Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen des Landtags! Vielen Dank für die Gelegenheit, uns zu diesem Thema auszutauschen. Es wird nicht der letzte Austausch zu einem wichtigen Thema sein, das die Menschen in allen Regionen des Landes beschäftigt, nämlich wie es mit guter gesundheitlicher und pflegerischer Versorgung weitergeht und welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen.
Ich hatte in der vergangenen Woche am 17. September 2014 Gelegenheit, wirklich die ganze Community der Gesundheits- und Pflegepolitik aller Anbieter in Rheinland-Pfalz in Mainz zu versammeln und mit ihnen in den Austausch zu kommen. Wer über Gesundheitspolitik nachdenkt, der wird sehr schnell feststellen, das ist ein Themenfeld, bei dem Kooperation und sektorenübergreifende Zusammenarbeit jetzt dringend an der Tagesordnung sind. Das müssen wir in Deutschland insgesamt lernen.
Das wird nicht gehen, indem wir uns sozusagen nur entlang der jeweiligen Grenzen mit unseren Verantwortlichkeiten beschäftigen. Wir müssen vielmehr im Dialog sein. Deswegen ist eine solche Fachtagung, die wir in dieser Form bisher noch nicht kannten und kennen – weder in Deutschland noch in Rheinland-Pfalz –, et
Vor gut einem halben Jahr hatte ich Gelegenheit, der Öffentlichkeit vorzustellen, was wir uns unter dem Stichwort „Gesundheit und Pflege – 2020“ vorgenommen haben. Frau Thelen, Sie wissen so gut wie alle anderen, die sich mit dem Thema beschäftigen, ich konnte auf enorme Vorarbeiten meiner Vorgängerin aufbauen. Das war überhaupt die Möglichkeit, so kurz nach meiner Amtsübernahme ein solches umfangreiches Programm vorlegen zu können. Meine Damen und Herren, das wissen Sie sehr genau.
Sie haben Ihre politischen Gründe, warum Sie es gerne verheimlichen wollen. Aber Sie werden damit leben müssen, dass ich es Ihnen immer wieder schildere. Diese Vorarbeiten waren überhaupt die Grundlage dafür, dass wir dieses umfangreiche Programm darlegen konnten.
Ich möchte gerne zu den einzelnen Punkten etwas sagen. Es ist angesprochen worden, wie sehr auch die Frage der Kooperation und der Zusammenarbeit zwischen Medizin und Pflege und zwischen Medizin und anderen Gesundheitsfachberufen eine Rolle gespielt hat. Ich halte es für eine der wichtigsten Baustellen, wenn es darum geht, eine gute hausärztliche Versorgung heute und morgen in Rheinland-Pfalz zu garantieren.
Ja, wir haben ein Haushaltsförderprogramm. Ja, wir tun alles, auch mit bundesgesetzlichen Rahmenstellungen. Sie haben die Residenzpflicht angesprochen. Ich möchte auch hinzufügen, dass es die Gelegenheit gibt, sich in einer Praxis anstellen zu lassen oder Teilpraxen zu gründen. All das ist wichtig, aber es ist auch wichtig, dass wir Arbeitserleichterungen in der hausärztlichen Praxis schaffen.
Natürlich haben wir die VERAHs mit Nachdruck auf den Weg gebracht. Es waren 180 allein in 2014. Das war ein Angebot an die hausärztlichen Medizinerinnen und Mediziner. Es wird angenommen. Ich möchte es Ihnen heute einmal schildern. Das Stipendienprogramm ist schon für das ganze Jahr 2014 ausgebucht. Es ermutigt mich, vorzuschlagen, dass wir dieses Programm auch in Zukunft fortsetzen.
Meine Damen und Herren, 180 VERAHs in 2014, damit sind wir noch nicht am Ende der Reise. Ich glaube, dass wird noch sehr viel stärker in der hausärztlichen Praxis eine Rolle spielen müssen. Darum bin ich sehr froh, dass das so gut angenommen wird.
Frau Thelen, Sie haben die Rolle der VERAHs geschildert. Lassen Sie mich dazu einen Satz mehr sagen. Mir ist wichtig, deutlich zu machen, dass es mir nicht um neue Konkurrenzen zwischen hausärztlicher Tätigkeit und Pflege geht. Ich setze auf die ambulante Pflege, auf
die Unternehmen, die in der ambulanten Pflege tätig sind, und auf die Akteure, die mit viel Verantwortung für die Menschen tagein, tagaus in besonderen, problematischen Pflegebedürftigkeitssituationen tätig sind. Ich sage, auch für die brauchen wir einen Impuls. Ich bin ein großer Anhänger von Delegation bis hin zur Substitution ärztlicher Leistungen. Ich weiß, das wird insbesondere in der verfassten Ärzteschaft nicht mit genauso viel Begeisterung aufgenommen. Aber es ist die Aufgabe eines Gesundheitsministers, wie ich sie empfinde, sich zu positionieren. Da müssen wir besser werden.
