Protokoll der Sitzung vom 12.11.2014

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, was hat sich eigentlich in diesen wenigen Wochen, von denen zwei in den Herbstferien lagen, in der Sache für Sie geändert? Diesen Widerspruch haben Sie bis heute weder dem Parlament, ich glaube auch nicht allen Ihren Abgeordneten, geschweige denn den Bürgern in diesem Land erklären können.

(Beifall der CDU)

Nun, sehr geehrte Damen und Herren, der Nürburgring ist inzwischen in die Hände eines russischen Oligarchen gefallen, obwohl Sie persönlich und die SPD versprochen hatten, das würde niemals geschehen.

Sie weisen das als Grund aber weit von sich, weil Sie mit allem nichts zu tun hätten, wie Sie immer wieder betonen.

Eines kann ich Ihnen heute schon versprechen: Das Thema werden wir an anderer Stelle – nicht heute – noch näher zu beleuchten haben.

In Ihrer Pressekonferenz in der vergangenen Woche haben Sie, Frau Ministerpräsidentin, gesagt, es sei ein „Erkenntnisprozess“ gewesen, Sie hätten „gründlich abgewogen“. Was genau ist Ihre Erkenntnis, die Sie jedoch bisher überhaupt nicht überzeugend zum Ausdruck bringen konnten?

Sie, die rot-grüne Regierung und die regierungstragenden Parteien, sprechen seit Tagen wie in einem Eigenmantra und in einer Autosuggestion von Erneuerung im Amt, von einem Neuanfang. Ich kann Ihnen sagen, das ist nicht glaubwürdig; denn das Land, die Bürger, haben den Moment Ihrer Erkenntnis verpasst, als Sie die angeblich starke SPD-Mannschaft dann plötzlich nicht mehr für zukunftsfähig hielten. Das ging unter bei all den Durchhalteansagen, die Sie immer und immer wieder gegen unsere Forderungen hervorgebracht haben.

Wer einen ehrlichen Neuanfang will, der muss auch zur rechten Zeit ehrlich mit der Vergangenheit und der Gegenwart umgehen können. Das haben Sie bis heute nicht getan.

(Beifall der CDU)

Frau Ministerpräsidentin, es geht nun wirklich nicht darum, jedes Ihrer Worte auf die Goldwaage zu legen. Aber wenn wir uns Ihre unterschiedlichen Aussagen, die wir ernst nehmen sollen, die auch nachlesbar sind, die auch beklatscht worden sind, wenn wir uns also diese unterschiedlichsten Aussagen innerhalb kürzester Zeit einmal anschauen, dann passt am Ende nichts wirklich zusammen. Frau Ministerpräsidentin, das, was Sie machen, hat nichts zu tun mit klarem Denken und transparentem Handeln. Sie werden Ihrem selbst gesetzten Anspruch überhaupt nicht gerecht hier in diesem Haus.

(Beifall der CDU)

Frau Dreyer, klar geworden ist doch durch das Gutachten des Landesrechnungshofes, dass es eine gemeinsame Verantwortung der Landesregierung für das Nürburgringdebakel gibt. Ein einzelner Minister hätte das doch gar nicht bewerkstelligen können. Statt sich zu dieser Gesamtverantwortung der Landesregierung zu bekennen, verweisen Sie in diesen Tagen immer wieder auf das sogenannte Ressortprinzip. Ihrer Auffassung nach wurde – ich zitiere – „politische Verantwortung“ übernommen „aufgrund des Ressortprinzips“. Das würde ausreichen.

Frau Ministerpräsidentin, was wollen Sie aber eigentlich mit dem ständigen Bezug auf das Ressortprinzip erreichen? Das Verschieben der gemeinsamen Verantwortung auf Einzelne? Das waren aber Kabinettsentscheidungen. Der gesamte Ministerrat hat dafür die Hand gehoben. Und haben nicht auch Sie, Frau Ministerpräsidentin, im Kabinett dem Projekt zugestimmt? Anderslautende Verhaltensweisen liegen uns nicht vor.

Wenn nicht für solche Entscheidungen, für welche Entscheidungen denn dann trifft sich der Ministerrat einmal in der Woche, Frau Ministerpräsidentin? Alle Entscheidungen, die zur verhängnisvollen Entwicklung am Nürburgring geführt haben, fielen entweder in der Staatskanzlei oder sind gemeinsam im gesamten Kabinett getroffen worden. Keine einzige Entscheidung wurde von einem einzelnen Minister alleine verantwortet.

