Protokoll der Sitzung vom 11.12.2003

Der Kollege Harms macht es uns vor. - Ich weiß von meinen Kindern nördlich der Grenze, dass dort allmählich gesagt wird: Erst das dritte Kind bringt Ansehen. So weit sind wir in Schleswig-Holstein noch nicht.

Vor diesem Hintergrund war es aus der Sicht des SSW ein falsches Signal, dass die Landesregierung im Zuge der Neugestaltung der Kita-Finanzierung die Verordnung über die Standards im Kita-Bereich für zwei Jahre aussetzen wollte. Zu Recht befürchteten viele Eltern eine Beeinträchtigung bei der Qualität des Personals oder eine Erhöhung der Gruppengrößen. Das kann und darf nicht geschehen. Das Argument, dass die Kommunen so etwas nicht mitmachen - das haben wir immer wieder gehört -, weil sie dann den Druck der Eltern spüren werden, gilt angesichts der massiven finanziellen Probleme der Kommunen meiner Meinung nach überhaupt nicht - auch das ist schon erwiesen. Eine wirkliche Zumutung sind die jüngsten Entscheidungen der Kreise, wodurch deutlich wird, dass so etwas nicht funktionieren kann. Ein Aussetzen der Mindeststandardverordnung ist weiter der falsche Weg.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Jutta Schümann [SPD])

Ich habe mich darüber gewundert, dass man bei den Kindertagesstätten, die ja, wenn man über PISA diskutiert, eine wichtige Rolle spielen, die Standards aufheben will, während man bei den Schulen rigoros von verbindlichen Stundentafeln und allem Möglichen spricht. Das passt wirklich nicht zusammen.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Jutta Schümann [SPD])

Deshalb sind wir froh darüber, dass die Standards nach dem Scheitern der Verhandlungen zwischen der Landesregierung, den kommunalen Landesverbänden

und der LAG der Wohlfahrtsverbände erhalten bleiben. Der SSW - das wissen Sie - hatte einen dementsprechenden Änderungsantrag zum Haushalt eingebracht, mit dem wir die Beibehaltung der KitaVerordnung forderten. Durch den Zusammenbruch der genannten Verhandlungen hat sich unser Antrag zwischenzeitlich erledigt und das ist wirklich gut so.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Jutta Schümann [SPD])

Mit der jetzt vorgeschlagenen Neuverteilung der Landesmittel für den Kita-Bereich über den kommunalen Finanzausgleich und mit der Deckelung auf 60 Millionen € können wir leben.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Für 2004 ist diese Summe nach Angaben der Landesregierung ausreichend und sollte auch die Tarifsteigerung für das Kindergartenpersonal ausgleichen können.

Der SSW begrüßt, dass die Landesregierung die Kindergartenfinanzierung hinbekommen hat. Was wir aber erst recht begrüßen, ist, dass die Landesregierung dabei auch der dänischen Minderheit entgegengekommen ist. Dansk Skoleforening kann wie bisher die Landeszuschüsse für die Kindergärten mit der Stadt Flensburg abrechnen. Dass bei Abrechnung der Zuschüsse für die Kindergärten der Minderheit genauso verfahren wird wie bei anderen Trägern, das heißt, dass man von den durchschnittlichen Zuschüssen der letzten vier Jahre ausgeht, akzeptieren wir. Wir empfinden, dass in diesem Teilbereich des Landeshaushalts die volle Gleichstellung von Mehrheit und Minderheit gilt.

(Beifall bei SSW und SPD)

Daher an dieser Stelle noch einmal mein Dank an die Bildungsministerin, die sich persönlich dafür eingesetzt hat.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Generell bleiben wir bei unserer Einschätzung, dass zu den wenig wirklich guten Nachrichten des Haushaltsentwurfs der Bereich der Minderheitenpolitik gehört. Es ist erfreulich, dass die Landesregierung, an ihrer Spitze die Ministerpräsidentin, vorschlägt, die Zuschüsse für die Minderheitenorganisationen nicht zu kürzen.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Anke Spoorendonk)

Damit hat sie dem hohen Stellenwert, den sie der Minderheitenpolitik des Landes beimisst, Rechnung getragen. Gleichwohl - auch das haben wir schon mehrfach gesagt - sind nicht alle Probleme damit vom Tisch. Daher sage ich noch einmal: In der Finanzierung der Schülerbeförderung der dänischen Schulen sieht der SSW immer noch erhebliche Defizite.

(Zurufe von der SPD)

Das muss gesagt werden und das stimmt.

(Beifall beim SSW)

In diesem Zusammenhang stehen wir zwar weiterhin zum erzielten Kompromiss bei der Finanzierung der Privatschulen, zu denen auch die dänischen Schulen gehören. Dennoch muss ich darauf hinweisen, dass die Schulen der dänischen Minderheit nach Angaben von Dansk Skoleforening seit 1998 über 5 Millionen € weniger bekommen haben - das ist ihr Einsparbeitrag gewesen -, als wenn sie zu 100 % mit den öffentlichen Schulen gleichgestellt gewesen wären. Das kann auf längere Sicht nicht hingenommen werden.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, vielleicht können wir uns etwas mehr nach vorn konzentrieren.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Wir fordern, dass vor dem Hintergrund des 50-jährigen Jubiläums der Bonn-Kopenhagener-Erklärungen 2005 ernsthaft geprüft wird, ob nicht eine Rückkehr zur vollen 100 %Förderung der Minderheitenschulen möglich ist. Wir werden das weiter im Auge behalten und fordern. Der SSW erwartet mit Spannung die Ergebnisse der gemeinsamen Arbeitsgruppe von Bildungsministerium und Dansk Skoleforening, die Anfang nächsten Jahres präsentiert werden sollen. Wir erhoffen uns wegweisende Vorschläge zu diesen offenen Fragen.