Es wird in Zukunft bei der demografischen Situation, in der wir uns befinden, nicht mehr möglich sein, dass jede bisher medizinische Tätigkeit vom Arzt oder der Ärztin allein wahrgenommen wird. Darum brauchen wir gute Modellprojekte nach § 63 Abs. 3 c SGB V.
In der Verbandsgemeinde Daun, Teil meines Projektes „Gesundheit und Pflege – 2020“, erleben wir das und bringen es auf den Weg. Ich kann nur alle auffordern, dazu beizutragen, dass sich insbesondere bei den Kassen, der Kassenärztlichen Vereinigung, die Bewusstseinsentwicklung in diese Richtung bewegt, dass man dafür Offenheit hat. Ich halte das in der Zukunft für unabdingbar notwendig.
Das Thema der Fachkräfte beschäftigt uns sehr intensiv. Sie sind noch nicht dazu gekommen, etwas zum Thema Pflege zu sagen, liebe Frau Thelen. Aber ich will Ihnen sagen, wenn Sie die letzte Legislaturperiode so hervorgehoben haben, dann muss ich Ihnen schon heute oder jetzt sagen, die alte schwarz-gelbe Bundesregierung war verlorene Zeit für die Pflege.
Herr Bahr hat uns den „Pflege-Bahr“ hinterlassen. Der liegt wie ein Ladenhüter, wie Blei in den Regalen. Das wissen Sie so gut wie ich. Die Versicherungswirtschaft ist auch nicht glücklich damit geworden. Heute hält er Vorlesungen in den USA. So ist es manchmal im Gesundheitswesen.
Darum ist es wichtig, dass wir bei der Pflege besser werden. Wir haben gemeinsame Verabredungen im Koalitionsvertrag. Ich mache mich in Berlin dafür stark, dass sie umgesetzt werden.
Erlauben Sie mir, dass ich zum Thema Fachkräfte sage, dass wir in Rheinland-Pfalz bei der hausärztlichen Ausbildung vorangehen. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Situation im Gesundheitswesen gibt uns in der Gesundheitspolitik in Deutschland mit auf den Weg, dass wir bessere Ausbildungssituationen für Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner schaffen sollen. Wir handeln in Rheinland-Pfalz. Es wird eine Professur für Allgemeinmedizin an der Universität Mainz geben. Die ist inzwischen ausgeschrieben. Wir sind auf dem Weg. Wir kündigen nicht nur an, sondern wir setzen um. Das ist eine gute Gelegenheit, das heute deutlich zu machen.
Ich habe in dem Gesundheits- und Zukunftsprogramm „Gesundheit und Pflege – 2020“ vorgeschlagen, dass wir einen Schwerpunkt im Praktischen Jahr setzten. Das ist deshalb relevant, weil das sozusagen die Entscheidungsphase der jungen Mediziner ist, ob sie in den hausärztlichen Beruf gehen. Ich hatte vorgeschlagen, dass wir ein Stipendium für das Wahltertial im Praktischen Jahr Allgemeinmedizin auflegen. Ich will Ihnen heute den Sachstand liefern.
Ich muss Ihnen sagen, dass wir in den vergangenen Jahren in Deutschland, auch in Rheinland-Pfalz, keine guten Zahlen bezüglich der Entscheidung hin zur Allgemeinmedizin hatten. Allein die Ankündigung, dass wir das Stipendiumprogramm für das PJ auf den Weg bringen, bringt uns im Gegensatz zu den Vorjahren schon heute für den Herbst des Jahres 2014 13 Anmeldungen. Vorher waren es sechs und acht. Wir haben also die Zahlen mit dem Orientierungsblick auf das Praktische Jahr in der Allgemeinmedizin schon heute verdoppelt.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, die Programmpunkte von „Gesundheit und Pflege – 2020“ fruchten und sind erfolgreich.
Ich möchte Ihnen schildern, dass wir auch im Bereich der Gesundheitszentren vorankommen. Es ist geschildert worden, was in Meisenheim passiert. Darum möchte ich es nicht noch einmal aufnehmen. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir zu Beginn des Jahres gemeinsam erlebt haben, dass wir in Neuerburg in der Eifel mit dem dortigen Krankenhaus eine schwierige Situation hatten. Die Schließung stand im Raum. Das war etwas, was in der Stadt mit entsprechenden Reaktionen quittiert wurde. Es gab Proteststürme. Es gab Demonstrationen. Es gab Resolutionen. Es gab Unterschriften. Das ist all das, was verständlicherweise dazugehört.
Wir haben uns intensiv mit der Situation auseinander gesetzt. Ich habe zu einem runden Tisch eingeladen. Wir haben die Kassen, die Kassenärztliche Vereinigung und den Träger dazu gebracht. Es wird genau das passieren, was ich für die Zukunft vorhersage, wenn wir gut kooperieren. Wir werden aus manchen Krankenhäusern Gesundheitszentren für den ländlichen Raum organisieren, wo die ambulante und die stationäre Welt zusammen leben. Es wird eine weitere Möglichkeit geben, in der Region gute Versorgung stattfinden zu lassen.
