonformität, die in Rheinland-Pfalz und in Deutschland auf den Weg gebracht wurde, Hemmschuhe bekommt. Das neue EEG sorgt für mehr Markkonformität. Dieser Weg muss möglich sein, und zwar bestandssicher. Das muss das gemeinsame Anliegen von allen sein.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Frau Staatsministerin Lemke.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir sorgen uns. Wir sorgen uns um Arbeitsplätze. Wir sorgen uns um die weitere wirtschaftliche Entwicklung auch am Standort Rheinland-Pfalz, und zwar in mehrfacher Hinsicht und in mehrfacher Dimension.

Wir sind nicht die Einzigen, die sich sorgen. Die Pressestimmen dieses Tages sind wirklich absolut eindeutig, ob es die BASF ist, die im Moment von einem verheerenden Signal redet, oder ob es die Kanzlerin ist, die sagt, dass es kein ideales Gebilde ist.

Das „Wall Street Journal“ sagt, dass die schwierigen Teile der Energiewende noch zu lösen sind. Es wird von einer Zerschießung des EEG gesprochen. Die Sorge ist sehr groß und ist sehr ernst zu nehmen. Wir können nicht, wie es „DIE RHEINPFALZ“ formuliert, es einfach hinnehmen, dass es immer wie nach dem Spiel ein vor dem Spiel, nach der Reform ein vor der Reform gibt.

Herr Abgeordneter Hendrik Hering hat eben sehr deutlich gesagt, was die Wirtschaft braucht. Das ist eine solide Planungsgrundlage, Sicherheit und Vertrauen in die Regierungen und in die Politik.

Bei mir klingelte sehr viel das Telefon. Wenn bei Ihnen das Telefon klingelt und Sie sich anhören, welche Sorgen die Wirtschaft hat und wie groß die Sorgen sind – das wird mit Zitaten belegt, das ist fast schlimmer und dass man sich mehr Sorgen als in Pakistan machen muss, weil es keine Planungssicherheit gibt –, dann ist das ein Signal, das wir sehr ernst nehmen müssen, welche Perzeption, welche Aussicht Wirtschaft hat. Wirtschaft funktioniert so.

Es muss gute Zukunftsaussichten geben; denn sonst wird nicht investiert.

An was wird jetzt herangegangen? – Sie haben eben über drei wichtige Aspekte geredet, für die wir im Bundesland Rheinland-Pfalz – voran natürlich die Ministerpräsidentin und ich selbst – von Anfang an gekämpft haben. Bei jeder politischen Möglichkeit, die es gab, haben wir dafür gekämpft, ob es Ministerpräsidentenkonferenzen waren, ob es im Bundesrat war, ob das in einer Runde im Bundestag im Mai abgelaufen ist, bei der wir an 22 wichtigen Punkten Erfolge erringen konnten, die das EEG nach den Vorschlägen, die von der Bundesregierung kamen, erheblich verbessert haben, sodass auch die Länder gesagt haben, damit können und wollen wir unbedingt gut leben, weil solche Dinge wie die Eigenstromabsicherung bei der EEG-Umlage oder die Frage des Stichtags aufgenommen wurden.

Also, ich glaube, wir können wirklich zu Recht sagen, wir haben an dieser Stelle zu jeder Zeit alles dazu beigetragen, was man auf dem politischen Wege beisteuern konnte. Wir werden das auch in der Zukunft tun. Das ist die Sicherheit, die wir vermitteln wollen, wenn wir Briefe oder Anrufe bekommen – ich habe es eben gesagt –, wie zum Beispiel den Brief vom Verband der Chemischen Industrie.

Dieser Brief wurde als Offener Brief an die Bundeskanzlerin geschickt. Ich finde, den Blick, den wir im Moment nach Brüssel richten, müssen wir einerseits kritisch nach dort richten, aber wir müssen ihn natürlich auch vorsichtig dorthin richten; denn Brüssel hat uns schon 2009 gesagt, dass die Regelungen, die vor 2009 in Bezug auf die Ausnahmen für Industriestrom getroffen wurden, zu überdenken sind. Das heißt, wir wissen seit 2009, da muss gehandelt werden.