Nur durch ein weiteres Zusammenwirken konnte nach dem Weggang vom damaligen Minister Professor Dr. Deubel die fatale Auflage des Nürburgringprojektes überhaupt erst wieder ihren Lauf nehmen. Es lag eben nicht an der Fehlentscheidung eines Einzelnen. Mit dem Wissen über die ersten Schritte waren Sie alle im Kabinett, auch Sie, Frau Ministerpräsidentin, vorgewarnt und alles andere als ahnungslos, als Sie das zweite Mal die Hand gehoben haben.

(Beifall der CDU)

Bei der Übernahme der Verantwortung für das Scheitern verweisen Sie jedoch auf das Ressortprinzip. Endgültig bricht aber die Argumentation zusammen, wenn man liest, welche Begründung Herr Hering für seinen Rücktritt nennt. Er sagt – ich zitiere –: „Ich bin aus dem Gesamtinteresse eines künftigen Wahlerfolges zurückgetreten.“ Er ist nicht aus Interesse und Sorge um das Wohl des Landes zurückgetreten, sondern aus Sorge um das

Wohl der SPD in diesem Land. Deshalb ist er zurückgetreten.

(Frau Elsner, SPD: Ja, so etwas Komisches!)

Also auch hier ist wenig Einsicht vorhanden, überhaupt selbst Fehler gemacht zu haben. Das hat wenig mit klarem Denken und transparentem Handeln zu tun, Frau Ministerpräsidentin.

Weiter haben Sie in der Pressekonferenz am vergangenen Mittwoch gesagt: Die Minister, die jetzt gehen, haben – Zitat – „nach besten Wissen und Gewissen“ gehandelt. Sie haben „abgesicherte fundierte Entscheidungen“ getroffen sowie „beste Absichten“ gehabt. Andere der von Ihnen entlassenen Minister waren für Sie „geschätzte und gute Ratgeber“. Es gebe keinerlei Zusammenhänge mit einer Unzufriedenheit in ihrer Arbeit.

Herr Hering hat dies ergänzt. Er sagte – ich zitiere –: „Wir mussten feststellen, dass wir wegen des Nürburgrings mit wichtigen Zukunftsthemen (…) nicht mehr durchdrangen.“ Frau Ministerpräsidentin, wenn aber alle nach besten Wissen und Gewissen gehandelt haben, wenn aber die Entscheidungen abgesichert und fundiert waren, wenn aber die Ministerpräsidentin mit niemandem unzufrieden war, wenn aber die Minister, die jetzt gehen müssen, geschätzte Ratgeber von Ihnen waren und wenn es keine Fehler in der Verantwortung gab und wenn das einzige Problem also war, dass man mit Themen nicht mehr durchdrang, dann frage ich Sie: Warum haben Sie nicht einfach Ihre Pressestellen ausgetauscht?

(Beifall der CDU)

Frau Ministerpräsidentin, Sie machen die größte Regierungs- und Kabinettsumwälzung in der Geschichte dieses Landes, nur weil Sie mit Ihrer Kommunikation nicht mehr durchdringen konnten.

Frau Ministerpräsidentin Dreyer, das sieht nicht nach Führungsperson aus. Das wirkt hilflos und kopflos. Sind also all diese Personalentscheidungen nicht sachlich, sondern nur taktisch veranlasst? Was muss sich überhaupt jemand denken, der aus der Zeitung erfahren hat, dass er seinen Posten verliert, wenn Sie heute hier sagen, Sie hätten eine harmonische Stimmung untereinander? Das ist schon gewagt, sehr gewagt.

(Beifall der CDU)

Im Juni 2014 hieß es in einer bundesweit erscheinenden Wirtschaftszeitung – ich zitiere –: „In Rheinland-Pfalz regieren Inkompetenz und Größenwahn (…) Rot-Grün in Mainz präsentiert sich derzeit als dilettantischste Landesregierung der Republik.“

(Pörksen, SPD: WirtschaftsWoche, ja, ja!)

Glauben Sie, solche Schlagzeilen sind nur das Ergebnis schlechter Kommunikation, Frau Dreyer?

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Frau Ministerpräsidentin, es geht weiter. Sie sprechen gerne von „Einschnitt und Zäsur“. Ihre Kabinettsumwälzung sei eine „Zäsur“, sagten Sie. Wissen Sie noch, was Sie zu Ihrem Amtsantritt 2013 schon einmal gesagt haben? Sie sprachen von „Zäsur“. Damals, ein Jahr nach der Insolvenz des Rings sagten Sie – Zitat –: „Am Nürburgring ist im vergangenen Jahr eine Zäsur eingetreten. (…) Der Sanierungsgeschäftsführer arbeitet nun mit großer Stringenz, Klarheit und Offenheit daran, die Grundlagen für die Zukunft des Nürburgrings zu schaffen. (…)“

Frau Ministerpräsidentin, was verstehen Sie eigentlich unter „Zäsur“? Früher wollten Herr Lewentz und Sie weder russische noch arabische Investoren am Nürburgring. Dann kommt die Zäsur. Was vorher galt, gilt heute nicht mehr. Sie verfolgen auf einmal das Gegenteil mit großem Wohlwollen.