Deshalb möchte ich Ihnen heute schildern, was der „Trierische Volksfreund“, der die ganze Phase mit beobachtet und geschildert hat, wie stark die Proteste sind, in der vergangenen Woche dazu berichtet hat. Er kommentiert das mit der Überschrift, es auch als Chance zu sehen, und er spricht von Möglichkeiten und Pilotgemeinde. Er spricht von Möglichkeiten, die es da bisher nicht gab.
Meine Damen und Herren, das ist genau der Weg, den wir mit „Gesundheit und Pflege – 2020“ vorhaben. Das haben wir auf dieser Fachtagung diskutiert. Darum ist es so wichtig, dass wir im Gespräch bleiben und nicht nur Geschichten von früher erzählen.
Meine Damen und Herren, liebe Frau Thelen, es kommt darauf an, dass wir in die Zukunft schauen. Das ist unsere Verantwortung.
Frau Kollegin Anklam-Trapp hat das Wort. Sie hat noch 3 Minuten Redezeit. Die CDU hat noch 4 Minuten.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Thelen, Sie sind nicht wirklich überrascht, dass die SPD-Fraktion und die Fraktion der GRÜNEN als Partner der Koalition die Themen Gesundheit und die Versorgung der Menschen in Rheinland-Pfalz als Topthemen immer wieder aufrufen. Frau Thelen, Sie sind nicht heute überrascht, Sie sind nicht morgen überrascht. Das ist ein Herzensthema von uns.
(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Frau Thelen, CDU: Nicht das Thema, die Pflegetagung!)
Frau Thelen, ich möchte direkt auf die für mich ganz wichtigen Punkte zu sprechen kommen. Das habe ich vorhin nicht geschafft. Das ist für mich das ganz wichtige Projekt der Telemedizin. Das ist etwas, was noch ganz kleine Füße hat. Das wurde bei der Fachtagung mit dem Telemonitoring und den Karten gut präsentiert. Übrigens waren auch die ganzen Infostände – Frau Thelen, Sie waren da – beeindruckend.
Wenn Technik das Leben leichter macht, dann ist es gut. Wenn man damit den Menschen einen Nutzen bringt, dann ist es noch besser. Wenn durch Ableitung und Beurteilung, wie wir es schon lange bei Röntgen, MRT, CT und anderen Sachen kennen, Diagnostiken stattfinden können, dann ist das wichtig. Aber wenn man direkt bei schwerstkranken Menschen eine Kontrolle und Eingriffsmöglichkeit hat, eventuell Leben retten kann, dann ist das wunderbar. Dieses E.He.R. ist ein erstes Vorzeigeprojekt, Herr Minister. Davon war ich wirklich beeindruckt. Ich kenne es ähnlich aus anderen Ländern. Aber dass Rheinland-Pfalz da ganz weit vorne ist, begrüße ich. Ein Pilotprojekt bringt unser Land voran. Das begrüße ich an dieser Stelle.
Wenn wir über die Situation des Ärztemangels im ländlichen Raum sprechen, dann ist das kein Problem von Rheinland-Pfalz, Frau Thelen. Es ist ein Problem unserer Bundesrepublik Deutschland. Allein im Moment sind
nach dem Bundesatlas 2.600 Landarztpraxen verwaist. Rheinland-Pfalz hat derzeit eine große Pyramide von Ärztinnen und Ärzten, die über 55 Jahre alt sind und praktizieren. Das sind erfahrene tolle Männer und Frauen, die eine andere Lebensgrundphilosophie haben.
Jetzt kommen hoch qualifizierte Akademiker und Akademikerinnen, Ärzte und Ärztinnen mit – ich sprach es vorhin so aus – einem anderen Lebensentwurf auf uns zu. Dazu gehören geregelte Arbeitszeiten, Möglichkeiten, die Familie und den Beruf miteinander zu vereinbaren. Deswegen sind Praxen, wie ich es vorhin mit Glantal aufgezeichnet habe, sehr wertvoll.
„Probier doch Hausarzt!“ – dein PJ-Studium für Allgemeinmedizin. Dass ist das, was Alexander Schweitzer, unser Minister, angesprochen hat. Menschen, die auf dem Land groß geworden sind, haben eine besondere Verbindung zu ihrer ländlichen Region. Sie gehen auch studieren. Die muss man auch durch Anreize zurückholen; denn sie sind dort verwurzelt und würden dort durchaus arbeiten und ihre Praxis aufmachen. Menschen vom Land fürs Land, ich glaube das passt ganz gut.
Frau Thelen und meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, zum Thema Gesundheit und wie wir es in unserem Land Rheinland-Pfalz besser machen können, rede ich immer wieder gern.