Positiv sehen wir auch das Entgegenkommen der regierungstragenden Fraktionen bei der Erhöhung der Zuschüsse für das Nordfriisk Instituut.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die jetzt beschlossene Erhöhung zur Deckung der Tarifsteigerung trägt für das einzige wissenschaftliche Institut der Friesen dazu bei, dass kein Personal

entlassen werden muss und dass die Arbeit zumindest für die nächsten zwei Jahre gesichert ist.

(Beifall bei SSW und SPD)

Weiterhin begrüßen wir, dass die Landesregierung die Schulen der dänischen Minderheit bei ihren Anträgen auf Förderung von Ganztagsschulen über das Bundesprogramm wohlwollend unterstützen will. Konkret plant der Dänische Schulverein die Errichtung von Gesamtschulen in Husum und in Leck. Beide sollen als Ganztagsschulen verstanden werden. Dazu benötigt der Schulverein allerdings weitere Investitionsmittel, insbesondere für das Projekt in Leck. Denn dort muss die alte Bausubstanz renoviert werden. Wir freuen uns darüber, dass es anscheinend möglich ist, das alles über das Bundesprogramm zu fördern.

Ich sagte eingangs, dass wir am Montag das 15jährige Bestehen der Institution der Minderheitenbeauftragten gefeiert haben.

(Lothar Hay [SPD]: Und keiner von der FDP war da!)

- Dazu komme ich noch. - Mit den Beauftragten der Ministerpräsidentin für nationale Minderheiten und Volksgruppen, Grenzlandarbeit und Niederdeutsch hat die Landesregierung seit 1988 unterstrichen, dass die Minderheitenpolitik in Schleswig-Holstein Chefsache ist. Wir danken den Ministerpräsidenten Engholm und Simonis dafür, dass sie bei ihrer Wahl der Beauftragten immer Persönlichkeiten wählten, die große Beiträge zur Weiterentwicklung der Minderheitenpolitik im Land geleistet haben.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu Recht wurde am Montag hervorgehoben, dass die Beauftragten Kurt Hamer, Kurt Schulz und Renate Schnack von Anbeginn diese Aufgabe trotz ihrer Anbindung an die Landesregierung unabhängig wahrnehmen und wahrgenommen haben. Sie waren stets - das wurde gesagt - Ombudsmann der Minderheiten und Sprachrohr der Ministerpräsidenten in einer Person und haben sich bei den Minderheiten große Anerkennung und großes Vertrauen erworben.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Renate Schnack hat in Verbindung mit dem genannten Jubiläum richtigerweise von einem Mehrwert des Landes durch die Minderheiten gesprochen. Es ist allerdings immer noch ein weiter Weg, bis diese Erkenntnis bei allen wirklich greift. Auch ich habe bemerkt, lieber Kollege Hay, dass die FDP nicht vertre

(Anke Spoorendonk)

ten war. Dass es noch ein weiter Weg ist, zeigt sich auch bei den Haushaltsanträgen. Wir bedauern - das will ich noch einmal sagen -, dass die CDU vorschlägt, die Zuschüsse für die Geschäftsstelle der Sinti und Roma zu streichen.

(Zurufe von der SPD: Unglaublich!)

Der Titel im Haushalt lautet anders. Dort steht nämlich: Beratung zur Förderung der Sinti und Roma. Aber das heißt, man will die Geschäftsstelle schließen. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Es sind rund 180.000 €.

(Zurufe von der SPD: Hört! Hört!)

Ich könnte noch etwas zur Abstimmung im Finanzausschuss sagen. Dazu hat es - dankenswerterweise - ein klärendes Gespräch mit dem Vorsitzenden der CDU-Fraktion gegeben. Vor dem Hintergrund eines Presseberichts in „Flensborg Avis“, in dem es hieß: „Der Landesvorsitzende der CDU besucht das Nordfriisk Instituut“, leuchtete es wirklich nicht ein, dass man die Erhöhung des Zuschusses nicht mittragen konnte. Das war Logik für Fortgeschrittene. Man sollte sich das noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Ich verspreche Ihnen auf jeden Fall, dass ich Ihnen nicht erspare, zu gegebener Zeit nach Ihren Vorstellungen von einer zukünftigen Minderheitenpolitik zu fragen. Wer dann sagt: „Das überlassen wir sowieso dem SSW und der betreibt Klientelpolitik“,

(Klaus Schlie [CDU]: Nein!)

der hat nicht begriffen, wohin in Europa die Reise geht. Auch das muss gesagt werden.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit den Haushaltsvorschlägen von CDU und FDP kann man aus unserer Sicht keinen Staat machen, weil Ihre Änderungsanträge auf Einmaleinnahmen durch Verscherbelung des letzten Tafelsilbers des Landes oder auf Kürzungsvorschlägen basieren, die nicht in die Realität umgesetzt werden können. Ich kann das alles nicht so plastisch darstellen wie der Kollege Hentschel. Das kann man aber schön nachlesen. Wir haben uns darüber gewundert, dass der Verkauf der HSH Nordbank als Deckungsvorschlag für alles Mögliche herhalten soll. Auch erscheint es aus unserer Sicht unseriös, wenn die FDP zur Finanzierung ihrer Haushaltsvorschläge mit Millioneneinsparungen bei der Sozialhilfe rechnet.

(Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])