Frau Ministerpräsidentin, das ist wirklich eine Zäsur. Aber dazu haben wir heute wieder nichts von Ihnen gehört. Schon wieder haben Sie den Zeitpunkt verpasst.

(Beifall der CDU)

Nicht erklärt haben Sie auch, warum Sie sich von dem ehemaligen Fraktionsvorsitzenden, Herrn Hering, und dem ehemaligen Minister, Herrn Dr. Kühl, trennen, gleichzeitig aber an anderen Personen festhalten, die ebenfalls am Nürburgring beteiligt waren. Das hat wenig mit Transparenz und Klarheit zu tun. Vor allen Dingen hat es nichts mit Ihrem selbst gesteckten Anspruch zu tun. Wenn Frau Conrad und Herr Hartloff inklusive Staatssekretäre aufgrund des Ressortprinzips und wegen einer Zäsur mit Blick auf den Nürburgring gehen mussten, weshalb sind dann die anderen noch im Amt? Warum trennen Sie sich von den Herren Kühl und Hering, halten aber gerade an Minister Lewentz fest, der den Nürburgring, den Hahn und Zweibrücken in seiner Zuständigkeit hat?

(Beifall der CDU – Zurufe der Abg. Pörksen, SPD, und Licht, CDU)

Vielleicht helfen die Zitate weiter.

Frau Ministerpräsidentin, Sie haben gesagt, Herr Lewentz sei ein sehr guter Minister.

(Staatsminister Lewentz: Ja!)

Die Weichen seien bei seinem Amtsantritt bereits gestellt gewesen, sprich, als Herr Lewentz ins Amt kam, sagten Sie, wären alle Fehler bereits gemacht gewesen, er, Herr Lewentz, habe nichts mehr ausrichten können.

Herr Minister Lewentz selbst hat dagegen gerade nicht von Fehlern gesprochen, die angeblich bereits gemacht waren, als er ins Amt kam. Er nahm noch nicht einmal das Wort „Fehler“ überhaupt in den Mund.

Erst kürzlich hat er im Innenausschuss zum Zukunftskonzept für den Nürburgring gesagt – ich zitiere Herrn Lewentz –: „Ich sehe keine Alternative zu der Vorgehensweise (…)“.

Noch im Oktober dieses Jahres leugnete er also, dass überhaupt Fehler gemacht worden sind. Wie passt das überhaupt zu Ihrer Aussage, Frau Ministerpräsidentin, dass schon alle Fehler vorher gemacht worden seien, wenn er noch nicht einmal akzeptiert, dass es überhaupt Fehler gegeben hat? Eine bessere Absprache wäre hier sicherlich von Vorteil.

(Beifall der CDU)

Mehr noch, Ihr Minister, an dem Sie festhalten, war auch in eigener Verantwortung am Scheitern des Nürburgrings beteiligt:

1. beim Beihilfeverfahren, 2. bei der Insolvenz und 3. als für die Jahre 2010 und 2011 keine testierten Jahresabschlüsse vorgelegt wurden in seiner Verantwortung.

Ich möchte hier näher auf diese drei Punkte eingehen, weil sie heute Relevanz haben. Frau Ministerpräsidentin, ich bin mir sicher, diese Punkte werden auch in der Zukunft Relevanz haben. Wir werden hier ganz gewiss noch einmal darüber reden.

(Frau Elsner, SPD: Ja, klar, immer!)

Zum Beihilfeverfahren: Das Beihilfeverfahren gegenüber der Europäischen Kommission trägt die Handschrift von Herrn Minister Lewentz. Als im Mai 2011 die Landesregierung die Stellungnahme zum Fragenkatalog der EUKommission abgab, bestätigte sein Sprecher, dass der Minister – ich zitiere – „keine Wettbewerbsverletzung bei dem umstrittenen Freizeitpark an der Eifelstrecke sah.“ Das ist ein Zitat des Sprechers.

Im September 2011 bestätigte dann Herr Lewentz im Innenausschuss – Zitat – „Die Landesregierung (…) gehe davon aus, die Angelegenheit EU-konform zum Abschluss gebracht zu haben. (…) Die EU-Kommission habe mehrmals nachgefragt. (…) In erster Linie gehe es um V e r s t ä n d n i s f r a g e n. (…). Man habe gute Chancen, das EU-Verfahren positiv zu bestehen.“