Jetzt schreibt der Verband der Chemischen Industrie an die Kanzlerin – ich darf aus dem Brief, der vom 25. Juni datiert, zitieren –: Es ist nicht akzeptabel und verstößt gegen den politischen Anstand, dass die Kommission seit April den Entwurf der Bundesregierung kannte, aber wenige Tage vor der abschließenden Abstimmung des Gesetzes im Bundestag mit einem Querschläger den Prozess torpediert.

Umso erstaunlicher ist das für uns – so der Verband der Chemischen Industrie –, da Kommissar Almunia persönlich gegenüber einer VCIDelegation versichert hat, Eigenstrom sei kein Thema für ihn. – Da muss ich doch die Frage stellen: Ist der Fingerzeig so richtig an der Stelle? – Ich stelle diese Frage.

Ich zitiere weiter aus dem Brief: Ein Viertel des Strombedarfs der Chemiebranche wird durch Eigenstrom gedeckt. Diese in aller Regel KWK-basierte Stromproduktion ist nicht nur ressourcenschonend und klimafreundlich, sondern auch das Rückgrat unserer Verbundstruktur. – Zu den spezifischen Daten von Rheinland-Pfalz möchte ich ergänzen – das steht jetzt nicht in dem Brief, insofern Zitatende –: 30 % ist die Quote in Rheinland-Pfalz für die Kraft-Wärme-Kopplung. Damit liegen wir über dem von der Bundesregierung formulierten Ziel und haben eine besondere Situation aus dem Bundesland Rheinland-Pfalz heraus.

Ich frage also noch einmal: Woran liegt es denn tatsächlich, dass hier keine Einigung erzielt worden ist? – Wir wussten es lange genug. Man hätte sie erzielen können. Da ist die Forderung, die ich noch habe, an der ich – die Ministerpräsidentin sicherlich auch – gerne mitwirke, dass wir uns dazu noch einmal verständigen müssen. Ich glaube, das ist eine Gesamtaufgabe der ganzen Bundesregierung. Herr Baldauf, lassen Sie mich das sagen, wenn Sie nur den zuständigen Bundesminister nennen: Die gesamte Bundesregierung und die Kanzlerin – deshalb ist sie mit diesem Brief angeschrieben worden – müssen sich dafür einsetzen. Ich meine, sie muss das im Zweifel zur Konferenz der Regierungschefs mitnehmen und dort zum Thema machen.

(Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Wie wollen wir denn die Ziele zu klimaschonendem Ernergiewirtschaften erfüllen? – Wir erfüllen sie auf dem Weg, den Rheinland-Pfalz schon längst, wie wir anhand der Zahlen sehen, erfolgreich beschritten hat, aber mit dieser Bremse wird eine Bremse in eine Investitionstätigkeit hineingehauen, die den Mittelstand, auch den Maschinenbau als Indikator für wirtschaftliche Entwicklung, sofort ausbremsen wird. Die Signale werden wir recht kurzfristig beobachten können. Meine Damen und Herren, darüber müssen wir uns zu Recht Sorgen machen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Baldauf, ich nehme es Ihnen nicht übel, wenn Sie sagen, wir hätten uns angeblich zur Marktdesignfragestellung nicht eingebracht. Das haben wir sehr wohl getan. Sie haben sicherlich nicht alles gelesen und sind der Debatte auch nicht so gefolgt. Deswegen möchte ich das noch einmal betonen.

Auch die Anträge dazu im Bundesrat hinsichtlich der Ausschreibungsverfahren – das ist eine Marktdesignfrage – drehen sich genau um diesen Punkt. Genau das haben wir auch kritisiert. Es wird natürlich eine Lösung geben. Es ist mit der Kommission vereinbart, die Ausschreibung in einem separaten Gesetz mit separatem Probezeitlauf durchzuführen, weil da Erfahrungen gesammelt werden müssen.

Aus unserer Sicht geht es aber nicht – da sind Sie wirklich auf dem falschen Pferd unterwegs, Herr Baldauf –, dass Sie sagen, erneuerbare Energien würden den Preis nicht drücken. Sie drücken den Preis. Genau deswegen wird aber mit diesem Kompromissvorschlag eine Sache gemacht: Wenn sie mehr als sechs Stunden den Preis so gedrückt haben, dass wir negative Preise haben, werden die Erneuerbaren einfach abgeschaltet. Damit ist der Einspeisevorrang, das beste Prinzip, das die Erneuerbaren vorangebracht hat, quasi mit diesem Entwurf ausgehebelt. Das kann auch nicht künftiger Bestandteil eines Energiedesigns, eines Marktdesigns sein, welches die erneuerbaren Energien voranbringen und den Klimakiller Kohle aus dem Markt herausnehmen soll. Genau darauf müssen wir hinarbeiten.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ein Weiteres: Die im Gesetzentwurf beschriebenen Ziele für den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung bis 2025 in Höhe von 40 % bis 45 % bzw. bis 2035 in Höhe von 50 % bis 60 % sind nicht ausreichend. Wenn wir es mit dem Klimaschutz ernst meinen, müssen wir wesentlich ambitionierter vorgehen. Da reichen diese Zielvorstellungen nicht aus, genauso wenig wie das Thema Bioenergie einen ausgewogenen Ansatz liefert. Diese wichtige Form der erneuerbaren Regelenergien – Sie wollen und verlangen immer von uns, dass wir Regeltechnologie einführen – kann damit nicht weiterentwickelt werden. Das ist insbesondere auch für die Landwirte und den ländlichen Raum ein fatales Signal.

Ich möchte deswegen ganz kurz ein Fazit ziehen. Mit dieser Novelle wird es keine Fortführung der bisherigen Dynamik des Ausbaus erneuerbarer Energien geben, sondern eine Verlangsamung der Energiewende wird eintreten. An dieser Stelle darf ich darauf hinweisen – Sie wissen es, wenn Sie im vergangenen Monat beim LVU-Tag in Mainz dabei gewesen sind –, was wichtig ist.

Da hat der LVU-Präsident, Herr Dr. Braun, in seiner Rede gesagt, dass in den entscheidenden Industriebranchen in den vergangenen Jahren weniger investiert wurde, als dort an Abschreibungen vorgenommen wurde. Das sollte für uns ein Alarmsignal sein.

Mit dieser Verlangsamung der Energiewende, die ich eben beschrieben habe, wird weniger investiert. Die Differenz zu den Abschreibungen wird noch weiter wachsen. Das Alarmsignal ist deswegen umso verheerender. Dabei ist es doch mein Anliegen als Wirtschaftsministerin dieses Landes, dass die innovativsten, die modernsten Industrieanlagen in unserem Bundesland errichtet werden und wir hier am Standort international wettbewerbsfähige Unternehmen haben, welche zum Wohlstand unseres Landes entscheidend beitragen.

Wir müssen in Deutschland und in Rheinland-Pfalz eine der Topinvestitionsadressen der Industrie in der Welt sein. Deswegen müssen wir darauf hinarbeiten, dass die Rahmenbedingungen verlässlich sind. Einer sprunghaften Willensbildung, wie wir sie jetzt in diesen Tagen erlebt haben, können wir nicht zustimmen.

Wenn wir eine erfolgreiche und wettbewerbsfähige Industrie in Deutschland und in Rheinland-Pfalz haben wollen, brauchen wir ganz klare Rahmenbedingungen. Ich warne davor, dass die Kompromisse im Bereich der industriellen Eigenstromproduktion, Bestandsanlagen auszunehmen und Neuanlagen nur sehr maßvoll zu belasten, infrage zu stellen; denn hier geht es um viel mehr als nur um die Frage der Belastung des Eigenstroms. Hier geht es um die Belastbarkeit des Vertrauensschutzes des Staates gegenüber den Unternehmen, die in unserem Land investiert haben bzw. investieren wollen. Das wird sehr genau beobachtet, nicht nur europaweit, sondern weltweit.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)